Aplysia

Aplysia

Kalifornischer Seehase (Aplysia californica) mit Tintenwolke

Systematik
Überordnung:Heterobranchia
Ordnung:Hinterkiemerschnecken (Opisthobranchia)
Unterordnung:Breitfußschnecken (Anaspidea)
Überfamilie:Aplysioidea
Familie:Aplysiidae
Gattung:Aplysia
Wissenschaftlicher Name
Aplysia
C.N. Linnaeus, 1767

Aplysia (deutsch Seehasen, nicht zu verwechseln mit der gleichnamigen Fischfamilie Cyclopteridae oder dem Speisefisch Seehase) sind eine Gattung von Meeresschnecken der Ordnung Hinterkiemerschnecken (Opisthobranchia). Bekannt sind sie vor allem deshalb, weil sie einige der größten bekannten Schnecken hervorbringen: Exemplare der Aplysia vaccaria erreichen eine Länge von bis zu 75 cm und wiegen um die 2 kg (4,4 lb) während andere Arten nur etwa 2–6 cm Zentimeter groß werden. Innerhalb der Breitfußschnecken ist bei ihnen die evolutionäre Rückbildung der Schale auf der mittleren Stufe, d. h., sie haben noch eine Schale, die jedoch nicht mehr extern, sondern intern ist. Sie befindet sich im Hinterleib über dem Eingeweidesack und ist vollständig in Gewebe eingebettet.

Die besonders großen Neuronen und das nicht übermäßig komplizierte, handhabbare Nervensystem machen sie, insbesondere Aplysia californica, zu einem hervorragenden Forschungsobjekt in der Neurologie. So erforschte der Nobelpreisträger Eric R. Kandel an ihren Synapsen u. a. das Lernen auf zellulärer Ebene.

Der deutsche Name Seehase (engl. sea hare, franz. lièvre de mer) stammt vermutlich von seiner Kopfform, denn im Wasser ähneln der vordere Teil mit den flächigen Schlundtentakeln und die Rhinpheren mit den darunter liegenden Augen mit etwas Phantasie einem Hasenkopf, insbesondere wenn das Tier mit dem massig wirkenden Hinterteil den Kopf nach vorn-oben reckt.

Lebensweise

Die Mantellappen haben verschiedene Funktionen. Zum einen wird dadurch die Standbreite erhöht. Andere Arten nutzen sie, um mit regelmäßigen, wellenförmigen Kontraktionen damit zu schwimmen. Die Parapodiallappen haben dann eher eine seitwärts vom Körper ausgehende Tragflächenform.

Seehasen leben nach dem Larvenstadium, welches oft als treibendes Plankton verbracht wird, meist auf dem Meeresboden. Sie besiedeln Gebiete mit dichterem Pflanzenbewuchs, der ihnen Nahrung wie Schutz bietet. Damit gehören sie zum Benthos. Einige Arten wie beispielsweise Aplysia brasiliana können jedoch frei schwimmen und legen sogar größere Strecken zurück.

Seehasen ernähren sich vegetarisch. Sie fressen verschiedene Algen-, Tang- und Seegrasarten. Dabei werden mit der Raspelzunge (Radula) Pflanzenteile abgeraspelt, welche dann den Verdauungstrakt durchlaufen. Mit den Pflanzenteilen wird auch Nahrungsaufwuchs wie kleinere Algenarten mit eingenommen.

Ein Charakteristikum vieler Arten ist die Fähigkeit, zur Verteidigung eine intensiv lilafarbene Tintenwolke zu erzeugen. Dieser Farbstoff wird nach bisherigem Kenntnisstand aus gefressenen Rotalgen gewonnen und wird durch spezielle Drüsen auf dem Rücken in die Umgebung abgegeben.

