Atlantic-City-Konferenz

Die Atlantic-City-Konferenz bezeichnet eine viertägige Zusammenkunft hochrangiger Mobster der amerikanischen Cosa Nostra und der Kosher Nostra, die zwischen dem 13. und dem 16. Mai 1929 in Atlantic City stattgefunden haben soll.[1] Von den meisten Verbrecherhistorikern wird diese Zusammenkunft als das früheste Gipfeltreffen der kriminellen Unterwelt betrachtet, das in den Vereinigten Staaten bis dato abgehalten wurde und gilt als erster Schritt zur Gründung des sogenannten National Crime Syndicates.[2]

Eindeutige Details zur besagten Konferenz sind heute schwer zu belegen.[3] Jedoch wird angenommen, dass viele einflussreiche Mobster auf der Konferenz darüber sprachen, wie man künftig die heftigen Kriege im Alkoholschmuggel-Geschäft in New York City und Chicago vermeidet und auch über den Ausbau anderer illegalen Operationen, um den Gewinnverlust nach der wahrscheinlichen Aufhebung der Prohibition ausgleichen zu können.

Die Konferenz

Die Konferenz wurde von Meyer Lansky, „Johnny“ Torrio, „Lucky“ Luciano und Frank Costello einberufen. Der Organisator der Konferenz war der korrupte und äußerst einflussreiche Politiker Enoch „Nucky“ Johnson, der für die Hotelunterbringungen sowie die Unterhaltung sorgte und ebenso garantierte, dass es keine Einmischung der örtlichen Behörden geben würde. Untergebracht wurden die Mobster im Ritz-Carlton und dem Ambassador Hotel. Die ersten drei Tage gab es eine konstante Runde von Partys in den Hotels und Nucky Johnson lieferte Mengen an Alkohol, Essen und Mädchen für die Unterhaltung.

Die größte Delegation der Konferenz stammte aus dem Raum New York. Die Bande mit dem größten Einfluss im mittleren Westen wurde durch die Bande von „Al“ Capone aus Chicago repräsentiert. Zwei der mächtigsten Anführer der kriminellen Unterwelt, „Joe“ Masseria und Salvatore Maranzano aus New York City, wurden jedoch nicht eingeladen, da sie als sogenannte Mustache Petes stets die traditionellen Ideale und Geschäftspraktiken der alten Heimat beibehalten wollten und die Zusammenarbeit mit anderen ethnischen Banden außerhalb der italienischen Unterwelt nur im geringen Maße duldeten.

Sie führten ihre privaten Gespräche in Konferenzräumen des Hotels durch. Jedoch wurden nicht alle Sitzungen in einem Raum am langen Tisch gehalten, sondern auch spazierend im Freien und am Strand. Dieser Umstand machte die Konferenz bei den lokalen Zeitungen zu keinem großen Geheimnis und so wurden Zeitungen mit Fotos von Al Capone und anderen prominenten Delegierten geschmückt, wie sie beispielsweise an der New Jersey Uferpromenade spazierten oder am Strand ihre Füße ins Wasser tauchten.[4]

Tagesthemen

Unter den Teilnehmern gab es einige wichtige Punkte zu diskutieren. Man sprach über die stetige Konkurrenz im Schmuggelgeschäft und wie man den Profit unter den Banden am besten aufteilte. Es wurde beschlossen, sich während des Restes der Prohibitionszeit nicht mehr zu bekämpfen und miteinander zusammenzuarbeiten, um Ressourcen und Gewinne zu maximieren und ein nationales Monopol im illegalen Schnapsgeschäft zu entwickeln.

Man sprach über die eventuelle Aufhebung der Prohibition und somit künftig größere Investitionen in Glücksspielgeschäften wie Buchmacherei, Pferderennen und Casinos zu tätigen. Man sprach darüber, legitimere Brauereien, Brennereien und ein neues Schnapsimport-Geschäftsmodell zu schaffen, Investitionen in das legitime Spirituosengeschäft zu tätigen und durch den Besitz von Diskotheken, Bars und Restaurants den Alkohol zu vertreiben und Gewinne somit zu maximieren.

Ebenso sprach man über wachsende Gewalt in Chicago und wachsenden Druck der Medien und Behörden durch Gewalttaten wie zum Beispiel das sogenannte Valentinstag-Massaker und wie man dagegen vorgehen könne. Al Capone willigte nach vielen Diskussionen und Ablehnungen ein, sich als gewähltes „Opferlamm“ mit einer geringfügigen Anklage festnehmen zu lassen, um so den Druck auf die Unterwelt zu verringern, während sein ehemaliger Boss von Al Capone namens Johnny Torrio die vorläufige Führung übernahm und Luciano und die anderen Bosse ihn unterstützten. Nach Abschluss der Konferenz gingen Capone und sein Leibwächter „Frank“ Rio nach Philadelphia, wo sie von zwei freundlichen Polizisten verhaftet wurden. Capone und Rio wurden zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, wurden aber bereits nach einigen Monaten wieder aus der Haft entlassen.[5]

