Belagerung von Rapperswil (1656)

Belagerung von Rapperswil

Ostansicht von Rapperswil aus der Perspektive der Zürcher Truppen, links unten General Hans Rudolf Werdmüller, 1855, Zeichnung von Johann Jakob Oeri[1][2]
Datum7. Januar bis 10. Februar 1656
OrtRapperswil, Umland und Zürichsee
AusgangBelagerung erfolglos abgebrochen
FolgenBindung Zürcher Truppen, Sieg der Katholiken über die Berner Truppen am 24. Januar 1656 bei Villmergen
Friedensschluss7. März 1656 (Dritter Landfriede)
Konfliktparteien

Rapperswil CoA.svg Rapperswil SG
Wappen Schwyz matt.svg Schwyz
Wappen Unterwalden alt.svg Unterwalden

Wappen Zürich matt.svg Zürich

Befehlshaber

Hieronymus Riget

Hans Rudolf Werdmüller

Truppenstärke
7'018 Infanterie, 326 Kavallerie, 19 Geschütze, eine unbekannte Zahl Kriegsschiffe
Verluste

183 Tote, 396 Verwundete

573 Tote, 300 Verwundete

Die Belagerung auf einer kolorierten Federzeichnung, Johann Bartholomäus Conrad, 1662
Johann Peter Dietrich, Stadtschreiber und Schultheiss von Rapperswil, schilderte in einem 260 Seiten starken Tagebuch detailreich die neunwöchige Belagerung.
Gedenktafel für den 11-jährigen Franz Rothenfluh von Rapperswil, der am 23. Januar 1656 durch eine Zürcher Granate tödlich verwundet wurde

Die Belagerung von Rapperswil ist eine militärische Auseinandersetzung zwischen der reformierten Stadt Zürich und den katholischen Orten der Eidgenossenschaft während des Ersten Villmergerkrieges.

Ausgangslage

Nachdem in den Jahren 1654/55 der Versuch einer Bundesreform durch die reformierten Orte am Widerstand der katholischen Orte gescheitert war, drängte Zürich seine Verbündeten zum Krieg gegen die Katholiken. Zürich nutzte einen Streit mit dem katholischen Schwyz um den Besitz und die Rechte einiger aus Arth geflohenen Neugläubigen (Reformierten), um eine gesamteidgenössische Entscheidung zu erzwingen.

Belagerung von Rapperswil

General Hans Rudolf Werdmüller zog mit seinen Truppen über Hombrechtikon[3] nach Rapperswil, mit der strategisch wichtigen Brückenverbindung über den Seedamm nach Hurden in die schwyzerische untere March. Ihm zur Seite stand der Zürcher Bürgermeister Johann Heinrich Waser als Assistenzrat im Felde. Werdmüller befehligte eine Streitmacht von 7018 Mann Infanterie, ergänzt durch 326 Dragoner und 19 Geschütze.[2][4] Der in Frankreich ausgebildete und gegen Ende des Dreissigjährigen Kriegs für Schweden kämpfende General schloss den landseitigen Belagerungsring von Busskirch bis Kempraten. Die Häuser der umliegenden Dörfer wurden geplündert und die Kapellen verwüstet, bevor Rapperswil angegriffen werden sollte. Rapperswil war rechtzeitig von katholischen Truppen besetzt worden, die Hieronymus Riget aus Schwyz unterstanden. Geschütze sicherten beim Schützenhaus (Schlosshügel) und Endingerhorn die westliche, seeseitige Stadtbefestigung, bewacht von Unterwaldnern und Rapperswiler Bürgern.[4]

Am 7. Januar schlugen die Rapperswiler vor dem Endingerhorn Palisaden in den See, um den inneren Hafen gegen Zürcher Kriegsschiffe zu sichern, während über die Brücke aus Hurden weitere Truppen in die Stadt zogen. Am 8. Januar eröffnete die Zürcher Artillerie vom östlich der Stadtbefestigung gelegenen Kreuzli (Kreuzwiese) aus den Beschuss der Stadt. Vom Kapuzinergarten aus hätten die Zürcher Schiffe beschossen werden sollen, die allerdings in der einsetzenden, teilweisen Seegfrörni auf dem Zürichsee festsassen und ausser Schussweite blieben.

