August Vilmar

August Vilmar
Das Grab von August Vilmar auf dem Hauptfriedhof Marburg

August Friedrich Christian Vilmar (* 21. November 1800 in Solz bei Bebra, Hessen; † 30. Juli 1868 in Marburg) war ein konservativer lutherischer Theologe im Kurfürstentum Hessen.

Leben

Gedächtnistafel an seinem ehemaligen Wohnhaus in Marburg

August Vilmar studierte Theologie in Marburg. Während seines Studiums wurde er 1818 Mitglied der Alten Marburger Burschenschaft Germania. Er sorgte im Juni 1819 für Aufsehen als er anlässlich einer Feier Marburger und Gießener Burschenschafter zum Gedenken an die Schlacht bei Belle-Alliance ein Hoch auf den politischen Mörder Karl Ludwig Sand ausbrachte. Die kurhessischen Behörden reagierten mit Untersuchungen, die aber ergebnislos eingestellt wurden.[1]

Nach dem Studium wurde er Gymnasiallehrer in Hersfeld und war von 1833 bis 1850 Direktor des kurfürstlichen Gymnasiums in Marburg (heute das Gymnasium Philippinum) und kurhessischer Staatsrat. 1850 wurde Vilmar stellvertretender Generalsuperintendent in der niederhessischen Kirchenleitung in Kassel. Kurfürst Friedrich Wilhelm I. versetzte ihn 1855 als Professor der Theologie nach Marburg. Er wurde auch als Literaturhistoriker bekannt. Vilmar war 1831/1832 Mitglied der kurhessischen Ständeversammlung für den Wahlkreis Hersfeld und von 1852 bis 1854 Mitglied der 1. Kammer des Kurfürstentums Hessen. Eine langjährige Freundschaft verband ihn mit dem konservativen Politiker und Juristen Ludwig Hassenpflug.

August Vilmar war zweimal verheiratet: zunächst mit Karoline Wittekind, später mit Therese Frederking.

Kirchenrenitenz

August Vilmar wurde, wie auch sein jüngerer Bruder Wilhelm, zu einem der Anführer der sogenannten „Renitenten“ gegen die schließlich unter preußischer Regierung 1873/1874 vorgenommene Unierung der Evangelischen Landeskirche in Kurhessen, aus der heraus sich schließlich die Renitente Kirche ungeänderter Augsburgischer Konfession in Hessen verselbständigte.

Ehrungen

Aus Anlass von Vilmars 100. Geburtstag wurde an dem Haus in Marburg, in dem er 13 Jahre lang gewohnt hatte, eine Gedächtnisplakette angebracht. In Heringen (Werra) sowie in Homberg (Efze) wurde jeweils eine Straße nach ihm benannt und das Gymnasium in Homberg hieß bis 1964 August-Vilmar-Schule (seitdem Theodor-Heuss-Schule).

Das auf Initiative des damaligen Studentenpfarrers Hans-Gernot Jung 1965 neu errichtete Wohnheim der Evangelischen Studierendengemeinde Marburgs trägt den Namen Vilmarhaus.[2][3]

Vilmars Gedenktag im Evangelischen Namenkalender ist der 30. Juli.[4]

Nachlass

Der Nachlass Vilmars wird im Hessischen Staatsarchiv Marburg (Bestand 340 Vilmar a) aufbewahrt.[5]

Schriften (Auswahl)

Geschichte der deutschen National-Literatur, Marburg/Leipzig 1870 (Titelseite)
  • Geschichte der deutschen National-Literatur, Elwert´sche Universitäts=Buchhandlung, Marburg und Leipzig 1845
  • Schulreden über Fragen der Zeit, 1846
  • Die Entstehung und Bedeutung der deutschen Familiennamen. Koch, Marburg 1855. (Digitalisat)
  • Die Theologie der Thatsachen wider die Theologie der Rhetorik. Elwert, Marburg 1856. (Digitalisat der 2. Aufl.)
  • Zur neuesten Culturgeschichte Deutschlands. Heyder & Zimmer, Frankfurt/Erlangen 3 Bde., 1858–67. (Digitalisat Theil 1), (Theil 2), (Theil 3)
  • Die Gegenwart und die Zukunft der niederhessischen Kirche in Aphorismen erörtert. Elwert, Marburg 1867. (Digitalisat)
  • Idiotikon von Kurhessen. Elwert, Marburg 1868. (Digitalisat Hauptband)
  • Die Augsburgische Confession. Bertelsmann, Gütersloh 1870 (herausgegeben von Karl Wilhelm Piderit; Digitalisat).
  • Die Lehre vom geistlichen Amt. Elwert, Marburg & Leipzig 1870. (herausgegeben von Karl Wilhelm Piderit; Digitalisat)
  • Theologische Moral. Akademische Vorlesungen. Bertelsmann, Gütersloh 1871. (3 Theile) (herausgegeben von Karl Wilhelm Piderit;Digitalisat Theil 1)
  • Lehrbuch der Pastoraltheologie. Bertelmann, Gütersloh 1872. (herausgegeben von Karl Wilhelm Piderit; Digitalisat)
  • Dogmatik. Akademische Vorlesungen. (2 Bände) Bertelsmann, Gütersloh 1874. (Digitalisat Band 1), (Band 2)
  • Predigten und geistliche Reden. Elwert, Marburg 1876. (Digitalisat)
  • Collegium Biblicum.Praktische Erklärung der heiligen Schrift Alten und Neuen Testaments aus dem handschriftl. Nachlass der akademischen Vorlesungen. (6 Bände) Bertelsmann, Gütersloh 1891.

