Armenische Sprache

Armenisch Hajeren lesu

Gesprochen in

Armenien, Russland, Frankreich, Vereinigte Staaten und 27 weiteren Ländern
Sprecherca. 9 Millionen[1]
Linguistische
Klassifikation
Offizieller Status
Amtssprache inArmenien Armenien
Anerkannte Minderheiten-/
Regionalsprache in
Turkei Türkei[2]
Irak Irak[3]
Georgien Georgien
Zypern Republik Zypern
USA-Kalifornien Kalifornien
Iran Iran
Rumänien Rumänien
Ukraine Ukraine
Polen Polen
Ungarn Ungarn
Sprachcodes
ISO 639-1

hy

ISO 639-2(B) arm(T) hye
ISO 639-3

hye

Gebiete mit der Mehrheitssprache Armenisch Mitte 2023

Die armenische Sprache (armenisch: ՀայերենHajeren) ist ein Zweig der indogermanischen Sprachen.

Man unterscheidet vier Sprachformen des Armenischen:

  1. Altarmenisch [xcl] (Գրաբար – auch Grabar genannt), das seit dem 5. Jahrhundert in Schriftzeugnissen vorliegt. Als Literatursprache wurde es bis ins 19. Jahrhundert hinein genutzt und im kirchlichen Bereich ist es auch noch heute in Gebrauch (z. B. im Gottesdienst). In dieser Sprache wurde eine reichhaltige Literatur zu theologischen Themen, geschichtlichen Ereignissen, Poesie und Epik überliefert.
  2. Mittelarmenisch/kilikisches Armenisch [axm] (Միջին հայերէնMijin hayeren) ist die vom 12. bis zum 18. Jahrhundert dauernde Übergangssprachform zum heutigen modernen Armenisch, die sich parallel zur eingefrorenen Liturgiesprache Altarmenisch als Alltagssprache weiterentwickelte.
  3. Ostarmenisch [hye] (ԱրևելահայերենArevelahayeren), die Amtssprache der Republik Armenien und der international nicht anerkannten Republik Arzach, die auch von der armenischen Gemeinschaft im Iran, in Georgien, Russland und in der ehemaligen UdSSR im Allgemeinen gesprochen wird.
  4. Westarmenisch [hyw] (ԱրեւմտահայերէնArevmtahayeren), das ursprünglich in Anatolien beheimatet war, wird nach dem Völkermord an den Armeniern im Osmanischen Reich noch von vielen Armeniern in der Diaspora gesprochen, vor allem im Libanon und den Vereinigten Staaten.

Das Armenische hat im Wortschatz Ähnlichkeiten mit dem Griechischen (viele Parallelen bei etymologischen Wurzeln), weswegen eine engere Verwandtschaft innerhalb der Indogermanischen Sprachen angenommen wird (siehe dazu auch Balkanindogermanisch). Das Armenische enthält daneben auch sehr viele Lehnwörter aus iranischen Sprachen (Parthisch, Mittelpersisch, Persisch).

Sprecherzahlen

Die Gesamtzahl der Sprecher beträgt etwa 9 Millionen,[4] davon leben etwas mehr als 3 Millionen in Armenien (2014), 1.182.388–2.900.000 in Russland (2010), 1.000.366–1.500.000 in den USA,[5] 320.000 in Syrien (1993), 248.929 in Georgien (2002), 170.800 im Iran (1993), 150.000 im Libanon (2014),[6] knapp 140.000 in der Republik Bergkarabach (2002),[7] knapp 100.000 in der Ukraine,[8] 70.000 in Frankreich,[9] 60.000–90.000 in Deutschland (2015), 60.000 in der Türkei (2014), 60.000 im Irak, 35.790 in Kanada (2016),[10] 8.000 in Jordanien (1971), 3.000 in Israel (1971), 2.740 auf Zypern (1987) und weitere Sprecher in der Diaspora, so etwa in Rumänien und Ungarn.

Schrift

Armenisch wird mit einem eigenen armenischen Alphabet geschrieben, das im 5. Jahrhundert von dem Mönch Mesrop Maschtoz entwickelt wurde. Es besteht aus 39 (ursprünglich 36) Buchstaben.

