Bahnstrecke Sankt Petersburg–Moskau

Sankt Petersburg–Moskau
(ohne Haltepunkte)
Streckenlänge:650 km
Spurweite:1520 mm (Russische Spur)
Stromsystem:3000 =
Höchstgeschwindigkeit:250 km/h
0S.-Peterburg-Mosk.Pass.
11Obuchowo
nach Wologda und nach Murmansk
Petersburger Ringautobahn
17Slawjanka
25Kolpino
41Sablino
GattschinaMga
53Tosno
63Uschaki
72Rjabowo
83Ljuban
100Babino
109Torfjanoje
nach Wolchowstroi
nach Weliki Nowgorod
118Tschudowo-Moskowskoje
126Wolchow
141Grjady
152Bolschaja Wischera
162Malaja Wischera
181Burga
189Mstinski Most
189Msta
215Torbino
231Borowjonka
nach Neboltschi
249Okulowka
nach Borowitschi
269Uglowka
288Lykoschino
297Aleschinka
305Beresaika
nach PskowPetschory
319Bologoje-Moskowskoje
nach Welikije Luki / nach Rybinsk
326Buschewez
333Botschanowka
345Akademitscheskaja
356Leontjewo
364Wyschni Wolotschok
371Jelisarowka
380Ossetschenka
398Spirowo
419Kalaschnikowo
437Schljus
nach RschewWjasma
443Lichoslawl
452Krjutschkowo
463Kulizkaja
473Brjanzewo
nach Wassilewski Moch
478Doroschicha
479Wolga
483Twer
M10
504Kusminka
517Redkino
Iwankowoer Stausee
(Schoscha)
531Sawidowo
nach Konakowo GRES
544Reschetnikowo
561Klin
575Pokrowka
585Podsolnetschnaja
598Powarowo-1
Großer Moskauer Eisenbahnring
611Krjukowo
619Schodnja
M10
631Chimki
Moskaukanal
Moskauer Ringautobahn
635Chowrino
Kleiner Moskauer Eisenbahnring
650Moskwa Len.Pass.

Die Bahnstrecke Sankt Petersburg–Moskau (ursprünglich Nikolaibahn bezeichnet, russisch Николаевская железная дорога / Nikolajewskaja schelesnaja doroga) ist eine Schnellfahrstrecke sowie eine der ältesten und wichtigsten Eisenbahnstrecken in Russland. Sie ist knapp 650 km lang und verbindet Sankt Petersburg mit der Hauptstadt Moskau. Betreiber der Bahnstrecke ist die Oktober-Eisenbahngesellschaft (Октябрьская железная дорога) der nordwestrussischen Regionalabteilung der staatlichen russischen Eisenbahngesellschaft RŽD.

Geschichte

Planung und Bau

Die Bahnstrecke zwischen Sankt Petersburg und Moskau ist nach der im Jahre 1837 in Betrieb genommenen und damals nur 27,5 km langen Zarskoje-Selo-Bahn zwischen Sankt Petersburg und Zarskoje Selo die zweitälteste Eisenbahnstrecke auf dem Gebiet des heutigen Russlands. Die ersten Pläne für die strategisch wichtige Eisenbahnverbindung von der damaligen Kaiserreichs-Hauptstadt nach Moskau als der zweitwichtigsten Metropole des Landes gab es bereits in den 1830er-Jahren. 1841 legten die beiden renommierten Ingenieure Pawel Melnikow (1804–1880) und Nikolai Kraft (1798–1857) ihren Entwurf für die Strecke zur Begutachtung dem Zaren vor. Dieser Entwurf sah eine zweigleisige, gerade Strecke mit einer Gesamtlänge von 652 km vor. Nachdem der Zar Anfang 1842 den Streckenbau per Erlass genehmigte, erfolgte der Baubeginn am 1. August des gleichen Jahres, die Bauarbeiten begannen gleichzeitig von Sankt Petersburg und von Moskau aus. Der Streckenbau nördlich von Bologoje wurde von Pawel Melnikow, der zwischen Bologoje und Moskau von Nikolai Kraft geleitet. Mit der architektonischen Gestaltung der wichtigsten Bahnhofsgebäude an der Strecke wurde der Architekt Konstantin Thon (1794–1881) beauftragt; insbesondere die beiden von ihm entworfenen und sehr ähnlich aussehenden Kopfbahnhöfe der Strecke in Sankt Petersburg und Moskau zählen zu seinen bekanntesten Bauwerken.

