Bar Kochba

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Silberne Tetradrachme aus der Zeit des Aufstands
Silber Denar von Simon Bar Kochba, datiert zwischen 132 und 135. In der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz.

Simon bar Kochba (aramäisch שמעון בר כוכבא, Schim'ôn Bar Kochba oder Schim'on Bar Kochva, „Sohn des Sterns“; gestorben 135, eigentlich Schim'on bar Kosiba) war ein jüdischer Rebell und messianischer Prätendent, der von 132 bis 135 nach Christus den Bar-Kochba-Aufstand gegen das Römische Reich unter Kaiser Hadrian führte.

Sein Vorleben liegt im Dunkeln. Beim Aufstand erzielte er zunächst erhebliche Erfolge gegen die Römer, musste sich später jedoch in die Festung Betar zurückziehen und wurde dort belagert. Bei der Erstürmung Betars durch römische Truppen kam Bar Kochba ums Leben.

Name

Es gibt nur wenige Quellen über Bar Kochba. Sein Eigenname Schimon (deutsch „Simon“) wurde auf Münzen aus der Zeit des Aufstandes gefunden. Einige Münzen tragen auf der anderen Seite übersetzt die Worte „Jahr eins der Erlösung Israels“ oder „für die Freiheit Jerusalems“.

Sein aramäischer Beiname „Bar Kochba“, welcher ihm nach der jüdischen Legende von Rabbi Akiba gegeben worden war, bedeutet Sohn des Sterns in Anlehnung an die messianische Prophezeiung vom „Stern aus Jakob“ (Num 24,17 ). Nach seinem Scheitern wurde er in der rabbinischen Literatur in „Bar Koseba“ („Lügensohn“) umbenannt.

Der Beiname wurde in vielen Variationen geschrieben. Bekannte Variationen sind:

  • Ben Kosiba (hebräisch בן־כוסבה)
  • Ben Koziba/Koziva (hebräisch בן־כוזיבה)
  • Bar Kokhba/Kokhva, Bar Cochba, Bar-Kokheba, Bar-Cocheba (aramäisch בר־כוכבא)
  • Bar Kosba (aramäisch בר־כוסבה)
  • Bar Kosba/Kozba, Bar Kozevah (aramäisch בר־כוזבא)

In den 1960er Jahren wurden in Höhlen im Wadi Murabbaʿat und im Nachal Chever am Westufer des Toten Meeres in der Nähe der Oase En Gedi einige Briefe Bar Kochbas gefunden, die heute im Israelmuseum aufbewahrt werden. In einem griechischen Brief erscheint der Name σιμων χωσιβα, Simon Chosiba. Im Gegensatz zur hebräischen oder aramäischen Sprache, die den Namen nur in Konsonanten schreiben (KSBH neben anderen Schreibweisen), ist so die Vokalisierung eindeutig.

Rezeption

Israelische Geschichtsschreibung

Die moderne israelische Geschichtsschreibung folgte zunächst der zionistisch motivierten Heroisierung Bar Kochbars, wie sie ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der zionistischen Bewegung zu beobachten war. In den sechziger und siebziger Jahren des letzten Jahrhunderts stießen neue archäologischen Funde auf breitestes Interesse. Ihnen folgte eine differenziertere und kritischere Geschichtsschreibung[1].

Dennoch gilt Bar Kochba im vorherrschenden Geschichtsbild der israelischen Gesellschaft bzw. in den offiziellen israelischen Schulbüchern als Held jüdischen Widerstandes gegen Unterdrückung und Vorbild des wehrhaften Juden. Der Politikwissenschaftler Jehoschafat Harkabi, der Bar Kochba für einen Irrationalisten hält, der sein Volk in einen sinnlosen, selbstmörderischen und aussichtslosen Kampf führte, schlug 1983 eine Revision dieses vorherrschenden Geschichtsbildes vor, um aus den Fehlern von gestern vor den Gefahren irrationaler heutiger Politik zu warnen.[2]

Künstlerische Rezeption

Visual History of Israel (Arthur Szyk)

Arthur Szyk vereinte in der Lithographie Visual History of Israel (aus dem unvollendeten Zyklus Visual History of Nations), geschaffen im Jahr der Staatsgründung 1948, verschiedene Höhepunkte der jüdischen Geschichte. Im Zentrum steht der blaue Davidsstern mit dem Schriftzug „Zeit unserer Freiheit“. Links vom Stern Bar Kochba, rechts der Prophet Ezechiel, der die Rückkehr des Volkes Israel aus dem Exil prophezeit hatte. Oben Mitte die drei Anführer Israels in der Tora: Mose, Aaron und Hur; außen die beiden Könige David und Salomo. Unten im Zentrum die Doppeltafel der Zehn Gebote, daneben ein Pionier (Chalutz) und ein israelischer Soldat.

