Bel-šarru-uṣur

Bel-šarru-uṣur bzw. Belšazar (auch Belsazar; spätbabylonisch Bel-šarru-uṣur; griechisch Baltạsar; lateinisch Baltạssar) war babylonischer Kronprinz, der von 552 bis 543 v. Chr. an Stelle seines Vaters Nabonid die Regierungsgeschäfte führte. Sein Name bedeutet: „Bēl beschütze den König“.

Historische Quellen

Zahlreiche Wirtschaftsurkunden aus Babylonien bezeugen Belšazars Regentschaft. In der Nabonid-Chronik wird unter anderem auch die Abstammung Belsazars von Nabonid bezeugt: „Der Sohn des Königs … war im Lande Akkad (Babylonien), während sich Nabonid in Tayma (in Arabien) aufhielt.“

Biblische Überlieferung (Buch Daniel)

In dem Buch Daniel des Alten Testamentes wird Belšazar als ein König und als ein „Sohn“ des Nebukadnezar II. bezeichnet.

Aber „Sohn“ bedeutet in den biblischen Sprachen „männlicher Nachfahre“, schließt also Enkel und so weiter ein. Ebenso erklärt sich die biblische Bezeichnung „Nebukadnezar, Vater des Belšazar“ aus der semitischen Sprachgewohnheit, auch Vorväter als Väter zu bezeichnen. So wird der Ausdruck „Sohn Davids“ auch für einen entfernten Nachkommen Davids genutzt.[1]

Belšazar erscheint eine geisterhafte „Schrift“ an einer Wand seines Palastes. Belšasar bittet seine Gelehrten, diese Schrift zu deuten. Nachdem sie gescheitert sind, lässt er den Propheten Daniel holen, der ihm diese Schrift auslegt: „Mene: Gezählt, das heißt, Gott hat gezählt die Tage Deiner Königsherrschaft und sie beendet. Tekel: Gewogen, das heißt, Du wurdest auf der Waage gewogen und für zu leicht befunden. Peres (U-parsin): Zerteilt wird Dein Königreich und den Persern und Medern übergeben“ (siehe Menetekel). Noch in derselben Nacht wird Belšazar ermordet und sein Reich unter Persern und Medern geteilt (Dan 5,28 ).

Historischer Bezug

Möglich ist, dass der biblischen Überlieferung historische Ereignisse zugrunde liegen und Belšazar tatsächlich von einem Marduk-Priester ermordet worden ist. Er war jedoch zu keinem Zeitpunkt König Babyloniens, sondern bis zur Rückkehr Nabonids dessen Stellvertreter. Somit bezeichnet „König“ seine Dienststellung als Regent,[2] die auch daran zu erkennen ist, dass Daniel die Dienststellung des Dritten im Reich angeboten wird,[3] während Belšazar offenbar der Zweite im Reich war. Belšazar war nicht, wie oft nach dem Buch Daniel geschlossen wurde, der letzte König des babylonischen Reiches.[4] Letztmals wird er als Stellvertreter im 13. Regierungsjahr des Nabonid genannt, den er seit dem 4. Regierungsjahr seit der Thronbesteigung vertrat.[5] Nach der Rückkehr des Babylonierkönigs aus Tayma, einer Oase in dem heutigen Saudi-Arabien, ist Belšazar in den schriftlichen Quellen nicht mehr genannt worden.

Daniels Funktion, von den Redaktoren als weisheitlicher Omendeuter beschrieben, kann mit dem Amt einer Entu-Priesterin beziehungsweise eines Wahrsagers (akkadisch: ašipu) verglichen werden, das im babylonischen Reich die Omendeutungen oder Beschwörungen enthielt.[6] Nabonid regierte nach seiner Rückkehr weitere drei Jahre.[7] In den Nabonid-Chroniken ist ein vorzeitiger Tod seines Sohnes jedoch nicht vermerkt. In diesem Zusammenhang ist auch bedeutsam, dass den Nachkommen des Babylonierkönigs kein nachfolgendes Königtum geweissagt worden ist.

