Atheistische Organisationen in Österreich

Dieser Artikel beschreibt einige atheistische Organisationen in Österreich. Die aktuell auf dem Gebiet der Republik Österreich aktiven atheistischen Organisationen entstanden mehrheitlich im 21. Jahrhundert, insbesondere in den 2010er-Jahren. Nur ein Bruchteil der österreichischen Atheisten ist in diesen Vereinen vertreten.[1]

Organisationen

Es gibt in Österreich aktuell einige aktive atheistische Organisationen. Zu diesen zählen (in alphabetischer Reihenfolge): die Allianz für Humanismus und Atheismus (AHA), die Atheisten Österreich, die Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG), das Atheist Republic Vienna Consulate, der Verein evo, die Giordano Bruno Regionalgruppe Österreich (GBRÖ), der Humanistische Verband Österreich (HVÖ) und die Säkulare Flüchtlingshilfe Österreich.

Allianz für Humanismus und Atheismus

Der Verein Allianz für Humanismus und Atheismus (AHA) ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Die Allianz für Humanismus und Atheismus ist aus der oberösterreichischen Landesgruppe des Freidenkerbund Österreich heraus entstanden. Sie ist seit 1988 ein selbständiger Verein, der unter dem Namen „Allianz für Humanismus und Atheismus“ im ZVR eingetragen ist und seinen Sitz in Linz hat.

Atheisten Österreich
Logo
Gründung21.12.2018
SitzStallhofen
ZweckVernetzen, Aufklärung, Religionskritik, Trennung von Staat und Kirche
VorsitzDustin Krinzer
Mitglieder~ 107 (August 2020)
Websiteavoesterreich.at

Atheisten Österreich

Der Verein Atheisten Österreich ist eine atheistische Organisation innerhalb der Republik Österreich.[2] Er hat unter anderem den Zweck einer Interessenvertretung von Menschen, die eine konsequente Trennung von Staat und Religion anstreben und nicht religiöse Konzepte und Vorstellungen, sondern Humanismus und Wissenschaft, als Basis der Gesetzgebung, gesellschaftlichen Zusammenlebens und ihrer persönlichen Ausrichtung unterstützen.[3] Dabei wird auf die eigene Internetpräsenz gebaut (Website und diverse Social-Media Kanäle). Der Verein veranstaltet zudem Stammtische in einigen Landeshauptstädten in Österreich. Außerdem ist er Mitglied der Atheist Alliance International.[4]

Geschichte

Der Verein Atheisten Österreich wurde am 21. Dezember 2018 gegründet.[2] Er ist unter dem Namen „Atheisten Österreich“ im ZVR eingetragen, hat seinen Sitz in Stallhofen in der Steiermark und zählt mit knapp über 50 Mitgliedern bereits zu den größeren atheistischen Organisationen in Österreich.[1] Vor der Vereinsgründung wurde eine Initiative vom derzeitigen Obmann gestartet, welche sich rein auf eine Social-Media Seite konzentrierte. Durch großes Interesse und Wachstum wurde ein Verein gegründet.

Ethik-Kampagne

Der Vorstoß der Regierung im Mai 2020 zum Thema Ethikunterricht[5] wurde vom Verein kritisch beäugt. Unter anderem kritisieren sie die Diskriminierung, die vom Gesetzesentwurf ausgeht.[6] Dazu wurde auch eine Stellungnahme beim österreichischen Parlament eingebracht.[7] Mit Ablauf der Frist konnten 67 Zustimmungen erzielt werden. Zum Abschluss der Kampagne wurde auch eine Kundgebung vor dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Forschung abgehalten.[8]

Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich

Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich
Basisdaten
AbkürzungARG
Gründungetwa 2007[9]
Antragstellung beim Kultusamt30.12.2019[9]
Mitgliederüber 370[10]
Websitewww.atheistisch.at

Die Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich (ARG) ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Sie versteht sich als atheistische religiöse Bekenntnisgemeinschaft und möchte langfristig eine volle Gleichberechtigung und Anerkennung als Religionsgesellschaft in Österreich erreichen und damit auch neue Räume kultureller Partizipation für Atheistinnen und Atheisten eröffnen.[11] Die Atheistische Religionsgesellschaft ist aktuell die größte atheistische Organisation in Österreich.[1][12][13][14]

