Bahnstrecke Dinkelscherben–Thannhausen

Dinkelscherben–Thannhausen
Streckennummer:5341
Kursbuchstrecke (DB):410e
(zeitweise auch 410c, 410d)
Streckenlänge:13,857 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Maximale Neigung:33,33 
Minimaler Radius:190 m
von Ulm
0,000Dinkelscherben 461,3 m
nach Augsburg
2,676Oberschöneberg 481,2 m
5,653Uttenhofen 474,5 m
7,805Ziemetshausen 479 m
11,000Scheitelpunkt
13,857Thannhausen (Schwab) 496 m

Die Bahnstrecke Dinkelscherben–Thannhausen war eine 1894 errichtete 13,9 km lange Nebenbahn im bayerischen Bezirk Schwaben. Die stets durch die jeweilige Staatsbahn betriebene Strecke wurde bis 1966 im Personen- und bis 1999 im Güterverkehr genutzt, ehe sie zum 15. Dezember 2001 stillgelegt wurde.

Planung und Eröffnung

Ab Mitte der 1880er Jahre bemühten sich die Gemeinden Thannhausen und Ziemetshausen verstärkt um einen Anschluss an das Eisenbahnnetz. So wurde – ohne Erfolg – vorgeschlagen, die projektierte Bahnstrecke in die Kreisstadt Krumbach nicht in Günzburg, sondern in Dinkelscherben von der bestehenden Verbindung Ulm–Augsburg abzweigen zu lassen und somit über Thannhausen zu führen. Erst die Ankündigung des Hauses Oettingen-Wallerstein, sich an den Baukosten zu beteiligen, sowie die Zusage der Familie Stadion, für den Bahnbau vorgesehene Grundstücke im Umfang von zwölf Tagwerk kostenlos abzutreten, gaben den Ausschlag, eine Lokalbahn Dinkelscherben–Thannhausen in ein am 26. Mai 1892 erlassenes und fünf Tage später veröffentlichtes Gesetz, die Herstellung von Bahnen lokaler Bedeutung betr., des Königreichs Bayern aufzunehmen.[1][2]

Die Königlich Bayerischen Staats-Eisenbahnen (K.Bay.Sts.B) begannen daraufhin Anfang 1894 mit dem Bau der Bahnstrecke. Vom Bahnhof Dinkelscherben an der Hauptbahn führte sie über Oberschöneberg und Uttenhofen, wo Haltestellen errichtet wurden, nach Ziemetshausen und – mit einer maximalen Steigung von 1:33 – weiter nach Thannhausen. Die Eröffnungsfeier fand am 15. Dezember 1894 statt, der planmäßige Betrieb wurde am folgenden Montag, dem 17. Dezember 1894, aufgenommen.

Eine Verlängerung der Strecke über Thannhausen hinaus bis Kirchheim, dem Endpunkt einer Stichbahn von Pfaffenhausen an der Mittelschwabenbahn, wurde vor allem in den Jahren nach dem Ersten Weltkrieg öffentlich diskutiert und in einer Denkschrift über den Ausbau des bayerischen Bahnnetzes erwähnt, die am 30. Januar 1920 dem bayerischen Landtag vorgelegt und am 27. März 1920 nochmals angepasst wurde. Spätestens mit der Inflation von 1923 wurden diese Planungen jedoch verworfen.[3][4]

Noch 1963 wurde im Rahmen der Flurbereinigung die Streckenführung bei Oberschöneberg verändert und um 200 m verkürzt.[5]

Betriebsentwicklung

Der erste Fahrplan der Strecke sah täglich vier Personenzüge je Richtung vor. 1908 wurde der Plan auf fünf Zugpaare ausgeweitet, nachdem auf der Strecke unter 14 Nebenbahnen in Schwaben die fünftbesten Beförderungszahlen im Personenverkehr erzielt wurden. Drei bis fünf tägliche Verbindungen, ab den 1950er Jahren sechs Zugpaare, waren über die gesamte Betriebszeit das übliche Angebot.

Ab 1928 erwuchs dem Personenverkehr jedoch Konkurrenz in Form einer Busverbindung (Krumbach–)Thannhausen–Dinkelscherben. Die Busse konnten die Relation schneller als die Züge zurücklegen, deren Fahrzeit über 13,9 km bis Mitte des 20. Jahrhunderts 40 bis 55 Minuten, ab den 1950er Jahren 28 bis 40 Minuten betrug. Als in den 1950er Jahren eine direkte Buslinie (Krumbach–)Thannhausen–Augsburg eingerichtet wurde, die den Reisenden den Umstieg in und den Umweg über Dinkelscherben ersparte, und der motorisierte Individualverkehr zunahm, sanken die Fahrgastzahlen der Nebenbahn weiter. Am 24. September 1966 wurde der Schienenpersonenverkehr schließlich eingestellt.[1][6]

