Berlin-Grunewald

Grunewald
Ortsteil von Berlin
Grunewald auf der Karte von Charlottenburg-WilmersdorfBerlinHalenseeWestendGrunewaldSchmargendorfWilmersdorfCharlottenburgCharlottenburg-Nord
Grunewald auf der Karte von Charlottenburg-Wilmersdorf
.
Koordinaten52° 29′ 0″ N, 13° 16′ 0″ O
Fläche22,33 km²
Einwohner11.213 (31. Dez. 2023)
Bevölkerungsdichte502 Einwohner/km²
Postleitzahl14193
Ortsteilnummer0404
BezirkCharlottenburg-Wilmersdorf

Grunewald ist ein Ortsteil im Westen des Berliner Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf. Er wurde nach dem gleichnamigen Forst Grunewald benannt. Der Ortsteil zählt zu den wohlhabendsten Gebieten Berlins.

Geografische Lage

Grunewald grenzt im Norden und Osten an die Ortsteile Westend, Halensee und Schmargendorf, im Süden an den Nachbarbezirk Steglitz-Zehlendorf mit den Ortsteilen Dahlem, Zehlendorf und Nikolassee. Die Havel bildet die westliche Grenze des Ortsteils Grunewald.

Der Ortsteils liegt im Zentrum des Berliner Villenbogens, der sich von Lichterfelde West südwestlich über Dahlem und Grunewald bis nach Westend erstreckt. Der größte Teil des Ortsteils wird von dem Forst Grunewald eingenommen.

Geschichte

Ortsteil Grunewald

In den 1880er Jahren verkaufte der preußische Staat nach persönlicher Intervention von Reichskanzler Otto von Bismarck 234 Hektar des Forstes Grunewald an die Kurfürstendamm-Gesellschaft, ein Bankenkonsortium, das sich zum Ziel gesetzt hatte, nach dem Muster der überaus erfolgreichen Villenkolonien Alsen und Lichterfelde ein noch aufwändiger angelegtes Wohnviertel zu errichten. Wie in vielen Städten spielte auch hier die meist vorherrschende Westwindwetterlage eine Rolle, da die Abgase des Gewerbes und der Hausfeuerungen in die entgegengesetzte Richtung geweht werden. In diesem Zusammenhang wurde auch der Kurfürstendamm ausgebaut, und so entstand ab 1889 an seinem westlichen Ende ein neues nobles Wohnviertel, die Villenkolonie Grunewald, später auch inoffiziell „Millionärskolonie Grunewald“ genannt.[1] Am 15. August 1898 wurde die Villenkolonie Grunewald durch Königlichen Erlass zur Landgemeinde erhoben.[2]

Aufgrund baulicher Vorgaben waren große Grundstücke erforderlich, die nur zu einem geringen Teil bebaut sein durften. Grunewald entwickelte sich mit einer stilistisch sehr heterogenen Villenbebauung zu einer der wohlhabendsten Wohngegenden Berlins. Um 1870 wurden die künstlichen, in der glazialen Rinne der Grunewaldseenkette liegenden Seen Hubertussee (vorher: Torffenn), Herthasee (Rundes Fenn), Koenigssee (Langes Fenn) und Dianasee (Diebsloch) ausgehoben und über artesische Brunnen mit Wasser gefüllt. Sie wurden entlang des ehemals sumpfigen Geländes angelegt. Man erreichte damit gleichzeitig zwei Dinge: Zum einen beseitigte man damit Moorgebiete (Fenns), die man als Infektionsherde fürchtete, zum anderen entstanden gleichzeitig Attraktionen für die potenziellen Bewohner, da sich die Villen um die Seen gruppierten und die Seeufer sowie die Hangbereiche frei von jeder Bebauung blieben und zu privaten Garten- und Parkanlagen wurden.[3] In großer Zahl wählten Unternehmer, Bankiers, Akademiker und Künstler, oft jüdischer Religion, das inzwischen attraktive Gelände zum Wohngebiet.