Geschichte

Das Projekt Atheistische Religionsgesellschaft wurde etwa 2007 gegründet.[9] Am 30. Dezember 2019 wurde die Eintragung als staatlich eingetragene religiöse Bekenntnisgemeinschaft beim Kultusamt beantragt;[9][15] derzeit läuft beim Verwaltungsgericht Wien ein Beschwerdeverfahren gegen einen abweisenden Bescheid des Kultusamts, der sich auf das Bekenntnisgemeinschaftengesetz stützt.[16]

Religionslehre

Die vom Bekenntnisgemeinschaftengesetz verlangte Darstellung der Religionslehre findet sich im § 2 der ARG-Statuten.[17] Zu Transzendenzbezügen der Atheistischen Religionsgesellschaft gibt es auf der ARG-Homepage eine vierteilige Beitragsserie.[18]

Interreligiöser Dialog

Dialog – auch interreligiöser Dialog – spielt im Selbstverständnis der Atheistischen Religionsgesellschaft eine wichtige Rolle. In der Religionslehre heißt es dazu: „Dialog mit anderen und andersdenkenden Menschen hilft uns, unser eigenes Leben in einem breiteren Zusammenhang zu sehen und zu verstehen. Indem wir uns auf die Welten anderer Menschen einlassen, transzendieren wir unseren eigenen Erfahrungshorizont.“[19] Dementsprechend engagiert sich die Atheistische Religionsgesellschaft auch im interreligiösen Dialog.

Im November 2016 regten Präsidiumsmitglieder der Atheistischen Religionsgesellschaft in einem Schreiben an Papst Franziskus an, den Katechismus der Katholischen Kirche im Hinblick auf Aussagen zum Atheismus zu ändern; die Beantwortung des Schreibens erfolgte im Auftrag des Papstes durch das Staatssekretariat.[20][21]

Bei der Gedenkfeier am 20. September 2018 vor dem Mahnmal für die österreichischen jüdischen Opfer der Schoah am Judenplatz in Wien zum Auftakt des 32. Internationalen Altkatholikenkongresses 2018 in Wien wurde auch ein Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft unter den Ehrengästen begrüßt.[22]

Politik

Im Jahr 2017 hat ein Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft die Erwähnung einer „Treue zu Gott“ in der Präambel zur Tiroler Landesverfassung in Erinnerung gerufen.[23]

In Tirol hat ein Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft im Dezember 2018 eine Petition an den Tiroler Landtag zum Heim Martinsbühel eingebracht.[24] Diese Petition hat sich sehr rasch zu einer stark unterstützten Petition an den Tiroler Landtag entwickelt.[24][25]

Im Begutachtungsverfahren zum Ministerialentwurf für ein Gesetz zur Einführung des Ethikunterrichts in Österreich hat das Präsidium der Atheistischen Religionsgesellschaft am 30. Mai 2020 eine Stellungnahme abgegeben.[26]

Kritik

Der evangelische Theologe Ulrich Körtner hat in einem Gastkommentar in der Presse die Atheistische Religionsgesellschaft als Vertreterin eines Neuen Atheismus, der „das elementare Menschenrecht auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit infrage“ stelle und damit „in seinen Konsequenzen freiheitsgefährdend“ sei, kritisiert.[27] Diese Kritik wurde von einem Präsidiumsmitglied der Atheistischen Religionsgesellschaft in einem Gastkommentar in der Wochenzeitung Die Furche aufgegriffen. Der Gastkommentar weist unter anderem darauf hin, dass die Atheistische Religionsgesellschaft „das Menschenrecht auf Religionsfreiheit nicht nur nicht in Frage stellt, sondern auch für sich in Anspruch nimmt“ und „auf ihre Weise zu einem etwas entspannteren Umgang mit Atheismus und Religion“ einlädt.[28]

Der Philosoph Konrad Paul Liessmann hat in der NZZ und dann auch in der Kleinen Zeitung und in der Neuen Vorarlberger Tageszeitung ebenfalls Kritik an der Atheistischen Religionsgesellschaft geäußert, unter anderem mit dieser Frage: „Nicht an einen Gott zu glauben, will also das Gleiche sein, wie an einen Gott zu glauben?“[29][30][31][32][33][34]

Atheist Republic Vienna Consulate

Atheist Republic Vienna Consulate ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Atheist Republic Vienna Consulate ist als Teil der von Armin Navabi gegründeten Facebook-Community Atheist Republic im Jahr 2019 entstanden.

