Bühl-Stollhofener Linie

Die Bühl-Stollhofener Linie war eine Verteidigungslinie der Reichsarmee im Spanischen Erbfolgekrieg. Sie wurde von Markgraf Ludwig Wilhelm I. von Baden-Baden, auch „Türkenlouis“ genannt, ab 1701 zum Schutz des nördlichen Baden gegenüber der am Rhein neu errichteten französischen Festung Fort-Louis angelegt.

Die rund zehn Kilometer lange und nur teilweise befestigte Linie begann im Osten bei Obertal (heute Ortsteil von Bühlertal), verlief westwärts über die Höhen nach Bühl und dann nach Nordwesten im Rheintal über Vimbuch (heute Ortsteil von Bühl), Leiberstung (heute Ortsteil von Sinzheim) und Stollhofen zum Rhein. Sie bestand aus Schanzenlinien im Gelände, einzelnen Sternschanzen, Hornwerken, kleinen Forts und befestigten Orten und nutzte in der Rheinebene die Wasserläufe, um durch Wehre das Vorgelände zu überfluten.

Durch die Einbeziehung der Orte Bühl und Stollhofen mit der Burg Stollhofen wurde gleichzeitig die Kontrolle über die alten Handelswege Basel–Frankfurt (heute Bundesstraße 3) bei Bühl und Straßburg–Frankfurt (ehemalige Römerstraße, später Bundesstraße 36) ermöglicht. Die Linie begrenzte bis 1707 das Operationsgebiet der französischen Truppen und sperrte den einfachsten Weg über Pforzheim nach Bayern.

Nach der Rheinüberquerung Marschall Villars Mitte Februar 1703 waren die Pässe durch den Schwarzwald wegen des Schnees noch unpassierbar. Er besetzte daher zunächst am 12. März die Festung Kehl als rechtsrheinischen Stützpunkt und begann, nachdem er sich mit der Armee des Marschall Tallard vereint hatte[1], am 19. April 1703 mit dem Angriff auf die Bühl-Stollhofener Linie. Er beschoss die Linie südlich Kappelwindeck und versuchte, die Linie im Osten mit 25 Bataillonen unter Maréchal de camp Blainville zu umgehen. Beide Versuche am 19. und 24. April misslangen, da die Franzosen die Befestigungen bei Obertal nicht überwinden konnten. Am 25. April zog Villars ab. Daraufhin rücken die Franzosen ins Kinzigtal vor, wo sie bei Haslach und Hausach die Schanzen eroberten[2], die vom Feldzeugmeister des Schwäbischen Reichskreises, Graf von Fürstenberg[3], mit nur 400 Mann verteidigt wurden[4]. Markgraf Ludwig Wilhelm konnte den Marsch Villars im Sommer 1703 durch das Kinzigtal und weiter nach Bayern nicht verhindern. Dort siegte Villars in der Ersten Schlacht bei Höchstädt. Ebenso konnte Tallard 1704 ungehindert durch das Dreisamtal den Schwarzwald überwinden. Während der Krieg in Bayern weiterging bewachten 13000 Mann die Stollhofener Linien und die Franzosen hielten das Kinzigtal besetzt.

Nach dem Tod Markgraf Ludwig Wilhelms am 4. Januar 1707 konnte Villars noch im Mai des gleichen Jahres die Bühl-Stollhofener Linie kampflos nach einer verhängnisvollen Entscheidung des neuernannten Oberbefehlshabers am Oberrhein Christian Ernst von Brandenburg einnehmen und ließ sie anschließend zerstören. Die Schwachstellen der Linie waren den Franzosen überdies durch die Spionagetätigkeit des unter dem Kommando Ludwig Wilhelms stehenden Berner Obersten Hieronymus von Erlach bekannt[5]. In Folge ließ Villars die Ortenau besetzen und den besetzten Gebieten Kontributionen auferlegen.[2] Schon am 23. Mai ließ Villars auch die ab 1697 erbaute neue Residenzstadt Rastatt des Markgrafen von Baden besetzen und ihre Festungswerke schleifen[6]. Durch die weit geöffnete Front war den französischen Truppen der Einmarsch nach Schwaben und Streifzüge bis weit nach Bayern und Franken hinein ermöglicht. Bis zum Frieden 1714 gab es alljährliche französische Plünderungszüge von Straßburg und Fort-Louis aus.[2]

Durch die Rheinbegradigung Tullas im 19. Jahrhundert und Straßen- und Siedlungsbauten im letzten Jahrhundert sind heute Reste der Linie nur noch im Waldgebiet ostwärts von Bühl teilweise sichtbar[7]. Im Stadtmuseum Bühl[8] gibt es die 1703 von Major Elster gezeichnete Karte der Bühl-Stollhofener Linie.

