Bad Salzhausen

Bad Salzhausen
Stadt Nidda
Koordinaten:50° 25′ N, 8° 59′ O
Höhe: 157 (154–176) m ü. NHN
Fläche:1,48 km²[1]
Einwohner:604 (31. Dez. 2019)[2]
Bevölkerungsdichte:408 Einwohner/km²
Eingemeindung:1. Dezember 1970
Postleitzahl:63667
Vorwahl:06043
Kurhaus
Kurhaus

Bad Salzhausen ist ein Stadtteil von Nidda im hessischen Wetteraukreis.

Geographische Lage

Das Heilbad liegt, von Wald umgeben, in der nördlichen Wetterau am südlichen Rand des Vogelsberges, mitten in Oberhessen. Bad Salzhausen gehörte von 1874 bis 1972 zum Landkreis Büdingen.

Geschichte

Mittelalter

Wappen von Ludwig Knott, Roland Krug, Johann Wilhelm Langsdorf, Justus von Liebig, evangelische Kapelle

Die älteste erhaltene Erwähnung des Ortes stammt von 1187 als Salzhusen, das heißt Häuser bei den Salzquellen, und findet sich in einer Schenkungsurkunde der Grafen Berthold von Nidda an die Johanniter in Nidda, wonach der Ort einen kleinen Zehnt von 24 Äckern und einem Malter Hafer leisten musste. 1315 wird Salzhausen erneut erwähnt, wieder mit den Grafen und den Johannitern, diesmal jedoch in einer Streitsache. 1446 taucht der Ortsname in einem Zinsverzeichnis des Amtes Nidda auf. Erwähnt wird darin ein zinspflichtiger Bewohner namens „Hensel der Soder“. Der Name lässt vermuten, dass zu dieser Zeit im Ort schon Salz gewonnen wurde, wenn auch nur in kleinem Maßstab.

Salzgewinnung

Ludwig Knott erscheint als erster Salzsieder (Pfänner) in Salzhausen. Knott betrieb zwei Salzpfannen und beschäftigte drei Söder. Er hatte dem Amt Nidda zwei Gulden zu zahlen. Wegen des hohen Verbrauchs an Holz beim Salzversieden (das Gradieren der Sole war in dieser Zeit noch unbekannt) blieb Knotts Ertrag gering. 1593 erhielt der Niddaer Amtmann Roland Krug Salzhausen als Lehen. Er führte Strohleckwerke ein, bei denen über Stroh gradiert wurde (Salzwasser fließt mehrmals über Stroh und verdunstet) und die Salzkonzentration der Sole stieg. Das erste Gradierwerk wurde um 1600 erbaut – gegenüber dem bisherigen Sieden in Pfannen ein wichtiger Fortschritt. Das Lehen blieb bis 1729 bei der Familie, die das Salzwerk nach und nach verfallen ließ, bis das Lehen schließlich abgelöst wurde. 1776–1786 leiteten der hessisch-darmstädtische Kammerrat Johann Wilhelm Langsdorf und seine Nachfahren neue technische Entwicklungen ein. Sieben Gradierbauten und die Einführung der Dorngradierung erhöhten den Grad der Sole. Neue Quellen wurden erbohrt und eine sog. „Wasserkunst“ betrieb Pumpen über ein kunstvolles Gestänge mit Wasser der Nidda. Das 18. Jahrhundert war die Blütezeit der Salzgewinnung. Pro Jahr wurden bis zu 4600 Zentner Salz gefördert. Nach mehreren Erdbeben versiegten einige Quellen und die noch förderbare Sole wies nur noch geringen Salzgehalt (Lötigkeit) auf. Nachdem auch weitere Bohrungen keine Abhilfe schafften, wurde die Salzgewinnung 1860 eingestellt.

Johann Wilhelm Langsdorfs Sohn, der Salinenrat Karl Friedrich Langsdorf, schuf den Übergang vom Salzsiedeort zum Kurbad. Anfangs wurde es ihm nur erlaubt, für Badezwecke in einem der Siedehäuser ein Zimmer mit einer Badewanne einzurichten, zu eigenen Kosten. Nachdem sich der gute Ruf der Quellen jedoch verbreitet hatte, stimmte die Regierung einer Erweiterung des Badebetriebs zu. Oberfinanzrat Reuß, Langsdorfs Nachfolger, erhielt 1821 staatliche Zuschüsse für die Eröffnung eines Badehauses. Da Salzhausen ein Kurbad plante, analysierte der Chemiker Justus von Liebig die Sole, auch um sie industriell nutzen zu können. Eine chemische Produktionsstätte in der heutigen Kirche musste jedoch wegen fehlender Rentabilität geschlossen werden. Liebig stellte bei seinen Analysen 1824 unbewusst elementares Brom her.

