Berliner Ensemble

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Berliner Ensemble (Theater am Schiffbauerdamm)
Berliner Ensemble
(Theater am Schiffbauerdamm)
Bertolt-Brecht-Denkmal auf dem Bertolt-Brecht-Platz vor dem Berliner Ensemble

Das Berliner Ensemble (abgekürzt: BE, zu Zeiten der vormaligen DDR teilweise auch synonym mit Brecht-Ensemble[1][2][3]) ist eine der bekanntesten Bühnen der deutschen Hauptstadt. Es wurde berühmt durch Aufführungen der Werke seines Gründers Bertolt Brecht und gilt als eine der führenden deutschsprachigen Bühnen. Seit 1954 ist das Theater am Schiffbauerdamm in der Friedrich-Wilhelm-Stadt im Ortsteil Mitte (Bezirk Mitte) die Spielstätte des Berliner Ensembles.

Geschichte

Die Gründung des Berliner Ensembles im November 1949, wenige Wochen nach der Gründung der DDR, steht im direkten Zusammenhang mit der Suche Brechts nach einer neuen Tätigkeit in Deutschland für sich und seine Frau Helene Weigel und in dem Bemühen von Politikern, kulturellen Instanzen und Persönlichkeiten in der sowjetischen Besatzungszone und späteren DDR um den Aufbau einer international beachteten Kulturszene in der Hauptstadt. Nach bitteren Erfahrungen in den USA (30. Oktober 1947: Verhör vor dem Komitee für unamerikanische Umtriebe) und strikter Personenüberwachung in der Schweiz setzte Brecht seine Entscheidung um, sich im Osten Deutschlands und Berlins niederzulassen. Dort wurde er mit offenen Armen empfangen. Sein und Helene Weigels Plan der Gründung eines Ensembles wurde von Wilhelm Pieck und Otto Grotewohl unterstützt. Es war das Politbüro der SED, das die Gründung des Theaters mit einem Jahresetat von 1,5 Millionen Mark beschloss.[4] Die Spielstätte sollte am Schiffbauerdamm sein. Dieser Ort war allerdings bereits durch das Ensemble von Fritz Wisten besetzt und wurde erst 1954 frei, als dieser in die kriegszerstörte und nun wiederhergestellte Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz umziehen konnte. Der Liedermacher und spätere DDR-Dissident Wolf Biermann begann dort in den 1950er Jahren als Regieassistent.

Das Ensemble bestand im Wesentlichen aus den Schauspielern und Mitarbeitern, die am 11. Januar 1949 an der ersten öffentlichen Präsentation mit dem Stück von Bertolt Brecht Mutter Courage beteiligt waren.[5] Diese Aufführung fand am Deutschen Theater in Berlin statt. Ab 19. März 1954 spielte dann das Ensemble im eigenen Haus, dem Theater am Schiffbauerdamm.

Einer Idee Brechts aus dem Jahr 1953 folgend wurden 1959 verschiedene „Brigaden“ gegründet, welche die Theaterarbeit im Berliner Ensemble künstlerisch und gesellschaftlich vorantreiben sollten, unter anderen die „Brigade für Theatertheorie“, die „Brigade Studio“ und die „Brigade Arbeit mit dem Publikum“. Die Arbeit des Ensembles wurde wesentlich durch Bertolt Brecht geprägt, der als Regisseur und Schriftsteller das Haus zu „seinem“ Theater machte. Als Symbol des Berliner Ensembles galt Picassos Friedenstaube. Sie war auf dem Bühnenvorhang abgebildet. Aufgrund seines hervorragenden Rufs wurde das Ensemble oft zu Gastspielen im In- und Ausland eingeladen, so nach Frankreich, England, Österreich, Schweden und Italien. Inmitten der Vorbereitungen einer Gastspielreise nach London starb Brecht. Sein Verständnis für episches Theater und Kollektivarbeit wurde von seiner Witwe Helene Weigel fortgeführt, die von der Gründung bis zu ihrem Tod 1971 Intendantin des Berliner Ensembles war. Regieassistenten wie Manfred Wekwerth, Peter Palitzsch, Isot Kilian, Benno Besson und Joachim Tenschert hatten noch bei Brecht gelernt und setzten nun gemeinsam mit den Schauspielern dessen Arbeit fort. Nach Helene Weigel folgte Ruth Berghaus als Intendantin, deren Ehemann, der Komponist Paul Dessau, die Musik zur Mutter Courage geschrieben hatte. Ihr Versuch, auch experimentelles Theater auf die Bühne zu bringen, erregte Widerstand im Ensemble und im Publikum, was sie schließlich zum Rücktritt veranlasste.

