Bahnstrecke Ihrhove–Groningen

Ihrhove–Groningen
Ein Zug der Baureihe Stadler GTW bei Bad Nieuweschans
Streckennummer (DB):1575
Kursbuchstrecke (DB):397
Streckenlänge:64,7 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
von Norddeich Mole
0,0Ihrhove
nach Rheine
5,7Hilkenborg
Friesenbrücke (Ems, seit 2015 unbefahrbar)
8,0Weener
11,2Möhlenwarf (bis 1963)
13,2Bunde
17,5
127,6
Grenze Deutschland/Niederlande
126,8Bad Nieuweschans
121,9Ulsda
117,3Winschoterdiep
114,6Winschoten
111,5Heiligerlee
109,7Scheemda
A.G. Wildervanckkanaal
von Stadskanaal
102,2Zuidbroek
98,0Scholten
97,2Sappemeer Oost
95,6Hoogezand-Sappemeer
93,7Martenshoek
92,4Kropswolde
88,4Westerbroek
nach Zwolle
82,2Groningen Europapark
80,4Groningen
nach Leeuwarden, Delfzijl und Roodeschool

Die Bahnstrecke Ihrhove–Groningen ist eine nicht elektrifizierte Eisenbahnstrecke, welche die Provinzhauptstadt Groningen im Norden der Niederlande mit der Bahnstrecke Rheine–Norddeich Mole in Niedersachsen verbindet. Seit Dezember 2015 ist der Abschnitt zwischen Ihrhove und Weener aufgrund einer Schiffskollision mit der Friesenbrücke nicht befahrbar.

Geschichte und Unfälle

Der niederländische Abschnitt von Groningen bis Bad Nieuweschans wurde von 1863 bis zum 1. November 1868 von den Niederländischen Staatsbahnen eröffnet. Der deutsche Abschnitt, der zu den Großherzoglich Oldenburgischen Staatseisenbahnen gehörte, folgte am 26. November 1876. Der Verbindung lagen ein Staatsvertrag zwischen dem Land Oldenburg und den Niederlanden vom 27. Juni 1874 und ein Vertrag zwischen Oldenburg und Preußen vom 17. März 1874 zugrunde, der den Bau auf damals preußischem Gebiet gestattete.[1]

Die Friesenbrücke bei Weener (2004)

Das bedeutendste Bauwerk der Strecke ist die Friesenbrücke über die Ems östlich von Weener. Bislang wurden an dieser Stelle drei Brücken, 1874/76, 1924/26 und 1950/51, über die Ems errichtet.

In der Nacht vom 26. auf den 27. Juli 1913 überfuhr ein Personenzug das auf „Halt“ stehende Ausfahrsignal von Hilkenborg, das zugleich die Überfahrt über die Friesenbrücke sicherte. Diese war noch nicht geschlossen. Als der auf der Westseite stationierte Brückenwärter den Zug herankommen sah, versuchte er noch, die Brücke zu schließen. Der Zug war aber schneller. Dessen Lokomotivführer hatte seinen Fehler inzwischen bemerkt und gebremst. Das reichte allerdings nicht mehr ganz. Die Dampflokomotive fuhr in die Lücke, die Kupplung hielt und der Zug verhinderte als Gegengewicht den Absturz der Lokomotive in die Ems.[2]

Bei Überführungen von Neubauten der Papenburger Meyer-Werft musste ab den 1980er Jahren regelmäßig mit Schwimmkränen der feste Mittelteil über der Binnenschiffs-Durchfahrt angehoben und beiseite gebracht werden, der Eisenbahnverkehr war tageweise unterbrochen.

Wegen unterschiedlicher Signalsysteme und älterer, nur in jeweils einem Staat zugelassener Triebwagen musste bis zum Ende des 20. Jahrhunderts an der Grenze umgestiegen werden. Der deutsche Abschnitt galt mit dem geringen grenzüberschreitenden Zugangebot lange als stilllegungsgefährdet; in den 1990er Jahren wurde der Zugverkehr zeitweise eingestellt. 2002 wurde er wieder aufgenommen.