Teilnehmer

NameZuordnungStadtPositionAnmerkung
Enoch Lewis „Nucky“ JohnsonAtlantic CityBossOrganisator
Charles „Lucky“ LucianoMasseria-FamilieNew York CityLieutenantInitiator
Frank CostelloMasseria-FamilieNew York CitySoldatoInitiator
Joe AdonisMasseria-FamilieNew York CitySoldato
Vito GenoveseMasseria-FamilieNew York CitySoldato
Guarino „Willie“ MorettiMasseria-FamilieNew York CitySoldato
Francesco „Frank“ ScaliceAl Mineo-ClanNew York CityLieutenant
Vincent ManganoAl Mineo-ClanNew York CityLieutenant
Albert AnastasiaAl Mineo-ClanNew York CitySoldato
Carlo GambinoAl Mineo-ClanNew York CitySoldato
Tommaso „Tommy“ GaglianoReina-GangNew York CityUnderboss
Thomas „Tommy“ LuccheseAl Mineo-ClanNew York CityLieutenant
Alphonse Gabriel „Scarface Al“ CaponeChicago OutfitChicagoBoss
Francesco Raffaele „Frank“ NittiChicago OutfitChicagoUnderboss
Giovanni „Johnny“ TorrioChicago OutfitNew York Citystiller BeraterInitiator
Franklin „Frank“ RioChicago OutfitChicagoSoldato
Jake „Greasy Thumb“ GuzikChicago Outfit-AssoziierterChicagoAssociate
Frank McErlaneSaltis-McErlane GangChicagoBoss
John „Brother John“ LaziaKansas City-FamilieKansas CityLieutenant
Santo Trafficante, Sr.Tampa MafiaTampaUnderboss
Sylvestro „Dam“ CarollaMatranga-FamilieNew OrleansLieutenant
Frank „Butsey“ MorelliNeuengland-FamilieProvidenceBoss
Frank „The Cheeseman“ CucchiaraNeuengland-FamilieBostonLieutenant
Charles „King“ SolomonSeven GroupBoston
Max „Boo Boo“ HoffSeven GroupPhiladelphia
Harry „Nig“ RosenSeven GroupPhiladelphia
Waxey GordonPhiladelphia
Irving BitzPhiladelphia
Charlie SchwartzPhiladelphia
Samuel LazarPhiladelphia
Morris Barney „Moe“ DalitzLittle Jewish NavyCleveland
Louis RothkopfLittle Jewish NavyCleveland
Leo „Charles Polizzi“ BerkowitzLittle Jewish NavyCleveland
Abe BernsteinPurple GangDetroitBoss
William „Bugs Bill“ BernsteinPurple GangDetroit
Meyer LanskyBugs and Meyer MobNew York CityBossInitiator
Benjamin „Bugsy“ SiegelBugs and Meyer MobNew York CityBoss
Dutch SchultzBugs and Meyer MobNew York CityBoss
Abner „Longy“ ZwillmanBugs and Meyer MobNew Jersey
Louis „Lepke“ BuchalterBrownsville BoysNew York CityBoss
Jacob „Gurrah“ ShapiroBrownsville BoysNew York CityBoss
Owney MaddenNew York CityBoss
Frank EricksonNew York City

Einzelnachweise

  1. 80 years ago, the Mob came to Atlantic City for a little strategic planning. Press of Atlantic City, abgerufen am 6. August 2012.Vorlage:Cite web/temporär
  2. Sifakis, S. 21–22
  3. Mob Fest ’29: The True Story Behind the Birth of Organized Crime
  4. English, p. 172
  5. Sunrise House – The History of the Mafia’s Hand in Drugs & Crime in Atlantic City
  • Jack McPhaul: Johnny Torrio: The First of the Gang Lords. Arlington House, 1970.
  • Hank Messick: Lansky. Berkley Medallion, 1971.
  • Martin Gosch & Richard Hammer: The Last Testament of Lucky Luciano. Dell Publishing Company, 1974.
  • George Wolf: Frank Costello: The Prime Minister of the Underworld. William Morrow & Company, 1974.
  • Jean Pierre Charbanneau: The Canadian Connection. Optimum Publishing, 1976.
  • Willie Fopiano John Harney: The Godson: A True Life Account of 20 Years Inside the Mob. St. Martins Press/Thomas Dunne Books, 1993.
  • Time Life Books: True Crime: Mafia. Time Warner, 1993.
  • Carl Sifakis: The Mafia Encyclopedia: Second Edition. Checkmark Books, 1999.
  • Thomas Reppetto: The American Mafia: A History of Its Rise to Power. Henry Holt & Company, 2004.
  • T. J. English: Paddy Wacked: The Untold Story of the Irish American Gangster. Regan Books, 2005.