Bahnstrecke Qazvin–Astara

Die Bahnstrecke Qazvin–Astara ist eine teilweise fertiggestellte, teilweise im Bau befindliche Bahnstrecke der Eisenbahngesellschaft der Islamischen Republik Iran, die eine Verbindung von dem an der Bahnstrecke Teheran–Täbris gelegenen Qazvin an das Eisenbahnnetz von Aserbaidschan herstellen soll.

Geografische Gegebenheiten

Die Stadt Astara wird seit dem Frieden von Gulistan 1813 durch den dabei zum Grenzfluss gewordenen Astaratschai geteilt und besteht aus einer aserbaidschanischen, Astara (Aserbaidschan), und einer iranischen Hälfte, Astara (Iran). Astara (Aserbaidschan) hat bereits einen Bahnanschluss von Baku her erhalten. Die Strecke endet dort in einem Kopfbahnhof. Auch für das Ende der iranischen Strecke ist in Astara (Iran) ein Kopfbahnhof geplant.

Geschichte

Die historische Eisenbahnverbindung zwischen dem Iran und Aserbaidschan verlief über den Grenzübergang Dscholfa am Ende der Bahnstrecke Täbris–Dscholfa. Dort folgte eine Strecke durch die aserbaidschanische Exklave Nachitschewan, weiter durch Armenien und von dort nach Aserbaidschan.[1] Aufgrund der politisch zerrütteten Situation zwischen Aserbaidschan und Armenien ist der Verkehr auf dieser Strecke seit vielen Jahren unterbrochen. Die Bahnstrecke Qazvin–Astara (und von dort grenzüberschreitend weiter nach Baku) dient dazu, dieses politisch bedingte Problem zu umfahren. Das grundlegende Abkommen zwischen dem Iran, Aserbaidschan und Russland wurde im Juli 2004 geschlossen.[2] Russland ist an der Verbindung sehr interessiert: Nach Vollendung sollen Containerzüge zwischen Moskau und Bandar Abbas am Persischen Golf verkehren und die Transportzeiten für Güter zwischen Indien und Russland drastisch reduzieren. Russland beteiligt sich deshalb auch finanziell am Bau der Strecke.[3] Ein erster Containerzug erreichte am 12. Oktober 2016 nach 23 Tagen Moskau, wobei der im Bau befindliche Streckenabschnitt auf der Straße überbrückt wurde.[4]

Der Iran begann 2006 mit dem Bau der Strecke, zunächst dem 165 Kilometer langen Abschnitt zwischen Rascht und Qazvin. Mehrfach verzögert konnte dieser Abschnitt am 6. März 2019 in Anwesenheit des iranischen Staatspräsidenten Hassan Rohani eingeweiht werden.[5]

Strecke

Die Bahnstrecke Qazvin–Astara ist teilweise fertiggestellt, befindet sich im Übrigen im Bau.[6]

Technische Parameter

Die 350 km lange normalspurige Strecke[7] soll für 200 km/h[8], nach anderen Angaben für 160 km/h, ausgelegt werden. Die Strecke führt nördlich von Rascht durch gebirgiges Gelände und erfordert beim Bau einen hohen Aufwand: 22 Tunnel mit einer Gesamtlänge von 25 km und 15 Brücken mit einer Gesamtlänge von 8 km müssen errichtet werden.[9]

Da sowohl Astara im Iran als auch Astara in Aserbaidschan je einen eigenen Kopfbahnhof erhalten, werden diese in den grenzüberschreitenden Güterverkehr nicht eingebunden. Dieser findet vielmehr über eine zuvor von den Strecken abzweigende Verbindungsbahn statt, die westlich an den Städten vorbei führt.[10] Deren 8,3 Kilometer langer aserbaidschanischer Streckenabschnitt wurde am 7. November 2016 fertiggestellt.[7] Von dieser Betriebsspitze wurden weitere 1,7 Kilometer (nach anderer Quelle 1,4 Kilometer[11]) im Iran in der aserbaidschanischen Spurweite von 1520 Millimeter verlegt.[12] Der Spurwechselbahnhof liegt somit im Iran. Er nimmt eine Fläche von 35 ha ein.[11]

Bauzustand

Beim Bau gab es erhebliche Verzögerungen. Ursprünglich sollte die gesamte Strecke schon 2011 eröffnet werden.[13] Die Strecke ist auf aserbaidschanischer Seite fertiggestellt, wobei das aserbaidschanische Breitspurgleis bis auf die iranische Seite der Grenze führt. Der Streckenabschnitt von Qazvin bis Rascht wurde am 8. März 2019 eröffnet. An dem 164 km langen Streckenabschnitt zwischen Rascht und Astara (Iran) wird weiterhin gebaut. Der Fortgang ist schleppend, da die Finanzierung ungesichert ist und aufgrund der internationalen Sanktionen gegen den Iran schnelle Abhilfe nicht möglich.[14] Am 17. Mai 2023[Anm. 1] schlossen die Verkehrsminister Russlands und des Irans ein Abkommen zum Bau des Abschnitts Rascht–Astara. Seit dem Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine sind beide Länder von westlichen Sanktionen getroffen und versuchen, deren Folgen mit einer solchen Verkehrsverbindung abzumildern. Die Kosten werden auf 1,4 Mrd. Euro veranschlagt.[15]