Literatur

  • Karl Bartsch: Drei deutsche Litterarhistoriker. In: Germania 16 (1871), S. 109–120 (Nachruf auf Vilmar S. 112–115).
  • Jörg Dierken: Kirche: Heilige communio oder Institut Christi? Aspekte der Ekklesiologie A. F. C. Vilmars und A. Ritschls. (Texte und Materialien der Forschungsstätte der Evangelischen Studiengemeinschaft B/12). Heidelberg 1989.
  • Helge Dvorak: Biographisches Lexikon der Deutschen Burschenschaft. Band I: Politiker. Teilband 6: T–Z. Winter, Heidelberg 2005, ISBN 3-8253-5063-0, S. 134–136.
  • Ewald Grothe (Hrsg.): Die Abgeordneten der kurhessischen Ständeversammlungen 1830–1866. (=Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 13 = Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 43). Historische Kommission für Hessen, Marburg 2016, ISBN 978-3-942225-33-5, Nr. KSV-475.
  • Peter Hauptmann: August Vilmars Vermächtnis, in: Lutherische Beiträge, 5. Jg., Nr. 4/2000, S. 277–299.
  • Wilhelm Hopf: August Vilmar. Ein Lebens- und Zeitbild. 2 Bde. Marburg 1913.
Das zweibändige Werk von Wilhelm Hopf aus dem Jahr 1913
  • Rudolf Keller: August Vilmar und seine Schüler. In: Jahrbuch der Hessischen Kirchengeschichtlichen Vereinigung 58 (2007), S. 29–46.
  • Rudolf Keller: Vilmar, August Friedrich Christian. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 26, Duncker & Humblot, Berlin 2016, ISBN 978-3-428-11207-4, S. 814 f. (Digitalisat).
  • Herbert Kemler: Gott mehr gehorchen als den Menschen. Christlicher Glaube zwischen Restauration und Revolution – dargestellt an der kurhessischen Renitenz. (Kirchengeschichtliche Monographien, Bd. 13). Brunnen-Verl., Gießen u. a. 2005 ISBN 3-7655-9490-3.
  • Jochen Lengemann: MdL Hessen. 1808–1996. Biographischer Index (= Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen. Bd. 14 = Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Hessen. Bd. 48, 7). Elwert, Marburg 1996, ISBN 3-7708-1071-6, S. 390.
  • Philipp Losch: Die Abgeordneten der kurhessischen Ständeversammlung 1830–1866. Elwert, Marburg 1909, S. 57.
  • Karl Ramge: Vilmars Bedeutung für die Kirche der Gegenwart. (Kleine Handbücherei für das deutsche Haus, Heft 5), Lichtweg Verlag, Essen 1941.
  • Uwe Rieske-Braun: Vilmar, August Friedrich Christian. In: Theologische Realenzyklopädie 35 (2003), S. 99–102 (mit weiterer Literatur).
  • Klaus-Gunther WesselingVilmar, August Friedrich Christian. In: Biographisch-Bibliographisches Kirchenlexikon (BBKL). Band 12, Bautz, Herzberg 1997, ISBN 3-88309-068-9, Sp. 1414–1423.
  • Karl Wippermann, Edward SchröderVilmar, August. In: Allgemeine Deutsche Biographie (ADB). Band 39, Duncker & Humblot, Leipzig 1895, S. 715–722.
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Einzelnachweise

  1. Georg Heer: Marburger Studentenleben 1527 bis 1927. Eine Festgabe zur 400jährigen Jubelfeier der Universität Marburg. Elwert, Marburg 1926, S. 115
  2. Heinz-Werner Kubitza: Geschichte der Evangelischen Studentengemeinde Marburg. In: Marburger Wissenschaftliche Beiträge. 1. Auflage. Band 1. Tectum Verlag, Marburg 1992, ISBN 978-3-929019-00-1, S. 229.
  3. Geschichte. ESG Marburg, abgerufen am 23. Februar 2022 (deutsch).
  4. August Friedrich Christian Vilmar im Ökumenischen Heiligenlexikon.
  5. Übersicht über den Bestand: Familienarchiv Nachlass August Friedrich Christian Vilmar; 1807-1868 (HStAM Bestand 340 Vilmar a). In: Archivinformationssystem Hessen (Arcinsys Hessen), Stand: 2004, abgerufen am 3. Juni 2012.

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Geschichte der deutschen National-Literatur, Marburg/Leipzig 1870 Erzählungen, Wien 1826 (Titelseite)
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Das Grab des deutschen lutherischen Theologen August Friedrich Christian Vilmar auf dem Hauptfriedhof Marburg.