Bahnstrecke Celle–Braunschweig

Celle–Braunschweig-Gliesmarode
Streckennummer:1722
Kursbuchstrecke (DB):211a, 211d (bis 1970)
Streckenlänge:57,129 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
von Hamburg-Harburg
0,0Celle
nach Gifhorn
nach Hannover Hbf
nach Lehrte
7,7Nienhagen (Kr. Celle)
11,9Wathlingen
Fuhse
16,9Bröckel (Kr. Celle)
Erse
Fuhse
Fuhse
22,5Uetze (Han)
Fuhse
Fuhse
26,1Eltze
27,7Plockhorst Berlin–Lehrte
von der Berlin-Lehrter Eisenbahn
nach Peine
30,3Eickenrode
Erse
34,2Wipshausen
36,0Wipshausen Süd
38,7Wense
41,3Harvesse
Industriegleis: VW Logistikzentrum Braunschweig
A 2
43,6Wendezelle
Aue-Oker-Kanal
Weiße Brücke, Wirtschaftsweg
Industriegleis: Abfallentsorgungszentrum Watenbüttel
45,9Braunschweig RAUA
Mittellandkanal
48,1Watenbüttel
A 392
Okerflutbrücke (w)
Okerflutbrücke (o)
A 391
Oker
Anschluss Hafen
Hamburger Straße (Straßenbahn Braunschweig)
52,8Braunschweig-Rühme
Anschluss Volkswagenwerk
54,3Braunschweig Nordkurve (Awanst, ehem. Bf)
Ringgleis nach Braunschweig Nord
von Gifhorn
von Fallersleben
56,4Braunschweig-Gliesmarode
nach Braunschweig Hbf

Die Bahnstrecke Celle–Braunschweig war eine eingleisige Nebenbahn zur direkten Verbindung der alten welfischen Städte Celle und Braunschweig.

Geschichte

Schon beim Bau der ersten Eisenbahnen bestand in Braunschweig der Wunsch nach einer möglichst direkten Verbindung zu den Seehäfen. Auf Wunsch Hannovers wurde die erste Strecke jedoch über Lehrte gebaut. Da der gesamte Verkehr von Hamburg (mit Kopfmachen) als auch Berlin nach Hannover über Lehrte führte, war der Bahnhof entsprechend überlastet. So blieb der Wunsch nach einer direkten Verbindung, ohne den Umweg über Lehrte zu machen. Dem ersten Gespräch am 15. Juni 1907 folgten Verhandlungen, die zum Staatsvertrag zwischen Preußen und Braunschweig vom 13. Januar 1912 führten. Vorausgegangen war die Auseinandersetzung um den Streckenverlauf[1] auf Braunschweiger Gebiet. Die preußischen Planungen sahen ab südlich von Wendezelle vor: östlich von Bortfeld, westlich von Lamme und dann westlich von Broitzem einmündend in die Strecke Hannover–Braunschweig. Gebaut wurde auf braunschweigischen Wunsch die aufwendigere Strecke östlich um Braunschweig herum, damit auf dem damals bereits in Überlegung befindlichen Durchgangsbahnhof (1960 in Betrieb gegangen) ein nach Süden durchgehender Zugverkehr stattfinden könne; derartige Züge hat es jedoch nie gegeben. Nach Ratifikation in beiden Parlamenten und Austausch der Ratifikationsurkunden am 2. Juni 1913 in Berlin war der Staatsvertrag[2] in Kraft und der Bau konnte beginnen. Während des Ersten Weltkrieges wurde der Bau zeitweise eingestellt. Am 1. September 1920 wurde die Strecke von Celle bis Uetze eröffnet. Die Einweihung der Strecke von Uetze nach Plockhorst erfolgte am 3. Mai 1921 und am 1. März 1923 ging die weitere Strecke bis nach Gliesmarode in Betrieb. Dort vereinigte sie sich mit der bestehenden Strecke Gifhorn–Braunschweig. Die Strecke Celle–Braunschweig wurde – Braunschweiger Wünschen entsprechend – mit Krümmungs- und Steigungsverhältnissen sowie dem Unterbau für eine Hauptbahn gebaut. Lediglich der Oberbau wurde für eine Nebenbahn ausgeführt. Die großzügige Trassierung ist auch erkennbar an der fünfmaligen(!) Querung der Fuhse zwischen Eltze und Wathlingen. Auch die Bahnhofsgebäude wurden großzügig dimensioniert; sie waren nach einheitlichem Muster gebaut worden und ähnelten sich sehr. Jeder Bahnhof war für Personen- und Güterverkehr eingerichtet und mit mindestens einem Ladegleis ausgestattet. Bedingt durch den Bau des Mittellandkanales wurde die Eisenbahnstrecke zwischen Wendezelle und Völkenrode 1929 nach Westen[3] verschwenkt, um eine kürzere Brücke zu ermöglichen. Im Zweiten Weltkrieg erlitt auch diese Strecke Schäden. Die Brücke über den Mittellandkanal wurde bei der Sprengung am 10. April 1945 beschädigt, dann sehr behelfsmäßig instand gesetzt, jedoch nach kurzer Zeit der Inbetriebnahme wieder für den Verkehr gesperrt. Im Februar 1946 zerstörte das Hochwasser der Oker die Okerflutbrücke (o). Nach endgültiger Reparatur der Mittellandkanalbrücke und Neubau der Okerflutbrücke (o) erfolgte ab 14. März 1949 wieder durchgehender Verkehr auf der Strecke.

