Aus- und Neubaustrecke Hanau–Würzburg/Fulda–Erfurt

Die Aus- und Neubaustrecke Hanau–Würzburg/Fulda–Erfurt ist das Gesamtprojekt einer Schnellfahrstrecke, das von der Deutschen Bahn seit der Wiedervereinigung 1990 verfolgt wird.

Überblick

Bekanntester wie umstrittenster Bestandteil der geplanten Schnellfahrstrecke ist der Neubaustreckenabschnitt zwischen Gelnhausen und Fulda. Bei der Korridoruntersuchung zur Trassenfindung wurde zwischen kinzigtalnahen und spessartquerenden Trassenlagen unterschieden. Zu letzteren gehört die mittlerweile aufgegebene „Mottgers-Spange“ (auch „Nordspessart-Trasse“), bei der eine Verbindung zur Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg nahe Mottgers erfolgen sollte.

Das Gesamtprojekt für den Aus- bzw. Neubau der Schieneninfrastruktur im Korridor zwischen Frankfurt am Main, Würzburg und Erfurt ist im Bundesverkehrswegeplan 2030 mit zwei verschiedenen Varianten in der Dringlichkeitsstufe des vordringlichen Bedarfs enthalten. Zum einen als ABS/NBS Hanau – Würzburg / Fulda – Erfurt,[1] zum anderen als ABS/NBS Hanau – Fulda – Erfurt / Aschaffenburg – Nantenbach.[2] Von der Deutschen Bahn wiederum wird das Gesamtvorhaben in mehrere voneinander unabhängige Projekte unterteilt:

  • die Aus- bzw. Neubaustrecke zwischen Hanau und Nantenbach (sog. „Südkorridor“),
  • den viergleisigen Ausbau der bestehenden Kinzigtalbahn zwischen Hanau und Gelnhausen,
  • die Neubaustrecke Gelnhausen–Kalbach,[3]
  • die Aus- bzw. Neubaustrecke zwischen Fulda und Gerstungen und
  • den abgeschlossenen Ausbau der bestehenden Thüringer Bahn zwischen Gerstungen, Eisenach und Erfurt für 160 bzw. 200 km/h.

Der Umbau des Hauptbahnhofs Hanau stellt eine Besonderheit dar: Der Umbau des südlichen Bahnhofsteils (Gleise 101 bis 106) begann im August 2020[4] und ist kein Bestandteil der o. g. Projekte.

Stand 2018 ist noch unklar, wann der Umbau der nördlichen Gleise (Gleise 1 bis 9) beginnt. Ausstehend ist die zeitliche Abstimmung zwischen den Bauprojekten der Ausbaustrecke Hanau–Gelnhausen und der nordmainischen S-Bahn.[5] Beide Projekte berühren den Umbau des nördlichen Bahnhofsteils.

Ziel des Gesamtprojektes ist es, bestehende Engpässe zu beseitigen und einen Lückenschluss der Nord-Süd-Magistrale herzustellen. Neben der Schaffung zusätzlicher Kapazitäten für Personen- und Güterverkehre wird die Erhöhung der Reisegeschwindigkeiten ermöglicht.[6]

Die Ausbau-/Neubaustrecken Hanau–Gelnhausen und Gelnhausen–Fulda sowie Fulda–Gerstungen gehören zu den in Frankfurt-Rhein-Main Plus vorgesehenen Projekten.[7][8][9]

Geschichte des Gesamtprojekts

1990er Jahre

Erste Planungen begannen 1991. Die Planungen der Mottgers-Spange traten dabei anstelle der ursprünglich geplanten Neu- und Ausbaustrecken zwischen Hanau, Fulda und Erfurt sowie zwischen Aschaffenburg und Nantenbach (mit Anschluss an die Nantenbacher Kurve nach Würzburg).[10] 1992 stellte die Deutsche Bundesbahn erste Überlegungen für die Linienführung einer Neu- und Ausbaustrecke zwischen Hanau und Erfurt vor.[11] Die ABS/NBS Hanau – Erfurt wurde, mit offener Linienführung, als neues Vorhaben in den Bundesverkehrswegeplan 1992 aufgenommen.