Am Abend des 3. Dezember 2015 rammte das Frachtschiff Emsmoon den Klappteil der Friesenbrücke, zerstörte diesen und verschob den Rest der Brücke.[3][4] Der Bahnverkehr ist seitdem unterbrochen, stattdessen wurde zwischen Leer und Weener Schienenersatzverkehr eingerichtet. Die Brücke soll durch einen Neubau ersetzt werden. Im Juni 2016 sagte der Bund zu, einen Teil der Mehrkosten für einen Neubau der Brücke zu übernehmen.[5] Die Brücke wurde 2021/22 abgerissen. Der Neubau soll 2024 fertiggestellt werden.

Betrieb

Haltestelle Weener mit Arriva-Zug
Empfangsgebäude in Scheemda

Die Strecke ist die nördlichste Eisenbahnverbindung zwischen den Niederlanden und Deutschland, jedoch nur von regionaler Bedeutung. Seitdem als Folge des Schengener Übereinkommens von 1985 keine Grenzkontrollen mehr stattfinden, ist Bad Nieuweschans (Bad Neuschanz) in seiner Funktion als Grenzbahnhof unbedeutend geworden. Der Teil des niederländischen Abschnitts westlich von Zuidbroek ist zweigleisig.

In einer der ersten internationalen Ausschreibungen von Nahverkehrsleistungen wurde die Verbindung an das britische Unternehmen Arriva (heute eine Tochter der DB) vergeben, die seit 2006 wieder durchgehenden Verkehr anbietet. Der Verkehrsvertrag wurde für eine Laufzeit von 15 Jahren vergeben.

In den Niederlanden findet zwischen Groningen und Zuidbroek ein 15-Minuten-Takt statt und bis Winschoten verkehrt alle halbe Stunde ein Zug, während östlich von Winschoten meist ein Stundentakt gefahren wird.

Die Querschnittsnachfrage lag vor der Betriebsübergabe an Arriva zwischen Bad Nieuweschans und Leer bei 120 Personenkilometer pro Tag je Kilometer Betriebslänge. Durch die durchgehenden Verbindungen konnte die Zahl bis 2008 auf 450 gesteigert werden.[6] Neben nationalen und internationalen Bahnfahrkarten ist auf der gesamten Strecke auch die OV-Chipkaart der Niederlande gültig. Für das Niedersachsen-Ticket wird eine Erweiterungsversion plus Groningen angeboten.

Vorgesehener Streckenausbau und Wiederinbetriebnahme von Haltepunkten

Von niederländischer Seite wird eine Verbesserung der Verbindung zwischen Bremen und Groningen angestrebt. Dazu soll die Strecke auf niederländischer Seite für rund 85 Millionen Euro ausgebaut werden. Ab 2018[veraltet] sollten Schnellzüge auf der Strecke eingeführt werden, die zweimal täglich auch bis Leer fahren. Langfristiges Ziel sind durchgehende Fernzüge zwischen Groningen und Bremen mit zwei Stunden Fahrzeit.[7] Dies wird frühestens ab 2025 der Fall sein und letztlich die Verbindung Amsterdam–Hamburg ermöglichen.[8]

Im Februar 2019 haben sich die Länder Niedersachsen und Bremen sowie die Provinz Groningen auf einen 128 Millionen Euro teuren Ausbau der Strecke geeinigt. Mit Ausnahme des Abschnitts Winschoten–Bad Nieuweschans wird die gesamte Strecke nach dem Ausbau zweigleisig sein. In Deutschland wird der zweigleisige Abschnitt auf 120 km/h, in den Niederlanden auf 130 km/h ertüchtigt. Die Deutsche Bahn errichtet die Haltepunkte Bunde und Ihrhove neu. Die zerstörte Friesenbrücke wird als eigenständiges Projekt auf diesem Abschnitt deutlich leistungsfähiger neu errichtet.[9] Mittelfristig ist geplant, die Strecke zu elektrifizieren.[10]