Er schrieb 1825 an den Kabinettssekretär Schleiermacher:

„Bei Gelegenheit der Analyse der Sole zu Salzhausen habe ich dem Finanzminister vorgeschlagen, die abfallende Mutterlauge auf Salzsäure und Bittersalz zu benutzen, vor einiger Zeit habe ich nun den Auftrag erhalten, zu Salzhausen eine Fabrik von Salzsäure und Bittersalz einzurichten, welche auf das Geringste angeschlagen dem Staate einen Gewinn von 2000–3000 fl. abwerfen wird. Ich bin vor 14 Tagen selbst in Salzhausen gewesen, es ist wirklich schade, dass die Badeanstalt nicht gleich in Anfange weiter ausgedehnt worden ist, und noch täglich Bestellungen auf Wohnungen einlaufen, welche nicht angenommen werden können, indem kein Platz mehr für Badegäste da ist. Man kann über die wirklich merkwürdigen Wirkungen dieser Sole nicht den mindesten Zweifel hegen, ich habe mich selbst durch den Augenschein überzeugt, dass Leute durch 20–30 Bäder, nachdem sie in Wiesbaden und Ems vergeblich gebadet hatten, in Salzhausen vollkommen wiederhergestellt worden sind. Die Einrichtungen sind im übrigen recht zweckmäßig, man lebt in Salzhausen recht angenehm und wohlfeil.“

Der Hofrat und erste Badearzt in Salzhausen Johann Adam Graff führte Liebigs Analyse in seiner Schrift über die Salzhäuser Mineralquellen an,[3] Graffs Nachfolger Karl Phillip Möller ebenso.[4]

Ende des 19. Jahrhunderts stagnierte die Entwicklung, und wenig mehr als 300 Kurgäste besuchten den Ort. 1897 wurde Salzhausen an die Bahnstrecke Friedberg-Nidda angeschlossen und erlebte einen neuen Aufschwung. Bereits in der Saison (Mai–September) 1898 verkaufte man 4739 Badekarten. 1990 kamen 18.634 Kurgäste.

Neuzeit

Der Ort gehörte zum Amt Nidda. Die Ämter-Struktur wurde im Großherzogtum Hessen 1821 aufgelöst.

Die bisher von den Ämtern wahrgenommenen Aufgaben wurden Landräten (zuständig für die Verwaltung) und Landgerichten (zuständig für die Rechtsprechung) übertragen.[5] Bad Salzhausen kam so zum Landratsbezirk Nidda und zum Landgericht Nidda. Die gerichtliche Zuständigkeit wechselte 1879 zum Amtsgericht Nidda.

Um 1900 zählte Bad Salzhausen 76 Einwohner. Der Ort wurde um diese Zeit eine selbständige Gemeinde, bis 1914 aber vom Bürgermeister des benachbarten Kohden mitverwaltet. Seit den 1950er Jahren wurde der Kurbetrieb über die Sommersaison auf das ganze Jahr hin ausgeweitet.

Ende September 2022 wurde die Justus-von-Liebig-Therme in Bad Salzhausen geschlossen. Sie soll durch einen Neubau ersetzt werden. Eine Therme im klassischen Sinn soll es (wegen der absehbaren großen Konkurrenz in Bad Nauheim und Bad Vilbel) nicht werden.[6]

Gebietsreform

Im Zuge der Gebietsreform in Hessen fusionierten am 1. Dezember 1970 die bis dahin selbständigen Gemeinden Bad Salzhausen, Borsdorf, Fauerbach bei Nidda, Geiß-Nidda, Harb, Kohden, Michelnau, Ober-Lais, Ober-Schmitten, Ober-Widdersheim, Stornfels, Ulfa, Unter-Schmitten, Wallernhausen und die Stadt Nidda zur neuen Stadt Nidda.[7][8] Für die ehemals eigenständigen Gemeinden sowie für die Kernstadt von Nidda wurden Ortsbezirke mit Ortsbeirat und Ortsvorsteher nach der Hessischen Gemeindeordnung eingerichtet.[9]