Die für die Baumaßnahmen notwendigen Rodungen und die daraus resultierenden Holzverkäufe fanden ihren Niederschlag in dem Berliner Gassenhauer Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion, der um 1892 entstand.[4][5]

Gedenktafel am Bahnhof Grunewald für die von hier in die Todeslager deportierten Juden

Bei der Eingemeindung aus dem Kreis Teltow nach Groß-Berlin 1920 wurden 6449 Einwohner in der Landgemeinde Berlin-Grunewald und 507 Einwohner im Forstgutsbezirk Berlin-Grunewald gezählt.

Im Zuge der Berliner Gebietsreform von 1938 kam ein großer Teil des Ortsteils vom Bezirk Wilmersdorf dem Bezirk Zehlendorf hinzu. Die Siedlung Eichkamp hingegen kam vom Bezirk Charlottenburg dem Bezirk Wilmersdorf, und damit dem Ortsteil Grunewald, hinzu.

Vom Bahnhof Grunewald aus erfolgte während der Shoah ab Oktober 1941 die Deportation der Berliner Juden vorwiegend in östlich gelegene Konzentrations- und Vernichtungslager. Hieran erinnert seit 1998 das Mahnmal Gleis 17.

Durch alliierte Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg gerissene Lücken in der Bausubstanz wurden mit Ein- und Mehrfamilienhäusern der Nachkriegsarchitektur gefüllt. Während der Teilung Berlins lag Grunewald im Britischen Sektor.

In den Nachkriegsjahren wurde im Grunewald aus Schutt und Trümmern der zerstörten Innenstadtviertel auf dem Gelände der unvollendeten und verlassenen Wehrtechnischen Fakultät der Nationalsozialisten der Teufelsberg aufgeschüttet, benannt nach dem nahegelegenen Teufelssee. Der Teufelsberg ist heute die zweithöchste Erhebung Berlins. Während des Kalten Krieges errichteten die US-Streitkräfte auf dem Gipfel des Berges eine Flugüberwachungs- und Abhörstation. Nach dem Mauerfall und dem Abzug der Alliierten verfiel die markante Anlage zur Ruine. Aktuell steht das Gebäude leer. Inzwischen werden Führungen angeboten, die auch explizit auf die in den Nachwendejahren entstandene Streetart in und an den Gebäuden hinweisen.

Bewohner des Ortsteils leben sprachlich korrekt in (nicht im) Grunewald.

Bevölkerung

JahrEinwohner
188000140
189000368
190003.230
191005.563
191906.649
193011.312
193812.961
JahrEinwohner
194613.235
195009.848
196011.015
197012.580
198712.860
200011.487
JahrEinwohner
200710.095
201011.515
201510.444
202011.176
202110.954
202211.269
202311.213

Quellen: 1871–1919 Gross-Berlin: Geographie der Weltstadt, Friedrich Leyden 1933; 1930–1987 Statistisches Jahrbuch von Berlin (jeweilige Jahre); ab 2007 Einwohnerregisterstatistik Berlin Amt für Statistik Berlin-Brandenburg (jeweilige Jahre)[6]

Sehenswürdigkeiten

Villa Harteneck
Villa Harteneck
Villa Konschewski
Villa Konschewski
Villa Nathan-Samuel
Villa Nathan-Samuel
Wohnhaus Walter Rathenau
Wohnhaus Walter Rathenau
Grunewaldkirche in der Bismarckallee

Sakralbauten

Diplomatische Vertretungen

Botschaft des Emirats Kuwait

In Grunewald befinden sich die Botschaften der Länder

Verkehr

Bahnhof Grunewald

Der Bahnhof Grunewald wird von der S-Bahn-Linie S7 bedient. Diese Linie verbindet Ahrensfelde, die historische Mitte und die City West Berlins mit Potsdam.