In seinem rund 260 Seiten starken Tagebuch beschreibt Johann Peter Dietrich, Stadtschreiber und Schultheiss von Rapperswil, wie die Stadt Rapperswil „zwischen dem 7.ten Jenner 1656 bis zum 11.ten Merz 1656 zu Wasser und zu Land von Zürchern sehr hart, jedoch vergeblich belagert“ worden ist. Die erstmalige Beschiessung der Stadt begann um 9 Uhr – der erste Schuss soll den Halsturm getroffen haben, die Kugel fiel jedoch auf den Vorplatz und wurde ins Kapuzinerkloster gebracht, wo die Brüder sie segneten. Neun Stunden später wurden über 60 Schüsse gezählt; sie wogen zwischen drei und 26 Pfund, „darvon aber in der Statt niemandt geschädiget alss ein ehrlicher Mann uss der March, demme uf der Schantz ein Schenckhel weckhgeschossen und gleich todt eingebracht worden“.

Schwyzer Truppen verteidigten die Holzbrücke von ihrem Hauptquartier in Pfäffikon aus. Nächtliche Einsätze hielten die Passage vom unteren in den oberen Zürichsee nach Altendorf von Vereisung frei. Ab 24. Januar begann eine intensive Beschiessung der Stadt, und die Botschaft vom Sieg bei Villmergen über die Berner Truppen traf ein. Am 26. Januar misslang ein verbissen geführter Ansturm der Zürcher auf die Stadtmauern. Es folgten Tage unter schwerstem Artilleriebeschuss mit insgesamt 700 Granaten, die 34 Häuser komplett oder teilweise zerstörten, bis Werdmüller am 3. Februar zum entscheidenden Sturm ansetzte und erneut scheiterte. Während der nächsten Tage wüteten die Belagerer in der Umgebung und zogen am 10. Februar 1656 ab.[4]

Opfer

Die erfolglose Belagerung von Rapperswil forderte auf reformierter Seite 573 Tote und 396 Verwundete; materielle Verluste waren acht Fahnen, zehn Geschütze und neun Fuhrwerke. Rapperswil und die katholischen Truppen beklagten 189 Tote und etwa 300 Verwundete; wie viele davon unter der Zivilbevölkerung bedarf der Klärung.

Die Stadt Rapperswil wurde teilweise zerstört, das Rapperswiler Umland verwüstet, ausgeplündert und die Kirchen geschändet. Schwere Verwüstungen und Plünderungen trafen auch die Höfe in Kempraten, Busskirch und Wagen.[5][6]

Folgen

Unterdessen schnitten die katholischen Orte mit ihren Truppen die Verbindung zwischen Zürich und Bern ab. Da durch die Belagerung von Rapperswil die Zürcher Truppen gebunden blieben und die Katholiken die durch General Sigmund von Erlach angeführten Berner am 24. Januar 1656 in der Ersten Schlacht von Villmergen besiegen konnten, spielte Rapperswil im ersten Villmergerkrieg eine wichtige Rolle. Die Kampfhandlungen wurden aber erst am 3. März endgültig eingestellt. Der «Dritte Landfriede» vom 7. März 1656 sicherte die durch den Zweiten Kappeler Landfrieden von 1531 erzielten Vereinbarungen und die katholische Hegemonie in der Eidgenossenschaft.

Siehe auch

Literatur

  • Paul Heeb: Die Belagerung der Stadt Rapperswil im Jahre 1656 aus der Sicht von Stadtschreiber Johann Peter Dietrich (1611–1681). Band 17 der Schriftenreihe des Stadtmuseums Rapperswil. Herausgegeben vom Stadtmuseum Rapperswil, Rapperswil 2006.
  • W. Wahlen, E. Jaggi: Der Schweizerische Bauernkrieg 1653 und die seitherige Entwicklung des Bauernstandes. Herausgegeben von der Oekonomischen und gemeinnützigen Gesellschaft des Kantons Bern, Buchverlag Verbandsdruckerei, Bern 1952.
  • Leo Weisz: Die Werdmüller. Schicksale eines alten Zürcher Geschlechtes. Drei Bände, Zürich 1949.