Im Mai 1999 beauftragte die DB eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, das Projekt neu zu bewerten. Neben der Mottgers-Spange waren auch Frankfurt 21, Stuttgart 21 und die Neubaustrecke Rhein/Main–Rhein/Neckar Teil des Prüfpakets.[12] Es war eines von zwei neu zu beginnenden Neubauprojekten im Rahmen der 1999 beschlossenen Strategie Netz 21.[13]

Die Neubaustrecke wurde im Mai 2000 von der Deutschen Bahn für den Bundesverkehrswegeplan 2003 angemeldet und vom Land Hessen in den Landesentwicklungsplan aufgenommen. Bei Kosten von 2,65 Milliarden D-Mark (Preisstand: etwa 2000) lag die kalkulierte Fahrzeitverkürzung im Personenfernverkehr zwischen Frankfurt und Fulda bei acht Minuten, zwischen Würzburg und Frankfurt bei 14 Minuten.[10] Die Strecke sollte die Kinzigtalbahn aus Richtung Hanau kommend bei Wächtersbach verlassen, ostwärts gewandt und über das obere Sinntal bei Mottgers verlaufend in beide Richtungen der Neubaustrecke Hannover–Würzburg einfädeln.

2000er Jahre

Das Land Hessen legte sich im Jahr 2000 in seinem Landesentwicklungsplan bereits auf die Mottgers-Spange fest und berücksichtigte eine Ausbauvariante zwischen Hanau und Fulda nicht mehr weiter.[10]

Ende 2000 erfolgte ein Umdenken bei der Deutschen Bahn. Anstatt Trassen zunächst zu trassieren und anschließend auf ihre Umweltverträglichkeit hin zu überprüfen, sollte die bisherige Planung verworfen und neue Trassenverläufe aus ökologischen Aspekten heraus entwickelt werden.[10] Im Jahr 2000[10] leitete die Deutsche Bahn eine Raumempfindlichkeitsprüfung ein. Noch vor der Umweltverträglichkeitsprüfung und der Trassenplanung sollten damit im ökologisch sensiblen Naturraum Nordspessart vertretbare Korridore gefunden werden. Ein Nürnberger Planungsbüro wurde mit der näheren Untersuchung zweier Szenarien beauftragt: Neben einem mehrgleisigen Ausbau oder teilweisem Neubau ab etwa Gelnhausen bis Fulda (mit dem Fixpunkt Schlüchterner Tunnel) in Verbindung mit abschnittsweisen Linienverbesserungen zwischen Hanau und der Nantenbacher Kurve wurde als zweite Alternative ein Neubau von etwa Gelnhausen zur etwa 25 km östlich verlaufenden Neubaustrecke Hannover–Würzburg geprüft. Diese Neubaustrecke wäre nördlich an Bad Orb und südlich an Jossa vorbeigelaufen und sollte zwischen Mottgers und Burgsinn auf die aus Hannover kommende Neubaustrecke treffen. Mit jeweils etwa 1000 m breiten Untersuchungsstreifen ergaben sich so zwei Untersuchungsräume mit einer Gesamtfläche von rund 670 Quadratkilometern, von denen etwa 70 Prozent in Hessen und der Rest in Bayern lag.[14]

Die Ergebnisse wurden 2002 vorgestellt.[15] Aus der Studie gingen letztlich drei mögliche Variantenkorridore zwischen Gelnhausen, Fulda und dem Raum Jossa hervor. Aufgrund sehr hoher bis äußerst hoher Empfindlichkeiten wurde ein Ausbau der Bestandsstrecke zwischen Hanau und der Nantenbacher Kurve nicht weiter verfolgt.[14] Zwischen Frankfurt und Fulda brächte ein Ausbau der Bestandsstrecke einen Fahrzeitvorteil von acht Minuten, die Mottgers-Spange von neun Minuten. Zwischen Frankfurt und Würzburg sollte ein Ausbau der Bestandsstrecke 9 Minuten bringen, die Mottgers-Spange 18.[16]

Aufbauend auf den Ergebnissen der Raumempfindlichkeitsstudie wurden eine Reihe von Varianten von Neu- und Ausbaustrecken zwischen Hanau, Fulda und Würzburg entwickelt, die sich in Linienführung, Entwurfsgeschwindigkeit und Längsneigung unterschieden. So wurden Entwurfsgeschwindigkeiten von 160 bis 280 km/h und Längsneigungen von 12,5, 25 und 40 Promille geprüft.[14] Die Planung wurde 2002 abgebrochen.[17] Aufgrund fehlender Mittel wurde das Vorhaben Ende 2004 zurückgestellt.[18]

Ein um 2007 von Regional- und Lokalpolitikern vorgelegtes Angebot, Planungskosten in Höhe von 25 Millionen Euro vorzufinanzieren, wurde von der Deutschen Bahn bis Januar 2010 nicht unterschrieben.[15] Anfang 2009 liefen erste Vorbereitungen für die Einleitung des Raumordnungsverfahrens für das Projekt NBS/ABS Hanau–Würzburg / Fulda–Erfurt.[19] Im November 2010 äußerte sich Verkehrsminister Peter Ramsauer im Verkehrsausschuss des Bundestages zur Mottgers-Spange. Das 3,1-Milliarden-Euro-Projekt sei noch nicht einmal „angeplant“ und an einen Baustart vor 2025 wäre nicht zu denken.[20]

