Bauwürdigkeit (Bergbau)

Als Bauwürdigkeit, auch Abbauwürdigkeit,[1] wird im Bergbau und der ökonomischen Geologie die wirtschaftliche Gewinnbarkeit eines Rohstoffvorkommens bezeichnet.[2]

„Ein weiterer Gesichtspunkt wird in die Kohlenvorratsberechnung durch den Begriff der Bauwürdigkeit hineingetragen. Bauwürdig ist eine Lagerstätte, wenn ihr Abbau wirtschaftlich möglich ist, d. h. wenn sich das betriebsgebundene Kapital angemessen verzinst.“

Fritz Heise, Friedrich Herbst, Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde[3]

Stellt sich bei der Beurteilung die Bauwürdigkeit heraus, so wird aus dem Vorkommen eine Lagerstätte.[4]

Geschichte

Der Abbauwürdigkeit eines Grubenfeldes kam bereits im Bergbau des 19. Jahrhunderts eine große Bedeutung zu.[5] Insbesondere bei der Verleihung eines Grubenfeldes war es von den damals geltenden Berggesetzen vorgeschrieben das dieses soweit aufgeschlossen sein musste, das es nach den örtlichen Verhältnissen als abbauwürdig angesehen werden konnte.[6] Dieses musste gemäß des Berggesetzes durch örtliche Erhebungen festgestellt werden und war somit juristisch gesehen eine Tatbestandsfrage.[7] Somit war der Begriff Abbauwürdigkeit ein sehr relativer Begriff, der je nach Bergrevier eine andere bzw. unterschiedliche Bewertung zuließ.[8] In den Bergrevieren, in denen es die örtlichen Verhältnisse es erfordern, wurden nach Besprechnung mit den Reviergewerken vom Ministerium besondere Bestimmungen zur Beurteilung der Abbauwürdigkeit erlassen.[9] Durch die Beurteilung und den Nachweis der Abbauwürdigkeit eines Vorkommens wollte man nationalwirtschaftliche Nachteile, die durch einen unwirtschaftlichen Bergbaubetrieb entstanden, durch Untersagung der Verleihung verhindern.[10]

Kategorien der Bauwürdigkeit

Grundsätzlich teilt man Rohstoffvorkommen in die drei Kategorien bauwürdig, bedingt bauwürdig und unbauwürdig ein.[11] Als bauwürdig gelten Rohstoffvorkommen (Lagerstätten) oder Teile davon, wenn sie zum Zeitpunkt ihrer Bewertung mit wirtschaftlichem Erfolg gewinnbar sind.[12] Als bedingt bauwürdig gelten Vorkommen die durch Marktveränderungen wirtschaftlich oder unwirtschaftlich betrieben werden können.[13] So kann zum Beispiel ein Rohstoffverkommen durch Preiserhöhung am Markt bauwürdig werden, das beim bisherigen Marktpreis nicht lohnend abgebaut werden konnte.[14] Als unbauwürdig gelten Vorkommen die weder zum Bewertungszeitpunkt noch zu einem absehbaren Zeitpunkt wirtschaftlich abgebaut werden können.[12] Die Beurteilung des wirtschaftlichem Nutzen kann dabei entweder aus allgemein betriebswirtschaftlich oder volkswirtschaftlich Sicht erfolgen.[15] Dabei ändert sich die Einstufung der Abbauwürdigkeit eines Vorkommens im Laufe der Jahre, je nach technischer Entwicklung, Marktlage und politischer Einflüsse.[16]

Bewertungskriterien

Bewertungskriterien sind u. a.:

  • Qualität der Lagerstätte (Mindest-, Durchschnittsgehalt),
  • Vorratsmenge,
  • Obergrenzen für Beimengungen und Zwischenmittel,
  • Aufwand der Erschließung,
  • Kosten des Abbaus und der Förderung,[17]
  • Kosten der Aufbereitung,
  • Transportkosten,
  • erzielbarer Produktpreis,
  • erzielbare Absatzmenge.[18]

Innerhalb einer Lagerstätte kann es bauwürdige und unbauwürdige Teilbereiche geben.[19] Die Beurteilung der Lagerstätteninhalte kann durch unterschiedliche Probenahmeverfahren wie die Bohrmehlprobe, die Schussprobe oder die Sackprobe erfolgen.[18]

Änderung der Bauwürdigkeit

Ändern sich ein oder mehrere Bewertungskriterien, so kann eine Lagerstätte unter die Bauwürdigkeitsgrenze fallen oder ein Vorkommen sich zu einer Lagerstätte wandeln.[20] Während z. B. die Steinkohle jahrzehntelang die Basis der deutschen Schwerindustrie war, wurde ihr Abbau immer unwirtschaftlicher. Hier haben sich die Parameter Produktpreis und Kosten des Abbaus und der Förderung negativ verändert. Im Ergebnis ist die deutsche Steinkohle trotz staatlicher Subventionen momentan nicht wettbewerbsfähig, sie ist unbauwürdig.

