Aussprache der spanischen Sprache

Die Aussprache der spanischen Sprache, fonología del español weicht zum Teil erheblich von der der deutschen Sprache ab. So treten z. B. im Spanischen viele dem Deutschen fremde Reibe- und Dentallaute, consonantes fricativas y dentales auf. Viele spanische Konsonanten müssen anders als im Deutschen ausgesprochen werden, um verstanden zu werden oder um Missverständnissen vorzubeugen.[1][2]

Zusammenhang zwischen Aussprache und Schreibweise

Bis auf wenige Ausnahmen ist im Standardspanisch aufgrund der Schreibweise eines spanischen Wortes seine Aussprache genau festgelegt. Umgekehrt kann durch Hören eines Wortes weitgehend auf die Schreibweise geschlossen werden.

Dementsprechend werden im Spanischen Fremdwörter in der Regel sehr schnell der spanischen Schreibung angepasst, wenn sie nicht gleich durch rein spanische Wörter ersetzt werden. So ist es ganz selbstverständlich, englische Ausdrücke wie „whisky“ oder „standard“ „güisqui“  oder „estándar“  zu schreiben. Sogar Abkürzungen wie „CD-ROM“ können zu „cederrón“ transformieren, so wie es gesprochen wird.

Bedingt durch Regeln, die einem Buchstaben je nach Umgebung verschiedenen Lautwert zuweisen, kann die Schreibung eines Lautes wechseln, wenn die Umgebung des Lautes im Wort sich verändert, gerade um die gleiche Aussprache zu signalisieren:

  • c → z:  vencer (siegen) – venzo
  • g → j:  dirigir (lenken) – dirijo
  • g → gu:  pagar (zahlen) – pagué
  • gu → g:  distinguir (unterscheiden) – distingo
  • gu → gü:  aguar (wässern) – aé
  • z → c:  cruzar (kreuzen) – cruce
  • c → qu:  empacar (einpacken) – empaque

Bei Diphthongen im Infinitiv kann die Betonung im presente unterschiedlich sein:

  • evacuar (evakuieren) – evacuo
  • acentuar (akzentuieren) – acentúo

Zwischen u und o wird häufig ein y eingefügt:

  • construír (erbauen) – construyo

Beim Verb oler ist, wenn es zu -ue- diphthongiert, ein h am Wortanfang zu setzen:

  • oler (riechen) – huelo

Betonung

Spanische Wörter werden in der Regel auf der vorletzten Silbe betont, wenn sie auf einen Vokal oder die Konsonanten n oder s enden. Sie werden auf der letzten Silbe betont, wenn sie auf einen anderen Konsonanten als n oder s enden. In allen davon abweichenden Fällen wird die Betonung durch einen Akzent (Akut) angezeigt.

Vokale

Man unterteilt Vokale in die hinteren oder velaren und die vorderen oder palatalen Selbstlaute. In dem einfachen Vokalsystem wie dem Lateinischen, der Vorläufersprache des Spanischen, waren /u/, /o/ und /a/ die hinteren, /e/ und /i/ die vorderen Vokale.[3]

Artikulatorisch werden die Vokale nach der Artikulationsstelle, der Zungenlage, altura de la lengua, der Mundstellung, abertura de las mandíbulas, der Lippenstellung, posición de la lengua und dem Atemluftstromdurchgang in Abhängigkeit von der Stellung des Gaumensegels, posición del velo del paladar beschrieben. Mit nur fünf Vokalphonemen: /i/ /u/ /e/ /o/ /a/ zeigt das spanische Phonemsystem eine wesentlich kleinere Vielfalt als das deutsche mit sechzehn Vokalphonemen: /i/ /y/ /I/ /Y/ /e/ /ø/ /ε/ /ε:/ /u/ /U/ etc.[4]

Im Spanischen wird, anders als im Deutschen, nicht zwischen kurzen und langen Vokalen unterschieden. Die Vokale werden immer halblang gesprochen. Bei vokalischem Anlaut entfällt der für das Deutsche typische Knacklaut.

