BMW R nineT

BMW
BMW R nineT IAA 2019 JM 0256.jpg
R nineT auf der IAA 2019
R nineT
HerstellerBMW
Produktionszeitraumab 2014
KlasseMotorrad
BauartNaked Bike
Motordaten
Luft-/ölgekühlter Zweizylinder-Viertakt-Boxermotor
Hubraum (cm³)1.170 cm³
Leistung (kW/PS)81 kW (110 PS) bei 7600 min−1
Drehmoment (N m)119 Nm bei 6000 min−1
Höchst­geschwindigkeit (km/h)220 km/h
Getriebe6 Gang
AntriebKardanantrieb
Bremsen4-Kolben-Radialsattel-Doppelscheibenbremse vorn Ø 320 mm, schwimmend gelagert. Doppelkolben-Einscheibenbremse hinten Ø 265 mm
Radstand (mm)1476
Maße (L × B × H, mm):2220 × 890 × 1265
Sitzhöhe (cm)78,5
Leergewicht (kg)192 kg (trocken)
222 kg (fahrfertig und vollgetankt)

Die BMW R nineT ist ein unverkleidetes Motorrad des Fahrzeugherstellers BMW. Das Naked Bike mit der englischsprachigen Verkaufsbezeichnung nineT [ˈnaɪnti] wurde am 16. Oktober 2013 anlässlich des 90-jährigen Bestehens der Motorradsparte im BMW Museum in München vorgestellt.[1] Das Motorrad wird im BMW-Werk Berlin in Spandau endmontiert. Die Produktion startete am 4. Dezember 2013,[2] Verkaufsstart war am 8. März 2014.[3] BMW kategorisiert und vermarktet das Motorrad als Roadster. Der interne Modellcode lautet K21.

Konzeption

Die Entwicklung begann 2008 mit der Vorstellung der Studie Lo Rider, die auf Basis der HP2 Megamoto moderne Linien mit Stilelementen der 1920er und 30er Jahre kombinierte.[4] Auf Intervention von Harley-Davidson wurde die Studie in Custom Concept umbenannt, um Verwechslungen mit der Dyna Low Rider zu verhindern.[5] Basierend auf einem Konzeptionsträger, der im Mai 2013 als Concept Ninety auf der Concorso d’Eleganza Villa d’Este präsentiert wurde,[6] entspricht sie technisch weitgehend dem Naked Bike BMW R 1200 R (K27). Sie verfügt jedoch anders als diese über eine Upside-down-Gabel statt einer Telelever, radial verschraubte Bremssättel und eine vierteilige Rahmenkonstruktion. Weitere hochwertige Einzelteile wie geschmiedete Kotflügelstreben, spezielle Endschalldämpfer und ein veränderbarer Heckrahmen machen sie praktisch zu einem ab Werk erhältlichen Cafe Racer.

Der verantwortliche BMW-Fahrzeugdesigner Ola Stenegärd beschreibt das zugrunde liegende Konzept wie folgt: „Viele Motorräder von heute sind wahre High-Tech-Bikes, ausgestattet mit den neuesten technischen Gimmicks. Einige Motorradfahrer fühlen sich jedoch von so vielen Schaltern und Knöpfen schlicht überfordert. Es ist oft fast so, dass man erst eine Gebrauchsanweisung studieren muss, bis man sämtliche Funktionen versteht. Viele Kunden wünschen sich nur ein einfaches Easy-Going-Bike. Draufsetzen und losfahren. Nicht schnell, einfach nur entspanntes Cruisen.“[7] BMW-Chefdesigner Edgar Heinrich bezeichnet das Motorrad als „Moderne Interpretation eines klassischen Konzepts“.[5] Nach Aussage von Roland Brown im The Daily Telegraph ist das Timing von BMW günstig, da die „luftgekühlten Boxer-Zweizylinder der deutschen Firma aus den 1970er und 1980er bei Umrüstern von Custombikes beliebt seien“ und die „R nineT ein wenig von diesem handgefertigten Retro-Image in die Verkaufsräume bringe“.[8] Die Entwicklungszeit vom Konzept bis zur Serienreife dauerte laut BMW zweieinhalb Jahre.[2]

Konstruktion

Antrieb

Der luft- und ölgekühlte Zweizylindermotor wurde nahezu unverändert aus der R 1200 R übernommen und erzeugt eine Nennleistung von 81 kW (110 PS). Der Boxermotor hat einen Hubraum von 1170 cm³, den er aus einer Bohrung von 101 mm, einem Hub von 73 mm und einer Verdichtung von 12,0:1 erhält. Die Ventile des Viertaktmotors werden über drehzahlfeste Schlepphebel[9] von zwei kettengetriebenen, obenliegenden Nockenwellen angesteuert.[10] Der Hubzapfenversatz der zwei gegenläufigen Kolben beträgt 180°. Eine zentrale Ausgleichswelle kompensiert Massenmomente erster Ordnung, die zu Motorvibrationen führen,[11] und aus dem seitlichen Versatz der Zylinder resultieren.[12]