Der Bau der gesamten Strecke, die einige Jahre nach ihrer Eröffnung den Namen Nikolaieisenbahn nach dem Zaren Nikolaus I. erhielt, dauerte knapp neun Jahre. Es wurden dabei insgesamt 184 Brücken über die zahlreichen größeren und kleineren Flüsse an der Strecke (darunter eine über die Wolga) errichtet, außerdem mussten zahlreiche Sümpfe trockengelegt werden. [1] Beim Bau hat es viele tödliche Arbeitsunfälle gegeben; dies wurde später vom volkstümlichen Dichter Nikolai Nekrassow in seinem Gedicht Die Eisenbahn verarbeitet. Da für die Nikolaibahn laut Melnikows Entwurf ein möglichst gerader Streckenverlauf vorgesehen war, führte sie entgegen früheren Plänen nicht über Weliki Nowgorod; erst 1871 entstand eine Verbindungsstrecke dorthin von Tschudowo aus.

Eröffnung und Betrieb

Erste Personenzuglokomotive der Bauart 2'B, Baureihe В (1845)

Nach der Fertigstellung der Teilstrecken Sankt Petersburg–Kolpino (1847), Kolpino–Tschudowo (1849) sowie Wyschni WolotschokTwer (1850) konnte im August 1851 der erste Zug die gesamte Strecke durchfahren. Am 1. November des gleichen Jahres erfolgte die Aufnahme des regulären Personenverkehrs auf der Strecke. Die gesamte Fahrzeit betrug damals 21 St. 45 Min. Im Unterschied zur ersten russischen Eisenbahnstrecke von Sankt Petersburg nach Zarskoje Selo, die mit einer Spurweite von 1829 mm bzw. 6 Fuß gebaut wurde, entschied man sich beim Bau der Nikolaibahn für 1524 mm bzw. 5 Fuß.

In den nächsten Jahrzehnten nach der Streckeneröffnung entstanden zahlreiche Abzweigungen und Anschlussstrecken der Nikolaibahn: Neben der Strecke nach Nowgorod unter anderem die Stichstrecken nach Borowitschi und nach Konakowo sowie die Querverbindung von Rybinsk nach Pskow und weiter nach Riga. Wie die Nikolaibahn selbst, werden alle ihre Abzweigungen sowie eine Reihe weiterer Strecken im Nordwesten Russlands (darunter die Murmanbahn) heute von der Oktober-Eisenbahngesellschaft betrieben.

Anfang des 20. Jahrhunderts war die Nikolaieisenbahn Schauplatz mehrerer Unruhen: Während des Volksaufstandes 1905 und in den Folgemonaten sowie während der Februarrevolution 1917 streikten Eisenbahnangestellte, die sich mit Revolutionären solidarisierten. Im Ersten Weltkrieg diente die Strecke als wichtiger Nachschubweg für die Nordfront.

Nach der Revolution

Wenige Monate nach der Oktoberrevolution 1917 wurde die Nikolaibahn, wie auch alle anderen Bahnstrecken des Russischen Reichs, von der neuen Macht verstaatlicht und dem neu gebildeten Volkskommissariat für Verkehrswege (später: Verkehrsministerium der Sowjetunion) untergeordnet. 1923 wurde die Nikolaibahn zu Ehren der Oktoberrevolution offiziell in Oktober-Eisenbahn umbenannt, eine Bezeichnung, die die Betreibergesellschaft bis heute trägt. Neue Namen erhielten auch die beiden Kopfbahnhöfe der Strecke, die bis dahin Nikolaibahnhof hießen: Der Moskauer Nikolaibahnhof wurde in Leningrader Bahnhof umbenannt, und der Nikolaibahnhof in der nunmehr Leningrad heißenden Stadt wurde zum Moskauer Bahnhof.