Entwicklung der Bauwürdigkeit von Kupfererz
Dekademinimaler Cu-Gehalt in %
1881–18905,20
1891–19003,80
1901–19102,06
1911–19201,64
1921–19301,52
1931–19401,58
1941–19500,97
1951–19610,80

Der stetig sinkende Minimalgehalt liegt ursächlich in den verbesserten Gewinnungs- und Aufbereitungsmethoden begründet, die es zunehmend erlauben, auch vormals unbauwürdige Erze gewinnbringend abzubauen und zu verhütten.[21]

Literatur

  • Fritz Heise, Friedrich Herbst, Carl Hellmut Fritzsche: Bergbaukunde. Lehrbuch der, mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaues. 8. und 9. völlig neubearbeitete Auflage. Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1958.
  • Emil Kraume: 1000 Datume Rammelsberg. Hrsg.: Preussag Aktiengesellschaft. Goslar.
  • Ernst-Ulrich Reuther: Einführung in den Bergbau. 1. Auflage. Verlag Glückauf GmbH, Essen 1982, ISBN 3-7739-0390-1.
Wiktionary: Abbauwürdigkeit – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Heinrich Veith: Deutsches Bergwörterbuch mit Belegen. Verlag von Wilhelm Gottlieb Korn, Breslau 1871, S. 59.
  2. Walter Bischoff, Heinz Bramann, Westfälische Berggewerkschaftskasse Bochum: Das kleine Bergbaulexikon. 7. Auflage, Verlag Glückauf GmbH, Essen 1988, ISBN 3-7739-0501-7.
  3. Fritz Heise, Friedrich Herbst, Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde, mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaues, Springer-Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg, 8. und 9. völlig neubearbeitete Auflage 1958, S. 15.
  4. Bundesgesellschaft für Endlagerung: Arbeitsstand der Methodenentwicklung zur Anwendung der planungswissenschaftlichen Abwägungskriterien gemäß Anlage 12 (zu § 25) StandAG. Vorgaben, Grundverständnisse, Daten zur Darstellbarkeit der Einzelkriterien, Objekt ID 8256745, S. 71, 72.
  5. Manz'sche Gesetzes-Ausgabe Siebenter Band. Das allgemeine Berggesetz vom 23. Mai 1854. Sammt der Vollzugsvorschrift und allen darauf Bezug nehmenden, bis Ende August 1865 erschienenen Verordnungen und Erläuterungen. Mit einem Anhange enthaltend: Den Amtsunterricht für die k.k. Berghauptmannschaften vom 8. Juli 1861 - die Beschlüsse der Judex-Curial-Conferenz in Pest bezüglich des Bergwesens in Ungarn - die Vorschriften über die Berggerichte - die Vorschriften über die Bergbücher - die Vorschriften über die Aerarial-Montan-Beamten und Arbeiter. Verlag von Friedrich Manz, Wien 1865, S. 109, 110.
  6. Hermann Brassert (Hrsg.), H. Achenbach (Hrsg.): Zeitschrift für Bergrecht. Zwölfter Jahrgang, Verlag bei Adolph Marcus, Bonn 1871, S. 215, 216.
  7. Erkenntnisse des k.k. Verwaltungsgerichtshofes. Zusammengestellt und Veranlasst von Adam Freiherr von Budwinski. XX Jahrgang 1896 II. Theil, Verlag der Manz'schen k. u. k. Hof-Verlags- und Universitäts-Buchhandlung, Wien 1896, S. 1587, 1588.
  8. Vorstand des k.k. Redactions-Bureau des Reichsgesetzblattes (Hrsg.): Sammlung der seit dem Regierungsantritte Sr. Majestät Kaiser Franz Joseph des Ersten die zum Schlusse des Jahres 1855 erlassenen und noch in Kraft bestehenden Gesetze und Verordnungen im Justiz-Fache für das Kaiserthums Oesterreich. Heraugegeben auf Veranlassung des K.k. Justizministeriums, siebenzehnter Band, Verlag von Friedrich Manz, Wien 1859, S. 362, 363.
  9. Michael Hahn: Oesterreichisches Gesetz-Lexikon. Eine encyklopädische Darstellung des gesammten österreichischen Staats-Gesetzgebung in alphabetischer Ordnung. Erste Lieferung, Pest in Commission bei Hermann Geibel, 1856, S. 362, 363.
  10. R. v. Carnall (Hrsg.): Zeitschrift für das Berg-, Hütten-, und Salinen-Wesen im preussischen Staate. Vierter Band, mit 10 Steindrucktafeln und 142 in den Text eingedruckten Holzschnitte, herausgegeben mit Genehmigung der Ministrial-Abtheilung für Berg-, Hütten- und Salinenwesen, Verlag von Wilhelm Hertz, Berlin 1856, S. XXV, XVI.