1977 wurde Berghaus von Manfred Wekwerth abgelöst, der das Haus bis 1991 leitete. Organisatorisch waren die Folgejahre weniger erfolgreich verlaufen. Einer streitbaren „Gemeinschafts-Intendanz“ Matthias Langhoff, Fritz Marquardt, Peter Palitzsch, Peter Zadek, Heiner Müller von 1992 bis 1993 folgten Marquardt, Palitzsch, Zadek, Müller von 1993 bis 1994 und Marquardt, Palitzsch, Müller von 1994 bis 1995, Müller 1995, Martin Wuttke 1996 und Stephan Suschke von 1997 bis 1999. Mit der Aufführung des Stückes „Die Brecht-Akte“ über Brechts Observierung durch das FBI wurde das Haus am 8. Januar 2000 nach Umbauarbeiten unter dem Intendanten Claus Peymann neu eröffnet, der dort bis 2017 Intendant und Gesellschafter war. Seit der Spielzeit 2017/18 ist Oliver Reese neuer Intendant des Berliner Ensembles, der das Haus mit einem Leitungsteam führt, zu dem u. a. Michael Thalheimer als Hausregisseur gehörte. Zur Eröffnung von Reeses erster Spielzeit inszenierte Antú Romero Nunes „Caligula“ von Albert Camus, Premiere war am 21. September 2017.

Im Umfeld des Berliner Ensembles arbeiteten viele bekannte und produktive Künstler. Die Fotografin Ruth Berlau fotografierte Bühnenszenen, die als Modell-Bücher herausgegeben wurden. Der Bühnenbildner Karl von Appen war viele Jahre ein Synonym für anspruchsvolle Bühnenbilder und Theaterplakate. Hierfür waren auch die Brüder John Heartfield und Wieland Herzfelde und Karl-Heinz Drescher bekannt.

Der Gebrauch des Wortes Berliner Ensemble hat eine Wendung vollzogen. Während man in den vergangenen Jahrzehnten hiermit das Theaterensemble als Gemeinschaft von Schauspielern und Mitarbeiter meinte, wird das BE auch immer wieder mit dem Theatergebäude gleichgesetzt. Das Theater, in dem das Berliner Ensemble spielt, ist das Theater am Schiffbauerdamm. Das Gebäude ist Eigentum der Ilse-Holzapfel-Stiftung, die von Rolf Hochhuth gegründet wurde. Die Stiftung vermietet das Gebäude an das Land Berlin. Das Theaterensemble war mit der Spielzeit 1992/93 als Eigenbetrieb des Landes aufgegeben und in die Rechtsform einer gGmbH überführt worden, deren alleiniger Gesellschafter der jeweilige Intendant ist, also seit 2017 Oliver Reese. Er hat das Nutzungsrecht an der Immobilie (quasi als Untermieter des Landes).[6]

Im Herbst 2019 wurde ein Nebengebäude des Theaters am Schiffbauerdamm umgebaut. Damit erhielt das Theater erstmals eine zweite, vollausgestattete Spielstätte.[7] Insgesamt hat das Berliner Ensemble drei Spielstätten: Das Große Haus, das Neue Haus und den Werkraum.[8]

Im Februar 2020 strich der neue Intendant Oliver Reese die beliebte Dreigroschenoper in der Inszenierung von Robert Wilson vom Spielplan.[9]