2010er Jahre

Der Bedarfsplanüberprüfung 2010 für die Projekte des Verkehrswegeplans wurde ein viergleisiger Ausbau des Streckenabschnitts Hanau–Gelnhausen für 200 km/h und eine Neubaustrecke zwischen Gelnhausen–Mottgers für zunächst 300 km/h und später 250 km/h zu Grunde gelegt.

Am 10. Oktober 2012 unterzeichneten das Bundesverkehrsministerium und die DB Netz AG eine Sammelvereinbarung über Grundlagenermittlung und Vorplanung von Bedarfsplanvorhaben. Darin waren auch der Ausbauabschnitt Eisenach–Erfurt, der viergleisige Ausbau zwischen Hanau und Gelnhausen sowie die Mottgers-Spange enthalten.

Im Januar 2013 gaben die Deutsche Bahn und das hessische Verkehrsministerium bekannt, die weiteren Planungen aufzunehmen und hierzu in den folgenden Monaten eine Projektinfrastruktur aufzubauen, die die verkehrlichen und betrieblichen Aufgabenstellungen erarbeitet. Die beteiligten Kommunen und Bürger sollten frühzeitig in die Planungen eingebunden werden.[6] Das Bürgerbeteiligungsverfahren sollte nicht vor der Landtagswahl stattfinden.[16] Die großräumige Linienführung sei offen. Neben einer Neubaustrecken-Lösung (Mottgers-Spange) wird laut Angaben der Deutschen Bahn auch ein Ausbau der Abschnitte Hanau–Fulda bzw. Hanau–Würzburg erwogen.[21] Die Vorentscheidung sollte 2017 fallen.[22] Diese verzögert sich aufgrund ausstehender Prüfergebnisse (Stand: 2018).[23]

Im ersten Halbjahr 2013 wurde eine Projektstruktur verabschiedet. Nach Angaben der Deutschen Bahn sollen Betroffene umfassend beteiligt und „größtmögliche Transparenz“ geschaffen werden.[24]

Ein Jahr nach Wiederaufnahme der Planung hatte die Deutsche Bahn nach eigenen Angaben ein Planungsteam gebildet und erste Verkehrsprognosen angefertigt. Daneben seien Vorbereitungen für den Ausbau zwischen Hanau und Gelnhausen vorgenommen worden.[17] Während für die Trasse östlich von Gelnhausen eine großräumige Variantenprüfung und ein Raumordnungsverfahren vorgesehen ist, soll der Abschnitt zwischen Hanau und Gelnhausen in jedem Fall viergleisig ausgebaut werden. Für dieses Teilstück ist kein Raumordnungsverfahren vorgesehen. Das Teilvorhaben soll damit beschleunigt werden.[24]

Im Dezember 2014 wurden 10.700 von der Initiative Pro Spessart gegen die Mottgers-Spange gesammelte Unterschriften dem Bundesverkehrsminister übergeben.[25] Laut Angaben der Deutschen Bahn von Ende 2014 hätte bis 2017 eine Vorentscheidung über die künftige Trasse fallen können.[25] Diese fiel am 3. Mai 2018.[26] Die Deutsche Bahn rechnet mit dem Baubeginn der Neubaustrecke nicht vor 2023.[16] Mit der Fokussierung auf die Varianten IV und VII wurden Varianten durch den Spessart, mit Anbindung bei Mottgers, nicht mehr weiterverfolgt.[27]

Ende Juni 2014 wurde die Ausschreibung für Planungsleistungen der Vorplanung europaweit angekündigt. Das Vergabeverfahren sollte voraussichtlich am 1. September 2014 beginnen und der zu vergebende Vertrag von 1. Januar 2015 bis 31. Dezember 2018 laufen. Die erwartete Länge für die Neubaustrecke zwischen Gelnhausen und der Neubaustrecke Hannover–Würzburg wird mit etwa 35 bis 55 km angegeben.[28]

Ende Juli 2015 schrieb die Deutsche Bahn eine Raumverträglichkeitsstudie mit integrierter Umweltverträglichkeitsstudie und FFH-Vorprüfung als Grundlage für die Planfeststellung aus. Der Vertrag umfasst einen Raum von etwa 600 Quadratkilometern und soll von Oktober 2017 bis Dezember 2019 laufen.[29]