Messungen der ersten Formanten der spanischen Vokale (Bradlow, 1995); in Zuordnung zu den Frequenzen (Hz) (Artikulation)
Formanten der Vokale F1 bzw. F2
VokalFormant F1Formant F2
u0320 Hz0800 Hz
o0500 Hz1000 Hz
å0700 Hz1150 Hz
a1000 Hz1400 Hz
ö0500 Hz1500 Hz
ü0320 Hz1650 Hz
ä0700 Hz1800 Hz
e0500 Hz2300 Hz
i0320 Hz3200 Hz
Vokalformanten
VokalHauptbereich der Formanten
/u/200…400 Hz
/o/400…600 Hz
/a/0800…1200 Hz
/e/400…600 und 2200…2600 Hz
/i/200…400 und 3000…3500 Hz

Der a-Laut ähnelt dem deutschen kurzen (offenen) a, während i-Laut und u-Laut den langen (geschlossenen) Vokalen im Deutschen gleichen. Der e-Laut und der o-Laut des Spanischen haben eine mittlere Höhe und daher kein genaues Gegenstück im Hochdeutschen.

Monophthonge

Das Spanische besitzt fünf Monophthonge.

Monophthonge des Spanischen
vornezentralhinten
geschlosseniu
mittel
offenä

Aussprachehilfe für Deutschsprachige:

  • a ([ä]), gesprochen wie im deutschen Wort Fass
  • e ([e̞]), leicht geschlossener gesprochen als im Wort Bett
  • i ([i]), halb so lang gesprochen wie im deutschen Wort Lied
  • o ([o̞]), leicht geschlossener gesprochen als im Wort Gott
  • u ([u]), halb so lang gesprochen wie im deutschen Wort Mut

Diphthonge

Diphthonge der spanischen Sprache
IPABeispielBedeutungAussprachehilfe für Deutschsprachige
     fallend
e̞i̯reyKönigwie ai im englischen Wort pain
äi̯aireLuftwie ei im deutschen Wort klein
o̞i̯hoyheutewie eu im deutschen Wort heute
ui̯muysehrwie ui im deutschen Wort pfui
e̞u̯neutroneutralwie e-u hintereinander, jedoch nicht wie das deutsche eu
äu̯pausaPausewie au im deutschen Wort Haus
o̞u̯bouwie o im englischen Wort home (amerikanisches Englisch!)
     steigend
je̞tierraErdewie je
haciain Richtung (auf)wie ja
jo̞radioRadiowie jo
juviudaWitwewie ju
wifuimoswir gingenwie englisches w+i (Ausnahmen: guigi; quiki)
we̞fuegoFeuerwie englisches w+e (Ausnahmen: guege; queke)
cuadroBildwie englisches w+a
wo̞cuotaQuotewie englisches w+o

In einigen Fällen, in denen eine Silbe mit Gue oder Gui beginnt, wird zur eindeutigen Kennzeichnung der Aussprache ein Trema (Dieresis) verwendet: guey wird wie [ɡei̯], güey wird wie [ɡwei̯] ausgesprochen.

Triphthonge

Triphthonge im Spanischen sind: uei (uey) [we̞j], wie er im Wort buey („Ochse“) vorkommt und uai (uay) [wäj], wie im Wort Uruguay.

Konsonanten

Die spanische Sprache besitzt 24 Konsonanten. Die Frikative[β ð ɣ] sind Allophone von/b d ɡ/.[5]

Spanische Konsonanten (Kastilisch)
bilabiallabio-
dental
dentalalveolarpost-
alveolar
palatalvelar
Plosivepbkɡ
Affrikatenɟ͡ʝ
Nasalemnɲŋ
Flaps/Vibrantenɾr
Frikativefθ(ʝ)x
Approximantenβ̞ð̞jwɰ
Laterale Approx.l(ʎ)

Quelle: SAMPA für Spanisch[5]

Eine Unterscheidung der Laute /ʎ/ und /ʝ/ bzw. /j/ erfolgt nicht im gesamten spanischsprachigen Raum, siehe dazu den Artikel zum Yeísmo.