Musikalische Rezeption

Libretto von Goldfadens Bar Kochba (1917)

Abraham Goldfaden erzielte mit dem 1883 veröffentlichten, 1887 uraufgeführten jiddischen Melodram „Bar Kochba, der Sternensohn, oder die letzten Tage von Jerusalem“ (בר כוחבא דער זוהן פון דעם שטערן אדער דיא לעצטע טעג פון ירושלים Bar Kokhba, der zun fun di shtern, oder, di letste teg fun yerusholayim) große Erfolge.

Das Stück hat einen Prolog und vier Akte. Hauptpersonen sind Rabbi Eleasar und dessen Tochter Dinah, die in Bar Kochba verliebt ist und von dem Juwelier Pappus umworben wird. Der römische Gouverneur lässt Dinah als Geisel nehmen, um Bar Kochba in seine Gewalt zu bringen. Bar Kochba kämpft im Amphitheater mit einem Löwen und zähmt diesen. Dann belagert er Jerusalem, um Dinah zu befreien. Dinah stürzt sich von der Stadtmauer Jerusalems in den Tod, damit Bar Kochba nicht ihretwegen einlenkt; Bar Kochba erobert daraufhin Jerusalem. Als Herrscher Jerusalems lässt Bar Kochba Eleasar verurteilen, weil dieser sein Volk verraten habe – Eleasar beteuert vergeblich seine Unschuld und nennt Bar Kochba einen falschen Messias. Szenenwechsel nach Betar: Bar Kochba erhält die Nachricht, dass die Römer Jerusalem erobert haben. Der Geist Eleasars erscheint ihm und verkündet, dass alles verloren sei. Bar Kochba begeht Selbstmord, sein Militärführer tötet Pappus, und das Stück endet mit dem Eindringen der mordenden römischen Soldaten in die brennende Festung.[3]

Namensverwendung

Bar Kochba ist lyrisches Thema des Liedes Son Of A Star der israelischen Band Desert, das auf ihrem Album Never Regret veröffentlicht wurde.

Am 22. Oktober 1898 haben 48 junge Sportler jüdischen Glaubens in Berlin einen Sportverein gegründet, dem sie den Namen des Feldherrn Simon Bar Koseba (Beiname: Bar Kochba) gaben. Das Vereinsstatut sah die „Pflege des Turnens und einer national-jüdischen Gesinnung“ als Hauptziel an. Das Vereinsemblem war der Davidstern. Bis 1923 gehörten diesem Sportverein bereits mehr als 1000 Mitglieder an. Noch Anfang der 1930er Jahre schloss er sich mit dem jüdischen Fußballclub Hakoah zusammen. Außerdem gab es auch den Tennisclub Bar Kochba. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurden alle jüdischen Vereine aus allen Reichssportverbänden ausgeschlossen, durften jedoch weiterhin bestehen bleiben. So kam es, dass ihre Mitgliederzahl bis zum Spätsommer 1938 auf rund 2800 wuchs. Erst nach dem Novemberpogrom 1938 wurden alle jüdischen Sporteinrichtungen zerstört, beschlagnahmt oder geschlossen.[4]

Quellen

Obwohl kaum literarische Quellen zu Bar Kochba vorliegen, sind doch Papyri und Münzen von ihm erhalten:

  • Naphtali Lewis (Hrsg.): The documents from the Bar Kokhba period in the cave of letters. Greek papyri; Aramaic and nabatean signatures and subscriptions. Israel Exploration Soc., Jerusalem 1989, ISBN 965-221-009-9.
  • Jigael Jadin, Jonas Greenfield, Ada Yardeni (Hrsg.): The documents from the Bar Kokhba period in the cave of letters. Hebrew, Aramaic and Nabatean-Aramaic papyri. 2 Bände Israel Exploration Soc., Jerusalem 2002, ISBN 965-221-046-3.
  • Leo Mildenberg: The Coinage of the Bar Kokhba War. Aarau 1984.

Literatur

in der Reihenfolge des Erscheinens

  • Jigael Jadin: Bar Kochba. Archäologen auf den Spuren des letzten Fürsten von Israel. Hoffmann und Campe, Hamburg 1971, ISBN 3-455-08702-7.
  • Lindsay Powell: Bar Kokhba. The Jew Who Defied Hadrian and Challenged the Might of Rome. Pen & Sword Books, Barnsley 2021, ISBN 978-1-78383-185-2.
  • Werner Eck: Rom herausfordern. Bar Kochba im Kampf gegen das Imperium Romanum. Das Bild des Bar Kochba-Aufstandes im Spiegel der neuen epigraphischen Überlieferung. Unione Internazionale degli Istituti di Archeologia, Storia e Storia dell'Arte in Roma. Rom 2007.
  • Paul von Rohden: Barkocheba. In: Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft (RE). Band III,1, Stuttgart 1897, Sp. 21.
  • Menahem Mor: The Second Jewish Revolt. The Bar Kokhba War, 132–136 CE. Brill, Leiden 2016, ISBN 978-90-04-31462-7.
  • Richard G. Marks: The Image of Bar Kokhba in Traditional Jewish Literature: False Messiah and National Hero. Pennsylvania State University Press, University Park 1993, ISBN 0-271-00939-X.