Im Güterverkehr diente die Strecke vor allem dem Transport landwirtschaftlicher Erzeugnisse. 1976 wurde der Stückgutverkehr eingestellt. Bedeutende Frachtkunden waren ein Futtermittelhersteller in Thannhausen, das Zweigwerk der Kässbohrer Fahrzeugwerke in Burtenbach, das dort produzierte Lkw-Anhänger in Thannhausen auf die Bahn verlud, ein Hersteller von Kunststoffteilen in Ziemetshausen sowie das Unternehmen Gerstlauer Elektro GmbH in Münsterhausen, das Fahrgeschäfte über den Bahnhof Thannhausen verschickte.[5] Mitte der 1990er-Jahre war das – noch wenige Jahre zuvor durchaus beachtliche[7] – Güteraufkommen jedoch stark gesunken und beschränkte sich zuletzt weitgehend auf Getreidetransporte.[1] In den 1980er Jahren erfolgte eine umfangreiche Sanierung der Gleisanlagen.[7]

Nach der zum 31. Januar 2000 erfolgten Einstellung des Güterverkehrs durch DB Cargo beantragte der Infrastrukturbetreiber DB Netz schließlich die Stilllegung der Strecke, die am 19. November 2001 durch das Eisenbahn-Bundesamt genehmigt und zum 14. Dezember 2001 vollzogen wurde.[8] Die Gleisanlagen wurden daraufhin Anfang 2007 mit Ausnahme eines wenige hundert Meter langen, noch sporadisch als Abstellgleis genutzten Teilstücks am Bahnhof Dinkelscherben abgebaut.[9][10]

Fahrzeugeinsatz

Ab den 1920er Jahren bis Mitte der 1950er Jahre wurden Dampflokomotiven der Baureihe 98.8 eingesetzt, bevor anschließend im Personenverkehr Triebwagen der seltenen Baureihe VT 70.9 des Bahnbetriebswerks Augsburg zum Einsatz kamen. Den Güterverkehr bestritten kurze Zeit Dampflokomotiven der Baureihe 64, bevor 1959 die Dampflokzeit auf der Strecke nach Thannhausen zu Ende ging. Seitdem dominierten die Diesellokomotiven der Baureihe V 60 (Baureihe 260) den Personen- wie den Güterverkehr, bevor wiederum seit der Einstellung des Personenverkehrs Diesellokomotiven der Baureihe 333 (Köf III), seit den 1980er Jahren dann der Baureihen 212 und 290 für die Bespannung der Güterzüge eingesetzt wurden.[11] Eine interessante Kombination war die zeitweilig als Personenwagen eingesetzte Baureihe VS 145 (ursprünglich als Steuerwagen gebaut) mit V60 als Bespannung.

Literatur

  • Siegfried Baum: Schwäbische Eisenbahn. Die Verkehrsgeschichte der Lokalbahnen in Mittelschwaben. Verlag Wolfgang Zimmer, Eppstein im Taunus 1969.
  • Michael Baumgärtner, Jürgen Fiedler: Nur eine Nebenbahn: Dinkelscherben-Thannhausen. In: Eisenbahn-Journal. Nr. 3/1997, S. 27 ff.

Einzelnachweise

  1. a b c Siegfried Baum: Dinkelscherben – Thannhausen (Schwab). In: Neben- und Schmalspurbahnen in Deutschland (Sammelwerk als Loseblattausgabe). Weltbild Verlag, 1994, ISSN 0949-2143.
  2. Übersicht über die Eisenbahngesetzgebung in Bayern im Jahre 1892 auf einer privaten Website
  3. Robert Zintl: Bayerische Nebenbahnen. Motorbuch Verlag, Stuttgart 1977, ISBN 978-3-87943-531-9.
  4. Von der bayerischen Staatsregierung als bauwürdig erachtete Lokalbahnen in der Denkschrift über den Ausbau des bayerischen Bahnnetzes auf einer privaten Website
  5. a b Michael Baumgärtner, Jürgen Fiedler: Nur eine Nebenbahn: Dinkelscherben-Thannhausen. In: Eisenbahn-Journal. Nr. 3/1997, S. 27 ff.
  6. Fahrplantabelle 410e Dinkelscherben–Thannhausen im Kursbuch 1944; Fahrplantabelle 410d im Kursbuch 1962
  7. a b Alteneder, W., Schüssler, C.: Die Nebenbahnen der BD München, Bonn 1987, S. 162
  8. Reinhold Breubeck: Eisenbahnknoten Augsburg. Die Eisenbahn in Mittelschwaben und Oberbayern zwischen Iller und Isar. Eisenbahn-Fachbuch-Verlag, Neustadt/Coburg 2007, ISBN 978-3-9810681-1-5, S. 197.
  9. Letztes Bahngleis (in Ziemetshausen) wurde abgebaut“: Meldung in der Augsburger Allgemeinen Zeitung vom 21. Februar 2007
  10. Fotodokumentation des Rückbaus der Bahnstrecke Dinkelscherben–Thannhausen auf einer privaten Website
  11. Michael Baumgärtner, Jürgen Fiedler: Nur eine Nebenbahn: Dinkelscherben-Thannhausen. In: Eisenbahn-Journal. Nr. 3/1997, S. 27.

Auf dieser Seite verwendete Medien

BSicon exGIPl.svg
Summit icon for route diagram templates