Benita Ferrero-Waldner

Benita Ferrero-Waldner (2017)

Benita Ferrero-Waldner, geb. Benita-Maria Waldner (* 5. September 1948 in Salzburg), ist eine ehemalige österreichische Diplomatin sowie Politikerin (ÖVP).

Sie war von 2000 bis 2004 als erste Frau österreichische Außenministerin unter Wolfgang Schüssel. 2004 trat sie bei der Bundespräsidentenwahl an, verlor jedoch gegen Heinz Fischer (SPÖ). Von 2004 bis 2009 war sie unter José Manuel Barroso EU-Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik und von 2009 bis 2010 EU-Kommissarin für Handel.

Leben

Ferrero-Waldner wuchs als Tochter des Dentisten Bruno Waldner und seiner Frau Emmy in Oberndorf bei Salzburg auf,[1] maturierte 1966 am Realgymnasium in Salzburg und studierte Rechtswissenschaften an der Universität Salzburg, wo sie 1970 zur Dr. iur. promovierte.

Zwischen 1971 und 1983 war sie als Exportleiterin beziehungsweise Assistentin der Geschäftsleitung zweier Firmen im deutschen Grenzort Freilassing (Paul Kiefel GmbH und Gerns & Gahler GmbH) und drei Jahre als Exportleiterin einer amerikanischen Firma in New York (P. Kaufmann Inc.) tätig.

1984 wechselte sie in den österreichischen diplomatischen Dienst: Ab 1984 war sie im auswärtigen Dienst in Madrid, Dakar, Paris und stellvertretende Protokollchefin im Außenministerium. Unter UNO-Generalsekretär Boutros-Ghali bekleidete sie 1994 das Amt der Ersten Protokollchefin bei den Vereinten Nationen in New York.

Am 4. Mai 1995 wechselte sie für die ÖVP als Staatssekretärin ins Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten, ein Amt, das sie während der Koalitionsregierung mit der SPÖ bis Februar 2000 bekleidete. Gleichzeitig war sie in kurzen Phasen vor Regierungsbildungen Abgeordnete zum Nationalrat. Erstmals am 15. Jänner 1996, zuletzt bis zum 4. März 2003.

Am 4. Februar 2000 wurde sie von Bundespräsident Thomas Klestil als Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten der Bundesregierung Schüssel I angelobt, was sie auch in dessen zweiter Regierungsperiode (2003) blieb.

Benita Ferrero-Waldner (links) mit Cristina Fernández de Kirchner (rechts).

Kritisiert wurde Ferrero-Waldner wegen ihres Vorgehens anlässlich der Verhaftung eines Teils des Wiener Künstlerkollektivs Volxtheaterkarawane nach dem G8-Gipfel im Juli 2001 in Genua. So ließ sie vermeintlich belastendes Beweismaterial, das sich jedoch später als wenig stichhaltig erwies, sowie eine polizeiliche Vormerkung an die italienischen Behörden weiterleiten. Nach der verlorenen Präsidentschaftswahl entschuldigte sich Ferrero-Waldner für ihr Vorgehen und sprach von einem „Hänger in ihrer Karriere“. Juristisch war dieses Vorgehen allerdings einwandfrei gewesen.

Bei der Bundespräsidentenwahl am 25. April 2004 trat Ferrero-Waldner als Kandidatin der ÖVP an. Sie verlor die Wahl gegen Heinz Fischer (SPÖ), der auf 52,4 Prozent der Stimmen kam. Die Wahlbeteiligung betrug zirka 71 Prozent. Sie war dabei nach einem „FPÖ-Hearing“ von Jörg Haider unterstützt worden.

Karriere in der EU

Ferrero Waldner mit Frank-Walter Steinmeier und Condoleezza Rice auf dem Energie-Forum der EU und der Vereinigten Staaten.