Verein evo

Die Organisation Verein evo (für Evolution) ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Sie wurde 2011 gegründet und war zunächst unter der Bezeichnung gottlos.at aktiv.

Giordano Bruno Regionalgruppe Österreich

Die Giordano Bruno Regionalgruppe Österreich (GBRÖ) ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Sie ist als österreichische Regionalgruppe der Giordano-Bruno-Stiftung entstanden. Seit 2014 ist sie ein selbständiger Verein, der unter dem Namen „Giordano Bruno Regionalgruppe Österreich“ im ZVR eingetragen ist und seinen Sitz in Wien hat.

Humanistischer Verband Österreich

Der Humanistische Verband Österreich ist eine säkular-laizistische Freidenkerorganisation. Er hat seinen Sitz in Wien und wurde 1978 unter dem Namen Freidenkerbund Österreich gegründet.

Säkulare Flüchtlingshilfe Österreich
Gründung19.08.2020
GründerinSilvia Gerger
SitzWien
ZweckUnterstützung von Atheistinnen und Atheisten, die in Österreich um Asyl ansuchen (z. B. Ex-Moslems)
Websiteatheistrefugeesaustria.wordpress.com

Säkulare Flüchtlingshilfe Österreich

Die Säkulare Flüchtlingshilfe Österreich ist eine atheistische Organisation auf dem Gebiet der Republik Österreich. Sie wurde etwa 2019 gegründet. Seit 2020 ist sie ein selbständiger Verein, der unter dem Namen Säkulare Flüchtlingshilfe – Österreich im ZVR eingetragen ist und seinen Sitz in Wien hat.

Statistisches

Nach Ergebnissen der Europäischen Wertestudie 2018 haben sich im Jahr 2018 etwa vier Prozent der in Österreich lebenden Menschen „als überzeugte Atheisten“ bezeichnet.[35] Das entspricht etwa 352.800 Personen.[36]

