Befreiungsdenkmal (Graz)
Das (Adler-)Befreiungsdenkmal oder Freiheitsdenkmal ist eine Skulptur im Zentrum der steirischen Landeshauptstadt Graz. Das 1960 von Wolfgang Skala geschaffene Denkmal ist dem Ende der Besatzungszeit in Österreich und nicht, wie früher angenommen, der Befreiung vom Nationalsozialismus, gewidmet. Dieser Umstand wird in jüngerer Zeit kritisch diskutiert.
Standort
Das Befreiungsdenkmal steht in der nordöstlichen Ecke des Burggartens unweit der Orangerie und ist auf Parkwegen auch barrierefrei erreichbar. Die mehrere Meter hohe Skulptur überragt markant die Brüstung der Mauer der im 16. Jahrhundert erbauten Burgbastei, deren schräg abfallende Ziegelmauer mit Steinelementen hier ein Außeneck bildet. Den Wandfuß umgibt der geknickte, in den Sommermonaten mit Wasser gefüllten Schanzgraben. Das Denkmal ist von der Teichkurve[1] des einige Meter tiefer liegenden Stadtparks gut sichtbar und bildet mit der mächtigen Rosskastanie im Hintergrund ein beliebtes Fotomotiv.
Bedeutung
Die Skulptur des Bildhauers Wolfgang Skala (1904–1990) zeigt einen stark abstrahierten Adler, der sich aus einem engen, hohen Käfig befreit und seine Schwingen ausbreitet. Diese figürliche Darstellung steht symbolisch für den Abflug in eine freie Zukunft.[2] Das Werk wurde 1960 im Eisenguss ausgeführt[3] und trägt auf der Vorderseite das Datum 26.10.1955.
Lange Zeit war die Bedeutung des Denkmals der Öffentlichkeit nicht bekannt. Vermutungen, es solle mit dem „Adler“ der Opfer des österreichischen Freiheitskampfes und der Befreiung vom Nationalsozialismus gedacht werden, konnten im Jahr 2008 endgültig widerlegt werden. Auf Anregung eines historisch interessierten Pensionisten stellte das Steiermärkische Landesarchiv Nachforschungen an und stieß dabei auf einen Beschluss der Landesregierung vom 14. September 1955. Darin ist von der Ausrichtung einer großen Befreiungsfeier und der Errichtung eines Freiheitsdenkmals die Rede. Ein großer „Befreiungstag“ wurde am 25. Oktober 1955 mit einem Festakt in der Grazer Oper sowie einer Parade im Beisein zahlreicher Spitzenpolitiker und Kirchenvertreter begangen. Das Jahre später aufgestellte Denkmal steht somit für den Abzug der letzten Besatzungstruppen.[4]
Landeshauptmann Franz Voves enthüllte Ende Oktober 2008 erstmals eine Erklärungstafel[4] mit folgendem Text:
Freiheitsdenkmal[5] |
Kritik und Kunstinstallation 2019
Im Rahmen des steirischen herbstes 2019 wurde dem Denkmal erneut Aufmerksamkeit zuteil. Bereits im Vorfeld des Kunstfestivals wurde auf die unklare Benennung hingewiesen: Während die Gedenktafel die Skulptur als „Freiheitsdenkmal“ bezeichnet, nennen die meisten historischen Quellen sie „Befreiungsdenkmal“. Kritisiert wird in diesem Zusammenhang die Wahl des Datums, welches mit der Befreiung verbunden wird. Anstelle des 27. April 1945, jenes Tages, an dem Österreich seine Unabhängigkeit erklärte und eine provisorische Regierung formte, prangt unter dem Adler der 26. Oktober 1955, das Datum des Inkrafttretens der österreichischen Neutralität. Laut Organisatoren gerate das Denkmal damit – wie viele andere – in eine „peinliche Erklärungsnot, was das zeitgeschichtliche Selbstbild Österreichs angeht“.[6]
Der Wiener Künstler Eduard Freudmann (* 1979) schuf, darauf aufbauend, eine Intervention, die die Folklore um den Abzug der alliierten Truppen, den Stolz auf die Neutralität des Landes und den Opfermythos konterkarierte. Das Denkmal wurde temporär zum Obelisken, einer Form, die typischerweise Assoziationen mit einem Sieg hervorruft. Die rosa Farbe sollte dem Obelisken seine militärische Strenge nehmen. Die Inschrift ÖDUOPFER in weißen Buchstaben bediente sich der unter Jugendlichen verbreiteten Beleidigung und spielte auf den im Nachkriegsösterreich gepflegten Opfermythos an. Davon abgeleitet, hieß die Installation Monument to a myth oder kurz Monumyth. Im krassen Gegensatz dazu trieb auf einem nahegelegenen Teich ein Schriftzug, der als „fragiles Gegendenkmal“ für die Befreiung Österreichs vom Nationalsozialismus zu verstehen war.[7]
Weblinks
- Monument to a myth auf der Website des Universalmuseums Joanneum
Einzelnachweise
- ↑ Anm. Der Vulgo-Begriff Teichkurve für den Wegknick um den Teichknick um das Eck der Bastei als Gegend für junge Leute sich im Freien des Stadtparks zu treffen wurde während des Corona-Pandemie-bedingten Schließens der Gastronomie 2020/2021 populär.
- ↑ Wolfgang Skala – Adler-Befreiungs-Denkmal. OFFSITE_GRAZ, abgerufen am 20. September 2019.
- ↑ Parkpflegewerk 2012 für den Stadtpark Graz. Hrsg. Stadt Graz 2012, S. 55. Online-PDF, abgerufen am 20. September 2019.
- ↑ a b Markus Gruber: Das Ende der Besatzung. In: Steiermark Report, Ausgabe 11-08, S. 11. Online-PDF, abgerufen am 20. September 2019.
- ↑ Markus Gruber: Landesarchiv stellt Widmung des Freiheitsdenkmals im Burggarten klar. Denkmal soll an endgültigen Abzug der Besatzungstruppen erinnern. Land Steiermark, November 2008, abgerufen am 20. September 2019.
- ↑ Gegenpositionen. Universalmuseum Joanneum, September 2019, abgerufen am 20. September 2019.
- ↑ steirischer herbst ’19 Grand Hotel Abyss – Gegenpositionen. Presseinfo. Universalmuseum Joanneum, Graz 2019, S. 3. Online-PDF, abgerufen am 20. September 2019.
Koordinaten: 47° 4′ 23,8″ N, 15° 26′ 41″ O
Auf dieser Seite verwendete Medien
Autor/Urheber: Clemens Stockner, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Eduard Freudmann: Monumyth (2019), Kunstinstallation am Grazer Freiheitsdenkmal (Adler-Befreiungsdenkmal) anlässlich des steirischen herbst 2019, die sich kritisch mit dem Opfermythos Österreichs auseinandersetzt
Autor/Urheber: Clemens Stockner, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Dieses Foto zeigt das im digitalen Kulturgüterverzeichnis der Gemeinde Graz (Österreich) unter der Nummer 1383 (commons, de) aufgeführte Objekt.
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