Künstlerische Bearbeitungen

Rembrandt van Rijn:
Das Gastmahl des Belsazar
John Martin:
Belshazzar’s Feast

Der Stoff des Belsazar ist Grundlage für zahlreiche künstlerische Bearbeitungen.

Literatur

  • Kurt Galling: Textbuch zur Geschichte Israels. Tübingen 1968, S. 81.
  • Wolfgang Röllig: Die Weisheit der Könige in Assyrien und Babylonien. In: David Clines, Elke Blumenthal: Weisheit in Israel. Beiträge des Symposiums „Das Alte Testament und die Kultur der Moderne“ anlässlich des 100. Geburtstags Gerhard von Rads (1901–1971), Heidelberg, 18.–21. Oktober 2001. Lit, Münster 2003, ISBN 3-8258-5459-0, S. 37–52 (online).
  • F. M. Thomas Böhl: Daniel. In: Dietz-Otto Edzard u. a.: Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie. Band 2. de Gruyter, Berlin 1978, ISBN 3-11-004450-1, S. 118.
  • Josef Wiesehöfer: Das antike Persien 550 v. Chr bis 650 n. Chr. 1. Auflage. Patmos, Düsseldorf 2005, ISBN 3-491-96151-3, S. 426.
  • Alan R. Millard: Bibel und Archäologie. TVG Brunnen, Gießen/Basel 1977, ISBN 3-7655-9023-1.
  • Dominik Helms: / Belsazar. In: Michaela Bauks, Klaus Koenen, Stefan Alkier (Hrsg.): Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet (WiBiLex), Stuttgart 2006 ff., abgerufen am 18. Juli 2017.
  • M. A. Dandamayev: Nabonid. In: Dietz-Otto Edzard u. a.: Reallexikon der Assyriologie und Vorderasiatischen Archäologie. Band 9. de Gruyter, Berlin 2001, ISBN 3-11-017296-8, S. 6–12.
englisch
  • Paul-Alain Beaulieu: The Reign of Nabonidus, King of Babylon. New Haven 1989;
    • Babylon’s Twilight: The Reign of Nabonidus (555–539). In: A History of Babylon. 2200 BC–AD 75. John Wiley & Sons, Medford, MA 2018, S. 238–243 (Buchvorschau bei Google Books).
  • Albert Kirk Grayson: Assyrian and Babylonian Chronicles. Eisenbrauns, Toronto 1975, S. 104–111 (Chronik 7).

Einzelnachweise

  1. Josef Linder: "Der König Belšaṣṣar nach dem Buche Daniel und den babylonischen keilinschriftlichen Berichten" In: Zeitschrift für katholische Theologie. Vol. 53, Nr. 2, 1929, S. 173–202, hier S. 192, JSTOR:24180932.
  2. A. R. Millard: Bibel und Archäologie, S. 38.
  3. Dan 5,7.16 
  4. M. A. Dandamayev: Nabonid. S. 10.
  5. Die Regierungsjahresangabe bezieht sich auf den babylonischen Kalender. Es handelt sich in Gleichsetzung der Regierungschronik jeweils um das offizielle 12. und 3. Regierungsjahr.
  6. Wolfgang Röllig: Die Weisheit der Könige in Assyrien und Babylonien. In: archiv.ub.uni-heidelberg.de, S. 38 (PDF).
  7. Klaas R. Veenhof: Geschichte des Alten Orients bis zur Zeit Alexanders des Großen – Grundrisse zum Alten Testament. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2001, S. 284.
  8. Volltext Belsazars Vision (und deutsche Übertragung ohne Übersetzerangabe) im Sonett-Archiv; deutsche Übertragung von Heinrich Stadelmann (Gesicht des Belsazar, 1866) bei Google Books.

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Rembrandt-Belsazar.jpg
According to Daniel 5:1-31, King Belshazzar of Babylon takes sacred golden and silver vessels from the Jewish Temple in Jerusalem by his predecessor Nebuchadnezzar. Using these holy items, the King and his court praise 'the gods of gold and silver, bronze, iron, wood, and stone'. Immediately, the disembodied fingers of a human hand appear and write on the wall of the royal palace the words "MENE", "MENE", "TEKEL", "UPHARSIN"