Letztlich wurden sieben Varianten und mehrere daraus abgeleitete Kombinationen entwickelt. Drei Varianten (I bis III) sahen eine Neubaustrecke durch den Spessart vor mit Anbindung an die Neubaustrecke bei Mottgers vor, vier Varianten (IV bis VII) folgen mehr oder weniger stark dem Kinzigtal.[27] Anfang Mai 2018 wurde die Entscheidung getroffen, die durch den Spessart führende Mottgers-Spange nicht zu bauen. Zu diesem Zeitpunkt befanden sich noch zwei Trassenvarianten (IV und VII) im Planungsprozess.[30] Sie sind 44 km bzw. 48 km lang, bei einer Tunnellänge von 28 km.

Die Varianten IV und VII galten dabei als Vorzugsvarianten, da sie die geringsten Auswirkungen auf Mensch, Tier und Umwelt erwarten ließen, Fahrzeitverkürzungen erwarten ließen und mit dem Bestandsnetz in Schlüchtern bzw. Flieden verknüpft werden könnten. Die Variante V wurde dagegen u. a. aufgrund großer Lärmwirkungen, die Nähe zu einem Kurgebiet und einer längeren Bauzeit nicht weiterverfolgt. Die Varianten III und VI hätten ein Kalk-Niedermoor bei Altengronau bzw. den Lebensraum bestimmter Vogelarten beeinträchtigt. Die Spessart-Varianten I und II wurden aufgrund hoher artenschutzrechtlicher Risiken ausgeschieden.[27]

Politische und andere Interessenvertreter aus der Region Osthessen sprachen sich im Mai 2018 für die Realisierung der Variante IV aus.[31]

Der Ausbau/Neubau „Hanau-Würzburg/Fulda-Erfurt,“ ist eines von 13 Infrastrukturprojekten des Deutschlandtakts die laut dem im November 2021 vorgelegten Koalitionsvertrag der rot-grün-gelben Bundesregierung „beschleunigt auf den Weg“ gebracht und „mit hoher politischer Priorität“ umgesetzt werden sollen.[32]

Teilprojekte

ABS/NBS Hanau–Nantenbach

Karte des Bauprojekts Hanau–Würzburg/Fulda mit Varianten der NBS Gelnhausen–Fulda. Die Vorzugsvariante IV mit Ostumfahrung des Kinzigstausees wurde im Raumordnungsverfahren bestätigt.

Zwischen Hanau und Nantenbach sollen laut einer im Februar 2018 vorgelegten Machbarkeitsstudie Fahrzeitverkürzungen von bis zu 6,4 Minuten erreichbar sein, wobei – neben Ausbaumaßnahmen – ein rund 15 km langer Neubau zwischen Heigenbrücken und Nantenbach nötig sei.[33]

Der Abschlussbericht des Zielfahrplans Deutschlandtakt sieht zwischen Hanau und Aschaffenburg auf etwa 17 km Länge einen Ausbau von zwei auf vier Gleise bei einer Geschwindigkeitserhöhung auf 230 km/h sowie eine beidseitige niveaufreie Anbindung vor.[34]

Viergleisiger Ausbau Hanau–Gelnhausen

Zwischen Hanau und Gelnhausen ist der Ausbau der bestehenden Trasse von abschnittsweise zwei und drei Gleisen auf durchgehend vier Gleise vorgesehen.

Das Vorhaben gliedert sich in sieben Planfeststellungsabschnitte. Der Baubeginn ist für 2025 vorgesehen, die Inbetriebnahme in zwei Stufen in den Jahren 2030 und 2036.[3] Der erste Bauabschnitt beinhaltet die Strecke Gelnhausen Ost bis Langenselbold Ost (Streckenkilometer 35,22; in der Nähe der Hasselbachbrücke) und der zweite den Abschnitt bis Hanau Hbf.[3]

NBS Gelnhausen–Fulda

Am 15. Juni 2018 kündigte die Deutsche Bahn an, die Trassenvariante IV in das Raumordnungsverfahren einzubringen.[35] Die Variante zeichnete sich „nach Abwägung aller Vor- und Nachteile der untersuchten Streckenvarianten [als] die beste Lösung“ aus, so die Deutsche Bahn. Neben vergleichsweise geringeren Umweltwirkungen sei die Möglichkeit einer vorgezogenen Teilinbetriebnahme des Abschnitts Schlüchtern–Kalbach (zur Entlastung des bestehenden Engpasses Flieden–Fulda) und die Nähe zur Bundesautobahn 66 von Vorteil. Die kürzeste Fahrzeit im Personenverkehr zwischen Frankfurt Hauptbahnhof und Fulda soll von 51 auf 39 Minuten reduziert werden. Ein technisches Restrisiko bestand in der Stauseequerung.[27] Hier fiel im November 2018 die Entscheidung zu Gunsten der Ostumfahrung.[36]

