Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven
Arndt Burchard Ludwig Freiherr Freytag von Loringhoven (* 12. November 1956 in München)[1] ist ein deutscher Diplomat im Ruhestand. Von 2020 bis 2022 war er als deutscher Botschafter in Polen tätig.[2] Zuvor war er von 2007 bis 2010 Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes, von 2014 bis 2016 Botschafter in Tschechien und anschließend bis 2019 Beigeordneter Generalsekretär der NATO.
Leben
Freytag von Loringhovens Familie ist eine der baltischen Linien des ursprünglich westfälischen Adelsgeschlechts Frydag. Sein Vater Bernd Freytag von Loringhoven aus der Familie derer von Freytag von Loringhoven war Offizier und von Juli 1944 bis zum 30. April 1945 als Adjutant bei den täglichen militärischen Lagebesprechungen im Führerbunker in Berlin. Arndt stammt aus der zweiten Ehe seines Vaters mit Ilse-Verna Kraul.
Freytag von Loringhoven studierte ab 1974 in Bonn und an der Freien Universität Berlin die Fächer Geschichtswissenschaft, Philosophie und Chemie. 1976 wechselte er an die Universität Oxford; ein Studium der Biochemie schloss er 1980 mit einem Master of Arts und der Promotion ab. Am Max-Planck-Institut für Biochemie in Martinsried bei München nahm er 1984 eine Forschungstätigkeit auf.
Freytag von Loringhoven ist mit der Journalistin und Politologin Barbara von Ow[3] verheiratet und hat zwei Söhne und eine Tochter.
Laufbahn
1986 begann Freytag von Loringhoven seine Laufbahn im höheren Auswärtigen Dienst des Auswärtigen Amtes. Ab 1989 war er Referent an der Deutschen Botschaft Paris und ab 1992 an der Deutschen Botschaft Moskau. Ab 1994 war er im Planungsstab des Auswärtigen Amtes und ab 1998 im Büro des Bundesministers des Auswärtigen tätig. 2002 kehrte er als Leiter der politischen Abteilung an die Botschaft in Moskau zurück. Ab 2005 wurde er in der Politischen Abteilung des Auswärtigen Amtes eingesetzt. Von 2007 bis 2010 war er Vizepräsident des Bundesnachrichtendienstes und von August 2010 bis August 2014 stellvertretender Leiter der Europaabteilung im Auswärtigen Amt. Von August 2014 bis November 2016 war Freytag von Loringhoven Botschafter der Bundesrepublik Deutschland in der Tschechischen Republik.[4][5] Vom 1. Dezember 2016 bis zum 2. Dezember 2019 hatte er das neu geschaffene Amt des Beigeordneten Generalsekretärs der NATO für Nachrichtenwesen und Sicherheit in Brüssel inne und leitete die Abteilung für Nachrichtenwesen im Internationalen Militärstab.[6] Sein Nachfolger wurde David Cattler aus den Vereinigten Staaten.
Ab dem 1. Juli 2020 sollte Freytag von Loringhoven als deutscher Botschafter in Warschau tätig sein, die polnische Regierung verweigerte ihm zunächst ohne inhaltliche Begründung das diplomatische Agrément.[7][8] Nach Einschätzung der konservativen polnischen Tageszeitung Rzeczpospolita bestanden Vorbehalte aufgrund der Rolle seines Vaters im Zweiten Weltkrieg.[9] Nach einem Bericht der linksliberalen Gazeta Wyborcza sah es der Vorsitzende der Regierungspartei PiS, Jarosław Kaczyński, als Provokation der Bundeskanzlerin Angela Merkel an, den Sohn eines Wehrmachtsoffiziers, der bis zum Schluss im Führerbunker Dienst getan habe, als Botschafter nach Warschau zu entsenden. Die Zeitung befand in einem Kommentar, dass Freytag als „einer der besten Diplomaten“ Berlins gelte und seine Entsendung nach Warschau die deutsch-polnischen Beziehungen aufwerte.[10] Am 1. September stimmte die polnische Regierung dem Amtsantritt zu,[11][12] und am 15. September überreichte er sein Beglaubigungsschreiben dem Präsidenten der Republik Polen, Andrzej Duda.[2] Er übergab die Amtsgeschäfte als Botschafter im Sommer 2022 an Thomas Bagger und trat in den Ruhestand.
In einem Interview für das polnische Internetportal Onet erklärte er 2023, die deutsche Russland-Politik unter Angela Merkel habe „in einer Katastrophe geendet“. Er warf der früheren Kanzlerin vor, trotz des russisch-ukrainischen Kriegs die Pipeline Nord Stream 2 vorangetrieben zu haben. Auch kritisierte er die aus dem Zweiten Weltkrieg herrührenden polnischen Reparationsforderungen, in Warschau seien die gewaltigen Territorialverluste Deutschlands nach dem Krieg zugunsten Polens überhaupt nicht thematisiert worden.[13] Im selben Jahr erschien in Warschau in Buchform unter dem Titel „Wir bauen nicht das IV. Reich“ ein 350 Seiten umfassendes Interview mit Freytag von Loringhoven.