Einwohnerentwicklung

Einwohnerstruktur

Nach den Erhebungen des Zensus 2011 lebten am Stichtag dem 9. Mai 2011 in Bad Salzhausen 534 Einwohner. Darunter waren 36 (6,7 %) Ausländer. Nach dem Lebensalter waren 36 Einwohner unter 18 Jahren, 159 waren zwischen 18 und 49, 117 zwischen 50 und 64 und 222 Einwohner waren älter.[10] Die Einwohner lebten in 174 Haushalten. Davon waren 90 Singlehaushalte, 39 Paare ohne Kinder und 27 Paare mit Kindern, sowie 12 Alleinerziehende und 6 Wohngemeinschaften. In 51 Haushalten lebten ausschließlich Senioren/-innen und in 105 Haushaltungen leben keine Senioren/-innen.[10]

Im Jahr 1961 wurden 206 evangelische (70,79 %) und 65 katholische (22,34 %) Christen gezählt.[1]

Einwohnerzahlen

Bad Salzhausen: Einwohnerzahlen von 1905 bis 2019
Jahr  Einwohner
1905
  
87
1910
  
75
1925
  
193
1939
  
205
1946
  
486
1950
  
404
1956
  
346
1961
  
291
1967
  
326
1970
  
361
1980
  
?
1990
  
?
1996
  
590
2000
  
554
2006
  
614
2010
  
568
2011
  
534
2016
  
656
2019
  
604
Datenquelle: Histo­risches Ge­mein­de­ver­zeich­nis für Hessen: Die Be­völ­ke­rung der Ge­mei­nden 1834 bis 1967. Wies­baden: Hes­sisches Statis­tisches Lan­des­amt, 1968.
Weitere Quellen: LAGIS[1]; Stadt Nidda[11][2]; Zensus 2011[10]

Politik

Ortsvorsteher ist Hans-Joachim Schwarz (Stand Juli 2017).

Wappen

Blasonierung: „In Rot eine schräg liegende silberne Salzkrücke, um die sich eine silberne Äskulapschlange in Form des Großbuchstabens S windet.“[12]
Wappenbegründung: Aus dem alten Salzquellenort, der im 11. Jahrhundert aus dem Besitz der Fürstabtei Fulda an die Grafschaft Nidda überging, wurde seit Erbauung des Kurhauses 1826 ein schnell aufblühendes hessisches Staatsbad. Das Wappen nimmt auf die schon im 15. Jahrhundert bezeugte Salzgewinnung durch eine sogenannte „Salzkrücke“ Bezug, die seit Hupp missverständlich als „Salzhaken“ bezeichnet wurde; das Gerät wurde von den Salzsiedern verwendet. Die Äskulapschlange gilt als heraldisches Symbol für Heilbäder.

Das Wappen wurde 1929 durch das Ministerium des Innern verliehen.

Kultur

Haus Christiansruh

1826 errichtete Georg Moller das Kurhaus (Kurstraße 2), dem 1836 Seitenflügel angebaut wurden. 1827 schuf er den Parksaal (Ehem. Tanzsaal). Das Barockhaus in der Kurstraße 4/6/8 ist das älteste Haus des Kurorts und stammt noch aus der Salzsiedezeit. Das verschieferte Gebäude in der Quellenstraße 2 stammt aus der gleichen Zeit, das spätbarocke Glockenhaus in der Quellenstraße 6 von 1760. Das Haus Christiansruh, ein ursprünglich 1899 erbautes Fachwerkgebäude, steht abseits der Straße auf einem Anwesen. Das Badehaus in der Kurstraße 2 wurde 1906 von Bad Nauheim nach Salzhausen transloziert.

Der 52 Hektar große Kurpark wurde 1826 von Heinrich Karl Bindernagel angelegt und zählt zu den ältesten Kurparks in Deutschland. In ihm befindet sich die Malschule von Dieter Schiele. Ein alter Baumbestand und ein Teich am ehemaligen Rundgradierbau sind erhalten.

Wirtschaft und Infrastruktur

Kurbetrieb

Kurhaus und Kurpark wurden im 19. Jahrhundert erbaut und angelegt. 1860 wurde die Salzherstellung eingestellt. Nur das Heilbad wurde aufrechterhalten. In den 1950er Jahren richtete man einen zweiten Kurpark ein. Das Solebad bietet Bewegungsbäder und viele andere Therapieformen an. Das Gradierwerk dient der Atemtherapie. Ebenso werden die sechs Heilquellen

  • Roland-Krug-Quelle
  • Lithiumquelle
  • Stahlquelle
  • Schwefelquelle
  • Nibelungenquelle
  • Södergrundquelle

zu Behandlungen eingesetzt.