Die 44 km lange Trasse verläuft zu knapp zwei Dritteln in Tunneln, längere Brücken sind über das Kinzigtal (bei Wächtersbach), das Riedbachtal und den Kinzigstausee vorgesehen. Bei Schlüchtern ist die Verknüpfung mit der Bestandsstrecke vorgesehen, bei Mittelkalbach mit der Neubaustrecke Hannover–Würzburg.

Zwischen Schlüchtern und Mittelkalbach plant die DB Netz AG einen 10 km langen Eisenbahntunnel, der von Kalbach über die Gemarkung Rückers (Flieden) nach Schlüchtern führen soll. Der Tunnel quert den Hessischen Landrücken in Ost-West-Richtung. Im großräumigen Gebiet befinden sich die Rhein-Weser-Wasserscheide und die wichtigsten Quellen der Gemeinden Kalbach und Flieden.

Parallel zum Raumordnungsverfahren liefen bereits die Erkundungsbohrungen für den Ausbau der Strecke.[37]

Die Unterlagen für das Raumordnungsverfahren wurden Anfang 2019 erarbeitet und eingereicht. Anschließend ist das Planfeststellungsverfahren vorgesehen.[27] Das Raumordnungsverfahren für die NBS Gelnhausen – Kalbach wurde am 16. Mai 2020 beantragt. Eine frühzeitige Öffentlichkeitsbeteiligung wurde zum 31. Mai 2020 abgeschlossen. Vom 2. Juni bis 30. September 2020 konnten Stellungnahmen abgegeben werden – erstmals in Hessen auch online.[3] Die technische Planung soll 2022 beginnen, im Februar 2022 wurde die Vorplanung ausgeschrieben.[38] Die Deutsche Bahn rechnet mit der Planfeststellung zwischen 2027 und 2030. Die Bauzeit soll mehr als fünf Jahre betragen.[39]

Das Raumordnungeverfahren wurde im Juli 2023 abgeschlossen und dabei die Variante IV bestätigt.[40][41]

Die von der Variante IV betroffenen Kommunen Bad Soden-Salmünster, Schlüchtern, Steinau und Kalbach lehnen diese Variante ab.[42][43] Gegen die Erkundungsbohrungen und die Errichtung und den Betrieb von Grundwassermessstellen auf ihrem Gemeindegebiet hat die Stadt Schlüchtern vor dem Bundesverwaltungsgericht Klage eingelegt.[44]

In der 23. Sitzung des Dialogforums gab die Deutsche Bahn die Unterteilung der Variante IV in die drei Teilprojekte Abschnitt 1 (Süd) ABS Gelnhausen–Wirtheim, Abschnitt 2 (Mitte) NBS Wirtheim–Schlüchtern sowie Abschnitt 3 (Nord) NBS Schlüchtern–Kalbach (Nord) bekannt.[45]

ABS/NBS Fulda–Gerstungen

Langenschwarz–Wildeck-Hönebach
Strecke der Aus- und Neubaustrecke Hanau–Würzburg/Fulda–Erfurt
Vorzugsvariante pink und weitere Trassenvarianten
Streckenlänge:41 km
Spurweite:1435 mm (Normalspur)
Stromsystem:15 kV 16,7 Hz ~
Maximale Neigung:12,5 
Höchstgeschwindigkeit:230 km/h
Zweigleisigkeit:durchgehend
von Würzburg
Langenschwarz 306 m
nach Hannover (höhenfrei)
Schwarzbach
Tunnel (15 km, geplant)
Bundesautobahn 7
Frankfurt–Göttingen
Bundesautobahn 4
Fulda
von Frankfurt
von Treysa
Bad Hersfeld 207 m
nach Göttingen
Fulda
Solz
Hersfelder Kreisbahn
Tunnel (7 km, geplant)
Seulingswald
Breitenbach
Hornsbach
von Baunatal-Guntershausen
Hönebachtunnel
Wildeck-Hönebach 287 m
nach Halle

Quellen: [46]