Von 18. November 2004 bis 30. November 2009 war Ferrero-Waldner europäische Kommissarin für Außenbeziehungen und europäische Nachbarschaftspolitik in der EU-Kommission Barroso. Das Amt der österreichischen Außenministerin hatte sie am 20. Oktober 2004 an Ursula Plassnik (ÖVP) abgegeben. Am 1. Dezember 2009 übernahm sie als Nachfolgerin von Catherine Ashton in der Übergangszeit bis zum Amtsantritt der Kommission Barroso II das Amt als Kommissarin für Handel bis 9. Februar 2010 und behielt von ihrem bisherigen Ressort die Europäische Nachbarschaftspolitik.[2]

Für ihren Einsatz zur Freilassung der im HIV-Prozess in Libyen zum Tode verurteilten bulgarischen Krankenschwestern wurde EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner am 17. September 2007 zur Ehrenbürgerin von Sofia ernannt. Ferrero-Waldner erhielt zudem die höchste bulgarische Auszeichnung, den Orden „Stara Planina“, aus den Händen des bulgarischen Präsidenten Georgi Parwanow.

Im September 2009 unterlag Benita Ferrero-Waldner bei der Wahl für den Posten des UNESCO-Generalsekretärs der bulgarischen Kandidatin Irina Bokova.

Privatwirtschaft

Nach ihrem Ausscheiden aus der EU-Kommission am 9. Februar 2010 wechselte Ferrero-Waldner in die Privatwirtschaft. Vom 12. Februar 2010 bis zum 28. April 2021 war sie Mitglied im Aufsichtsrat der Münchener Rück. Vom 24. Februar 2010[3] bis Februar 2013[4] saß sie im Aufsichtsrat des spanischen Windturbinen-Herstellers Gamesa. Von 2011 bis März 2013 war sie Aufsichtsratsmitglied der Alpine Holding. Ab Juli 2014 war Ferrero-Waldner Partner und von 2015 bis Juni 2019 Vorsitzende des Beirats der Anwaltskanzlei Cremades & Calvo-Sotelo in Madrid.[5][6] Seit März 2015 ist sie Verwaltungsratsmitglied bei Gas Natural Fenosa.[7]

Ehrenamtliche Tätigkeiten

2011 bis 2019 war Ferrero-Waldner Präsidentin der spanischen Fundación Euroamérica, anschließend Ehrenpräsidentin.[6] Von 2010 bis 2015 war sie Präsidentin der EU-Lateinamerika-Karibik-Stiftung. Weitere ehrenamtliche Tätigkeiten führt sie für die Stiftungen Bertelsmann España,[8] Fundación Princesa de Girona[9] und ehemals für FRIDE (Fundación para las Relaciones Internacionales y el Diálogo).[10] Dem Board of Trustees der Stiftung Novia Salcedo gehört sie als Mitglied an.[11]

Privatleben

Benita-Maria Waldner heiratete 1973 den deutschen Mittelschullehrer Wolfgang Sterr. Die Ehe wurde 1983 geschieden. Zehn Jahre später heiratete sie in zweiter Ehe den spanischen Universitätsprofessor Francisco „Paco“ Ferrero Campos und führt seither einen Doppelnamen. Den Literaturwissenschaftler Ferrero Campos heiratete sie nach der öffentlich diskutierten Eheannullierung ihrer ersten Ehe[12] am 21. Dezember 2003 im Erzbischöflichen Palais in Salzburg auch kirchlich. Ferrero Campos war damals Direktor des Instituto Cervantes in Wien.

In ihrer Biografie auf den Webseiten des österreichischen Parlaments gibt Ferrero-Waldner an, dass sie seit 13. Jänner 1996 auf ihren Bindestrich-Vornamen Maria verzichtet.[13]

Ferrero-Waldner lebt seit 2010 in Madrid[14] und hat einen Zweitwohnsitz in Baden (Niederösterreich).[15][16]

Auszeichnungen

Überreichung des Dr. Alois Mock-Europa-Preises (2017)

Veröffentlichungen

  • mit Ewald König: Benita. Wo ein Wille, da ein Weg. Erfahrungen einer Europäerin und Kosmopolitin. Böhlau Verlag, Wien/Köln/Weimar 2017, ISBN 978-3-2052-0620-0.

Literatur

  • Albrecht Rothacher: Benita Ferrero-Waldner. In: Die Kommissare. Vom Aufstieg und Fall der Brüsseler Karrieren. Nomos, Baden-Baden 2012, ISBN 978-3-8329-7097-0, S. 207–224.