Einzelnachweise

  1. Im Zentrum von Johann Jakob Oeris Zeichnung von 1851 sind drei Kartaunen und ein Steinmörser zu erkennen, geschützt durch Schanzkörbe und Faschinen. Von der Bastion beim Engelplatz wird das Feuer der Zürcher Geschütze erwidert – rechts das Halstor, dahinter das Haus zum Alten Sternen und links der Halsturm mit den die Ringmauer bildenden Häuser. Im Vordergrund steht General Rudolf Werdmüller, in voller Rüstung, im Gespräch mit Offizieren, hinter ihm sein Diener mit dem Pferd. Zwei Schildwachen in Helm und Kürass, mit Spiess und Hellebarde bewaffnet, flankieren die Geschütze. Zwei Soldaten bringen einen verwundeten Kameraden in Sicherheit, ein dritter schafft Munition herbei. Der im Vordergrund stehende entblätterte Baum und die mit Schnee bedeckten Dächer sind Bildnisse für den eiskalten Januar 1656.
  2. a b David Nüscheler: Website Villmergerkriege 1656 und 1712, Geschichte der Zürcherischen Artillerie, Feuerwerker-Gesellschaft, Zürich 1850, abgerufen am 15. April 2013.
  3. Website der Gemeinde Hombrechtikon, Geschichte, abgerufen am 28. April 2008
  4. a b c Website des Kapuzinerklosters Rapperswil, Geschichte, abgerufen am 28. April 2008
  5. Staatsarchiv des Kantons St. Gallen: Rapperswil verlangt Schadenersatz für die Zürcher Belagerung (1656), Einblattdruck in lateinischer Sprache.
  6. Website des Hotels Schwanen, Geschichte, abgerufen am 28. April 2008

Auf dieser Seite verwendete Medien

Schändung der Kirche Jona während der Belagerung von Rapperswil 1656 durch die Zürcher Truppen, Aquarell aus der Chronik von Heinrich Rothenflue, Pfarrer in Jona, 1679, KG Rapperswil-Jon 2012-12-01 16-59-35 (P7700).JPG
Das 2010/2012 runderneuerte Stadtmuseum in Rapperswil (SG) und seine Sammlung: Schändung der Kirche Jona während der Belagerung der Stadt Rapperswil 1656 durch die Zürcher Truppen, Aquarell aus der Chronik von Heinrich Rothenflue, Pfarrer in Jona, 1679, Kirchgemeinde Rapperswil-Jona.
Rapperswil CoA.svg
Autor/Urheber: sidonius 13:11, 27 January 2008 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 3.0
Wappen der ehemaligen Gemeinde Rapperswil (jetzt Rapperswil-Jona), Schweiz
Belagerung der Stadt Rapperswil 1656 durch die Zürcher, Südansicht mit Umland (Ausschnitt), Geilinger-Hürlimann, 1667 Kupferstich - Stadtmuseum Rapperswil - 'Stadt in Sicht - Rapperswil in Bildern' 2013-10-05 16-08-53 (P7700).jpg
Das 2010/2012 runderneuerte Stadtmuseum in Rapperswil (SG) und seine Sammlung: Belagerung der Stadt Rapperswil 1656 durch die Zürcher unter General Rudolf Werdmüller. Südansicht der belagerten Stadt mit Umland aus der Vogelschau, Johann Jakob Geilinger (1611-1677), Johann Baptist Hürlimann, erschienen in Merxheim (Oberelsass) 1667, Kupferstich. «Warhaffte Abcontrefactur der Statt Rapperswl wie die von Zürchren Anfang Jeners bis Ausgang Hornung Anno 1656 zu Wasser und Land ist hart iedoch vergebens belägerett worden.»
Wappen Unterwalden alt.svg
Autor/Urheber: sidonius 23:27, 20 April 2007 (UTC), Lizenz: CC BY-SA 2.5
Das alte Wappen des Kantons Unterwalden, Schweiz. Es ist eine Verbindung der Wappen der Halbkantone Ob- und Nidwalden, verwendet vom späten 17. bis ins frühe 19. Jahrhundert.

Teilweise Weiterverwendung auch im 19. und frühen 20. Jahrhundert (Bsp. von 1912) neben dem seit 1816 offiziellen geteilten Wappen. Die hier gezeigte Darstellung des Doppelschlüssels (für Nidwalden) ist allerdings modern (Louis Ruckli 1944).

Vor etwa 1650 war das Kantonswappen das gleiche wie das des Kantons Solothurn, der horizontal in weiss und rot geteilte Schild.

Eine frühe Darstellung des Wappens von Unterwalden mit geteiltem Feld und einbärtigem Schlüssel findet man bei Merian (1654).