Automatic Link Establishment

Automatic Link Establishment (kurz ALE, englisch für „automatischer Verbindungsaufbau“) ist ein digitales Kommunikationsprotokoll und Selektivrufverfahren zur Etablierung von Sprach- und Datenkommunikation via Kurzwelle gemäß der US-amerikanischen technischen Militärnormen MIL-STD-188-141[1] und MIL-STD-188-110.[2] Es ist de facto ein weltweiter Standard für den digitalen Aufbau und die Aufrechterhaltung von Kurzwellenkommunikation.[3] ALE ermöglicht in der primären Funktion als Selektivrufverfahren zur synchronen Kommunikation die automatische Herstellung einer Verbindung zu einer spezifischen Station oder Gruppe von Stationen (Netzwerk) weltweit, um daraufhin in einer anderen Betriebsart zu kommunizieren. Des Weiteren können mit Hilfe des MIL-STD-188-141 und des MIL-STD-188-110-Protokolls Daten, wie Texte, Dateien, E-Mails oder SMS, fehlerfrei übermittelt werden. Es bietet dem Endnutzer die Möglichkeit, ohne direkte Verfügbarkeit regulärer Kommunikationsnetze (z. B. Wähl- oder Standleitung, Internet via Satellit, mobiles Internet etc.) und unabhängig von der Position auf oder über der Erdoberfläche Zugang zum Internet zu erlangen. In diesem Zusammenhang findet ALE auch im globalen WinLink-Netzwerk zur asynchronen Kommunikation Verwendung. Es wird außerdem bei Not- und Katastrophenfallkommunikation zwischen Behörden und Funkamateuren in den USA genutzt.

Funktion

Eine eigenständige ALE-Station besteht aus einem SSB-Transceiver sowie einem Hardware- oder Software-basierten TNC. Letzterer erfordert auf Softwarebasis einen Computer mit Soundkarte und ein Soundkarten-Interface. Jede Station besitzt eine einmalige ALE-Adresse, z. B. ein Amateurfunkrufzeichen. Sofern der Transceiver nicht belegt ist, scannt er eine Liste von vordefinierten Frequenzen (Kanal) und wartet dabei auf ALE-Signale. Falls ein ALE-Signal erkannt wurde, bleibt der Transceiver auf dem Kanal, um dieses zu dekodieren. Die von anderen Stationen automatisch ausgesendeten Bakenaussendungen, werden dann anhand der Bitfehlerhäufigkeit bewertet und zusammen mit Frequenz und Sender-Adresse in der LQA (Link Quality Assessment)-Datenbank gespeichert.

Um eine ALE-Station oder ein ALE-Netzwerk zu erreichen, gibt die bedienende Person der anrufenden Station die zu rufende Adresse an. Auf Basis der durch den Scan-Betrieb gesammelten Daten wird so in Abhängigkeit zur Zeit und dem Ort der jeweiligen Station die Frequenz mit den besten Ausbreitungsbedingungen automatisch gewählt, um diese mit einem Selektivruf zu kontaktieren. Gelingt dies nicht, wird dies auf anderen Kanälen versucht. Dekodiert die angerufene Station ihre Adresse, dann findet ein Verbindungsaufbau statt. Der bedienenden Person der anrufenden und angerufenen Station wird signalisiert, das eine Verbindung hergestellt wurde. Nun kann mit der Kommunikation in ALE oder einer anderen Betriebsart, z. B. Sprechfunk fortgefahren werden. Ziel dieses Verfahrens ist es, weltweit eine gewünschte Gegenstation jederzeit erreichen zu können, ohne als bedienende Person Kenntnis von Ausbreitungsbedingungen oder einer speziellen Anruffrequenz zu haben.

Übertragungsprotokoll

ALE-Signal

ALE verwendet zwei verschiedene Fehlerkorrekturverfahren. Die Vorwärtsfehlerkorrektur dient dazu, bereits während der Übermittlung unter Verwendung redundanter Datensätze ein möglichst geringe Bitfehlerhäufigkeit bei der empfangenden Station zu erlangen. Um eine tatsächlich fehlerfreie Übertragung zu garantieren, kann optional das ARQ-Protokoll zum Einsatz kommen. Ein von der ISS (information sending station) ausgesendetes Paket muss von der IRS (information receiving station) als erfolgreich empfangen quittiert werden, bevor das nächste Paket verschickt wird. Die Überprüfung des korrekten Empfangs eines Pakets erfolgt mithilfe eines Prüfbits. Das aktuelle Datenpaket wird solange wiederholt, bis die ISS eine Bestätigung des korrekten Empfangs von der IRS empfangen hat.

Verwendung im Amateurfunk

Bereits Mitte der 1990er Jahre verwendeten Funkamateure vereinzelt ALE als Übertragungsprotokoll mit kommerziellen Transceivern und Hardware-TNCs.[4] Im Jahr 2000 wurde das Programm PC ALE veröffentlicht, welches die Kommunikation mit ALE über die Computer-Soundkarte ohne kommerziellen Transceiver oder Hardware-TNC ermöglichte. Im Jahr 2001 organisierten sich die ersten Funkamateure zum internationalen ALE-Amateurfunk-Netzwerk HFN (englisch High frequency network ‚Kurzwellen-Netzwerk‘). Dies führte dazu, dass im August 2005 Funkamateure in den USA das Amerikanische Rote Kreuz während des Hurrican Katrina bei der Not- und Katastrophenkommunikation mit ALE unterstützen konnten.[5]

An das Internet angebundene Netzleitstationen des HFN-Netzwerkes ermöglichen das Versenden von SMS und E-Mails, jedoch ohne Dateianhang über das WinLink-2000-Netzwerk. Aufgrund des geringen Datendurchsatzes und der einfachen Protokollstruktur eignet sich ALE vor allem für Kurzmitteilungen. Für den Versand größerer Nachrichten sowie Dateianhängen werden auf Kurzwelle die schnelleren Protokolle ARDOP und PACTOR genutzt.