Das Motorrad beschleunigt in 3,6 Sekunden von 0 auf 100 km/h[13] und erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von 220 km/h.[14]

Fahrwerk

Der vierteilige Stahl-Gitterrohrrahmen besteht aus Vorder- und dreiteiligem Heckrahmen mit mittragender Motor-Getriebe-Einheit. Die Grundkonstruktion des Rahmens basiert dabei auf einem Rahmenvorderteil mit integriertem Steuerkopf sowie einem Rahmenhinterteil mit Schwingenaufnahme. Bei dem modularen Rahmenkonzept können die Soziusfußrastenanlage und das achtfach verschraubte Rahmenendstück demontiert und ersetzt werden.[15] Der Radstand beträgt 1476 mm, der Nachlauf 102,5 mm und der Lenkkopfwinkel 64,5 Grad.[9]

Die goldfarben eloxierte Upside-Down-Gabel an der Vorderachse stammt vom Superbike BMW S 1000 RR[16] und hat einen Lenkungsdämpfer. Die Hinterachse wird von einer Einarmschwinge aus Aluminiumguss mit zentralem Federbein, der Paralever, geführt. Die Fahrwerkseinstellung kann über Federvorspannung und Zugstufendämpfung an der Hinterachse verändert werden.

Das klauengeschaltete Getriebe hat sechs Gänge mit kürzerer Endübersetzung und stammt vom ehemaligen Sport-Boxer BMW R 1200 S.[17] Die Verzögerung wird von einem serienmäßigen Antiblockiersystem unterstützt. Das Motorrad hat vorne und hinten Drahtspeichenräder[18] mit schwarz eloxierten Flachschulterfelgen aus Leichtmetall, mit jeweils 17 Zoll Durchmesser. Die Bereifung ist vorne 120/70 ZR 17 und hinten 180/55 ZR 17.

Kraftstoffversorgung

BMW R nineT auf den Motodays 2014 in Rom

Der 18 Liter fassende Kraftstofftank ist aus Aluminium und hat beschichtete Seitenauflagen, um die Tanklackierung zu schützen. Der Hersteller empfiehlt die Verwendung von Motorenbenzin mit einer Klopffestigkeit von mindestens 95 Oktan. Der Ansaugschnorchel ist auf der rechten Fahrzeugseite unter einer Aluminiumblende verborgen.[17] Die Abgasnachbehandlung erfolgt durch einen geregelten Drei-Wege-Katalysator und unterschreitet die Schadstoffgrenzwerte der Abgasnorm Euro-3. Die Abgase werden über einen zentralen Mittelschalldämpfer und zwei übereinander liegende Endschalldämpfer auf der linken Seite abgeführt.[18]

Sonstiges

Die Instrumentenausstattung mit zwei analogen Rundinstrumenten für den Tachometer und den Drehzahlmesser sowie einer zentralen Flüssigkristallanzeige entspricht jener der R 1200 R.[8] Als Reminiszenz an ehemalige BMW-Motorräder verfügt der Frontscheinwerfer über ein BMW-Symbol im Lampenhalter. Am Lenkkopf ist ein alt anmutendes Typenschild angenietet,[2] was die „Retro-Optik“ des Motorrads verstärken soll.[19] Das Typenschild ist bei den weiteren Modellen Pure, /5, Racer, Scrambler, Urban GS jedoch nicht mehr zu finden. Das Motorrad wurde zunächst ausschließlich in schwarzer Lackierung angeboten, inzwischen sind auch Mehrfarblackierungen erhältlich.(Option 719)[20]

Kritiken

„Erinnert eher an Harley oder Triumph denn an BMW. Aber genau das will man ja erreichen. Weg vom schnöden Gore-Tex-Ritter mit Klapphelm hin zum coolen Biker.“

Matthias Hirsch: Bikerszene.de[21]

„222 Kilogramm mit vollem Alutank und Zwei-Personen-Sitzbank, dieses vergleichsweise geringe Gewicht ergibt sich durch bewussten Verzicht: Upside-down-Telegabel statt Telelever, einfaches Bosch-ABS ohne Integralfunktion, kein Hauptständer, keine Seitenkoffer. Und das ist gut so. Denn schließlich soll die R nineT nicht die R 1200 R ersetzen – und auch nicht so aussehen wie sie.“

Maik Schwarz: MO – Motorradmagazin[22]