Eine Auflistung zur „Atheistenszene Österreich“ auf der Webseite der Atheisten Österreich zeigt, dass aktuell (Mai 2020) wohl nur ein sehr kleiner Bruchteil der Atheistinnen und Atheisten Österreichs auch Mitglied einer atheistischen Organisation in Österreich ist.[1]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b c d Atheistenszene Österreich, avoesterreich.at, abgerufen am 18. Mai 2020.
  2. a b Atheisten Österreich: Ein junger Verein stellt sich vor, hpd.de, Artikel vom 5. November 2019, abgerufen am 22. Januar 2020.
  3. Wir sind Atheisten Österreich. In: Atheisten Österreich. 30. März 2020, abgerufen am 9. August 2020 (deutsch).
  4. Our Affiliates. In: Atheist Alliance International. Abgerufen am 10. Februar 2021 (amerikanisches Englisch).
  5. Karl Ettinger: Ethikunterricht ab 2021 Pflicht. Abgerufen am 9. August 2020.
  6. Ethikunterricht: "Atheisten Österreich" kritisieren das Vorgehen der Regierung. In: Atheisten Österreich. Abgerufen am 9. August 2020 (deutsch).
  7. Schulorganisationsgesetz, Land- und forstwirtschaftliche Bundesschulgesetz, Änderung (5/SN-25/ME), auf parlament.gv.at
  8. Atheisten protestieren gegen geplanten Ethikunterricht. 12. Juni 2020, abgerufen am 9. August 2020.
  9. a b c d Atheisten stellten Antrag auf Bekenntnisgemeinschaft, religion.orf.at, Artikel vom 2. Januar 2020, abgerufen am 19. Januar 2020.
  10. Kirche in Bewegung. Zeitschrift der Altkatholischen Kirche Österreichs, Jahrgang Nr. 56, Heft Nr. 3/2021, Seite 5.
  11. Vgl. § 3 Absatz 1 der Statuten. Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich, 13. April 2018, abgerufen am 19. Januar 2020.
  12. Atheisten: Verfahren um Anerkennung geht weiter, religion.orf.at, Artikel vom 18. Mai 2020, abgerufen am 19. Mai 2020.
  13. Kultusamt: Antrag von Atheisten abgelehnt, religion.orf.at, Artikel vom 4. November 2020, abgerufen am 4. November 2020.
  14. Das Eintragungsverfahren der Atheistischen Religionsgesellschaft in Österreich, ruhrbarone.de, Blog-Artikel vom 4. November 2020, abgerufen am 4. November 2020.
  15. Kundmachungen und Bekanntmachungen des Kultusamtes, abgerufen am 19. Januar 2020.
  16. Kultusamt: Atheisten kämpfen weiter, religion.orf.at, Artikel vom 1. Dezember 2020, abgerufen am 1. Dezember 2020.
  17. Statuten. Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich, 13. April 2018, abgerufen am 19. Januar 2020.
  18. Transzendenz (Teil 1/4), atheistisch.at, 23. September 2021, abgerufen am 26. September 2021.
  19. § 2 Absatz 7 der Statuten. Atheistische Religionsgesellschaft in Österreich, 13. April 2018, abgerufen am 19. Januar 2020.
  20. Atheisten hoffen auf Änderung im Katechismus, religion.orf.at, 12. Oktober 2017, abgerufen am 19. Januar 2020.
  21. Atheisten fordern Änderung des Katechismus, katholisch.de, 13. Oktober 2017, abgerufen am 19. Januar 2020.
  22. Altkatholische Kirche bittet um Vergebung, Pressetext auf der Website der Altkatholischen Kirche Österreichs, 20. September 2018, abgerufen am 19. Januar 2020.
  23. Tirols Verfassung und die "Treue zu Gott", derstandard.at, 3. Oktober 2017, abgerufen am 9. November 2021.
  24. a b Heim Martinsbühel: Petition an Tiroler Landtag, religion.orf.at, 15. Januar 2019, abgerufen am 19. Januar 2020.
  25. Petitionen an den Tiroler Landtag, Verzeichnis auf der Website des Tiroler Landtages, abgerufen am 19. Januar 2020.
  26. Stellungnahme 3/SN-25/ME (XXVII. GP), Website des Parlaments der Republik Österreich, abgerufen am 4. Juni 2020.
  27. Ulrich H. J. Körtner, Kontra Kirchenprivilegien: Atheismus und Religionsfreiheit. In: Die Presse. 4. April 2013, Seite 26, abgerufen am 19. Januar 2020.
  28. Wilfried Apfalter, Wie viel Religion wollen wir? In: Die Furche. 13. Juni 2019, Nr. 24/2019, Seite 14, abgerufen am 19. Januar 2020.
  29. Konrad Paul Liessmann, In Österreich verlangt eine Gruppe von Atheisten die Anerkennung als Religionsgemeinschaft. In: Neue Zürcher Zeitung. 14. Januar 2020, abgerufen am 19. Januar 2020.
  30. Konrad Paul Liessmann, Ridiküle Religionen. In: Kleine Zeitung. 18. Januar 2020, Seite 12.
  31. Konrad Paul Liessmann, Ridiküle Religionen. In: Neue Vorarlberger Tageszeitung. 18. Januar 2020, Seite 10, abgerufen am 18. Januar 2020.
  32. Unsere Replik in der NZZ auf Konrad Paul Liessmann, atheistisch.at, abgerufen am 28. Januar 2020.
  33. Weitere Replik auf Konrad Paul Liessmann: Atheismus und Religion, atheistisch.at, abgerufen am 7. Februar 2020.
  34. Religion kann mehr sein, atheistisch.at, abgerufen am 22. Mai 2020.
  35. Religiosität entkoppelt sich von Gemeinschaften, religion.orf.at, Artikel vom 5. November 2018, abgerufen am 23. Januar 2020.
  36. Bevölkerungszahl Österreichs stieg zu Jahresbeginn 2018 auf rund 8,82 Mio., Pressemitteilung 11.708-019/18 auf der Website der Statistik Austria, abgerufen am 19. Januar 2020.

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