Internationale Koordination

Internationale Amateurfunk-ALE-Kanäle und dementsprechende Frequenzzuweisungen sind mit allen IARU-Regionen für internationale, nationale, regionale und lokale Anwendung im Amateurfunkdienst koordiniert.[6] Alle Kanäle beziehen sich auf den für digitale Betriebsarten üblichen Standard des oberen Seitenbandes (USB).

Internationale Kanäle

Dies ist eine Liste von international festgelegten ALE-Frequenzen.[7]

KanalFrequenz (kHz)SSBNutzungNetzwerkBeschreibung
011845.0USBSprache/Daten-Lokal
021996.0USBSPRACHE/DATEN-Lokal
033584.5USBDATEN/SPRACHEQRZTest- und erweiterter Datenverkehr
043596.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
053617.0USBDATEN/SPRACHE-IARU Region 1 Internet, Baken
063791.0USBSPRACHEHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
073845.0USBSPRACHEHFLNordamerika
083996.0USBSPRACHEHFLNordamerika
095371.5USBSPRACHE-Nur Notfunk
105403.5USBSPRACHE-Nur Notfunk
117049.5USBDATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, IARU Region 1, Baken
127099.5USBDATENQRZTesting and expanded data traffic
137102.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
147185.5USBSPRACHEHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
157296.0USBSPRACHEHFLNordamerika
1610136.5USBDATEN/SPRACHEQRZTest- und erweiterter Datenverkehr, Asien/Pazifik/Australien/Neuseeland/Afrika SSB
1710145.5USBPRIMÄR DATENHFNInternational Emergency/Relief, Internet
1814100.5USBDATENQRZTest- und erweiterter Datenverkehr
1914109.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
2014346.0USBSPRACHEHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
2118104.5USBDATENQRZTest- und erweiterter Datenverkehr
2218106.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
2318117.5USBSPRACHE/DATENHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
2421096.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
2521116.0USBDATENQRZTest- und erweiterter Datenverkehr
2621432.5USBSPRACHEHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
2724926.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
2824932.0USBSPRACHEHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
2928146.0USBPRIMÄR DATENHFNGlobales ALE Kurzwellen Netzwerk, HF Relay, Datenverkehr, Internetkonnektivität, Baken
3028312.5USBSPRACHE/DATENHFLInternationaler Not- und Katastrophenfunk
3150162.5USBSPRACHE/DATENQRZLokal
32144162.5USBSPRACHE/DATENQRZLokal

Standard-Konfigurationen

HinweisKonfigurationStandard
1ALE SystemMIL-STD 188-141A; FED-1045 (8FSK, 2kHzBW)
2Dauer der Aussendungoptimal 22 s; maximal 30 s.
3Scan Rate1 oder 2 Kanäle pro Sekunde.
4Baken Intervall60 Minuten oder mehr (für einige Kanäle)
5zentrale Audio-Frequenz1625 Hz für digitale Datenübertragung
6NachrichtenstandardAMD (Automatic Message Display) kurzer Text
7BakentypTWS (This Was Sound) Bake

Internationale Netzwerke

NetzwerkMitgliederZweck
HFL10Alle ALE Sprachstationen, offenes Selektivrufverfahren
HFN10Globales ALE Kurzwellen Netzwerk
QRZ3offenes Rufverfahren auf allen Kanälen
GPR3GPS-Meldungen
RPT3Stationen Status Meldungen

Software

ProgrammGrundlageLizenz
PC ALEWindows XP und höherFreeware
MARS-ALEWindows XP und höherFreeware für MARS-Mitglieder
Sorcerer (Dekoder)Windows XP und höherFreeware

Einzelnachweise

  1. Interoperability and Performance Standards for Medium and High Frequency Radio Systems. In: Defense Logistics Agency. Abgerufen am 20. November 2021 (englisch).
  2. Interoperability and Performance Standards for Data Modems. In: Defense Logistics Agency. Abgerufen am 20. November 2021 (englisch).
  3. Telecom Bureau, ITU-D/SG: Frequency Agile Systems in the MF/HF Bands. (DOC; 65 kB) Internationale Fernmeldeunion, 14. Dezember 2000, abgerufen am 17. Dezember 2012 (amerikanisches Englisch).
  4. Ronald E. Menold, AD4TB: ALE--The Coming of Automatic Link Establishment. Februar 1995 (amerikanisches Englisch, archive.org [PDF]).
  5. B. Crystal, A. Barrow: ALE for Emergency / Disaster Relief Communications. International Amateur Radio Union (IARU), 17. August 2007, abgerufen am 17. Dezember 2012 (amerikanisches Englisch).
  6. ARRL Technical Information Service page:ARRLWeb: ALE (Automatic Link Establishment). American Radio Relay League (ARRL), August 2005, archiviert vom Original am 7. Juli 2009; abgerufen am 17. Dezember 2012 (amerikanisches Englisch).
  7. ALE Automatic Link Establishment Channel List International Amateur Radio Service. HFLINK HFN, abgerufen am 17. Dezember 2012 (amerikanisches Englisch).

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Autor/Urheber: Expeditionradio Bonnie Crystal, Lizenz: CC BY 3.0
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