  11. Juri Grassmann: Lagerstätteneigenschaften und Indikatoren als basis zur globalen Bewertung einer nachhaltigen Rohstoffverfügbarkeit von Kupfererz. Genehmigte Dissertation an der Fakultät für Bergbau, Hüttenwesen und Geowissenschaften der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen. Aachen 2003, S. 8, 103, 105, 122.
  12. a b Sebastian Raffler: Ressourcenverfügbarkeit, bergtechnische Charakterisierung und Bergbauplanungskonzepte ausgewählter Vorkommen ultramafischer Gesteine in Österreich. Nutzungspotentiale von ultramafischen Gesteinen. Masterarbeit am Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft Department Mineral Resources and Petroleum Engineering der Montanuniversität Leoben, Leoben 2015, S. 27, 29–31, 33.
  13. Sebastian Raffler: Ressourcenverfügbarkeit, Bergtechnische Charakterisierung und Bergbauplanungskonzepte ausgewählter Vorkommen EU-kritischer Rohstoffe in Österreich. Kritische Rohstoffe für die Hochtechnologieanwendungen in Österreich. Diplomarbeit am Lehrstuhl für Bergbaukunde, Bergtechnik und Bergwirtschaft Department Mineral Resources and Petroleum Engineering der Montanuniversität Leoben, Leoben 2013, S. 54.
  14. Julius Dannenberg, Werner Adolf Frantz (Hrsg.): Bergmännisches Wörterbuch. Verzeichnis und Erklärung der bei Bergbau – Salinenbetrieb und Aufbereitung vorkommenden technischen Ausdrücke, nach dem neuesten Stand der Wissenschaft – Technik und Gesetzgebung bearbeitet, F. U. Brockhaus, Leipzig 1882.
  15. Leopold Weber (Hrsg.): Archiv der Lagerstättenforschung. Handbuch der Lagerstätten der Erze, Industrieminerale und Energierohstoffe Österreichs. Band 19, Erläuterungen zur metallogenen Karte von Österreich 1:500.000 unter Einbeziehung der Industrieminerale und Energierohstoffe, mit 397 Abbildungen, 37 Tabellen, 2 Farbkarten (Beilagen) und 1 Lagerstättenliste (Beilage), mit Beiträgen von Immo Cerny, Fritz Ebner und weiterer Fachautoren, Geologische Bundesanstalt 1997, ISBN 3-900312-98-2, S. 21, 22, 28, 29, 31.
  16. Karl Kaup: Wandlungen in der Eisenerzversorgung der Nachkriegszeit. In: Arbeitsgemeinschaft für Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen. Natur, Ingenieur- und Gesellschaftswissenschadten, 145 Sitzung in Düsseldorf, Sitzungsprotokoll, Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, Wiesbaden 1965, urspründlich erschienen bei Westdeutscher Verlag Köln Opladen 1966, S. 12.
  17. Florian Neukirchen, Gunnar Ries: Die Welt der Rohstoffe. Lagerstätten, Förderung und wirtschaftliche Aspekte. Springer Spektrum, Heidelberg 2014, ISBN 978-3-662-37739-9, S. 3.
  18. a b Carl Hellmut Fritzsche: Lehrbuch der Bergbaukunde. Mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, zehnte, völlig neubearbeitete Auflage, mit 574 Abbildungen und einer farbigen Tafel, Springer Verlag, Berlin/Göttingen/Heidelberg 1961, S. 9–12.
  19. Ernst-Ulrich Reuther: Lehrbuch der Bergbaukunde. Mit besonderer Berücksichtigung des Steinkohlenbergbaus. Erster Band, 12. Auflage, VGE Verlag GmbH, Essen 2010, ISBN 978-3-86797-076-1, S. 3, 419, 420.
  20. Günter B. L. Fettweis: Zur Geschichte und Bedeutung von Bergbau und Bergbauwissenschaften. 21 Texte eines Professors für Bergbaukunde zur Entwicklung des Montanwesens in Europa und speziell in Österreich. Österreichische Akasemie der Wissenschaften, Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Klasse, Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, Druck Universal Druckerei Leoben, ISBN 3-7001-3288-3, Wien 2004, S. 36–45.
  21. Autorenkollektiv: Geologisches Grundwissen. Hrsg.: Horst Roschlau, Hans-Joachim Haberkorn. 2. Auflage. Deutscher Verlag für Grundstoffindustrie, Leipzig 1977, S. 119, 123–124.