Bahnstrecke Kempten (Allgäu)–Neu-Ulm

Kempten (Allgäu)–Neu-Ulm
Streckennummer (DB):5400
Kursbuchstrecke (DB):975, 976 (Senden–Neu-Ulm)
Streckenlänge:84,65 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Streckenklasse:D4
Minimaler Radius:328 m
Höchstgeschwindigkeit:140 km/h
Zugbeeinflussung:PZB
Zweigleisigkeit:Neu-Ulm Finninger Straße–Neu-Ulm
von Lindau-Insel
von Isny
0,000Kempten (Allgäu) Hbf (bis 1969)695 m
0,370Kempten (Allgäu) Hbf (seit 1969)705 m
Obere Illerbrücken
nach Pfronten-Steinach
0,921nach Buchloe
3,235Kempten (Allgäu) Ost
5,400Kempten-Ursulasried (Awanst)
7,796Leubas (65 m)
8,900Heising
13,105Dietmannsried 689 m
16,500Reicholzried
21,853Bad Grönenbach 676 m
27,610Woringen (Schwab)
von Legau
von Leutkirch
34,886Memmingen 595 m
nach Buchloe
41,316Heimertingen
45,250Fellheim
47,390Pleß (Iller)
von Babenhausen
51,378Kellmünz 548 m
56,119Altenstadt (Iller)
63,020Illertissen 518 m
64,600Au (b Illertissen) (Awanst)
66,639Bellenberg
69,404Vöhringen
von Weißenhorn
75,011Senden 489 m
78,237Gerlenhofen
82,100Neu-Ulm Schwaighofen (Awanst)
82,621Neu-Ulm Finninger Straße (Bft)
83,800Neu-Ulm Im Starkfeld und Pfuhler Ried[1] (Awanst)
von Augsburg
85,020Neu-Ulm
nach Ulm

Quellen: [2][3][4][5][6]

Die Bahnstrecke Kempten (Allgäu)–Neu-Ulm ist eine nicht elektrifizierte und überwiegend eingleisige Hauptbahn von Kempten (Allgäu) über Memmingen nach Neu-Ulm. Sie folgt auf gesamter Länge dem Lauf der Iller und wird daher auch Illertalbahn oder Illerbahn genannt.

Geschichte

Da durch den Bau von Wehren und Wasserkraftwerken während der Industrialisierung die Flößerei auf der Iller zum Erliegen kam und der Transport auf der Straße sich nicht lohnte, kam 1843 von einigen Kemptener Bürgern die Idee einer Bahnstrecke nach Neu-Ulm auf. Der Staat hatte jedoch an einem weiteren Bahnbau in diesem Gebiet kein Interesse.

Weil die Stadt Memmingen im bayerischen Bezirk Schwaben dann nicht in die Planung der ersten Eisenbahnen des Landes einbezogen wurde, ergriff die Stadt die Initiative zum Bau der Strecke und erhielt am 13. September 1861 die Konzession dafür. Sie nahm hierzu einen Kredit von etwa 3,5 Millionen Gulden auf und musste sich selbst um den Grunderwerb und die Bautätigkeiten kümmern. Der erste Abschnitt bis Memmingen konnte am 12. Oktober 1862 eröffnet werden, der zweite am 1. Juni 1863. Zur Finanzierung nahmen die Städte Memmingen (federführend) und Kempten mittels einer Privatgesellschaft einen Kredit auf.[7]

Die Königlich Bayerischen Staatseisenbahnen stellten die Fahrzeuge und führten den Betrieb auf der von ihr gepachteten Strecke. Wegen der mehr als lokalen Bedeutung der Bahn erwarb sie der bayerische Staat bereits zum 12. April 1876. Somit wurde auch die Hypothek der Privatgesellschaft abgelöst.