Konsonant
(Graphem,
Schreib-
weise)
IPA
(Laut)
ungefähre
Entsprechung
BeschreibungBemerkung
B, bbdt. b [b]stimmhaft
bilabial
explosiv
am Wortanfang und hinter m/n (m)
β̞Mittel zwischen v [v] und b [b] mit verminderter Reibungstimmhaft
bilabial
approximant
an allen anderen Positionen
C, ckunaspiriertes dt. k [kʰ]stimmlos
velar
explosiv
vor a [ä], o [o̞], u [u]
θengl. th [θ]stimmlos
dental
frikativ
C, c (vor e [e̞], i [i]) wird in Lateinamerika und Südspanien [s̻] gesprochen, was auch in Spanien verstanden wird und als Ersatzaussprache dienen kann.
Ch, chʧentlabialisiertes dt. tsch [ʧʷ]stimmlos
palato-alveolar
affrikat
D, ddentales dt. d [d]stimmhaft
dental
explosiv
am Wortanfang und hinter l [l] und n [n]
Zwischen Vokalen wird es in manchen Dialekten weggelassen.
ð̞engl. th [ð] mit verminderter Reibungstimmhaft
dental
approximant
an allen anderen Positionen
F, ffdt. fstimmlos
labiodental
frikativ
G, gɡdt. g [ɡ]stimmhaft
velar
explosiv
am Wortanfang und hinter n ([ŋ])
ɰstimmhaftes dt. ch [x] mit verminderter Reibungstimmhaft
velar
approximant
vor a [ä], o [o̞], u [u] und nach Konsonanten
(außer n [ŋ])
xdt. ch [x]stimmlos
velar
frikativ
in Lateinamerika und Südspanien [h]
H, hdas h wird im Spanischen nicht gesprochen
J, jxdt. ch [x]stimmlos
velar
frikativ
in Lateinamerika und Südspanien [h]
K, kkunaspiriertes dt. k [kʰ]stimmlos
velar
explosiv
nur in Fremdwörtern
L, lldt. l [l]stimmhaft
lateral
alveolar
approximant
an allen anderen Positionen
dentales dt. l [l]stimmhaft
lateral
dental
approximant
vor d und t
Ll, llʎ
(​[⁠j⁠]​)
dt. j [j]stimmhaft,
lateral,
palatal,
approximant

(stimmhaft,
(palatal,
(approximant)
M, mmdt. m [m]stimmhaft
bilabial
nasal
N, nndt. n [n]stimmhaft
alveolar
nasal
an allen anderen Positionen
​[⁠m⁠]​dt. m [m]stimmhaft
bilabial
nasal
vor Bilabialen ([m], [b], [p])
​[⁠ŋ⁠]​dt. ng [ŋ]stimmhaft
velar
nasal
vor Velaren ([ɡ], [k])
Ñ, ñɲMittel zwischen ng [ŋ] und j [j]stimmhaft
palatal
nasal
P, ppunaspiriertes dt. p [pʰ]stimmlos
bilabial
explosiv
Qu, qukunaspiriertes dt. k [kʰ]stimmlos
velar
explosiv
qu entspricht dem spanisch k und c
(vor [ä], o [o̞], u [u])
R, rɾstimmhaft
alveolar
flap
an allen anderen Positionen
​[⁠r⁠]​stimmhaft
alveolar
vibrant
am Wortanfang und hinter n [n], l [l] und s [s̺]
rrrstimmhaft
alveolar
vibrant
S, sapikales dt. s [s]stimmlos
apikal
alveolar
frikativ
T, t[]unaspiriertes dentales dt. t [t]stimmlos
dental
explosiv
V, vbdt. bstimmhaft
bilabial
explosiv
am Wortanfang und hinter m/n (m)
β̞Mittel zwischen v [v] und b [b] mit verminderter Reibungstimmhaft
bilabial
approximant
an allen anderen Positionen
W, wbdt. bstimmhaft
bilabial
explosiv
w kommt nur in Fremdwörtern vor und wird meist wie das spanische v oder gu (bzw. vor e und i) gesprochen
β̞Mittel zwischen v [v] und b [b] mit verminderter Reibungstimmhaft
bilabial
approximant
an allen anderen Positionen
X, xks̺unaspiriertes dt. [k] und apikales dt. [s] als xx wird in der Regel wie ks ([ks̺]) gesprochen, selten auch [s̺] oder hist. [x], z. B. México
Yjdt. jstimmhaft
palatal
approximant
Zθengl. thstimmlos
dental
frikativ
Z, z wird in Lateinamerika und Südspanien [s̻] gesprochen, was auch in Spanien verstanden wird und als Ersatzaussprache dienen kann.