Zwischen Gerstungen und Fulda soll zumindest abschnittsweise eine Neubaustrecke zur Verknüpfung mit der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg gebaut werden. Die Trassensuche für die Neubaustrecke begann 2018 mit Festlegung des Suchraums und der Ausfädelungspunkte an der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg.[47] Nach Ermittlung der Raumwiderstände wurden im März 2020 die Grobkorridore und daraus abgeleitet im September 2020 die Trassenkorridore vorgestellt.[48] Bei der Festlegung der Grobkorridore wurde eine Linienführung über Bebra ausgeschlossen, weil eine solche Linienführung keine hinreichend kurzen Fahrzeiten für den Deutschlandtakt ermöglicht.[49] Die Trassenkorridore wurden unter Berücksichtigung der Vorschläge aus dem Beteiligungsforum festgelegt. Die auf Basis der Trassenkorridore erarbeiteten Trassierungsvarianten wurden im Oktober 2021 vorgestellt.[50]

Im März 2022 wurde die 41 Kilometer lange Variante pink (Langenschwarz–Bad Hersfeld–Ronshausen) zwischen dem Bahnhof Langenschwarz und dem Bahnhof Wildeck-Hönebach als Vorzugsvariante vorgestellt, bei der 28 Kilometer in Tunneln verlaufen und Halte von Fernverkehrszügen im Bahnhof Bad Hersfeld möglich sind.[46] Die für bis zu 230 km/h ausgelegte Neubaustrecke soll tagsüber durch den Personenverkehr und nachts durch bis zu 1700 t schwere Güterzüge genutzt werden. Die maximale Längsneigung soll 12,5 Promille betragen.[51]

Um die Zielfahrzeiten des dritten Deutschlandtakt-Gutachtersentwurfs zu erfüllen – zwischen Frankfurt und Eisenach von 80 Minuten sowie zwischen Fulda und Eisenach (43 Minuten) – sind Geschwindigkeitserhöhungen vorgesehen. Zwischen der Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg, Blankenheim (bei Bebra) und dem Hönebacher Tunnel sind nunmehr 230 km/h vorgesehen. Für das Gesamtpaket sind, zum Preisstand von 2015, Investitionen von fünf Milliarden Euro vorgesehen.[52][53]

Die Deutsche Bahn strebt hier einen Planfeststellungsbeschluss bis 2025 an.[54] Im April 2023 wurden diverse technische Planungsleistungen ausgeschrieben.[55] Laut einem 2022 veröffentlichten Standardterminplan soll der Baubeginn im Dezember 2032 erfolgen, die Inbetriebnahme im September 2037.[56]

Ausbau der Thüringer Bahn Gerstungen–Erfurt

Die ersten Maßnahmen zur Ertüchtigung dieses Streckenteils waren der Ausbau der Strecke zwischen Eisenach und Erfurt für eine Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h sowie zwischen Gerstungen und Eisenach für 160 km/h, die 2018 abgeschlossen wurde. Der Abschnitt zwischen Eisenach und Erfurt ist seit August 2018 mit ETCS Level 2 ausgerüstet.[57]

Technik

Zur Zugbeeinflussung soll die Strecke mit ETCS Level 2 (Baseline 3), eventuell ohne konventionelle Lichtsignale, ausgerüstet werden.[58]

Finanzierung

Die Finanzierung des Projektes ist gesichert. Es ist im Bundesverkehrswegeplan 2003 mit geschätzten Kosten von 3,14 Milliarden Euro enthalten. Allerdings wurde es im Bundesschienenwegeausbaugesetz (BSchwAG) in der Fassung vom 27. April 2005 nicht aufgenommen. Das BSchwAG (Anlage 1 zu § 1, Nr. 16) sieht vor, eine Neu- oder Ausbaustrecke für den Abschnitt Hanau–Nantenbach zu errichten.

2012 wurde die „ABS/NBS Hanau – Würzburg / Fulda – Erfurt“ in den Investitionsrahmenplan des Bundes für die Jahre 2011 bis 2015 in der Kategorie D („Sonstige wichtige Vorhaben“) aufgenommen, ohne dass damit eine Festlegung auf die Mottgers-Spange verbunden wäre.[59][60]