Am Ostende des Ortsteils beginnt am Rathenauplatz der Kurfürstendamm, der von hier durch die gesamte City West führt und am Breitscheidplatz mit der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche in Charlottenburg endet. Ebenfalls vom Rathenauplatz ausgehend befindet sich eine Autobahnanschlussstelle des Berliner Stadtrings A 100.

Die AVUS, die vom Stadtring am Dreieck Funkturm zur Spanischen Allee in Nikolasee und weiter als A 115 zum Berliner Ring (A 10) führt, verläuft westlich parallel zu den Gleisen der S-Bahn. Die AVUS ist die Hauptverbindung für den Individualverkehr zwischen der Berliner Innenstadt und den Villenvororten am Großen Wannsee und Potsdam. Sie war 1921 die erste Autobahn der Welt. Sie teilt den Ortsteil Grunewald in zwei Hälften, wobei sich auf der östlichen Seite die Villenkolonie Grunewald befindet und auf der westlichen Seite der gleichnamige, beinahe unbewohnte Forst Grunwald. Anlässlich der Olympischen Sommerspiele 1936 verliefen sowohl der Marathonkurs als auch der Kurs des Straßenradrennens über die AVUS.

Bildung

Persönlichkeiten

Der Ortsteil hatte und hat viele prominente Bewohner aus Politik, Wissenschaft, Kultur und Wirtschaft:

Gedenktafel für Max Reinhardt am Haus Fontanestraße 8
Gedenktafel für Hermann Sudermann und Rolf Lauckner am Haus Bettinastraße 3
Gedenktafel für Isadora Duncan und Engelbert Humperdinck
Gedenktafel für Hans Ullstein am Haus Bettinastraße 4

Siehe auch

Literatur

  • Helga Gläser, Karl-Heinz Metzger u. a.: 100 Jahre Villenkolonie Grunewald 1889–1989. Bezirksamt Wilmersdorf, 1988.
  • Reinhard Milferstädt: Die Villenkolonie Grunewald. Entstehung und Entwicklung eines großbürgerlichen Wohnquartiers im 19. Jahrhundert. TU Braunschweig.
  • Herbert Siebert: Berlin-Grunewald: Ein Heimatbuch. Berlin 1930, OCLC 250170189.
  • Maria Berning, Michael Braum, Engelbert Lütke Daldrup, Klaus-Dieter Schulz: Berliner Wohnquartiere: Ein Führer durch 60 Siedlungen in Ost und West. Reimer Verlag, Berlin 2003, ISBN 3-496-01260-9.
  • Peter-Alexander Bösel: Berlin-Grunewald in historischen Ansichten. Sutton-Verlag, Erfurt 2005, ISBN 3-89702-853-0.
  • Christian Simon: Wilmersdorf – Zwischen Idylle und Metropole. be.bra verlag, Berlin 2015, ISBN 978-3-8148-0210-7.
  • A.H.: Wettbewerbe der Kolonie Grunewald. In: Berliner Architekturwelt. Nr. 7, Oktober 1901, S. 229–238 (zlb.de).
Commons: Berlin-Grunewald – Album mit Bildern
Commons: Berlin-Grunewald – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Kolonie Grunewald (Übersichtskarte). In: Berliner Adreßbuch, 1892, nach Teil 1, S. VI.
  2. Amtsblatt der Regierung Potsdam, 1898, S. 375; Textarchiv – Internet Archive.
  3. Ludewig Wittmack: Die Boothschen Koniferen im Grunewald bei Berlin. In: Gartenflora, 1893, Nr. 42, Paul Parey, S. 339–340 und Ausflug nach der Kolonie Grunewald. In: Gartenflora, 1899, 48. Jg., Paul Parey, S. 417 ff.
  4. Karl-Heinz Metzger: Die Villenkolonie Grunewald. Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin, berlin.de; abgerufen am 1. August 2015.
  5. Der Grunewald ist Waldgebiet des Jahres 2015. (Memento vom 4. März 2016 im Internet Archive) Grüne Liga Landesverband Berlin e. V.; abgerufen am 1. August 2015.
  6. Statistischer Bericht A I 5 – hj 2 / 23. Einwohnerregisterstatistik Berlin 31. Dezember 2023. (PDF) Amt für Statistik Berlin-Brandenburg, S. 24, abgerufen am 2. März 2024.
  7. Ingeborg Bachmann, Hans Werner Henze, Hans Höller: Briefe einer Freundschaft: mit 8 Faksimiles. 2. Auflage. Piper, 2006, ISBN 3-492-04608-8, S. 509.
  8. Harnack. In: Berliner Adreßbuch, 1911, Teil 1, S. 989. Harnack. In: Berliner Adreßbuch, 1930, Teil 1, S. 1103.
  9. Glanz und Elend in Grunewald. In: Berliner Morgenpost. 10. November 2003, abgerufen am 9. August 2023.
  10. Olbricht. In: Berliner Adreßbuch, 1942, Teil 1, S. 2185. Olbricht. In: Berliner Adreßbuch, 1943, Teil 1, S. 2134 (auch wenn dort der Wildpfad fälschlich dem Ortsteil Dahlem zugeordnet wurde).
  11. Das ist ja eine verpanschte, vermanschte Geschichte geworden. Deutschlandradio Kultur, abgerufen am 11. März 2017.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Berlin Charlottenburg-Wilmersdorf Grunewald.svg
Lage von Stadtteil xy (siehe Dateiname) in Berlin.
Berlin-Grunewald Karte.png
Autor/Urheber: Alexrk2, Lizenz: CC BY-SA 3.0