Seit der Fertigstellung des Bahnprojekts Neu-Ulm 21 im Jahr 2009 ist die Illertalbahn von der neuen Überleitstelle am Haltepunkt Finninger Straße bis zum Trogbahnhof Neu-Ulm zweigleisig.[8]

Ausbaupläne

2015 gründeten elf am Streckenabschnitt Memmingen–Neu-Ulm liegende Kommunen sowie die Landkreise Neu-Ulm und Unterallgäu gemeinsam mit dem Regionalverband Donau-Iller die Interessengemeinschaft Illertalbahn. Diese setzt sich insbesondere für den Bau eines zweiten Gleises, die Elektrifizierung der Strecke sowie die Einrichtung weiterer Stationen im südlichen Streckenabschnitt ein.[9] 2018 wurde die Elektrifizierung der gesamten Strecke im Rahmen der Bayerischen Elektromobilitäts-Strategie Schiene zur Reduzierung des Dieselverkehrs im Bahnnetz in Bayern vorgeschlagen.[10] Anfang 2020 kündigte der damalige Bayerische Staatsminister für Wohnen, Bau und Verkehr Hans Reichhart bei einem Treffen mit der IG Illertalbahn an, dass der Ausbau der Strecke im Rahmen der Regio-S-Bahn Donau-Iller mit 330 Millionen Euro gefördert werden soll. Hierzu wurde ein dreistufiges Konzept vorgestellt. In der ersten Stufe sah dieses ab dem Fahrplanwechsel im Dezember 2020 die Einrichtung der Linien Ulm–Memmingen und Ulm–Senden–Weißenhorn mit neuen Dieseltriebwagen vor. Gleichzeitig sollte der Bahnhof Gerlenhofen mit einem stündlichen Halt reaktiviert werden. In einem zweiten Schritt war bis Ende 2023 eine Modernisierung des Bahnhof Senden vorgesehen, was insbesondere eine Erhöhung der Zugfrequenz in Richtung Weißenhorn ermöglichen soll. Vorbereitende Arbeiten fanden hierzu während einer vierwöchigen Streckensperre im März und April 2020 statt.[11] Des Weiteren sieht das Konzept die Errichtung neuer Stationen in Pleß, Fellheim, Heimertingen und Memmingen-Amendingen vor, darüber hinaus die Verlegung des Bahnhofes Gerlenhofen näher zum Ortszentrum, wofür die Planungen beginnen sollten. Untersucht werden sollte auch, ob nördlich von Senden ein neuer Haltepunkt errichtet werden kann. In einer dritten Ausbaustufe war die Elektrifizierung der Strecke sowie ein zweigleisiger Ausbau zwischen Gerlenhofen und Senden sowie zwischen Kellmünz und Pleß vorgesehen.[12] Ende November 2020 wurde die Finanzierung für die Vorplanung der Ausbaumaßnahmen der Bahnstrecke Kempten (Allgäu)–Neu-Ulm sowie der Bahnstrecke Senden–Weißenhorn für die jeweiligen Eisenbahninfrastrukturunternehmen DB Netz und Stadtwerke Ulm/Neu-Ulm freigegeben.[13] Im August 2021 erfolgte die EU-weite Ausschreibung der Leistungsphase 1+2 für die Elektrifizierung zwischen Neu-Ulm und Kempten (Allgäu) sowie die Realisierung von zweigleisigen Abschnitten zwischen Neu-Ulm und Memmingen. Neben der Prüfung der Einrichtung eines weiteren Haltepunktes in Senden-Nord sind nun auch Maßnahmen zur Erhöhung der Zugfolge vorgesehen, die eine Steigerung der Zuganzahl von 109 auf 130 ermöglichen.[14] 2022 wurde die Vorplanung begonnen.[15] 2023 begann die SWU Verkehr GmbH mit der Entwurfsplanung für die geplanten vier neuen Stationen im Streckenabschnitt Memmingen–Pleß.[16][17] Die Vergabe der Entwurfs- und Genehmigungsplanung für den weiteren Ausbau sowie die Elektrifizierung der Strecke soll bis Ende 2023 erfolgen.[18] Der Abschluss des Ausbauprojektes könnte im Jahr 2033 erfolgen.[19]