„Mit ihren 222 Kilo ermöglicht sie unkomplizierten, sportlichen Fahrspaß. Sie platziert ihren Fahrer in einer Pack-den Stier-bei den-Hörnern-Haltung an die breite Lenkstange. So verbessert man das Gefühl fürs Vorderrad und die Lenkeigenschaften. Präzise und stabil pfeilt sie durch die Radien, jederzeit gut kontrollierbar, aber ein Ausbund an Handlichkeit ist sie nicht − doch das waren die Vorbilder der Café Racer-Ära auch nicht.“

Thilo Kozik: auto-presse.de[17]

„Das Fahrwerk der R nineT ist überraschend hart abgestimmt, von 120 mm Federweg vorne und hinten ist nicht viel zu spüren. Auch der Sitz bietet eher bescheidenen Komfort, wenngleich er mehr Halt bietet als erwartet, was angesichts des fehlenden Tankbuckels zum Abstützen bei radikalen Bremsmanövern zu begrüßen ist. Der breite Lenker kommt einem weniger entgegen als auf einer R 1200 R, mit der die nineT übrigens kaum etwas gemeinsam hat.“

Christoph Lentsch: 1000ps.at[23]

Weblinks

Commons: BMW R nineT – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. BMW R „nineT“ ist das Sahnehäubchen auf der Geburtstagstorte. In: motorsport-total.com. 16. Oktober 2013, abgerufen am 1. Mai 2020.
  2. a b c Rudolf-Andreas Probst: Mit Liebe zum Detail. (Nicht mehr online verfügbar.) In: themenportal.de. 4. Dezember 2013, archiviert vom Original am 11. Dezember 2013; abgerufen am 8. Dezember 2013.
  3. Stephan Schätzl: Was die BMW R nineT so genial macht. In: Kronen Zeitung. 7. März 2014, abgerufen am 19. September 2019.
  4. Ralf Schneider: Die Kunst des Weglassens. In: Motorrad. Nr. 24, 2008, S. 11.
  5. a b Walter Wille: Wünsch dir was. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. 26. Oktober 2013, abgerufen am 19. September 2019.
  6. Roland Hildebrandt: Nackte Schönheit. In: auto-news.de. 21. Oktober 2013, abgerufen am 25. November 2013.
  7. Tim Davis: Fünf Fragen an Ola Stenegard. In: classicdriver.com. 18. Februar 2013, abgerufen am 19. September 2019.
  8. a b Roland Brown: Rewiew. In: The Daily Telegraph. 7. Februar 2014, abgerufen am 1. Mai 2020 (britisches Englisch).
  9. a b Katrin Pudenz: Zum 90. Geburtstag. In: Springer für Professionals. 16. Oktober 2013, abgerufen am 19. September 2019.
  10. Aus Spaß an der Freud. In: Die Welt. 28. Oktober 2014, abgerufen am 24. November 2014.
  11. Zweizylinder-Boxermotor 1200 CCM. In: bmw-motorrad.de. 2019.
  12. Jürgen Stoffregen: Motorradtechnik: Grundlagen und Konzepte von Motor, Antrieb und Fahrwerk. Kapitel 3.2: Gas- und Massenkräfte im Motor. ISBN 978-3-658-07445-6. S. 99.
  13. Martina Lippl: Erinnerung an die gute alte Zeit: BMW R nineT. In: tz-online.de. 17. Oktober 2013, abgerufen am 1. Mai 2020.
  14. Hanspeter Küffer: Ein kühner Roadster. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. November 2013, abgerufen am 19. September 2019.
  15. Ralf Bielefeldt: Bayrisches Meister-Werk. In: Bild. 28. Januar 2014, abgerufen am 19. September 2019.
  16. Sabine Beikler: Ein Boxer für Puristen. In: Der Tagesspiegel. 23. Oktober 2013, abgerufen am 19. September 2019.
  17. a b c Thilo Kozik: Agile Tradition auf zwei Rädern. In: Motor-Informations-Dienst (mid). 23. Januar 2014, abgerufen am 26. Februar 2014.
  18. a b hpr/ampnet: Heavy Metal auf der BMW R nineT. In: n-tv. 31. Oktober 2014, abgerufen am 1. Mai 2020.
  19. Clemens Gleich: The Soulful Dynamics. In: Heise online. 24. Januar 2014, abgerufen am 9. März 2014.
  20. Konfigurator der nineT. In: konfigurator.bmw-motorrad.de. 4. Juli 2019.
  21. Matthias Hirsch: Lange erwartet − der Klassik-Boxer. In: bikerszene.de. Abgerufen am 17. November 2013.
  22. Maik Schwarz: BMW R nineT. In: MO – Motorradmagazin: Sonderheft BMW Motorräder. Januar–März 2014. Nr. 48, 2014, ISSN 0723-2616, S. 10–17.
  23. Christoph Lentsch: Test. In: 1000ps.at. 28. Februar 2014, abgerufen am 1. Mai 2020.

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