Bücherei des Schocken Verlags

Adolf Reifenberg: Denkmäler der jüdischen Antike (Nr. 75–76)

Die Bücherei des Schocken Verlags (Schocken-Bücherei) ist eine Buchreihe preiswerter Bücher mit jüdischen Autoren oder Themen, die zwischen November 1933 und 1939 in Deutschland erschien.

Editionsgeschichte

Die ab November 1933 in einer ersten Serie von fünf Titeln erschienene Buchreihe wurde im Schocken Verlag Berlin verlegt, der von dem jüdischen Kaufmann Salman Schocken gegründet wurde. Sie umfasst 83 Werke, die sich aufgrund von Neubelegungen und Doppelnummerierungen auf 92 Nummern verteilen. Die Auflagenhöhe lag jeweils bei etwa 3000 bis 5000 Exemplaren und erreichte bei den in Nachauflagen erschienenen 11 Titeln teilweise sogar 10000 Exemplare.[1]

In der Reihe, die ein „Gebäude jüdischer Bildung“ (Jüdische Rundschau vom 17. April 1937) vermitteln sollte, kamen nur jüdische Autoren, wie Franz Kafka, Martin Buber, Leo Baeck, Gershom Scholem, Joseph Carlebach oder Scholem Alejchem, oder nichtjüdische Autoren mit Themen, die mit dem Judentum unmittelbar in Zusammenhang standen, zu Wort. Von letzteren erschienen z. B. Ferdinand Gregorovius: Der Ghetto und die Juden in Rom (Bd. 46), Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (Bd. 68) oder Theodor Mommsen: Judaea und die Juden (Bd. 70).

Ab Band 80, dem 1937 von Erich Ludwig Loewenthal mit Illustrationen von Ludwig Schwerin herausgegebenen Romanfragment Heinrich Heines, Der Rabbi von Bacherach, musste aufgrund der Gesetzgebung Nazideutschlands, die die jüdischen Mitbürger und die von ihnen geführten Unternehmen diskriminierte, die Verlagsangabe den Zusatz „Jüdischer Buchverlag“ tragen. Nachdem die nationalsozialistischen Machthaber dann im Dezember 1938, nach der Reichspogromnacht, die Schließung des Schocken Verlags verfügt hatten, kamen die letzten Bändchen der Reihe aus Berlin noch 1939 auf den Buchmarkt. Schocken gründete nach seiner Emigration aus Deutschland seinen Verlag in Jerusalem und New York neu; die Schocken-Bücherei wurde allerdings nicht wieder aufgenommen.

Ausstattung

Die Titel wurden in stets einfarbige Pappen und bei Doppelnummern in Leinen gebunden, mit einem Titel- und Rückenschild unter Angabe der Reihennummer versehen und kosteten als Pappbände 1,25 und in Leinen 2,50 Mark.

Beziehung zur Insel-Bücherei

Die Reihe hatte als praktisches Vorbild die seit 1912 auf dem deutschen Buchmarkt befindliche Insel-Bücherei, wie der (nichtjüdische) Schocken-Verlagsleiter Lambert Schneider gegenüber dem Schriftsteller S. J. Agnon bemerkte[2], und es gab auch viele inhaltliche Wechselbeziehungen zu dieser. Mehrere Autoren waren in beiden Reihen mit identischen Titeln vertreten, wie Annette von Droste-Hülshoff: Die Judenbuche (Schocken-Bücherei 68, als IB 271 [1919]), S.J. Agnon: Der Verstoßene (Schocken-Bücherei 78, als IB 823 [1964]) oder Gerhard Scholem: Die Geheimnisse der Schöpfung (Schocken-Bücherei 40, als IB 949 [1971]). Die Restauflage des letztgenannten Schocken-Titels wurde aufgrund der zunehmenden Schwierigkeiten beim Verkauf auch an nichtjüdische Leser in den letzten Verlagsjahren von Schocken an den Otto Wilhelm Barth Verlag in München-Planegg verkauft.[3] Daneben gab es inhaltlich leicht veränderte Ausgaben in beiden Reihen, wie Jizchak Lejb Perez: Jüdische Geschichten (Schocken-Bücherei 66, IB 204/1 [1916]) und Franz Kafkas kleine Erzählungen: Vor dem Gesetz (Schocken-Bücherei 19, als IB 1243 mit dem Titel Ein Landarzt [2003]). Kafka durfte bei Schocken weiter verlegt werden, obwohl für die Werke dieses Autor ansonsten in Nazi-Deutschland ein generelles Publikationsverbot bestand.

Reihenwerbung

Primär warb der Verlag in den Reihenbänden mit gefalteten Verzeichnissen, die den aktuell erreichten Titelbestand ausweisen. Später wurde die Titelliste direkt in den Bänden am Buchende aufgeführt. Auch die jährlichen Verlagsalmanache enthielten Hinweise auf die Schocken Bücherei.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Renate Evers: Die „Schocken-Bücherei“ in den Nachlasssammlungen des Leo Baeck Institutes New York, in: Medaon, Jg. 8, Heft 14/2014 (Online)
  2. Karl-Hartmut Kull: Die Insel-Bücherei war das praktische Vorbild für die Bücherei des Schocken Verlags. In: Inselbücherei. Mitteilungen für Freunde. Nummer 25. Insel, Frankfurt und Leipzig 2006, ISBN 3-458-17253-X. S. 48.
  3. Vergleiche die Ausführungen bei Saverio Campanini in: Rachel Elior and Peter Schäfer (Hrsg.), Creation and Re-creation in Jewish Thought. Festschrift in honor of Joseph Dan on the occasion of his seventieth birthday, Mohr Siebeck, Tübingen 2005, S. 382 (engl.) [1]

Literatur

  • Karl-Hartmut Kull: Die Insel-Bücherei war das praktische Vorbild für die Bücherei des Schocken Verlags. In: Inselbücherei. Mitteilungen für Freunde. Nummer 25. Insel, Frankfurt und Leipzig 2006, ISBN 3-458-17253-X.
  • Matthias Hambrock: Schocken-Bücherei. In: Dan Diner (Hrsg.): Enzyklopädie jüdischer Geschichte und Kultur (EJGK). Band 5: Pr–Sy. Metzler, Stuttgart/Weimar 2014, ISBN 978-3-476-02505-0, S. 376–381.
  • Der Schocken Verlag, Berlin. Jüdische Selbstbehauptung in Deutschland 1931-1938. Essayband zur Ausstellung „Dem suchenden Leser unserer Tage“ der Nationalbibliothek Luxemburg in Berlin, Germany Akademie Verlag GmbH, 1994, ISBN 3-05-002678-2.
  • Renate Evers: Die „Schocken-Bücherei“ in den Nachlasssammlungen des Leo Baeck Institutes New York. in: Medaon - Magazin für jüdisches Leben in Forschung und Bildung. herausgegeben von HATiKVA - Bildungs- und Begegnungsstätte für Jüdische Geschichte und Kultur Sachsen e.V., Dresden 2014, Nr. 14, ISSN 1866-069X Text online
  • Volker Dahm: Das jüdische Buch im Dritten Reich. Erster Teil: Die Ausschaltung der jüdischen Autoren, Verleger und Buchhändler. Zweiter Teil: Salman Schocken und sein Verlag. Frankfurt a. M., Buchhändler-Vereinigung 1979–1982; 2. überarb. Gesamtausgabe Beck, München 1993, ISBN 340637641X.

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