Phonologie

Reibelaute (Ost-, Westarmenisch)
LabiodentalAlveolarPostalveolarPalatalVelarGlottal
stimmhaftvzʒʝ
stimmlosfsʃxh

Im Armenischen gibt es sieben bzw. sechs Vokale: a, i, Schwa, o, u und zwei e, zwischen denen im Neuarmenischen abgesehen von einer Präjotierung[11] am Wortanfang kein Ausspracheunterschied besteht. Es ist nicht klar, inwiefern sie sich im Altarmenischen unterschieden, vermutlich gab es entweder ein offenes und ein geschlossenes oder ein langes und ein kurzes e. Verschlusslaute und Affrikaten sind stimmhafte, stimmlose oder stimmlos aspirierte. Im Armenischen gibt es keinen Glottisschlag. Deutschen Muttersprachlern kann es bei der Aussprache schwerfallen, diesen nicht intuitiv mitzusprechen.

Es gibt im Altarmenischen 26 Konsonanten und sechs Affrikaten, die bis auf den stimmhaften velaren Nasal (ŋ) alle im armenischen Alphabet enthalten sind. Das f kommt nur in Fremdwörtern vor, bereitet den Armeniern aber keine Schwierigkeiten bei der Aussprache. Einige Dialekte des Armenischen besitzen Ejektive, was für indogermanische Sprachen atypisch und vermutlich auf den Einfluss der Umgebungssprachen zurückzuführen ist. Die Betonung liegt bei den allermeisten Wörtern auf der letzten Silbe. Die Phonologie des Armenischen wurde von den benachbarten kaukasischen Sprachen und vom Türkischen beeinflusst.

Westarmenische Lautverschiebung

Verschlusslaute (Alt-, Ostarmenisch)
LabialLamino-DentalVelar
stimmhaftbdg
stimmlosptk
stimmlos aspiriert
Affrikaten (Alt-, Ostarmenisch)
AlveolarPalatal
stimmhaftd͡zd͡ʒ
stimmlost͡st͡ʃ
stimmlos aspiriertt͡sʰt͡ʃʰ

Durch die Westarmenische Lautverschiebung sind stimmlose nicht-aspirierte Konsonanten aus dem Westarmenischen verschwunden. Typisch ist die stimmlos aspirierte Aussprache vormals stimmhafter nicht-aspirierter Laute und die stimmhafte nicht-aspirierte Aussprache vormals nicht-aspirierter stimmloser Laute. Das betrifft die folgenden Buchstaben:

Das Vaterunser auf Armenisch in der Paternosterkirche von Jerusalem

Grammatik

Armenisch hat ein reiches Kasussystem (sieben Fälle, nämlich: Nominativ, Akkusativ, Lokativ, Genitiv, Dativ, Ablativ, Instrumental), aber keine Genus-Unterscheidung. Die meisten alten synthetischen Verbformen wurden durch analytische Konstruktionen (mit Hilfsverb) ersetzt. Armenisch ist eine SPO-Sprache, das heißt, die Wortstellung ist in der Regel SubjektPrädikatObjekt; sie ist jedoch flexibel, z. B. um einen Satzteil besonders zu betonen. Den Konjunktiv gibt es nur für die Verbformen in Präsens und Präteritum. Seine Funktion ist jedoch anders als im Deutschen, man benutzt ihn prinzipiell nicht für die indirekte Rede. Alternative Kategorien sind daher auch Optativ (Wunschform) und Desiderativ. Der unbestimmte Artikel ist im Ostarmenischen ein միmi und wird dem Nomen vorangestellt; im Westarmenischen folgt hinter dem Nomen ein մը bzw. mən. Der bestimmte Artikel ist in beiden Standards ein angehängtes oder (bei vorangehendem oder folgendem Vokal) -n.