Quellen

  • Hauptstaatsarchiv Stuttgart, Bestand L 6, Bü 1696, 1707

Siehe auch

Literatur

  • Eugen von Müller: Die Bühl-Stollhofener Linie im Jahr 1706, in Hrsg.: Badische Historische Kommission: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins, Band 21 1906, Carl Winter’s Universitätsbuchhandlung, Heidelberg, 1906
  • Hans Zelter: Die Stollhofener Linie, in Fortifikation Nr. 9, 1995, S. 20–24
  • Wilhelm-Nathan Calvin Söhne: Der Fall der Stollhofener Linien, 2011 PDF online
  • Hugo Schneider: Die Stollhofener Linien. In: Historischer Verein für Mittelbaden (Hrsg.): Burgen und Schlösser in Mittelbaden (= Die Ortenau: Zeitschrift des Historischen Vereins für Mittelbaden. Band 64). Verlag des Historischen Vereins für Mittelbaden, Offenburg 1984, S. 507–509 (Freiburger historische Bestände – digital).
  • Ernst Gutmann: Stadtgeschichte Stollhofen: Die Geschichte der ehemaligen Amtsstadt und Festung, Sozia-Verlag, Freiburg [Breisgau], 1995

Weblinks

Commons: Bühl-Stollhofener Linie – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
  • Isaac van der Kloot (Hrsg.): De Lini, by Stolhof, in der Elsas, tussghen Straatsburg en het Fort Louis, Door de Franse aangetast op Den 23 April 1703. [Amsterdam], [1729] urn:nbn:de:bsz:31-78280

Einzelnachweise und Anmerkungen

  1. Zusammen rund 50.000 Mann in 72 Bataillonen und 109 Eskadrons mit 70 Geschützen
  2. a b c Der spanische Erbfolgekrieg@1@2Vorlage:Toter Link/mortenau.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Juni 2023. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. Ortenau (Geschichte, Genealogie)
  3. Prosper Ferdinand Philipp Graf zu Fürstenberg, Feldzeugmeister des Schwäbischen Kreises, 1662-1704 Landesbibliographie Baden-Württemberg online
  4. Manfred Hildenbrand: Die schreckliche Zeit während des Spanischen Erbfolgekrieges in: Die Ortenau, Veröffentlichungen des Historischen Vereins für Mittelbaden, 52. Jahresband 1972 S. 81
  5. Hugo Schneider: Die Stollhofener Linien (1984), S. 509.
  6. Heinz Musall und Arnold Scheuerbrand: Siedlungszerstörungen und Festungswerke im späten 17. und frühen 18. Jahrhundert (1674-1714) in: HISTORISCHER ATLAS VON BADEN-WÜRTTEMBERG 6,12 S.17
  7. Siehe Beschreibung der Bilder
  8. Stadtmuseum Bühl (Memento desOriginals vom 29. Dezember 2018 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.buehl.de

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Stollhofener Linien Nordteil.jpg
„Der beiliegende Plan ist entstanden, indem das Gelände mit der Zeichnung des Majors Elster [von 1703] in der Hand abgegangen wurde. Wo sich noch Reste der Befestigungslinien fanden, wurden diese, sonst die Elsterschen Angaben nach dem Augenschein in die badische karte 1:25000 eingepasst. An einzelnen Stellen musste der deutlichen Darstellung halber der Grundriss der Linien vereinfacht werden. Es geschah dies unter sorgfältiger Wahrung der Eigenart der Befestigung in ihren verschiedenen Abschnitten. … Von den Schleusen [=Wehren] haben sich keine Reste erhalten. Auch bei der Regulierung der Bäche ist nichts gefunden worden.“

Erläuterungen (Beschreibung von 1906, die dort genannten Schleusen sind Sperrwehre):
"Stollhofen = befestigtes Städtchen, von nassem Graben und sumpfigen Wiesen umgeben, beigefügt ein Plan vom Jahr 1689 - gegen Süden war ein verstärktes Glacis angelegt. – Die damalige Befestigung lässt sich heute noch an der Form des Stadtkerns, dem Strassenzug und an einzelnen Mauerstücken erkennen; das verstärkte Glacis ist verschwunden . D.d. = Befestigungen – nicht mehr erkennbar
E.e. = vorgeschobene Linie
L.l. = Geschützte Blockhäuser bei Söllingen
11. = Schleuse von Stollhofen
12. = Sperrdamm und Schanze bei der Stollhofener Mühle
13. = Sperrdamm nördlich Stollhofen
14. = Grosse Schleuse
16. = Grosse Schleuse mit Damm
- Die Bachläufe sind jetzt vielfach ganz geändert

Fort Mutin = Im Elsterschen Plan nicht angegeben, wohl aber in dem Plan, welcher auf Tafel IV den „Feldzügen des Prinzen Eugen von Savoyen“. Kriegsgeschichtliche Abteilung des k. und k. Kriegsarchivs, beiliegt. Villars spricht von einem „fort que les enemies ont devant fort Louis“. Im Jahre 1707 nach der Einnahme der Linien liess Villars die Brücke bei Fort Louis wieder herstellen und baute zu ihrem Schutze hier auf dem rechten Rheinufer ein Fort.– Spuren im Ackerfeld vorhanden"
Stollhofener Linien Mittelteil.jpg
„Der beiliegende Plan ist entstanden, indem das Gelände mit der Zeichnung des Majors Elster [von 1703] in der Hand abgegangen wurde. Wo sich noch Reste der Befestigungslinien fanden, wurden diese, sonst die Elsterschen Angaben nach dem Augenschein in die badische karte 1:25000 eingepasst. An einzelnen Stellen musste der deutlichen Darstellung halber der Grundriss der Linien vereinfacht werden. Es geschah dies unter sorgfältiger Wahrung der Eigenart der Befestigung in ihren verschiedenen Abschnitten. … Von den Schleusen [=Wehren] haben sich keine Reste erhalten. Auch bei der Regulierung der Bäche ist nichts gefunden worden.“