Einzelnachweise

  1. Yael Zerubavel: Bar Kokhba’s Image in Modern Israeli Culture. In: Schäfer, Peter (Hrsg.): The Bar Kokhba War reconsidered. New perspectives on the second Jewish revolt against Rome. Mohr Siebeck, Thübingen 2003, ISBN 3-16-148076-7, S. 279–297.
  2. Michael Wolffsohn: Israel - Geschichte, Politik, Gesellschaft, Wirtschaft. 7. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2007, ISBN 978-3-531-15654-5, S. 38.
  3. Bar Kokhba, der zun fun di shtern, oder, di letste teg fun yerusholayim. In: Digital Yiddish Theatre Project. Abgerufen am 8. Juli 2019.
  4. Bar Kochba-Hakoah – ein Berliner Sportverein. In: Berlin-Kalender 1997, Hrsg. Luisenstädtischer Bildungsverein, 1997, ISBN 3-89542-089-1. S. 134/135.

Weblinks

Auf dieser Seite verwendete Medien

Arthur Szyk (1894-1951). Visual History of Nations, Israel (1948), New Canaan, CT.jpg
Autor/Urheber: Arthur Szyk , Lizenz: CC BY-SA 4.0
Four thousand years of Jewish history come to life in Arthur Szyk's Visual History of Israel, completed by the artist in 1948, the year of Statehood, and printed in 1949. Biblical King David (top left) and his son King Solomon (top right), shown holding a copy of 'Song of Songs', flank three famous Biblical personages: the warrior Hur, Moses the deliverer, and Moses' brother and high priest, Aaron.The blue Star of David dominates the print, with the 'Crown of the Good Name'; directly above, and Hillel's dictum 'If I am not for myself, Who will be for me?' below. The clusters of grapes symbolize the historic bounty and productivity of the land. This is a direct reference to the large grapes Joshua and Caleb brought back after a brief spy trip into the Land of Israel, before Joshua led the Israelites into Canaan. The phrase, 'The time of our freedom', also appears with the Star, referring to the Deliverance of the Israelites from Egypt.Bar Kochba sits to the left of the Star. He led a temporarily successful revolt against the Romans 65 years after they had destroyed the Holy Temple in Jerusalem (in 70 C.E.). His shield displays the Star of David, which symbolizes God’s security and strength. The prophet Ezekiel sits to the right. He foretold the return of the Jews to their Homeland after their 70 years of captivity in Babylon.The two tablets containing the Ten Commandments anchor the lower section, flanked on the right by the pioneer builder (chalutz) and on the left by the soldier of the Jewish Brigade. The activity of both has been essential to the well-being and success of Israel, especially since 1948. The oranges next to the soldier, now exported worldwide, mirror the grapes on the opposite side as a contemporary expression of Israel's accomplishment. Two fierce Lions of Judah sit poised at both sides of the base of the Decalogue.The Hebrew language script both above and below Bar Kochba and Ezekiel proclaim: 'Praise be You God, our God, King of the Universe, who had kept us alive, sustained us, and enabled us to commemorate this time.' This prayer for newness and celebration refers to the blessing of the creation of the New State of Israel.The historic organization of Israel into twelve tribes is depicted throughout the painting by the twelve yellow colored symbols, one for each of the twelve tribes. Interspersed among the four vertical columns, these signs of the tribes integrate the composition just as the tribes they symbolize represented the heart of the Nation of ancient Israel long ago.The Visual History of Nations Series consists of nine highly illuminated and brilliantly designed visual histories of selected individual founding and member countries of the United Nations. This series of images was commissioned in 1945 by Canadian philatelist Kasimir Bileski and originally referred to as The United Nations Series. Each print was created as an exquisite frontispiece and title page for a unique international stamp album. All images reflect the artistic genius of the 20th century’s greatest miniaturist illuminator.Of the approximately sixty colorful and highly detailed images commissioned by Bileski only nine countries were completed and printed prior to Szyk’s sudden death in 1951.
Bar Kochba Münze.jpg
Autor/Urheber: LGLou, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Silber Denar von Simeon Bar Kochba, datiert zwischen 132 und 135. In der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz.

Vorderseite: Name Shimeon Bar Kochba im Kranz. Rückseite: "Befreiung von Jerusalem", Kanne und Palmzweig.

Fotograf: Dieter Hofer

Objektnummer: JMS 453
Goldfaden Bar Kochba.jpg
Libretto of the play Bar-Kochba from the yiddish playwright Abraham Goldfaden.
Barkokhba-silver-tetradrachm.jpg
(c) Classical Numismatic Group, Inc. http://www.cngcoins.com, CC BY-SA 3.0
JUDAEA, Bar Kochba Revolt. 132-135 CE. AR Sela – Tetradrachm (28mm, 14.07 g, 11h). Undated issue (year 3 - 134/5 CE). Temple facade, the Ark of the Covenant within; star above / Lulav with etrog. Mildenberg 85.12 (O127/R44´); Meshorer 233; Hendin 711. Near EF, toned, light deposits.