Lexik

Beispiele
DeutschOstarmenischWestarmenisch
Ja.այոAyoայոAyo
Nein.ոչVoč'ոչVoč'
Ich sehe dich.քեզ եմ տեսնումK'ez em tesnumկը տեսնեմ քեզ(ի)Gdesnem kez(i)
Hallo!բարևBarevբարեւParev
Ich gehe.գնում եմGnum emկ՚երթամ (կոր)Gertam (gor)
Komm!արի՛Ari!եկո՛ւրYegur!
Ich werde essen.ուտելու եմUtelu emպիտի ուտեմBidi udem
Ich muss tun.պիտի անեմPiti anemընելու եմEnelu em
Ich hätte gegessen.ուտելու էիUtelu eiպիտի ուտէիBidi udei
Gehört das dir?սա քո՞նն էSa k'onn e?ասիկա քո՞ւկդ էAsiga k'ugt e?
seine Großmutterնրա տատիկըNra tatikəանոր նէնէն/մեծմամանAnor nenen/mecmaman
Schau den an!դրան նայիրDran nayirատոր նայէAdor naye
Hast du diese gebracht?դո՞ւ ես բերել սրանցDu es berel sranc'?դո՞ւն բերիր ասոնքTun perir asonk?
Wie geht es dir? Mir geht es gut.Ո՞նց ես։ Ոչինչ։Vonc' es? Voč'inč'Ինչպէ՞ս ես։ Լաւ։Inč'bes es? Lav
Hast du es gesagt? Sag es!Ասացի՞ր։ Ասա՛։Asac'ir? Asa!Ըսի՞ր։ Ըսէ՛։əsir? əse!
Hast du es von uns genommen?մեզանի՞ց ես առելMezanic' es arel?մեզմէ՞ առած եսMezme arac es?
Guten Morgen!բարի լույսBari louysբարի լոյսPari louys
Guten Abend!բարի երեկոBari yerekoբարի իրիկունPari irigoun
Gute Nacht!բարի գիշերBari gišerգիշեր բարիKišer pari
Du liebst mich.սիրում ես ինձSiroum es inc'զիս կը սիրեսZis gë sires
Ich bin Armenier.ես հայ եմYes hay emես հայ եմYes hay em
Ich habe dich vermisst.կարոտել եմ քեզKarotel em k'ezքեզ կարօտցեր եմK'ez garodtser em

Literatur

  • Margret Eggenstein-Harutunian: Lehrbuch der armenischen Sprache. 3. Auflage, Helmut Buske, Hamburg 2007, ISBN 3-87548-495-9.
  • Margret Eggenstein-Harutunian: Einführung in die armenische Schrift. 2. Auflage, Helmut Buske, Hamburg 2012, ISBN 3-87548-639-0.
  • Margret Eggenstein-Harutunian: Wörterbuch Armenisch-Deutsch. Helmut Buske, Hamburg 2012, ISBN 3-87548-497-5.
Wikibooks: Armenisch/ Einführung – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Armenisch – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. honorarkonsulat-armenien.de (Memento vom 7. März 2019 im Internet Archive)
  2. Armenian language in Encyclopædia Britannica
  3. Iraqi Constitution: Article 4. The Republic of Iraq Ministry of Interior General Directorate for Nationality, archiviert vom Original am 28. November 2016; abgerufen am 16. Juni 2014: „The right of Iraqis to educate their children in their mother tongue, such as Turkmen, Syriac, and Armenian shall be guaranteed in government educational institutions in accordance with educational guidelines, or in any other language in private educational institutions.“
  4. Armenian. Abgerufen am 9. Februar 2023 (englisch).
  5. Armenian-American clout buys genocide breakthrough. In: Reuters. 12. Oktober 2016 (englisch, reuters.com [abgerufen am 5. März 2017]).
  6. Matthew J. Gibney: Immigration and asylum. From 1900 to the present. Band 1: Entries A to I. ABC-CLIO, Santa Barbara 2005, ISBN 978-1-57607-796-2 (englisch).
  7. Nagorno Karabakh Republic - Country Overview. Abgerufen am 9. Februar 2023.
  8. Ethnologue country indexethnologue.com (Memento vom 23. Mai 2012 im Internet Archive)
  9. ethnologue.com (Memento vom 20. Juli 2012 im Internet Archive)
  10. Statistics Canada Government of Canada: Proportion of mother tongue responses for various regions in Canada, 2016 Census. 4. August 2017, abgerufen am 9. Februar 2023.
  11. Das bedeutet, dass vor dem Vokal ein j gesprochen wird.

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