Attentat

Ein Attentat ist eine Gewalttat, die auf die Tötung oder Verletzung einer Person oder einer Gruppe abzielt. In den meisten Fällen ist das Attentat terroristisch motiviert, in manchen Fällen stehen auch wirtschaftliche Interessen oder eine psychische Störung mit Realitätsverlust hinter einem solchen Anschlag. Oft ist das Attentat verbunden mit öffentlichkeitswirksamen Begleitumständen (öffentlicher Tatort, herausragende Persönlichkeit, Geständnis), die dem Anliegen des Attentäters Nachdruck und öffentliche Bekanntheit verleihen sollen. Bis auf wenige Ausnahmen, die wie der Tyrannenmord ethisch und juristisch gerechtfertigt sein können, gelten Attentate mit Todesfolge als Mord und deren Durchführung als Mordanschlag.

Insbesondere politisch motivierte Attentate auf prominente Opfer können weitreichende Folgen haben. Die Ermordung Julius Cäsars hatte einen Bürgerkrieg zur Folge, das Attentat von Sarajevo löste den Ersten Weltkrieg aus. Das tödliche Attentat auf den israelischen Premierminister Jitzchak Rabin brachte 1995 den Nahost-Friedensprozess zum Erliegen. Attentate können darüber hinaus traumatisierend auf Gesellschaften wirken, etwa die Morde an Abraham Lincoln, John F. Kennedy, Robert F. Kennedy und Martin Luther King in den USA sowie an Gandhi in Indien und Olof Palme in Schweden. Auch Attentate, die ihr Ziel nicht erreichen wie das Attentat vom 20. Juli 1944 auf Adolf Hitler samt versuchtem Staatsstreich können bedeutende Folgen haben.

Begriff

Attentat auf Abraham Lincoln im Ford Theater Washington, 1865

Die ursprüngliche Bedeutung von Attentat, im Deutschen seit dem 16. Jahrhundert bezeugt, war „versuchtes Verbrechen“ (von lat. attentatum „das Versuchte“). Im 19. Jahrhundert wurde der Begriff unter dem Einfluss von frz. attentat „Anschlag“ inhaltlich eingeengt.[1] Attentäter für die Person, die das Attentat ausübt, ist eine nach dem Anschlag auf König Friedrich Wilhelm IV. von Preußen 1844 in einem Drehorgellied als Reimwort zu Hochverräter gebildete Ableitung mit scherzhafter Anlehnung an Täter, die seit dem zweiten Attentat auf Kaiser Wilhelm I. 1878 allgemein üblich geworden ist.[2]

Ziel des Attentats ist meist, eine hochrangige Person oder mehrere Menschen zu töten oder zu verletzen. Neben konventionellen Waffen gebrauchen Attentäter eine Reihe alternativer Angriffsmittel (etwa Gift, Briefbomben, Autobomben). Die Aktion erfolgt durch einen Einzelnen oder eine kleine Gruppe und wendet sich meist demonstrativ gegen eine einflussreiche Macht. Attentate können auch Werkzeuge des Terrorismus sein.

Der Urheber oder Planer der Tat und der ausführende Attentäter müssen nicht notwendigerweise dieselbe Person sein. So sind politisch motivierte Attentate bekannt, die durch Auftragsmörder bzw. Geheimdienstmitarbeiter verübt wurden, etwa die Morde durch Mitglieder des jugoslawischen Geheimdienstes UDBA von Regimegegnern[3] oder das tödliche Attentat des bulgarischen Geheimdienstes auf einen Dissidenten 1978 in London (siehe Regenschirmattentat). Bekannt sind unter anderem auch einige gescheiterte Attentate des amerikanischen Auslandsgeheimdiensts CIA auf den kubanischen Staatschef Fidel Castro (siehe Operation Mongoose).[4]

Begeht eine Tätergruppe ein Attentat, so wird von einem Gruppenattentat gesprochen, ansonsten liegt ein Einzelattentat vor. Der Kriminologe Hans Langemann entwickelte die weitere Unterscheidung zwischen einem Finalattentat, mit dem ein Anschlag sein Ende findet, und dem Initialattentat, mit dem eine Folge weiterer Ereignisse begonnen werden oder das sie auslösen soll, zum Beispiel einen Staatsstreich oder eine Revolution.[5]

Mit derselben Bedeutung wie Attentat wird auch das Wort Anschlag gebraucht, das aber einen größeren Bedeutungsumfang hat. Es kann auch eine Beschädigung oder Zerstörung von Objekten und Abläufen bezeichnen (etwa Sabotageakte) oder auch die Beschädigung von Werten (z. B. „ein Anschlag auf die Pressefreiheit“). Ein Attentat richtet sich dagegen immer gegen Menschen und hat meist die Tötung zum Ziel. Allerdings bilden die sogenannten Säureattentate eine Ausnahme: Bei einem typischen Säureattentat ist nicht die Tötung des Opfers, sondern eine Körperverletzung das Ziel. Außerdem spricht man auch bei der mutwilligen Zerstörung von Gemälden oder anderen Kunstwerken durch Säuren von einem „Säureattentat“, obwohl es sich dabei um eine Sachbeschädigung handelt.