Übersichtskarte der Straßen und Ortslagen in Berlin-Grunewald

Douglasstraße 7-9 Berlin-Grunewald.jpg
Autor/Urheber: Bodo Kubrak, Lizenz: CC0
Villa Harteneck
Coat of arms of Charlottenburg-Wilmersdorf.svg
Wapen des Bezirks Charlottenburg-Wilmersdorf von Berlin
Villa Rathenau (2008).jpg
Autor/Urheber: Jochen Teufel, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Dies ist ein Foto des Berliner Kulturdenkmals mit der Nummer
2006-10-04 Gedenktafel Hans Ullstein.jpg
Autor/Urheber: Axel Mauruszat, Lizenz: Attribution
Berliner Gedenktafel für Hans Ullstein. Bettinastraße 4, Berlin-Grunewald. Enthüllt am 1. November 1991
Bahnhof Berlin-Grunewald.jpg
Autor/Urheber: Avi1111 dr. avishai teicher, Lizenz: CC BY-SA 4.0
תחנת הרכבת גרונוולד
Gedektafel Sudermann Lauckner.jpg
Autor/Urheber: Axel Mauruszat, Lizenz: Attribution
Gedenktafel für Hermann Sudermann und Rolf Lauckner. Bettinastr. 3, Berlin-Grunewald.
Grunewald Griegstraße Botschaft Kuwait.jpg
Autor/Urheber: Fridolin freudenfett (Peter Kuley), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Berlin-Grunewald Griegstraße Botschaft Kuwait
Gottfried-von-Cramm-Weg 33-37 Berlin-Grunewald.jpg
Autor/Urheber: Bodo Kubrak, Lizenz: CC0
Dies ist ein Foto des Berliner Kulturdenkmals mit der Nummer
GrunewaldBismarckallee.JPG
Autor/Urheber: Fridolin freudenfett (Peter Kuley), Lizenz: CC BY-SA 3.0
evangelische Grunewald-Kirche in Berlin-Grunewald, Bismarckallee
Gedenktafel Max-Reinhardt.jpg
Autor/Urheber: Axel Mauruszat, Lizenz: Attribution
Gedenktafel für Max Reinhardt. Fontanestr. 8, Berlin-Grunewald.
Berlin-Grunewald Bismarckallee 22.jpg
Autor/Urheber: Bodo Kubrak, Lizenz: CC0
Dies ist ein Foto des Berliner Kulturdenkmals mit der Nummer