Das Projekt ist im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans 2030 enthalten.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. ABS/NBS Hanau - Würzburg / Fulda - Erfurt. Abgerufen am 11. November 2018.
  2. ABS/NBS Hanau - Fulda - Erfurt / Aschaffenburg - Nantenbach. Abgerufen am 11. November 2018.
  3. a b c d 19. Dialogforum, 04.05.2020, Online. (PDF) ABS/NBS Hanau – Fulda. In: hanau-wuerzburg-fulda.de. DB Netz, 4. Mai 2020, S. 8, 20, 22, 25, 33, abgerufen am 13. Mai 2020.
  4. Hauptbahnhof Hanau: Umbauarbeiten starten bald – Bahnsteige werden barrierefrei. op-online.de, 11. August 2020, abgerufen am 17. April 2021.
  5. Bevorstehender Umbau des Hauptbahnhofs. Abgerufen am 11. November 2018.
  6. a b Deutsche Bahn und Hessisches Verkehrsministerium informieren zum aktuellen Projektstand – Umfassende Bürgerbeteiligung sichergestellt. Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung, 30. Januar 2013, ehemals im Original (nicht mehr online verfügbar); abgerufen am 31. Januar 2013.@1@2Vorlage:Toter Link/www.wirtschaft.hessen.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven)
  7. Neubaustrecke Gelnhausen–Fulda – FRM-PLUS. Abgerufen am 15. Mai 2021.
  8. Ausbaustrecke Hanau–Gelnhausen. In: Frankfurt Rhein-Main plus. DB Netz, abgerufen am 15. Mai 2021.
  9. Ausbaustrecke/Neubaustrecke Fulda–Gerstungen. In: Frankfurt Rhein-Main plus. DB Netz, abgerufen am 15. Mai 2021.
  10. a b c d e Bahn räumt der Umwelt die Vorfahrt ein. In: Frankfurter Rundschau, 21. November 2000.
  11. Jahresrückblick 1992. In: Die Bundesbahn. Band 69, Nr. 1, 1993, ISSN 0007-5876, S. 56.
  12. Beratungsfirma prüft Projekt „Frankfurt 21“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 122, 29. Mai 1999, S. 73.
  13. Strategiewechsel: Streckennetz wird bis 2010 von Grund auf modernisiert. In: Eisenbahntechnische Rundschau. Band 48, 1999, ISSN 0013-2845, S. 583.
  14. a b c Ingmar Gorissen: Raumempfindlichkeitsprüfung im Gleisdreieck Hanau/Fulda/Würzburg. In: Der Eisenbahningenieur. Band 53, Nr. 4, April 2002, ISSN 0013-2810, S. 34–36.
  15. a b Empörung über Bahnplanspiel. In: Frankfurter Rundschau, 22. Januar 2010.
  16. a b c Manfred Köhler: Diesmal will die Bahn alles richtig machen. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 99, 2013, ISSN 0174-4909, S. 33 (online).
  17. a b Strecke nach Fulda als Jahrhundertprojekt. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 29, 4. Februar 2014, ISSN 0174-4909, S. 33 (ähnliche Version online).
  18. Klaus Ott: Bahn schiebt und streicht 141 Projekte. In: Süddeutsche Zeitung. Nr. 296, 20. Dezember 2004, ISSN 0174-4917, S. 24.
  19. Deutscher Bundestag: Umsetzung von Projekten des Neubaus, Ausbaus und der Erhaltung der Bundesschienenwege in Bayern (PDF; 134 kB). Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Dr. Anton Hofreiter, Bettina Herlitzius, Winfried Hermann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Drucksache 16/11730 vom 27. Januar 2009.
  20. Verkehrsministerium rechtfertigt Neubaustrecke Ulm-Wendlingen. Archiviert vom Original am 17. November 2018; abgerufen am 6. Oktober 2022.
  21. Rainer Reichert: Altes Bahnprojekt neu geplant - ICE-Wegfall in Aschaffenburg bislang kein Thema. Main-Netz, 31. Januar 2013.
  22. Vorentscheidung über ICE-Trasse rückt näher. FAZ.NET, 17. Januar 2015.
  23. Finale Trassenentscheidung noch offen. In: hanau-wuerzburg-fulda.de. Abgerufen am 8. März 2018.
  24. a b Deutsche Bahn AG (Hrsg.): Information und Dialog stehen bei Planungen für Aus- / Neubaustrecke Hanau–Würzburg/Fulda(–Erfurt) im Fokus. Presseinformation vom 5. Juli 2013.
  25. a b Vorentscheidung über ICE-Trasse rückt näher. In: Rhein-Main-Zeitung. Nr. 37, 14. Januar 2015, S. 37 (online).
  26. hanau-wuerzburg-fulda.de
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  42. Geplanter Bahnausbau: Vier Kommunen sprechen sich gegen Variante IV aus! In: Osthessen-News, 22. Oktober 2020