Abgrenzung

Es ist zwischen der Hinrichtung von politischen Gegnern und Attentaten zu unterscheiden: Die Hinrichtung von politischen Gegnern kann als politischer Mord angesehen werden. Wenn sie aber durch staatliche Organe veranlasst wird (Anordnung der Todesstrafe), verleiht dies dem Vorgang zumindest eine vordergründige oder Scheinlegalität. Ein Attentat wird dagegen grundsätzlich als illegale Tat angesehen.

Einzige Ausnahme bildet hier das Widerstandsrecht, das in einzelnen Verfassungen den Bürgern im Kampf gegen diktatorische Herrschaft das Recht auf auch gewalttätigen Widerstand einräumt. Das im Grundgesetz verankerte Widerstandsrecht (Art. 20 Abs. 4 GG) schließt den Tyrannenmord als letztes Widerstandsmittel gegen einen Diktator nicht aus. In diesem Fall fiele die Tötung einer politischen Führungspersönlichkeit nicht unter den Straftatbestand des Mordes, sondern wäre gesetzlich legalisiert.

Zielpersönlichkeiten

Das Ziel eines Anschlages ist bei einem Attentat ein Entscheidungsträger oder ein Repräsentant, meist eine Persönlichkeit von hohem politischen, religiösen oder gesellschaftlichen Rang, nicht eine Privatperson. Der Kreis der prominenten öffentlichen Persönlichkeiten umfasst zum Beispiel Staatsoberhäupter, Regierungsmitglieder, Richter, hochrangige Militärs, aber auch Journalisten oder Wirtschaftsführer, wenn sie eine besondere Rolle in der Politik spielen. Auch örtliche Beamte wie Oberbürgermeister oder Polizeichefs zählen zu den prominenten Personen. Darüber hinaus zählen Führer politischer Parteien, großer Gewerkschaften, sozialer und religiöser Organisationen, Führer von Minderheiten, Schriftsteller und andere prominente Mitglieder wichtiger sozialer Institutionen zu den öffentlichen und somit gefährdeten Personen.

Bekannte Attentate (Auswahl)

Siehe auch

Literatur

  • Manfred Schneider: Das Attentat. Kritik der paranoischen Vernunft. Matthes & Seitz Berlin, Berlin 2010, ISBN 978-3-88221-537-3.
  • Dirk Lange: Die politisch motivierte Tötung. Frankfurt am Main 2007, ISBN 3-631-56656-5.
  • Sven Felix Kellerhoff: Attentäter – Mit einer Kugel die Welt verändern. Böhlau, Köln 2003, ISBN 3-412-03003-1.
  • Jörg von Uthmann: Attentat – Mord mit gutem Gewissen. Siedler, Berlin 2001, ISBN 3-572-01263-5.
  • Alexander Demandt (Hrsg.): Das Attentat in der Geschichte. Bechtermünz, Augsburg 2000, ISBN 3-8289-0339-8.
  • Wolfgang Plat: Attentate. Eine Sozialgeschichte des politischen Mordes. Econ, Düsseldorf und Wien 1982, ISBN 3-430-17495-3.
  • Will Berthold: Die 42 Attentate auf Adolf Hitler. Wilhelm Goldmann, München 1981.
  • Hans Langemann: Das Attentat. Eine kriminalwissenschaftliche Studie zum politischen Kapitalverbrechen. Kriminalistik-Verlag, Hamburg 1957.
Commons: Assassination – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Attentat – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Duden. Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 25., durchgesehene und erweiterte Auflage bearbeitet von Elmar Seebold. Walter de Gruyter, Berlin/Boston 2011, S. 69.
  2. Friedrich Kluge: Etymologisches Wörterbuch der deutschen Sprache. 18. Auflage, bearbeitet von Walther Mitzka. Walter de Gruyter, Berlin 1960, S. 35.
  3. OLG München, Urteil vom 3 August 2016 – 7 St 5/14 (2): Tötung eines Regimekritikers aus niedrigen Beweggründen.
  4. Anita Snow: CIA Plot to Kill Castro Detailed. Washington Post, 27. Juni 2007.
  5. Alexander Elster, Rudolf Sieverts, Heinrich Lingemann, Hans Joachim Schneider (Hrsg.): Handwörterbuch der Kriminologie. Band 4. De Gruyter, Berlin 1979, ISBN 978-3-11-008093-3, S. 157.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Lincolnassassination.jpg
Lithograph of the Assassination of Abraham Lincoln. From left to right: Henry Rathbone, Clara Harris, Mary Todd Lincoln, Abraham Lincoln, and John Wilkes Booth. Rathbone is depicted as spotting Booth before he shot Lincoln and trying to stop him as Booth fired his weapon. Rathbone actually was unaware of Booth’s approach, and reacted after the shot was fired. While Lincoln is depicted clutching the flag after being shot, it is also possible that he just simply pushed the flag aside to watch the performance.