Bahnhofsuhr

Uhr auf einem Bahnsteig in Mechelen

Eine Bahnhofsuhr ist eine Uhr auf dem Bahnhofsgelände, die Passagieren und Bahnpersonal die verbindliche Zeit für den Zugverkehr vorgibt.

Geschichte

„La Grande Horloge“ im Musée d’Orsay, Paris

In der frühen Geschichte beispielsweise der Eisenbahnen in Deutschland wurden Mitte des 19. Jahrhunderts erstmals „Grundzüge für die Gestaltung der Eisenbahnen Deutschlands“ entwickelt: 1850 legte die Versammlung Deutscher Eisenbahn-Techniker in Berlin für die sich damals rasant verändernde Eisenbahn-Technik umfassende Gestaltungs-Richtlinien fest, die ein zweiter Kongress schon im Mai 1857 in Wien revidierte und ergänzte. Über die dort festgelegten Mindestanforderungen an Bahnhofsuhren für größere Stationen berichteten der Architekt Adolf Funk und der in Potsdam tätige Regierungs- und Baurat C. Hoffmann später in der Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins zu Hannover unter der Rubrik Bauwissenschaftliche Mittheilungen: „Die Bahnhofsuhr größerer Stationen muß vom Zugange zum Bahnhofe und von haltenden Zügen aus sichtbar sein.“[1]

Technik

Bahnhofsuhren waren meistens Minutensprunguhren. Auch heute noch werden sie oft von einer Mutteruhr bahnhofsweit gesteuert, die nur den Minutentakt vorgibt, indem sie jede Minute einen elektrischen Impuls an die Tochteruhren abgibt und damit den Minutenzeiger weiterbewegt.

Ein etwa vorhandener Sekundenzeiger wird von einem elektrischen Synchronmotor angetrieben, oder die Mutteruhr liefert zusätzlich einen Sekundenimpuls.[2] Die minütliche Steuerung des Synchronmotors mit dem Minutenimpuls wurde zuerst in der Schweizer Bahnhofsuhr angewendet. Dabei läuft der Sekundenzeiger etwas schneller und wartet auf der 12-Uhr-Position auf den nächsten Minutenimpuls.

Die Mutteruhren in Deutschland werden über das DCF77-Funkzeitzeichen synchronisiert. Einige Bahnhofsuhren sind nicht an die Mutteruhr angeschlossen und besitzen stattdessen einen eigenen DCF77-Empfänger.

In Fahrplänen bezeichnet die Angabe „24 Uhr“ die Ankunft um Mitternacht, die Angabe „0 Uhr“ die Abfahrt um Mitternacht.

Als Besonderheit gibt es in St. Gallen eine Bahnhofsuhr, welche die Zeit nicht analog auf einem Ziffernblatt, sondern als Binäre Uhr anzeigt. Dabei werden Stunden, Minuten und Sekunden auf drei Zeilen in binärer Form dargestellt.[3]

Siehe hierzu auch den weiterführenden Artikel Uhrenanlage.

Design

Das Design der Bahnhofsuhren in Europa war früher recht unterschiedlich. Heute ähneln die meisten Uhren der vom Gestalter Hans Hilfiker 1944 entworfenen Schweizer Bahnhofsuhr. Die Uhren haben ein weißes, bei Dunkelheit beleuchtetes Zifferblatt mit schwarzen, balkenförmigen Stunden- und Minutenzeigern, sowie schwarzen Minutenbalken. Der etwa vorhandene Sekundenzeiger ist ein am Ende verdickter, sonst dünner roter Stab. So sind die Uhren von weitem gut ablesbar.

Die Deutsche Bahn AG hingegen benutzt eine Gestaltung des Zifferblattes, die ihren Ursprung in den 1930er-Jahren hat. Die Indizes auf den Positionen von 12, 3, 6 und 9 sind – anders als beim späteren Entwurf von Hilfiker – größer als die der restlichen Stunden. Dieses Zifferblattdesign wurde 1976 in der DIN 41091 festgehalten. Weiterhin wurden 1976 die spitzen Balkenzeiger in DIN 41092, der Sekundenzeiger mit dem Loch in DIN 41071-2 definiert. Vorher wurden die geschweiften Zeiger (vgl. Bild weiter unten) verwendet. Die mittlerweile blauen Zeiger der „deutschen“ Bahnhofsuhren weichen von diesen inzwischen zurückgezogenen Normen ab.

Die Österreichischen Bundesbahnen verwendeten bis vor wenigen Jahren ein eigenes Design ohne Sekundenzeiger, das den Bahnhofsschildern sehr ähnlich war. Mit der Einführung des neuen Wegleitsystems wurde die Form der neuen DB Uhren übernommen.

Trivia

Die Pause des Sekundenzeigers auf der Schweizer Bahnhofsuhr wird im Lied Langsam der Wise Guys besungen. In dem Lied heißt es:[4]

Immer oben bei der 12
Scheint der Zeiger zu verweilen
Um nach einer kurzen Pause
Seinem Rückstand nachzueilen.

Diese Darstellung ist jedoch technisch unkorrekt. Tatsächlich geht der Sekundenzeiger etwas vor, sodass die Pause auf 12 Uhr dazu dient, den Vorsprung abzubauen.

Literatur

  • Köbi Gantenbein: Die Bahnhofsuhr. Ein Mythos des Designs aus der Schweiz. Edition Hochparterre, 2013

Siehe auch

  • Telefonbau und Normalzeit, Hersteller von Bahnhofsuhren und Betreiber der Infrastruktur

Weblinks

Commons: Bahnhofsuhr – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Bahnhofsuhr – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. A. Funk, C. Hoffmann (Schriftführer): Verhandlungen der Versammlung Deutscher Eisenbahn-Techniker zu Wien im Mai 1857, in: Zeitschrift des Architekten- und Ingenieurvereins zu Hannover, Band 3, Hannover: Schmorl & von Seefeld, 1882, Spalte 383ff.; hier: Sp. 393; Digitalisat über Google-Bücher
  2. Nebenuhrenarten (Memento vom 23. März 2016 im Internet Archive)
  3. Verpassen Sie den Zug oder können Sie eine Binär-Uhr lesen? St. Galler Tagblatt, 4. April 2018, abgerufen am 21. November 2018.
  4. Langsam - YouTube. Abgerufen am 5. Dezember 2020.

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Bahnhofsuhr der ÖBB („Bahnzeit“)
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Binär-Uhr mit drei Zeilen zur elektronischen Anzeige der Stunden (16,8,4,2,1), Minuten (32,16,8,4,2,1), Sekunden (32,16,8,4,2,1), Beispiel 9 Uhr 25 Minuten 46 Sekunden, an der Fassade des Hauptbahnhofs von St. Gallen, Schweiz
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Uhrendesign Hans Hilfiker, Animation Hk kng

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Minutensprung der Schweizer Bahnhofsuhr. Der Sekundenzeiger stoppt zur vollen Minute für ca. 1,5 Sekunden, dafür läuft er sonst etwas schneller.

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