Erläuterungen (Beschreibung von 1906, die dort genannten Schleusen sind Sperrwehre):
"P. = In die nassen Wiesen vorgebautes Hornwerk – völlig verschwunden.
R. = Vorgeschobenes Sägewerk zur Deckung der Schleuse des Sandbaches - verschwunden
S. = Hornwerk bei der Kirche von Vimbuch – keine Spur vorhanden
T. = Redoute nördlich Vimbuch -
U. = Sternschanze am Sulzbach – alles völlig verschwunden
V. = Brücke über den Sulzbach W. = Brückenkopf – Hornwerk – völlig verschwunden
X. = Brustwehr, welche zur Bestreichung der rechten Flanke des Hornwerks W. diente – kaum erkennbar
Y. = Ganz flacher Halbmond zum Schutze der Schleuse Nr. 7 – nicht mehr erkennbar
Z. = Zwei offene Wrdwerke, Flesche und gebrochene Linie – kaum mehr erkennbar
Die Lange Speck = Damm zur Sicherung der Querverbindung hinter der Befestigungslinie und um das Verlaufen des gestauten Wassers zu verhindern - verschwunden
A.a. = Sternschanze – noch einige Andeutung
B.b. = Damm – durch die Wasserbauten am Sulzbach abgetragen
C.C. = Sternschanze, in welcher der Hartinger Hof lag – Schanze und Hof vollständig verschwunden
5. = Grosse Schleuse an der Sulzbachbrücke
6. = Damm zur Trockenhaltung der Wiese - verschwunden
7. = Schleuse des Sulzbaches
8. = Schleuse des Sulzbaches
9. = Schleuse vor Leiberstung
10. = Schleuse des Sulzbaches

e. f. g. = Französische Batterien"
Stollhofener Linien Südteil.jpg
„Der beiliegende Plan ist entstanden, indem das Gelände mit der Zeichnung des Majors Elster [von 1703] in der Hand abgegangen wurde. Wo sich noch Reste der Befestigungslinien fanden, wurden diese, sonst die Elsterschen Angaben nach dem Augenschein in die badische karte 1:25000 eingepasst. An einzelnen Stellen musste der deutlichen Darstellung halber der Grundriss der Linien vereinfacht werden. Es geschah dies unter sorgfältiger Wahrung der Eigenart der Befestigung in ihren verschiedenen Abschnitten. … Von den Schleusen [=Wehren] haben sich keine Reste erhalten. Auch bei der Regulierung der Bäche ist nichts gefunden worden.“

Erläuterungen (Beschreibung von 1906, die dort genannten Schleusen sind Sperrwehre):

„A. = Anfang der Befestigungslinie, über dem Bahnhof „Oberthal“. Auf dem rechten Talrand keine, auf der Bergnase (311,8) der linken Talseite schwache Spuren.
A. – B. = In den Weinbergen eingeebnet, im Walde fast durchweg erhalten
B. = Redoute mit zwei Halbbastionen auf dem „Bühlerstein“ (523,8) wahrscheinlich mit gemauerter Front – Grundriss noch erkennbar, Mauerreste.
C. = Kleine Redoute mit gemauertem Blockhaus auf dem „Steinerne Tisch“ (516,8) – wenig Reste.
D. = Sternschanze auf dem „vorderen Klotzberg“ – noch dutlich erkennbar; weniger deutlich die Verbindungslinie zwischen C. und D. und zwischen D. und E.
E. = Kleine Redoute auf einem Vorsprung des Klotzbergs gegen Hohbaum – verschwunden.
F. = Batterie von vier Geschützen am Weg von Oberdorf nach dem Zinken Klotzberg – verschwunden.
G. = Befestigung des Höhenrückens (227) „Brombacher Höhe“ zwischen Brombach und Hohbaum – spurlos verschwunden.
H. = Bastioniertes de:Fort auf dem „Schänzle“ (160,2). – keine Reste. Das Fort ist durch die tenaillierte Linie
h. = gedeckt. – keine Reste.
I. = Verbindungslinie in der Ebene (140,3) zwischen dem Forth H. und Bühldurch eine vorliegende de:Flesche verstärkt – keine Reste.
K.= Stadtbefestigung von Bühl, Wall (Mauer) und Graben. – keine Reste, meist überbaut.
1. = Schleuse, wahrscheinlich bestimmt den Sandbach zu stauen, dass er den Graben vor der Front L. mit Wasser füllte.
M. N. O. = Drei vorliegende Fleschen zur Verstärkung der Linie – keine Reste.

a. b. c. d. = Französische Batterien“