Am 9. Juni 1931 nahm mit der Krasnaja Strela (Красная Стрела, zu deutsch Roter Pfeil) der erste Schnellzug seinen Betrieb auf der Oktober-Eisenbahnstrecke auf, der die bis dahin kürzeste Fahrzeit von zehn Stunden erreichte. Ein Expresszug mit gleichem Namen verkehrt auch heute noch auf der Strecke.

Im Zweiten Weltkrieg wurde der Verkehr auf der Oktober-Eisenbahn während der zweieinhalbjährigen Belagerung Leningrads durch die deutsche Wehrmacht unterbrochen. Die Bahnstrecke selbst sowie zahlreiche Brücken und Bahnhofsgebäude wurden bei Kämpfen und Luftangriffen stark beschädigt. 1944 konnte der Zugverkehr zwischen Moskau und Leningrad wieder aufgenommen werden. Der Wiederaufbau dauerte bis 1950 an.

In der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts wurde die Strecke nach und nach modernisiert: So wurde 1962 die vollständige Elektrifizierung der Strecke abgeschlossen, ab 1965 befuhr der Expresszug Aurora die Strecke mit 130 km/h. Mit der Aufnahme des regulären Betriebs des Zugtyps ЭР200 (ER200) auf der Oktober-Eisenbahn am 1. März 1984 wurde sie offiziell zu einer Schnellfahrstrecke.

Gegenwart

Im September 1991 wurde mit der RAO VSM eine Gesellschaft zur Realisierung einer Hochgeschwindigkeitsstrecke zwischen Moskau und St. Petersburg gegründet. Nachdem Ende der 1990er Jahre vorgelegte Prognosen für das Jahr 2010 ein Fahrgastaufkommen auf Höhe der 1989 erreichten Werte erwarten ließen, zog die russische Regierung im Juli 1998 einige Zusagen für den Bau der Strecke zurück, hielt jedoch grundsätzlich an dem Vorhaben fest.[2] Ende der 1990er- und Anfang der 2000er-Jahre wurde die Strecke umfassend modernisiert, nachdem die Pläne für eine parallelverlaufende Hochgeschwindigkeitsstrecke vorerst auf Eis gelegt wurden.

So waren bis Ende 1998 rund ein Drittel der Bestandsstrecke für eine Geschwindigkeit von 200 km/h neu trassiert und mit neuer Oberleitung versehen worden. Die Arbeiten an der Gesamtstrecke sollten dabei bis zum Jahr 2000 abgeschlossen werden.[2] Seit 2001 wurden auf überwiegendem Teil der Strecke Geschwindigkeiten von bis zu 200 km/h gefahren. Die Fahrtzeit betrug mit den ЭР200-Hochgeschwindigkeitszügen 4 Stunden und 45 Minuten.

Seit dem 17. Dezember 2009[3] verkehren neue Hochgeschwindigkeitszüge des Typs Sapsan (russisch für Wanderfalke), mit einer Geschwindigkeit von bis zu 250 km/h zwischen Moskau und Sankt Petersburg. Daraus ergibt sich zwischen diesen Städten eine Fahrtzeit von 3 Stunden und 45 Minuten, was einem Zeitgewinn von einer Stunde entspricht. Die Jungfernfahrt fand am 2. August 2009 im Beisein des Präsidenten der Russischen Staatsbahn, Wladimir Jakunin, statt.[4]