Historische Entwicklungen

Das System der Konsonanten des Spanischen erlebte seit dem 16. Jahrhundert (Mittelspanisch) zahlreiche Veränderungen:

  • das lateinische​/⁠f⁠/​, das sich zu anlautendem​[⁠h⁠]​ gewandelt hatte, verstummte (wurde jedoch in der Orthografie bewahrt).
  • der stimmhafte bilabiale Frikativ​/⁠β⁠/​ (im Allgemeinen geschrieben mit u oder v) fiel mit dem bilabialen stimmhaften Plosiv​/⁠b⁠/​ zusammen. Die Buchstaben v und b stehen heutzutage weder für verschiedene Laute, noch für Laute des mittelalterlichen Spanisch. Es handelt sich um eine etymologische Unterscheidung mit Wurzeln im Lateinischen.
  • der stimmhafte alveolare Frikativ​[⁠z⁠]​ (der sich als s zwischen Vokalen schreibt bzw. schrieb) fiel mit dem stimmlosen​[⁠s⁠]​ zusammen (zwischen Vokalen ursprünglich ss geschrieben).
  • der stimmhafte alveolare Frikativ​[⁠ʣ⁠]​ (geschrieben z) fiel mit​[⁠ʦ⁠]​ zusammen (geschrieben mit Cedille ç, oder c vor den Vokalen e und i).​[⁠ʦ⁠]​ verschob sich anschließend zu​[⁠θ⁠]​, das sich z schreibt, oder c, wenn es e oder i vorangeht. In Amerika, Andalusien und auf den Kanaren fiel dieser Laut außerdem mit​[⁠s⁠]​ zusammen (Seseo).
  • ​[⁠ʒ⁠]​ (geschrieben j, oder g vor e oder i) war stimmhafter postalveolarer Frikativ, fiel aber mit dem stimmlosen​/⁠ʃ⁠/​ zusammen (geschrieben x, z. B. bei Quixote), und wurde im 17. Jahrhundert zum heutigen velaren Laut​[⁠x⁠]​. In vielen Ländern Lateinamerikas stehen diese Buchstaben für den Laut​[⁠h⁠]​.

Vor nicht allzu langer Zeit, sowohl in Teilen Spaniens als auch Amerikas, fand ein Zusammenfall der palatalen lateralen und nicht lateralen Konsonanten statt (ursprünglich​[⁠ʎ⁠]​ und​[⁠j⁠]​, jetzt nur noch​[⁠j⁠]​). Dieser Zusammenfall nennt sich Yeísmo, nach dem Buchstaben y.

Hörbeispiel

Gesprochen von einem Einwohner Madrids.

Siehe auch

Literatur

  • Antonio Quilis, Joseph A. Fernández: Curso de fonética y fonología españolas. Madrid 1996.
  • Emilio Alarcos Llorach: Fonología española. Gredos, Madrid 1950
  • A. Hidalgo Navarro, M. Quilis Marín: Fonética y fonología españolas. (2.ª edición), Tirant lo Blanch, Valencia 2004
  • José Ignacio Hualde: The sounds of Spanish. Cambridge University Press, 2005.
  • Eugenio Martínez Celdrán: Fonología general y española. Teide, Barcelona 1989
  • Eugenio Martínez Celdrán: Fonología funcional del español (Kap. 7) In M. Alvar (Hrsg.): Introducción a la lingüística española. Ariel, Barcelona 2000, S. 139–153.
  • Ralph Penny: Gramática histórica del español Ariel, Barcelonab 1993, ISBN 84-344-8265-7.
  • Daniel Reimann: Sprachbeschreibung Spanisch. Dezember 2016 (PDF 20, 6 MB; 32 Seiten auf uni-due.de)

Einzelnachweise

  1. Manuel Alvar (Hrsg.): Manual de dialectología hispánica: el español de España. Ariel, Barcelona 1996, ISBN 84-344-8217-7
  2. Reinhard Meyer-Herman: Spanisch. In: Thorsten Roelcke (Hrsg.): Variationstypologie / Variation Typology. Ein sprachtypologisches Handbuch der europäischen Sprachen in Geschichte und Gegenwart / A Typological Handbook of European Languages Past an Present. De Gruyter, Berlin 2003, ISBN 3-11-016083-8, S. 449–479, Textauszug, online (PDF)
  3. Christianlehmann.eu
  4. Ursula Hirschfeld: Spanisch. Universität Leipzig, S. 4–5 [1]
  5. a b Spanish. University College London, 18. März 1996, abgerufen am 22. Januar 2019 (englisch).

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