Berlin (Lou-Reed-Album)

Berlin
Studioalbum von Lou Reed

Veröffent-
lichung(en)

5. Oktober 1973

Label(s)RCA

Format(e)

Schallplatte

Genre(s)

Rock

Titel (Anzahl)

10

Länge

49:23

Besetzung
  • Dick Wagner – elektrische Gitarre, Begleitgesang
  • B. J. Wilson – Schlagzeug auf Lady Day und The Kids
  • Allan Macmillan – Klavier auf Berlin
  • Gene Martynec – akustische Gitarre und Synthesizer auf und Gesangs-Arrangement bei The Bed, Bass auf Lady Day
  • Blue Weaver – Klavier auf Men of Good Fortune
  • Steve Hyden, Elizabeth March, Dick Wagner, Lou Reed – Chorgesang

Produktion

  • Bob Ezrin
  • Jim Reeves – Toningenieur
  • Allan Macmillan – Arrangeur

Studio(s)

Morgan Studios (London), Record Plant (New York City)

Chronologie
Transformer
(1972)
BerlinSally Can’t Dance
(1974)
Singleauskopplungen
Oktober 1973 (US)[1]How Do You Think It Feels
Februar 1974 (UK)Caroline Says I

Berlin ist das dritte Solo-Studioalbum des amerikanischen Rockmusikers Lou Reed, das im Oktober 1973 bei RCA Records erschien. Das Konzeptalbum erzählt die Geschichte eines Paares, das mit Drogensucht und Missbrauch zu kämpfen hat. Anfänglich waren die Kritiken gemischt, aber die Bewertungen des Albums haben sich im Laufe der Jahre gewandelt: 1973 erklärte der Rolling Stone das Album zu einer Katastrophe und schloss die Rezension mit „Goodbye, Lou“, aber 2003 wurde es auf Platz 331 der Liste der 500 besten Alben aller Zeiten gesetzt; 2012 war es noch auf Platz 344, 2020 war es nicht mehr vertreten.[2][3][4][5]

Konzept des Albums

Das Album ist eine tragische Rockoper über das Schicksal von Caroline, einer Prostituierten, und Jim, einem Drogenabhängigen. Sie werden ein Paar; er verlässt sie; ihr werden die Kinder weggenommen; schließlich begeht sie Selbstmord. In den Songtexten werden die Themen Drogenkonsum, Prostitution, Depression und häusliche Gewalt aufgegriffen.[6]

Das Konzept entstand, als der Produzent Bob Ezrin Reed darauf aufmerksam machte, dass die Geschichten, die in Reeds Liedern erzählt werden, zwar großartige Anfänge haben, aber nie wirklich ein Ende. Konkret wollte Ezrin wissen, was mit dem Paar aus Berlin – einem Song von Reeds erstem Soloalbum – geschah.[7]

Adaption für die Bühne

Reed und Produzent Bob Ezrin planten bei der Erstveröffentlichung eine Bühnenadaption des Albums, legten die Pläne aber aufgrund gemischter Kritiken und schlechter Verkaufszahlen auf Eis. Im Jahr 2007 verwirklichte Reed schließlich seine ursprünglichen Pläne, indem er mit einer 30-köpfigen Band, 12 Chorsängern und zunächst Anohni, später ersetzt durch Sharon Jones, auf Tournee ging.[8] Regisseur Julian Schnabel entwarf die Bühnenkulissen, basierend auf Skizzen des ursprünglichen Konzepts, die von Bob Ezrin gezeichnet wurden. Schnabel filmte das Konzert und veröffentlichte es 2008 als Berlin: Live at St. Ann's Warehouse, das hervorragende Kritiken erhielt.[9][10] Das Album wurde zum Gedenken an das Ereignis digital neu gemastert und auf Compact Disc wiederveröffentlicht.

Musik

Als Instrument spielt Reed akustische Gitarre. Wie bei seinen beiden vorangegangenen Studioalben, werden auch auf Berlin mehrere Songs, die bereits zuvor geschrieben und aufgenommen worden waren, neu arrangiert. Der Titelsong erschien zuerst auf Reeds Solo-Debütalbum, wurde hier jedoch vereinfacht, in der Tonart geändert und für Soloklavier neu arrangiert. Oh, Jim bedient sich der Velvet Underground-Auskopplung Oh, Gin. Caroline Says II ist eine Neufassung von Stephanie Says der Velvet Underground, das aber erst 1985 veröffentlicht wurde. The Velvet Underground hatten auch ein alternatives Demo von Sad Song aufgenommen, das in seiner ursprünglichen Form einen viel harmloseren Text hatte. Men of Good Fortune wurde bereits 1966 von Velvet Underground gespielt.