Bis zur Kommunalisierung des Bäderbetriebs im Jahre 1999 war Bad Salzhausen Hessisches Staatsbad.[13]

Die Firma Asklepios betreibt die Neurologische Klinik.

Verkehr

In einiger Entfernung zum Ort verläuft im Westen die Bundesstraße 455 und im Osten die Bundesstraße 457. Bad Salzhausen liegt westlich von Nidda. Der Ort liegt an der Bahnstrecke Beienheim–Schotten (Friedberg – Nidda). Der Haltepunkt Bad Salzhausen erhielt sein Empfangsgebäude (heute Gaststätte) im Jahr 1900. Den öffentlichen Personennahverkehr stellt die Hessische Landesbahn HLB sicher.

Persönlichkeiten

  • Wilhelm Wagenbach (1876–1945), Hochschullehrer für Maschinenbau, gestorben in Bad Salzhausen.
  • Paul Laven (1902–1979), Rundfunkjournalist und Schriftsteller, gestorben in Bad Salzhausen.
  • Ilse Behl (* 1937), Schriftstellerin

Einzelnachweise

  1. a b c Bad Salzhausen, Wetteraukreis. Historisches Ortslexikon für Hessen. (Stand: 23. März 2018). In: Landesgeschichtliches Informationssystem Hessen (LAGIS).
  2. a b Nidda in Zahlen. (Memento vom 1. Mai 2020 im Internet Archive) In: Webauftritt der Stadt Nidda, abgerufen im Mai 2020.
  3. Johann Adam Graff: Einige Notizen über die Mineralquelle zu Salzhausen und ihre Heilkräfte, J. W. Heyer. Darmstadt 1825
  4. Karl Philipp Möller: Mittheilungen aus der Erfahrung über die Wirkung und Anwendung der Sool-Bäder, insbesondere zu Salzhausen. Eine Anleitung zum zweckmäßigen Gebrauche derselben für Kurgäste und angehende Aerzte, Ludwig Pabst, Darmstadt 1835
  5. Die Eintheilung des Landes in Landraths- und Landgerichtsbezirke betreffend vom 14. Juli 1821. In: Großherzoglich Hessisches Ministerium des Inneren und der Justiz. (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1821 Nr. 33, S. 403 ff. (411 f.) (Online bei der Bayerischen Staatsbibliothek).
  6. FAZ: Neubau ersetzt geschlossene Liebig-Therme (4. Mai 2023)
  7. Zusammenschluß der Stadt Nidda und der Gemeinden Bad Salzhausen, Borsdorf, Fauerbach, Geiß-Nidda, Harb, Kohden, Michelnau, Ober-Lais, Ober-Schmitten, Ober-Widdersheim, Stornfels, Ulfa, Unter-Schmitten, Wallernhausen im Landkreis Büdingen zur neuen Stadt „Nidda“ vom 24. November 1970. In: Der Hessische Minister des Innern (Hrsg.): Staatsanzeiger für das Land Hessen. 1970 Nr. 49, S. 2290, Punkt 2281 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 6,3 MB]).
  8. Statistisches Bundesamt (Hrsg.): Historisches Gemeindeverzeichnis für die Bundesrepublik Deutschland. Namens-, Grenz- und Schlüsselnummernänderungen bei Gemeinden, Kreisen und Regierungsbezirken vom 27.5.1970 bis 31.12.1982. W. Kohlhammer, Stuttgart / Mainz 1983, ISBN 3-17-003263-1, S. 351.
  9. Hauptsatzung. (PDF; 101 kB) § 5. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Webauftritt. Stadt Nidda, ehemals im Original; abgerufen im März 2021.@1@2Vorlage:Toter Link/www.nidda.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  10. a b c Ausgewählte Daten über Bevölkerung und Haushalte am 9. Mai 2011 in den hessischen Gemeinden und Gemeindeteilen. (PDF; 1,8 MB) (Nicht mehr online verfügbar.) In: Zensus 2011. Hessisches Statistisches Landesamt, S. 54 und 106, archiviert vom Original am 27. Oktober 2020;.
  11. Nidda in Zahlen. In: Webauftritt. Stadt Nidda, archiviert vom Original am 4. Oktober 2011; abgerufen im November 2011.
  12. Klemens Stadler: Deutsche Wappen Bundesrepublik Deutschland. Die Gemeindewappen des Landes Hessen. Band 3. Angelsachsen-Verlag, Bremen 1967, S. 18.
  13. Staatsbad Bad Salzhausen: HStAD Bestand H 27 Hessisches Staatsarchiv

Weblinks

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