Beechcraft Model 99

Beechcraft Model 99
Beechcraft Model 99
TypZubringerflugzeug
Entwurfsland

Vereinigte Staaten Vereinigte Staaten

HerstellerBeech Aircraft Corporation
Erstflug1966
Indienststellung1968
Produktionszeit

1966–1975, 1981–1987

Stückzahl239

Die Beechcraft Model 99 ist ein zweimotoriges Zubringerflugzeug der Beech Aircraft Corporation, das mit zwei Turboproptriebwerken ausgestattet ist und von 1966 bis 1987, mit einer Unterbrechung von 1976 bis 1980, gebaut wurde. Sie besitzt keine Druckkabine.

Entwicklungsgeschichte

Beech 99 D-IEXB der Nightexpress, Frankfurt 2012

Die Entwicklung der Beech 99 begann 1965. Ziel war es, einen Nachfolger für die veraltete Beechcraft 18 zu finden. Beech verwendete hierbei Strukturelemente der erfolgreichen Queen Air Reihe (Tragflächen) und der King Air-Reihe (Triebwerke) sowie einen neu konstruierten Rumpf.[1]

Im Juli 1966 fand der Erstflug des ersten Prototyps statt. Am 2. Mai 1968 begann die Auslieferung an die Kunden mit einer Maschine an Commuter Airlines.[2] Bis 1986 wurden 239 Beech 99 in verschiedenen Kabinen-Layouts (bis zu 17 Passagiere) gebaut.

Die wenigen 99, die heute noch fliegen, sind meist zu Frachtern oder für Spezialaufgaben umgerüstet.

Modellvarianten

Die Baureihen unterscheiden sich wie folgt:[3]

  • Beech 99: 101 gebaut.
    • 99 Airliner: Zweimotoriges Zubringerflugzeuge, 4.720 kg max. Startgewicht, ausgelegt für zwei Piloten und bis zu 15 Passagiere. Zwei Turboprop-Triebwerke Pratt & Whitney Canada PT6A-20 mit 410 kW (550 shp).
    • 99 Executive: Geschäftsreiseversion der 99 Airliner.
  • Beech 99A: 43 gebaut.
    • 99A Airliner: Entspricht der 99 Airliner, aber angetrieben von zwei stärkeren Turboprop-Triebwerken Pratt & Whitney PT6A-27 mit 507 kW (680 shp), höheres maximales Startgewicht, größere Reichweite.
  • Beech A99A: 1 gebaut.
    • A99A Airliner: Einzelstück, 99A Airliner ohne Tragflügelmitteltanks.
  • Beech B99: 18 gebaut.
    • B99 Airliner: Verbesserte Version, 4944 kg max. Startgewicht und von zwei Pratt & Whitney PT6A-27-Motoren mit 507 kW (680 shp) angetrieben. Einige 99 und 99A wurden nachträglich zu dieser Version umgerüstet.
    • B99 Executive: Geschäftsreiseversion der B99 Airliner.
  • Beech C99: 76 gebaut.
    • C99 Airliner (anfangs C99 Commuter): Erstflug am 20. Juni 1980; 5100 kg max. Startgewicht, Pratt-&-Whitney-PT6A-36-Motoren mit 715 shp Leistung. Verbessertes elektrisches System und Fahrwerk, stärkere Tragflächenholme.

Militärische Nutzer

Chile Chile
Peru Peru
Thailand Thailand

Zwischenfälle

Vom Erstflug 1966 bis Februar 2021 kam es mit Beech 99 zu 54 Totalschäden. Bei 29 davon kamen 177 Menschen ums Leben.[4] Beispiele:

  • Am 20. Juni 1969 stürzte eine Beechcraft 99 der US-amerikanischen Cascade Airways (Luftfahrzeugkennzeichen N2550A) unmittelbar nach dem Start vom Pasco-Tri Cities Airport im US-Bundesstaat Washington ab. Als Unfallursachen wurden ein in die Endstellung nach oben vertrimmtes Flettner-Ruder festgestellt, sowie der Umstand, dass der Sitz des Kapitäns nicht arretiert war und beim Start nach hinten in die Endstellung rutschte. Beide Piloten, die einzigen Insassen der Maschine, kamen ums Leben. Es handelte sich um den ersten tödlichen Zwischenfall mit einer Beechcraft Model 99 (siehe auch Flugunfall der Cascade Airways 1969).[5]
  • Am 6. Juli 1969 stürzte eine Beechcraft 99 der US-amerikanischen Air South (N844NS) zehn Kilometer nordwestlich von Monroe (Georgia) ab. Rund elf Minuten nachdem die Maschine ihre Reiseflughöhe von 7.000 ft (2134 m) erreicht hatte, begann die Höhenrudertrimmung damit, das Höhenruder bis zum Anschlag (Full-Nose-Down-Position) zu vertrimmen. Die Kraft beider Piloten reichte trotz der sechs Sekunden später eingeleiteten Abhilfemaßnahmen nicht aus, um die extrem vertrimmte Stellung des Höhenruders mit dem Steuerhorn zu überwinden und die Maschine abzufangen. Infolgedessen ging das Flugzeug in einen Sturzflug über; die daraus resultierende hohe Geschwindigkeit führte dazu, dass beide Tragflächen ihre Belastungsgrenzen überschritten und einige hundert Fuß über Grund abbrachen, bevor das Flugzeug schließlich nahezu senkrecht in den Boden einschlug. Das NTSB konnte die Ursache für das Fehlverhalten der Trimmung nicht ermitteln, schrieb der Konstruktion des gesamten Steuersystems aber eine förderliche Rolle beim Entstehen des Kontrollverlusts zu. Bei diesem Zwischenfall wurden alle 12 Passagiere und die beiden Besatzungsmitglieder getötet (siehe auch Air-South-Flug 168).[6][7]
  • Am 31. März 1974 fing eine Beechcraft 99 der US-amerikanischen Air South (N848NS) während des Rollens auf dem Malcolm-McKinnon-Flughafen von Brunswick (Georgia) aus ungeklärter Ursache Feuer. Die zweiköpfige Besatzung und ihre beiden Passagiere, die sich auf dem Weg nach Atlanta befanden, konnten die Maschine verlassen; das Flugzeug hingegen wurde zerstört und musste abgeschrieben werden.[8]
  • Am 2. Juli 1975 kam es an einer Beechcraft 99 der französischen Touraine Air Transport (TAT) (F-BTQE) beim Start vom Flughafen Nantes zu einem Ausfall und Brand des Triebwerks Nr. 2 (rechts). Beim Versuch der Rückkehr stürzte die Maschine auf eine Eisenbahnlinie. Alle 8 Insassen, darunter die beiden Piloten und sechs Passagiere, kamen bei diesem Unfall ums Leben.[9]
  • Am 8. Mai 1989 verloren die Piloten einer Beechcraft 99 der schwedischen Holmström Flyg (SE-IZO) auf dem Flug vom Flughafen Stockholm-Arlanda nach Oskarshamn im Endanflug die Kontrolle über die Maschine. Alle 16 Personen an Bord kamen ums Leben (siehe auch Holmström-Flyg-Flug 314).[13]
  • Am 8. Juni 1992 starben drei von sechs Insassen einer Beechcraft C99 der US-amerikanischen GP Express Airlines (N118GP), als die Maschine bei Anniston, Alabama ins Gelände geflogen wurde (Kontrollierter Flug in den Boden). Die Ermittler führten den Unfall auf den Einsatz einer schlecht ausgebildeten und unerfahrenen Besatzung zurück, die vor der Kollision ein mangelndes Situationsbewusstsein hatte und sich hinsichtlich der Geländebeschaffenheit irrte.[14]
  • Am 28. April 1993 wurde eine Beechcraft C99 der GP Express Airlines (N115GP) während eines Testfluges in den Boden geflogen, wobei die beiden Piloten starben. Es stellte sich heraus, dass die Piloten versucht hatten, mit der Maschine ein verbotenes Kunstflugmanöver zu fliegen, aus dem sie das Flugzeug dann nicht mehr abfangen konnten. Beide Piloten starben (siehe auch Flugunfall der GP Express Airlines 1993).[15]
  • Am 12. Februar 1999 verunglückte eine Frachtmaschine des Typs Beechcraft C99 der US-amerikanischen Ameriflight (N205RA) während eines Fluges vom Tonopah Airport in Nevada zum Eastern Sierra Regional Airport in Kalifornien, wobei der einzige an Bord anwesende Pilot starb. Die Maschine wurde 18 Kilometer vor dem Zielflughafen in einen Berg geflogen. Die Unfalluntersuchung legt den Verdacht nahe, dass die Maschine verunglückte, weil der Pilot im Flug Landschaftsaufnahmen machte und von seiner Aufgabe abgelenkt war, die Maschine zu fliegen (siehe auch Flugunfall der Ameriflight im Februar 1999).[16]
  • Am 30. Juni 1999 verunglückte eine Beechcraft Model 99 der deutschen Nightexpress (D-IBEX), nachdem beide Triebwerke auf einem Frachtflug von London-Luton nach Frankfurt ausgefallen waren. Die Besatzung versuchte auf dem Flughafen Lüttich notzulanden. Das Flugzeug erreichte die Landebahn nicht und schlug nahe Seraing (Belgien) in einem Wald auf. Beide Piloten kamen ums Leben (siehe auch Nightexpress-Flug 114).[17]