Im September 2020 begann das Berliner Ensemble mit dem Streaming von Theaterstücken während der Schließung in Folge der Coronavirus-Pandemie. So wurde das Theaterstück Panikherz nach dem gleichnamigen Buch des Autors Benjamin von Stuckrad-Barre zum kostenlosen Abruf bereitgestellt.[10]

Im August 2021 hatte eine Neuinszenierung der Dreigroschenoper in der Regie von Barrie Kosky Premiere.[11] Es ist die fünfte Inszenierung des Stückes am Schiffbauerdamm seit der Uraufführung im Jahr 1928 ebenda.[12]

Im Februar 2023 wurde bekannt, dass der amtierende Berliner Senat für die Zukunft vorhat, das BE als eine landeseigene GmbH zu finanzieren.[6]

Intendanz

Bekannte ehemalige Schauspieler des Ensembles

Aktuelle Mitglieder des Berliner Ensembles (Auswahl)

Bekannte ehemalige Bühnenbildner

Inszenierungen (Auszug)

Literatur

  • Christoph Funke, Wolfgang Jansen: Theater am Schiffbauerdamm. Die Geschichte einer Berliner Bühne. Links Verlag, Berlin 1992, ISBN 3-86153-047-3.
  • Friedrich Dieckmann (Hrsg.): Die Plakate des Berliner Ensembles 1949–1989. Europäische Verlags-Anstalt, Hamburg 1992, ISBN 3-434-50013-8.
  • Margaret Setje-Eilers: Hinter den Kulissen. Theaterfrauen des BE erzählen. Neues Leben, Berlin 2015, ISBN 978-3-355-01831-9.
  • siehe auch die Literaturhinweise für Bertolt Brecht, Helene Weigel

Einzelnachweise

  1. Franziska Troegner. Abgerufen am 17. August 2024 (deutsch).
  2. deutschlandfunk.de: Wer immer es ist, den ihr sucht, ich bin es nicht. 10. Februar 1998, abgerufen am 17. August 2024.
  3. D. I. E. ZEIT (Archiv): Darf das Brecht-Ensemble in der Bundesrepublik auftreten? In: Die Zeit. 7. Juni 1963, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 17. August 2024]).
  4. Diese und die anschließenden Angaben in diesem Abschnitt: Jens Mehrle, Gezielte Ungenauigkeit, in: junge Welt, 15. November 2019.
  5. Ernst Schumacher, Leben Brechts, Reclam-Verlag Leipzig 1988, S. 267ff.
  6. a b Berliner Ensemble: Land Berlin strebt Trägerschaft an, nachtkritik.de vom 10. Februar 2023, abgerufen am 14. Februar 2023
  7. Berliner Ensemble bekommt neue Spielstätte, FAZ online, erschienen und abgerufen am 1. Mai 2019.
  8. Profil | berliner-ensemble. Abgerufen am 4. Oktober 2021.
  9. Zum letzten Mal am Berliner Ensemble: Robert Wilsons Inszenierung der "Die Dreigroschenoper". Abgerufen am 28. August 2020.
  10. BE at Home | berliner-ensemble. Abgerufen am 3. Januar 2021.
  11. Thomas E. Schmidt: Dreigroschenoper: Der Mond über Mitte. In: Die Zeit. 18. August 2021, abgerufen am 4. Oktober 2021.
  12. Petra Kohse: Barrie Kosky inszeniert neue „Dreigroschenoper“ am Berliner Ensemble. Abgerufen am 4. Oktober 2021.
  13. Das Ensemble Schauspieler Leitung Mitarbeiter

Koordinaten: 52° 31′ 18″ N, 13° 23′ 10″ O

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Bertolt Brecht Berliner Ensemble december 2004.jpg
Bertolt Brecht Denkmal auf dem Bertolt—Brecht—Platz in Berlin, vor dem "Theater am Schiffbauer Damm"/"Berliner Ensemble"