Grenzüberschreitende Bahnanlagen

Grenzübergang Astara
Spurweite:1520 mm (Russische Spur)
von Baku
Astara (Aserbaidschan)
Astaratschai
Astara (Iran)
Spurwechselbahnhof
nach Qazvin und Teheran

Am 20. April 2016 wurde der erste Spatenstich für den Bau der Eisenbahnbrücke über den Grenzfluss vorgenommen[7], nach anderer Quelle begannen die Bauarbeiten bereits am 1. März 2016.[10] Im Zuge dieser Bauarbeiten mussten auch Gebäude abgerissen werden, die der Trasse im Weg standen. Finanzierung und Bau der Brücke erfolgten gemeinschaftlich zwischen dem Iran und Aserbaidschan. Die Brücke ist 82,5 Meter lang, 11,8 Meter breit und führt in 8 Metern Höhe über den Grenzfluss. Am 3. März 2017 befuhr ein erster Test-Zug die Grenzbrücke.[11] Am 8. Februar 2018 wurde mit einem Versuchszug erstmals der Güterbahnhof auf iranischer Seite erreicht.

Verkehr

2020 verkehren zwischen Qazvin und Rascht täglich zwei Zugpaare: Eines verbindet die Städte mit Teheran, das zweite mit Maschad über Teheran.[16]

Im künftigen grenzüberschreitenden Verkehr wird Anfangs ein Volumen von 6 Mio. Tonnen pro Jahr erwartet. Dies soll auf 15 bis 20 Mio. Tonnen gesteigert werden.[9] Im iranischen Grenzbahnhof findet der Güterverkehr durch Umschlag auf die Straße statt.[17]

Literatur

  • Neil Robinson: World Rail Atlas. Bd. 8: The Middle East and Caucasus. 2006.
  • hjs: Strecke Astara–Astara. In: IBSE-Telegramm 307 (6/2016), S. 10.
  • ADY: The first trial train launched on the railway line Astara (Aserbaijan) – Astara (Iran). In: OSJD Bulletin 2018/1, S. 20.
  • NN: New Bridge to Azerbaijan. In: Ha Rakevet 113, 15.

Anmerkungen

  1. Alternativ wird auch der 4. Juli 2023 genannt (NN: A contract signed for the construction of the railway Rasht–Astara. In: OSJD Bulletin 4–5/2023, S. 63).

Einzelnachweise

  1. Robinson, Taf. 47.
  2. Robinson, S. 19.
  3. bac: RZD wollen Güterverkehr auf der Achse Russland – Indien fördern. In: Eisenbahn-Revue International 8–9/2016, S. 409.
  4. Mumbai to Moscow intermodal freight arrives. railwaygazette.com, 20. Oktober 2016, abgerufen am 8. November 2016 (englisch).
  5. NN: Qazvin – Rasht: Commissioning of Another Railway Section of the International North-South Transport Corridor. In: OSJD Bulletin 2(2019), S. 31.
  6. Homepage zum Bau, mit zahlreichen Fotos. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 7. Juli 2013; abgerufen am 8. November 2016 (persisch).
  7. a b c Azerbaijan completes link to Iranian border. Azerbaijan completes link to Iranian border, 8. November 2016, abgerufen am 8. November 2016 (englisch).
  8. HaRakevet 95 (Dezember 2011), 95:08 Other Middle East Railways, C. Iran, (iii) Massive Expansion Plans, S. 16.
  9. a b ADY: The first trial train.
  10. a b hjs: Strecke Astara–Astara
  11. a b c NN: Azerbaijan – Iran Bridge Opend. In: Railway Gazette International vom 6. März 2017. Angeführt nach: HaRakevet 117 (Juni 2017), S. 21.
  12. NN: New Bridge
  13. Bernd Seiler: Die Iranische Staatsbahn. In: Fern-Express 3/2016, S. 14–21 (18).
  14. HaRakevet 139 (Dezember 2022), S. 15f.
  15. pd: Bahnbau mit russischer Hilfe. In: Eisenbahn-Revue International 2023, S. 330.
  16. rp: Streckeneröffnungen im Iran. In: Eisenbahn-Revue International 7/2020, S. 362.
  17. rp: Streckeneröffnungen im Iran. In: Eisenbahn-Revue International 7/2020, S. 362.