Weblinks

Commons: Benita Ferrero-Waldner – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Dr. Benita FERRERO-WALDNER - Lebenslauf europarl.europa.eu, abgerufen: 29. Januar 2018
  2. The members of the Barroso Commission (2004 - 2009). Benita Ferrero-Waldner. (Memento vom 3. März 2016 im Internet Archive) Eintrag (englisch) auf der Website der Europäischen Kommission. Abgerufen am 24. November 2010.
  3. Benita Ferrero-Waldner joins Gamesa as an Independent Board Member (Memento vom 29. Januar 2018 im Internet Archive) siemensgamesa.com, 24. Februar 2010
  4. Europas Curriculum Vitae - CV Ferrero-Waldner (Memento vom 29. Januar 2018 im Internet Archive) lateinamerikaverein.de, abgerufen: 29. Januar 2018
  5. Abogados: Benita Ferrero-Waldner (Memento vom 29. Januar 2018 im Internet Archive) cremadescalvosotelo.com, abgerufen: 29. Januar 2018
  6. a b [1] euroamerica.org
  7. Fainé, Garmendia, Ferrero Waldner y Belil, consejeros de Gas Natural elperiodico.com, 27. März 2015
  8. Auslandsösterreicherin 2015 (Seite 15) (Memento vom 7. Februar 2017 im Internet Archive) weltbund.at, April 2015
  9. FPdGI: Consejo Asesor fpdgi.org, abgerufen: 29. Januar 2018
  10. Benita Ferrero-Waldner - Trustee of FRIDE (Memento vom 29. Januar 2018 im Internet Archive) fride.org, abgerufen: 29. Januar 2018
  11. 2016 Report: Shared Stories noviasalcedo.es, abgerufen: 29. Januar 2018
  12. Irritationen zur Eheannullierung von Ferrero-Waldner. (Memento vom 25. April 2014 im Internet Archive) News von stjosef.at, 10. Jänner 2004. Abgerufen am 24. November 2010.
  13. Dr. Benita Ferrero-Waldner, Biografie. Abgerufen am 25. Oktober 2017.
  14. "Eine unverbesserliche Optimistin" kas.de, 8. November 2017
  15. "Die EU muss stärker werden" kurier.at, 18. August 2015
  16. Baden: Brand im Haus von Ferrero-Waldner. noe.ORF.at, 20. September 2005. Abgerufen am 12. Mai 2022.
  17. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  18. Überreicht durch den Bundespräsidenten am 22. Oktober 2010 (Memento vom 15. Mai 2011 im Internet Archive) Abgerufen am 10. März 2011.
  19. Aufstellung aller durch den Bundespräsidenten verliehenen Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich ab 1952 (PDF; 6,9 MB)
  20. Auslandsösterreicher des Jahres. In: Auslandsösterreicher Weltbund. Abgerufen am 29. Juli 2023.
  21. Schüssel und Spindelegger gratulieren Ferrero-Waldner und Miro Gavran zum Dr. Alois Mock-Europa-Preis. OTS-Meldung vom 22. Dezember 2017, abgerufen am 28. Dezember 2017.

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Austria Bundesadler.svg
Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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Die Europaflagge besteht aus einem Kranz aus zwölf goldenen, fünfzackigen, sich nicht berührenden Sternen auf azurblauem Hintergrund.

Sie wurde 1955 vom Europarat als dessen Flagge eingeführt und erst 1986 von der Europäischen Gemeinschaft übernommen.

Die Zahl der Sterne, zwölf, ist traditionell das Symbol der Vollkommenheit, Vollständigkeit und Einheit. Nur rein zufällig stimmte sie zwischen der Adoption der Flagge durch die EG 1986 bis zur Erweiterung 1995 mit der Zahl der Mitgliedstaaten der EG überein und blieb daher auch danach unverändert.
BenitaFerrero-Waldner2017L1110082 (3).jpg
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Benita Ferrero-Waldner (2017) bei der Vorstellung ihres Buches "Benita, Wo ein Wille, da ein Weg. Erfahrungen einer Europäerin und Kosmopolitin"
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Secretary Condoleezza Rice with German Foreign Minister Frank-Walter Steinmeier and European Commissioner for External Relations and European Neighborhood Policy Benita Ferrero-Waldner at the U.S.-EU Energy CEO Forum.
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The European Commissioner for External Relations and European Neighbourhood Policy Benita Ferrero Waldner and the First Lady of Argentina Cristina Fernández de Kirchner in The Pink House.