  43. Viel Kritik seitens der betroffenen Kommunen – Bahnstrecke Hanau-Würzburg/Fulda: Jetzt äußern sich die Bürgermeister. In: Osthessen-News
  44. Eisenbahnrechtliche Duldungsanordnung - Beschluss vom 27. Oktober 2020 - BVerwG 7 VR 4.2
  45. Christopher Schmidt: 23. Dialogforum ABS/NBS Hanau–Würzburg/Fulda. Präsentation. DB Netz, Wächtersbach 18. September 2023, S. 23 (hanau-wuerzburg-fulda.de [PDF; 5,8 MB; abgerufen am 22. September 2023]).
  46. a b Die Vorzugsvariante im Überblick. In: Bahnprojekt Fulda–Gerstungen. DB Netz, 11. März 2022, abgerufen am 11. März 2022.
  47. Präsentation zur 2. Sitzung des Beteiligungsforums. (PDF) DB Netz AG, 13. November 2018, abgerufen am 24. September 2020.
  48. Präsentation zur 7. Sitzung des Beteiligungsforums. (PDF) DB Netz AG, 22. September 2020, abgerufen am 24. September 2020.
  49. Präsentation zur 6. Sitzung des Beteiligungsforums. (PDF) DB Netz AG, 19. März 2020, abgerufen am 28. Juli 2020.
  50. 10. Beteiligungsforum Bahnprojekt Fulda–Gerstungen. (PDF) DB Netz AG, 6. Oktober 2021, abgerufen am 30. Dezember 2021.
  51. Maßnahmen-/Projektbeschreibung und Vorbemerkungen. (PDF) In: bieterportal.noncd.db.de. 1. August 2022, S. 5, archiviert vom Original am 19. September 2022; abgerufen am 12. Juni 2023 (Datei Projektbeschreibung u Vorbem Projektsteuerung BIM LB Excel.pdf).
  52. Marten Maier: Infrastrukturliste Bewertung: Maßnahmen des Planfalls „Deutschlandtakt“, laufende Nummer 44 des Unterabschnitts 2, Vorhaben des Potentiellen Bedarfs des Bedarfsplans der Bundesschienenwege. (PDF) In: bmvi.de. SMA und Partner, 17. August 2021, S. 10, abgerufen am 19. August 2021 („2-00“, „Entwurf“).
  53. Deutschlandtakt: Bewertung Infrastrukturmaßnahmen für den 3. Gutachterentwurf. (PDF) In: downloads.ctfassets.net. Intraplan Consult, TTS TRIMODE Transport Solutions, 17. August 2021, S. 2, abgerufen am 18. August 2021 („Entwurf, Stand: 17.08.2021“).
  54. hessenschau de, Frankfurt Germany: Bahn hat entschieden: Neue ICE-Trasse Frankfurt-Berlin führt über Bad Hersfeld. 11. März 2022, abgerufen am 13. März 2022.
  55. Planung OLA, LST, TK, EEA für ABS/NBS Fulda - Gerstungen. In: bieterportal.noncd.db.de. DB Netz, 23. April 2023, abgerufen am 3. Mai 2023.
  56. Standardterminplan auf Basis I.NG Projektlandkarte Großprojekte. (PDF) In: bieterportal.noncd.db.de. DB Netz, 19. Juli 2022, archiviert vom Original am 19. September 2022; abgerufen am 12. Juni 2023 (Datei 22FEI59022 Anlage\ 10\ Grobterminplan.pdf).
  57. Ausbaustrecke Erfurt–Eisenach. DB Netz, abgerufen am 26. November 2022.
  58. European Train Control System (ETCS) bei der DB Netz AG. (PDF) DB Netz, April 2014, S. 10, archiviert vom Original am 14. Juni 2015; abgerufen am 30. Dezember 2015.
  59. Posch feiert „Durchbruch“. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung. Nr. 74, 27. März 2012, S. 41.
  60. Deutscher Bundestag (Hrsg.): Drucksache 17/10356. 20. Juli 2012, S. 3 (online, PDF).

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Aus- und Neubaustrecken Fulda–Gerstungen–Erfurt als Teil der Aus- und Neubaustrecke Hanau–Würzburg/Fulda–Erfurt. Stand 2019 ist der Abschnitt Eisenach–Erfurt ausgebaut, während der Trassenverlauf zwischen Gerstungen und Fulda noch nicht festgelegt ist.
Bauprojekt Hanau–Würzburg,Fulda Karte.png
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Karte des Bauprojekts Hanau–Würzburg/Fulda. Stand 2019 umfasst das Projekt den viergleisigen Ausbau der Strecke Hanau–Gelnhausen sowie eine Neubaustrecke Gelnhausen–Fulda. Für die Neubaustrecke wurden mehrere Trassenvarianten geprüft, von denen Variante IV mit Ostumfahrung des Kinzigstausees favorisiert wird. Die Variante mit Querung des Kinzigstausees (IV') wurde aus raumordnerischen und Lärmschutzgründen verworfen.