Coverdesign

Das Albumcover wurde von Pacific Eye & Ear entworfen, die auch Alice Coopers Muscle of Love im selben Jahr gestalteten.[11][12] Die ersten Textzeilen von Berlin sind unter einer Collage von Charakteren aus dem Konzeptalbum zu sehen.[13]

Rezeptionen

Der US-amerikanische Musikjournalist Stephen Davis hielt das Album in einer Rezension für den Rolling Stone im Dezember 1973 für eine Katastrophe; er mochte weder die Welt, die das Album dem Hörer vorstellt, noch Reeds gesprochene und geschriene Darbietung.[14] Robert Christgau war in einer Rezension für Creem im Februar 1974 der Meinung, dass die Geschichte lausig und die Musik nur mittelmäßig sei.[15]

Berlin erreichte Platz 7 der britischen Albumcharts – Reeds beste Platzierung dort bis zum Album Magic and Loss im Jahr 1992. Die BPI verlieh dem Album einen BRIT Certified Silver Award.[16] Schlechte Verkaufszahlen in den USA (Platz 98) und schlechte Kritiken sorgten dafür, dass Reed vom Album enttäuscht war. Dennoch spielte er das Material von Berlin häufig in seinen Live-Shows

Titelliste

Alle Titel wurden von Lou Reed geschrieben.

Erste Seite

  1. Berlin – 3:23
  2. Lady Day – 3:40
  3. Men of Good Fortune – 4:37
  4. Caroline Says I – 3:57
  5. How Do You Think It Feels – 3:42
  6. Oh, Jim – 5:13

Zweite Seite

  1. Caroline Says II – 4:10
  2. The Kids – 7:55
  3. The Bed – 5:51
  4. Sad Song – 6:55

Unberücksichtigtes Klaviersolo

Ursprünglich als Doppelalbum mit einer Länge von 64 Minuten geplant und aufgenommen, wurden die Tracks in kürzere Versionen abgemischt, nachdem RCA wegen eines teuren Doppelpacks ohne offensichtliche Hits kalte Füße bekam. Keine der ursprünglichen längeren Versionen der Tracks wurde später veröffentlicht – mit einer ungewöhnlichen Ausnahme: Auf der ersten 8-Spur-Kassette und auf der Kassettenversion von Berlin gab es ein unbetiteltes, einminütiges instrumentales Klaviersolo, das von Allan Macmillan, dem Pianisten des Titeltracks, zwischen den Liedern Berlin und Lady Day gespielt wurde.[17] Es fand sich ansonsten nie auf einer Vinyl- oder CD-Ausgabe oder einer späteren Wiederveröffentlichung.[18] Dafür gab es nie eine offizielle Erklärung. Möglicherweise wurde es dort eingefügt, um die Zeit zu füllen und eine ununterbrochene Songabfolge zwischen den vier Programmen der 8-Spur-Version zu ermöglichen. Im Jahr 2006, als Reed das gesamte Album im St. Ann's Warehouse in New York aufführte, wurde dieses Solo vor Caroline Says II wieder aufgenommen.

Einzelnachweise

  1. The Great Rock Discography. S. 681, abgerufen am 15. August 2023.
  2. Stephen Davis: Lou Reed: Berlin. In: Rolling Stone. 20. Dezember 1973 (englisch, rollingstone.com (Memento desOriginals vom 28. Juni 2009 im Internet Archive) [abgerufen am 3. September 2011]).
  3. 500 Greatest Albums of All Time. In: Rolling Stone. 31. Mai 2012 (englisch, rollingstone.com [abgerufen am 9. September 2019]).
  4. https://web.archive.org/web/20120604063527/http://www.rollingstone.com/music/lists/500-greatest-albums-of-all-time-20120531/lou-reed-berlin-19691231
  5. https://www.rollingstone.com/music/music-lists/best-albums-of-all-time-1062063/arcade-fire-%ef%bb%bffuneral-1062733/
  6. Sarah Engelhardt: Lou Reed's 'Berlin' in Retrospect: A Macabre Masterpiece – WQHS Radio
  7. Nick Patch: Toronto producer Bob Ezrin remembers Lou Reed (Memento desOriginals vom 31. August 2017 im Internet Archive) In: Metro 29. Oktober 2013. Abgerufen am 31. August 2017. (englisch) 
  8. Ed Pilkingon: The day the wall came down In: The Guardian 6. Juni 2007. Abgerufen am 26. April 2010. (englisch) 
  9. Berlin. In: IMDb. 25. Juli 2008; (englisch).
  10. Berlin. In: www.rottentomatoes.com. (englisch).
  11. Dave Connolly: [Review] Lou Reed: Berlin (1973). In: Progrography. 19. September 2017; (englisch).
  12. Interview: Dennis Dunaway. 15. März 2012, archiviert vom Original am 15. März 2012; (englisch).
  13. Michael Hogan: Lou Reed's Berlin, the Movie. In: Vanity Fair. 5. Mai 2008 (englisch, vanityfair.com).
  14. Stephen Davis: Lou Reed: Berlin. In: Rolling Stone. 20. Dezember 1973 (englisch, rollingstone.com (Memento desOriginals vom 28. Juni 2009 im Internet Archive) [abgerufen am 3. September 2011]).
  15. Robert Christgau: The Christgau Consumer Guide. In: Creem. Februar 1974 (englisch, robertchristgau.com [abgerufen am 29. Juli 2013]).
  16. Certified Awards. Archiviert vom Original am 27. Oktober 2015; abgerufen am 13. Juni 2012 (englisch).
  17. Anthony DeCurtis Lou Reed: A Life, 2017 p.177; Larry Sloman 'Glitterbug Sledgehammer', Rolling Stone September 1973
  18. Lou Reed - Berlin. In: Discogs. (englisch).

Weblinks