Geplante Neubaustrecke

Im April 2019 gab der russische Präsident Putin seine Zustimmung zu einer neuen Hochgeschwindigkeitsverbindung (HGV) zwischen Moskau und St. Petersburg. Auf der Neubaustrecke sollen Betriebsgeschwindigkeiten von bis zu 350 km/h möglich sein und so die Fahrtzeit zwischen den beiden Städten von derzeit 3,5 auf 2 Stunden reduzieren. Damit verbunden ist eine prognostizierte Steigerung der jährlichen Passagierzahlen von derzeit 11 Mio. auf 33 Mio. Personen.[5]

Zwischenfälle

Am 14. August 2007 explodierte auf der Strecke nahe Malaja Wischera ein selbstgebauter Sprengsatz, wodurch der Schnellzug Newski-Express, der gerade von Moskau nach Petersburg mit knapp 130 km/h unterwegs war, entgleiste. Von den 250 Fahrgästen an Bord des Zuges wurden 60 verletzt, 38 von ihnen wurden ins Krankenhaus eingeliefert. Die russische Generalstaatsanwaltschaft nahm daraufhin die Ermittlungen wegen des Verdachts eines terroristischen Anschlags auf. [6]

Den bisher folgenschwersten Zwischenfall auf der Strecke gab es in der Nacht vom 27. auf den 28. November 2009, als in der Nähe von Bologoje drei Waggons eines Newski-Express, der sich auf dem Weg von Moskau nach Petersburg befand, entgleiste. Es gab dabei mindestens 26 Tote und rund 90 Verletzte[7][8]. Am Tag darauf bestätigte der Präsident der Russischen Eisenbahnen, Wladimir Jakunin, dass das Unglück auf einen Terroranschlag zurückzuführen sei[9].

Kritik

Seit dem Start des Zugverkehres des Sapsans kommt es auf der Strecke hin und wieder zu tödlichen Zwischenfällen mit Fußgängern, da der Zug nicht oder nur spärlich gesicherte Bahnübergänge mit Höchstgeschwindigkeit passiert.[10] Dies wird auf fehlende Modernisierung der Gleisanlagen und fehlenden Neubau von kreuzungsfreien Übergängen entlang der Hochgeschwindigkeitsstrecke zurückgeführt.[11]

Weblinks

Commons: Nikolaibahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Swetlana Dmitrijewa: Oktober Eisenbahngesellschaft (Nikolaibahn),. 150 Jahre seit Eröffnung. Wetsche Tweri, 1. August 2006, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. Juli 2012; abgerufen am 28. Oktober 2007 (russisch).
  2. a b Meldung Rückschlag für Moskau – St. Petersburg. In: Eisenbahn-Revue International, Heft 10/1998, ISSN 1421-2811, S. 434
  3. Offizielle RŽD-Webseite: Pressemitteilung (Memento vom 13. Januar 2012 im Internet Archive)
  4. Michael Ludwig: Der Wanderfalke fliegt nach Petersburg. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 177 vom 3. August 2009.
  5. Grünes Licht für HGV-Strecke Moskau-St. Petersburg. Ostexperte.de, 18. April 2019, abgerufen am 11. März 2021.
  6. Bombenanschlag auf Zug – Dutzende Verletzte. In: spiegel.de. 14. August 2007, abgerufen am 28. Oktober 2007.
  7. Ermittler gehen von Anschlag aus. In: Tagesschau.de. 28. November 2009, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 1. Dezember 2009; abgerufen am 28. November 2009.
  8. Трагедия глазами пассажиров „Невского экспресса“. In: RIA Novosti. 28. November 2009, abgerufen am 28. November 2009.
  9. Lenta.ru, 28. November 2009
  10. Deutsche Welle: Russland: Der Todeszug | Europa Aktuell. Abgerufen am 18. April 2020.
  11. Mit Tempo 250 durch Russlands Dörfer. Spiegel online, 5. September 2010, abgerufen am 11. Dezember 2010.

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Empfangsgebäude des Leningrader Bahnhofs in Moskau
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Der Moskauer Bahnhof in Sankt Petersburg