Betrieb

Bahnhof Neu-Ulm
Bahnhof Illertissen
Regionalbahn der Baureihe 650 südlich von Illertissen, Martinskirche und Vöhlinschloss im Hintergrund

Im Abschnitt Memmingen–Neu-Ulm gehört die Strecke zu den meistbefahrenen eingleisigen Bahnstrecken Deutschlands, insbesondere zwischen Senden und Neu-Ulm. Hier werden durchschnittlich etwa 7500 Fahrgäste pro Tag befördert (Stand 2018).[20]

Fernverkehr

Die Strecke wird vom Intercity Allgäu befahren; das Zugpaar der Linie 32 fährt einmal täglich von Dortmund nach Oberstdorf. In dieser Richtung wird der Allgäu ab Ulm tariflich als Regional-Express behandelt und kann mit Fahrkarten des Nahverkehrs genutzt werden. Zwischen Stuttgart und Oberstdorf bespannen ihn zwei Diesellokomotiven der Baureihe 218.

Regionalverkehr

Im Stundentakt verkehren täglich von Ulm über Kempten nach Oberstdorf Regional-Express-Züge der Linie RE 75. Dieses Angebot wird durch zwei Regionalbahn-Linien ergänzt, die täglich im Stundentakt von Ulm über Senden nach Memmingen oder Weißenhorn verkehren. Als Teil der Regio-S-Bahn Donau-Iller werden sie seit Dezember 2020 als RS7 und RS71 bezeichnet. Sowohl die Regional-Express- als auch die Regio-S-Bahn-Verbindungen werden von DB Regio Bayern betrieben. Von Kellmünz bis Neu-Ulm ist die Strecke in den Donau-Iller-Nahverkehrsverbund (DING) integriert.

Die Regional-Express-Verbindungen werden seit Dezember 2020 mit Pesa-Link-Dieseltriebwagen bedient, während für die Regio-S-Bahn Alstom Coradia LINT eingesetzt werden.[21] Zuvor verkehrten Dieseltriebwagen der Baureihe 612 sowie Siemens Desiro Classic und Bombardier Talent.[22] In der Vergangenheit kamen auch n-Wagen, bespannt mit einer Lokomotive der Baureihe 218 sowie die Baureihen 611, 628 und 650 zum Einsatz.

Unfall im Juli 2013

Am 17. Juli 2013 ereignete sich kurz vor dem Bahnhof Kellmünz ein Verkehrsunfall mit Beteiligung eines Zuges. Ein mit etwa 50 Personen besetzter Triebwagen der Baureihe 612, der als Regionalbahn verkehrte, entgleiste, nachdem er an einem unbeschrankten Bahnübergang mit einem Kraftfahrzeug kollidiert war. Ein Wagen des Zuges kippte dabei von den Schienen, drehte sich um 180 Grad und blieb seitlich neben den Schienen liegen. Bei dem Unfall wurden drei Menschen schwer verletzt, darunter die Autofahrerin und eine Person, die aus dem Zug geschleudert wurde.[23] Um weitere Unfälle an dieser Stelle zu vermeiden, wird dort 2016 ein beschrankter Bahnübergang eingerichtet.