Betrieb

Trotz der großzügigen Anlage kam die Strecke aber über eine lokale Bedeutung nicht hinaus. 1962 fuhren im Personenverkehr fünf Zugpaare. Im Güterverkehr wurden hauptsächlich landwirtschaftliche Produkte (Zuckerrüben, Kartoffeln, Vieh) transportiert und Kohlen (Briketts) empfangen. Zusätzlich gab es den Stückgutverkehr mit den in Personenzügen eingestellten Packwagen. In den letzten Jahren reichte ein Schienenbus mit Beiwagen für den Personenverkehr. In Betrieb ist die Strecke von Braunschweig-Gliesmarode bis kurz vor Harvesse; dort hat der Volkswagen-Konzern das VW Logistikzentrum Braunschweig errichtet.[4] Im Herbst 2015 wurde nach einer Ertüchtigung der Strecke der Güterverkehr von VW – mit Betriebspausen – aufgenommen.[5]

Stilllegung

Fuhsebrücke zwischen Uetze und Eltze (2019)

Am 27. Mai 1962 wurde der Personenverkehr Plockhorst–Braunschweig, am 23. Mai 1971 der Personenverkehr Celle–Plockhorst eingestellt. Der Güterverkehr wurde in folgenden Abschnitten eingestellt:

  • 30. Mai 1976 Wathlingen–Uetze
  • 31. Mai 1985 Nienhagen–Wathlingen
  • 29. September 1990 Celle–Nienhagen
  • 30. September 1990 Uetze–Harvesse (stillgelegt am 31. Dezember 1991)

Am 31. Dezember 1993 wurde der Güterverkehr zwischen Watenbüttel und Harvesse eingestellt; im Jahre 1998 wurde der Abschnitt stillgelegt.[6] 1994 wurde die letzte Brücke im Turmbahnhof Plockhorst für den Ausbau der Schnellfahrstrecke Hannover–Berlin abgetragen, nachdem der Bahnsteig schon zehn Jahre früher entfernt wurde. Der bislang letzte Personensonderzug fuhr am 11. Dezember 1994 von Braunschweig bis Harvesse.

Zustand

Die Strecke ist weitgehend stillgelegt und abgebaut. Teilweise wurden Grundstücke verkauft und überbaut. Die meisten Bahnhofsgebäude sind in Privatbesitz erhalten. Das Stück Westercelle (B 3) bis Nienhagen ist Trasse für eine Erdgasleitung im Eigentum der SVO Energie GmbH. Sie ist als privater Weg für Radfahrer und Fußgänger freigegeben. Von Gliesmarode bis einschließlich Harvesse liegt das Gleis; den weiteren Streckenverlauf im Landkreis Peine hat dieser ausgewiesen als Landschaftsschutzgebiet, in dem Eisenbahnverkehr zugelassen ist. Für den Abschnitt in Braunschweig gab es Überlegungen, ihn bis Wipshausen in ein Stadtbahnkonzept in Braunschweig einzubeziehen. Dies ist bisher aus Geldmangel gescheitert, taucht aber immer wieder in der Diskussion auf.