Am 18. Mai 2015 gab das Niedersächsische Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr bekannt, dass nach interner Prüfung in Zusammenarbeit mit der Landesnahverkehrsgesellschaft Niedersachsen (LNVG), die derzeit für den Personenverkehr geschlossenen Stationen in Ihrhove, Bunde sowie Möhlenwarf kurzfristig wieder eröffnet werden können[11]. Am 28. März 2019 wurde zwischen Land Niedersachsen, LNVG und DB vereinbart, dass in Bunde und Ihrhove wieder Haltepunkte errichtet werden sollen.[12]

Die Bauarbeiten begannen im Februar 2023.[13][14]

In der Literatur

Der Bahnhof Nieuweschans, „Ganz im Norden Hollands an der deutschen Grenze: Ein unbedeutender Bahnhof … an keiner wichtigen Linie, an dem nur morgens und abends Züge halten, für die deutschen Arbeiter in holländischen Fabriken“ ist wortwörtlicher Ausgangspunkt der Kommissar-Maigret-Geschichte Der Gehängte von Sain Pholien von Georges Simenon, in Form einer Zugfahrt nach Bremen.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Deutsche Reichsbahn: Handbuch der deutschen Eisenbahnstrecken 1835–1935. Nachdruck Dumjahn, Mainz 1984, ISBN 3-921426-29-4, Nr. 1876/51.
  2. Bernhard Püschel: Historische Eisenbahn-Katastrophen. Eine Unfallchronik von 1840 bis 1926. Freiburg 1977. ISBN 3-88255-838-5, S. 96f.
  3. Nach Kollision: Totalschaden an Friesenbrücke. In: NDR online Nachrichten für Niedersachsen, 4. Dezember 2015
  4. Frachter kracht in Friesenbrücke. In: OZ-online, 4. Dezember 2015
  5. Verkehrsminister Olaf Lies: „Unser Einsatz hat sich gelohnt – Friesenbrücke wird moderner Neubau“. Nds. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr, abgerufen am 7. Juni 2017.
  6. LNVG, SPNV-Konzept 2013+, S. 153/154.
  7. http://www.kreiszeitung.de/lokales/bremen/niederlaender-investieren-millionen-bahnstrecke-groningen-bremen-3654575.html kreiszeitung.de, Niederländer investieren Millionen in Bahnstrecke nach Bremen.
  8. Mit der "Wunderlinie" schneller nach Groningen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: www.radiobremen.de. Archiviert vom Original am 25. Juli 2016; abgerufen am 25. Juli 2016.
  9. https://bauprojekte.deutschebahn.com/p/wunderline
  10. Zugverbindung Bremen – Groningen. Westerstede: Wunderlinie hält im Ammerland – vorerst, NWZ online vom 23. Februar 2019, abgerufen am 29. September 2019
  11. http://www.mw.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/neue-bahnhaltepunkte-fuer-niedersachsen--133732.html
  12. Reaktivierung von Stationen. Abgerufen am 30. März 2019.
  13. Baustart für die neue Bahnstrecke zwischen Bremen und Groningen - buten un binnen. Abgerufen am 13. Februar 2023.
  14. Bahnprojekt Wunderline: Ausbau Groningen–Bremen. Abgerufen am 13. Februar 2023.

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DB 1575, Ihrhove - Nieuweschans
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Train Station in Scheemda, the Netherlands
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Station Weener met stoptrein Groningen - Leer.
Arriva Stadler GTW Leer-Groningen.JPG
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Ein dreiteiliger Dieseltriebwagen Stadler GTW der Arriva («Spurt») als Regionalzug von Leer nach Groningen, kurz nach der Überfahrt über die deutsch-niederländische Grenze bei Bad Neuschanz (Bad Nieuweschans).