Weblinks

Commons: Illertalbahn – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Alexander Schatz: Streckenkunde KBS 975 Infos und Fahrzeiten etc. – Strecken-Nr. 5402, 5362, 5400. In: Ulmer Eisenbahnen. 5. Dezember 2009, abgerufen am 7. Oktober 2013.
  2. Infrastrukturregister. In: geovdbn.deutschebahn.com. DB Netz AG, abgerufen am 21. Dezember 2021.
  3. Trassenportal – Stammdaten (XLSX). In: dbnetze.com. DB Netz AG, Dezember 2021.
  4. Geo-Brücke (Stand 01/2019) (ZIP-Datei). Geoinformationen zu Brücken des Schienenverkehrsnetzes. In: deutschebahn.com. DB Netz AG, 20. März 2020.
  5. Eisenbahnatlas Deutschland. 11. Auflage. Schweers + Wall, Köln 2020, ISBN 978-3-89494-149-9.
  6. Bundesbahndirektion München. Karte im Maßstab 1:400000. Ausgabe B. Zentrale Transportleitung Kartenstelle der Deutschen Bundesbahn, September 1984 (blocksignal.de [abgerufen am 21. Dezember 2021]).
  7. Volker Dotterweich, Karl Filser u. a. (Hrsg.): Geschichte der Stadt Kempten. Dannheimer, Kempten 1989, ISBN 3-88881-011-6, S. 385.
  8. Neu-Ulm 21: Bahntieferlegung. In: neu-ulm.de. 2015, abgerufen am 13. Mai 2015.
  9. „Interessengemeinschaft Illertalbahn“: Ausbau der Bahnstrecke. Südwest Presse, 13. Mai 2015, archiviert vom Original am 19. Mai 2015; abgerufen am 9. Oktober 2022.
  10. Mehr Elektromobilität auf der Schiene. Bayerisches Staatsministerium des Innern, für Sport und Integration, 23. Januar 2018, archiviert vom Original am 17. Juni 2018; abgerufen am 9. Oktober 2022.
  11. H. Bischoff: Illertalbahn: S-Bahn-Projekt kommt voran. In: Eisenbahn-Revue International. Band 2020, Nr. 6, Juni 2020, ISSN 1421-2811, S. 283.
  12. Verbesserungen im ÖPNV: Ausbau Donau-Illertalbahn. Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, 22. Januar 2020, abgerufen am 9. Juni 2020.
  13. Startschuss für Elektrifizierung der Illertalbahn gefallen. In: Augsburger Allgemeine. 27. November 2020, abgerufen am 27. November 2020.
  14. LOK Report - Bayern: Ausschreibung Planungsleistungen zu Ausbau und Elektrifizierung der Illertalbahn. 11. August 2021, abgerufen am 23. November 2021.
  15. Die neue Illertalbahn: Elektrisch und klimafreundlich auf der Schiene. Deutsche Bahn AG, Dezember 2022, abgerufen am 26. Februar 2023.
  16. Die Illertalbahn. Abgerufen am 22. April 2022.
  17. Projekt „Memminger Halte“ erhält Förderung. SWU Verkehr GmbH, Juli 2023, abgerufen am 12. September 2023.
  18. Planungen für Bahn-Elektrifizierung im Allgäu schreiten voran. Bayerisches Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr, 27. September 2023, abgerufen am 5. Oktober 2023.
  19. Betriebliche Aufgabenstellung Großprojekt (Komplexes Projekt): Ausbau und Elektrifizierung Illertalbahn. (PDF in ZIP) In: bieterportal.noncd.db.de. DB Netz, 27. Januar 2022, S. 6, archiviert vom Original am 14. Mai 2022; abgerufen am 16. März 2023 (Datei 220127 BAst Ausbau Illertalbahn V1.0.pdf).
  20. Nimmt Projekt endlich Fahrt auf? Bayern bei Regio-S-Bahn dabei. In: schwaebische.de. 29. September 2018, abgerufen am 30. September 2018.
  21. Fahrplanwechsel im Bahnland Bayern: Das ändert sich im Fahrplanjahr 2021. In: beg.bahnland-bayern.de. 11. Dezember 2020, abgerufen am 5. April 2021.
  22. DB Regio soll Zuschlag im Vergabeverfahren „Dieselnetz Ulm Übergang“ erhalten. 18. Juli 2016, abgerufen am 5. April 2021.
  23. Augsburger Allgemeine: Triebwagen stürzt in Gärten: "Ich wollte nur raus aus dem Zug", 17. Juli 2013

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Panoramafoto Bahnhof Illertissen
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Doppeltraktion BR650 (Regioshuttle) südlich von Illertissen Richtung Memmingen; Blick von links nach rechts auf Vogtmühle, St. Martinskirche und Vöhlinschloss.
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Bahnhof Neu-Ulm nach dem Umbau