Auf einer Rangliste zu möglichen Streckenreaktivierungen im SPNV in Niedersachsen landete der Abschnitt Braunschweig-Gliesmarode–Harvesse auf Platz 1.[7] Bei der abschließenden Bewertung erhielt die Strecke jedoch nur eine Kosten-Nutzen-Berechnung von 0,7, so dass eine Reaktivierung zunächst abgelehnt wurde.[8] Der Landkreis Peine hat im März 2018 eine Resolution verabschiedet, die auf eine Reaktivierung der Strecke für den SPNV abzielt.[9]

Der Regionalverband Großraum Braunschweig (RGB) möchte die Reaktivierung des SPNV auf der Strecke erneut untersuchen lassen. Grund dafür ist, dass sich durch Investitionen zur Anbindung des VW-Logistikzentrums für den Güterverkehr die einmaligen Investitionskosten der Infrastruktur verringert haben. Die ermittelten Kosten einer Reaktivierung bis Harvesse haben sich so von 23,27 Millionen Euro auf 19,45 Millionen Euro verringert. Mit der neuen Untersuchung sollen sechs verschiedene Fälle betrachtet werden. Die Fälle unterscheiden sich in den Endpunkten Wendeburg, Harvesse und Wipshausen. Pro Endpunkt wird ein Stundentakt und ein Halbstundentakt untersucht. Da sich zukünftig die Möglichkeit eröffnet Reaktivierungen über Mittel des GVFG zu finanzieren, aber noch nicht bekannt ist, ob eine Standardisierte Bewertung notwendig ist oder nach dem „Hessischen Verfahren“ bewertet werden muss, möchte der RGB die Entscheidung des Bundes abwarten, bevor er eine Untersuchung in Auftrag gibt.[10]

Siehe auch

Viadukt zwischen Uetze und Eltze

Literatur

  • Eisenbahn-magazin 11/1991

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Rolf Ahlers: Eisenbahnstrecke Celle-Braunschweig – der Beginn. In: Braunschweigische Heimat (101), 2015/2, S. 31.
  2. [Braunschweigische] Gesetz- und Verordnungssammlung, Nr 34, vom 21. Juni 1923: Verordnung, die Veröffentlichung des Staatsvertrages zwischen Braunschweig und Preußen wegen Herstellung einer Eisenbahn von Celle nach Braunschweig betreffend. Braunschweig, den 9. Juni 1913.
  3. Rolf Ahlers: Spuren im Feld zwischen Völkenrode und Wendezelle. In: Braunschweigische Heimat (101) 2015/2, S. 13–15.
  4. Harvesse: Lückenschluss der Gleise. In: Peiner Allgemeine. 27. März 2015, abgerufen am 8. November 2018.
  5. LKW die „geeignetere Alternative“. In: Braunschweiger Zeitung. 22. Januar 2018, abgerufen am 8. November 2018.
  6. Martin Krauss: Entwicklung der Eisenbahninfrastruktur 1997/98, in: Bahn-Report 2/1999, S. 4–7, hier: S. 6.
  7. Nutzwert. (Nicht mehr online verfügbar.) In: mw.niedersachsen.de. 14. März 2014, archiviert vom Original am 18. März 2014; abgerufen am 8. November 2018.
  8. PTV Group: Nutzen-Kosten-Untersuchungen zur Reaktivierung von Schienenstrecken – Los III. S. PDF, abgerufen am 8. November 2018.
  9. Alexander Dontscheff: „Spargelexpress“: Resolution zur Reaktivierung beschlossen. In: regionalbraunschweig.de. 8. März 2018, abgerufen am 8. November 2018.
  10. Regionalverband Großraum Braunschweig, Sitzung Ausschuss für Regionalverkehr, Sachstand Studie Reaktivierung SPNV Braunschweig Hbf - Harvesse, 10.06.2020

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Brücke über Wasser geradeaus (klein)
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Viadukt zwischen Uetze und Eltze
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DB 1722, Celle - Braunschweig
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ehem. Turmbahnhof oben, gerade außer Betrieb, quer in Betrieb)
Fuhsebrücke Celle Branschweig.jpg
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Eine der Brücken über die Fuhse bei Uetze
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Mischbetrieb Kreuzung