Technische Daten

BE99-b faa.gov.jpg
KenngrößeBech 99[18]C99 Commuter
Baujahr1966–19??1983–1986
Besatzung1–22
Passagiere15–1615
Länge13,75 m13,58 m
Spannweite13,96 m13,98 m
Höhe4,37 m4,38 m
Flügelfläche25,00 m²25,98 m²
Leermasse2600 kg
Rüstmasse2580 kg
Zuladung2060 kg
Nutzlast1440 kg
Startmasse4640 kg5126 kg
Höchstgeschwindigkeit496 km/h in 2440 m Höhe
Reisegeschwindigkeitmax. 402 km/h in 3000 m Höhe462 km/h in 2440 m Höhe
max. Steigrate636 m/min (ca. 2090 ft/min)610 m/min (2000 ft/min)
max. Reichweite1600 km1687 km
Antrieb2 × Pratt & Whitney Canada PT6A-20,
550 PS (405 kW)
2 × Pratt & Whitney Canada PT6A-36,
680–715 PS (500–526 kW)

Siehe auch

Literatur

  • A.J. Pelletier: Beech Aircraft and their Predecessors. Putnam, London 1995, ISBN 0-85177-863-1 (englisch).
  • John W.R. Taylor (Hrsg.): Jane's All The World's Aircraft - 1983-84. ane's Publishing Company, London 1983, S. 311–312 (englisch).
  • John W.R. Taylor (Hrsg.): Jane's All The World's Aircraft - 1972-73. Sampson Low, Marston & Company Ltd., London 1972, S. 253–255 (englisch).

Weblinks

Commons: Beechcraft Model 99 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. William Green: Flugzeuge der Welt, 1970/71. Werner Classen Verlag, Zürich 1970, S. 30–31.
  2. Pelletier 1995, S. 144.
  3. Pelletier 1995, S. 144–145.
  4. Unfallstatistik Beech 99, Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 20. Februar 2021.
  5. Kurzunfallbeschreibung N2550A, National Transportation Safety Board. Abgerufen am 17. August 2020
  6. SEA69A0061. National Transportation Safety Board, abgerufen am 18. August 2020 (englisch).
  7. Aircraft Accident Report. (PDF) National Transportation Safety Board, 26. August 1970, abgerufen am 18. August 2020 (englisch).
  8. NTSB Identification: MIA74FKG67. National Transportation Safety Board, abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  9. Flugunfalldaten und -bericht Beech 99 F-BTQE im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 4. August 2022.
  10. Flugunfalldaten und -bericht Beech 99 F-BUYG im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 4. August 2022.
  11. Flugunfalldaten und -bericht Beechcraft 99 Airliner im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 17. Mai 2023.
  12. Flugunfalldaten und -bericht Beech 99 F-BTMJ im Aviation Safety Network (englisch), abgerufen am 4. August 2022.
  13. Crash of a Beechcraft 99 Airliner in Oskarshamn: 16 killed. Bureau of Aircraft Accidents Archives, abgerufen am 11. September 2021 (englisch).
  14. Aviation Accident Final Report. National Transportation Safety Board, 8. Oktober 1993, abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  15. Aviation Accident Final Report. National Transportation Safety Board, 10. Mai 1994, abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  16. Aviation Accident Final Report. National Transportation Safety Board, 13. August 2001, abgerufen am 23. August 2020 (englisch).
  17. Untersuchungsbericht 4X019-0/99. Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung, Februar 2002, abgerufen am 23. August 2020.
  18. Heinz A.F. Schmidt: Flugzeuge aus aller Welt: Beechcraft-99. In: Flieger-Jahrbuch 1969. Transpress, Berlin 1968, VLN 162-925/24/68, S. 99.

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Das Bild dieser Flagge lässt sich leicht mit einem Rahmen versehen
Jamaica Air Shuttle In Flight.jpg
Autor/Urheber: Candicekerr, Lizenz: CC BY 3.0
Photo of Beechcraft 99 "Airliner" Jamaica Air Shuttle flight taking off from Tinson Pen in Kingston
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Beech Aircraft Corporation logo
Beech 99 Airliner, Nightexpress AN2166007.jpg
Autor/Urheber:
Konstantin von Wedelstaedt
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