Publikationen
- Nachdenken über Europas Zukunft in Zeiten der Krise. In: EU-in-BRIEF. Europäische Bewegung Deutschland, 9. März 2012, abgerufen am 11. März 2012.
- Nie budujemy IV Rzeszy. Arndt Freytag von Loringhoven, ambasador Niemiec w Polsce 2022-2022, w rozmowie z Jędrzejem Bielieckim ujawna plany Berlina. Bellona, Warschau 2023, ISBN 978-8-311171-20-6.
- mit Leon Erlenhorst: Putins Angriff auf Deutschland: Desinformation, Propaganda, Cyberattacken. Fake News aus Moskau: wie Russland unsere Demokratie angreift. Econ, Berlin 2024, ISBN 978-3430211192.
Weblinks
- Lebenslauf. In: Webseite der Deutschen Vertretungen in Polen. Archiviert vom am 28. November 2021; abgerufen am 25. Oktober 2020.
- Assistant Secretary General for Intelligence and Security 2016. Nato, 8. Februar 2017 .
- Lebenslauf des Vizepräsidenten Dr. Arndt Freiherr Freytag von Loringhoven. Webseite des BND ehemals im (nicht mehr online verfügbar)
- Nato-Geheimdienst: Die Nummer Drei der Nato – tagesspiegel.de
Einzelnachweise
- ↑ EintragArndt Freiherr Freytag von Loringhoven ( vom 25. September 2010 im Internet Archive) in der Personendatenbank des höheren Adels von Herbert Stoyan.
- ↑ a b Meldung im Bundesanzeiger: BAnz AT 05.10.2020 S1
- ↑ EintragBarbara v. Ow-Wachendorf ( vom 25. September 2010 im Internet Archive) in der Personendatenbank des höheren Adels von Herbert Stoyan
- ↑ Webseite der Deutschen Botschaft Prag ( vom 4. September 2014 im Internet Archive)
- ↑ Webseite der Deutschen Botschaft Prag ( vom 28. Januar 2017 im Internet Archive)
- ↑ Arndt Freytag von Loringhoven: Deutscher wird erster Geheimdienst-Chef der Nato. (handelsblatt.com [abgerufen am 22. Oktober 2016]).
- ↑ Monika Sieradzka: Diplomatische Verwirrungen: Warum es in Warschau seit Wochen keinen deutschen Botschafter gibt. In: mdr.de. 25. August 2020, abgerufen am 25. August 2020.
- ↑ Christoph von Marschall: Polen lässt deutschen Botschafter nicht ins Land. Tagesspiegel, 28. August 2020, abgerufen am 28. August 2020.
- ↑ Polen verweigert Botschafter die Zustimmung – angeblich wegen NS-Vergangenheit des Vaters, Handelsblatt, 26. August 2020
- ↑ Bartosz T. Wieliński, Kolejna antyniemiecka kampania PiS, in: Gazeta Wyborcza, 28. August 2020, S. 4
- ↑ Polen akzeptiert deutschen Botschafter nach langer Wartezeit. Abgerufen am 30. März 2023.
- ↑ William Echikson: Germany overcame its history. Why can’t Poland? In: Politico. Politico, 8. Oktober 2020, abgerufen am 10. Oktober 2020 (englisch).
- ↑ Były ambasador Niemiec: wstrzymywanie zgody na mój przyjazd było osobistą decyzją Kaczyńskiego onet.pl, 29. Oktober 2023.
Vorgänger | Amt | Nachfolger |
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Detlef Lingemann | Deutscher Botschafter in Tschechien 2014 – 2016 | Hansjörg Haber |
Rolf Nikel | Deutscher Botschafter in Polen 2020 – 2022 | Thomas Bagger |
Personendaten | |
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NAME | Freytag von Loringhoven, Arndt Freiherr |
ALTERNATIVNAMEN | Freytag von Loringhoven, Arndt Burchard Ludwig Freiherr |
KURZBESCHREIBUNG | deutscher Diplomat |
GEBURTSDATUM | 12. November 1956 |
GEBURTSORT | München |
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Arndt Freytag von Loringhoven (Special Envoy for the Alliance for Multilateralism, Federal Foreign Office, Berlin), Omid Nouripour (Foreign Policy Spokesperson, Alliance 90 / the Greens, Berlin), Daniela Schwarzer (Director, German Council on Foreign Relations, Berlin) Jan Techau (Director of the European Program, German Marshall Fund, Berlin) Foto: Stephan Röhl