Zum Schutz vor Fressfeinden gibt es Arten, die zusätzlich den Giftstoff Aplysiatoxin abspeichern. Dieser Giftstoff ist ein Produkt der Blaualgenarten (Cyanobakterien),[1] welche auf bestimmten Seegrassorten wachsen und von den Schnecken bei der Nahrungsaufnahme mit aufgenommen werden. Was die gefressenen Blaualgenarten angeht, so wird hauptsächlich die Art Lyngbya majuscula als Nahrungsquelle für Schnecken angeführt. Neben der Lyngbya majuscula sind jedoch weitere Blaualgenarten der Gattungen Schizothrix und Planktothrix bekannt, aus denen Schnecken Aplysiatoxin gewinnen können und die somit als Giftquelle in Frage kommen.[2]

Innere Systematik

Im Laufe der Zeit wurden viele Arten der Gattung Aplysia gefunden und beschrieben. Jedoch scheint nicht jede Art neu zu sein, sondern es werden viele Synonyme vermutet. Der Grund dafür ist, dass einige Arten doch weit globaler vorhanden sind als vermutet, dass die Entdeckungen und Sichtungen lokal entstehen und eine Vernetzung erst in den letzten Jahren stattfand, sowie dass es bislang nur eine Revision der Aplysia durch N. B. Eales (1960)[3] gab. Diese ergab 36 Arten. Seitdem gab es jedoch weitere Artbeschreibungen.[4]

Eine Auswahl an Apylsia-Arten ist:

  • Aplysia brasiliana (Gefleckter Seehase) – S. Rang, 1828 (möglicherweise = Aplysia fasciata)
    • Verbreitung: Westatlantik von New Jersey bis Brasilien; Ostatlantik (um Ghana)
    • Länge: bis zu 27 cm
    • Farbe: variabel
  • Aplysia californica (Kalifornischer Seehase) – J.G. Cooper, 1863[5]
  • Aplysia cedrocensis – P. Bartsch & H.A. Rehder, 1939
  • Aplysia cervina – Dall, W.H. und Simpson, C.T. 1901[6]
  • Aplysia dactylomela (Geringelter Seehase) – S. Rang, 1828[7]
    • Verbreitung: weltweit in tropischen und gemäßigten Meeren
    • Farbe: von Hellgrau über Grün bis Dunkelbraun
    • große schwarze Ringe auf der Oberfläche; nicht schwimmfähig
  • Aplysia depilans (Marmorierter Seehase) – Gmelin, 1791
    • Verbreitung: Ostatlantik, Mittelmeer
    • dünne, gelbe innere Schale; schwimmt relativ gerne
  • Aplysia donca – Ev. Marcus und Er. Marcus, 1960
    • Verbreitung: Nordamerika, Westatlantik
  • Aplysia extraordinaria – J.K. Allan, 1932[8] (möglicherweise = Aplysia gigantea)
    • Verbreitung: Westaustralien, Neuseeland
    • Länge: über 40 cm
  • Aplysia fasciata – Poiret, 1798 (möglicherweise = Aplysia brasiliana).
    • Verbreitung: Ostatlantik, Westafrika
    • Länge: 40 cm
    • Farbe: Dunkelbraun bis Schwarz
    • manchmal grenzt ein roter Streifen die Parapodien und Mundtentakel ab
  • Aplysia geographica – A. Adams & L.A. Reeve, 1850
  • Aplysia gigantea – G.B. Sowerby, 1869[9]
    • Verbreitung: Westaustralien
    • Länge: 60 cm
    • Farbe: Dunkelbraun bis Schwarz
    • Hautabsonderungen sind sehr widerlich; angeschwemmte Exemplare sollen für den Tod von Hunden verantwortlich sein
  • Aplysia juliana – J.R.C. Quoy & J.P. Gaimard, 1832[10]
    • Verbreitung: Weltweit, in allen warmen Meeren.
    • Farbe: verschiedene, von grau bis hellbraun.
    • keine Purpurdrüse, deshalb keine Tintenabgabe; hinteres Ende des Fußes kann als Saugnapf benutzt werden
  • Aplysia kurodai – K. Baba, 1937[11]
    • Verbreitung: NW-Pazifik
    • Länge: 30 cm
    • Farbe: Dunkelbraun bis Purpur-Schwarz, gepunktet mit weißen Flecken.
  • Aplysia morio (Atlantischer Schwarzer Seehase) – A.E. Verrill, 1901
    • Verbreitung: Ostatlantik
    • Länge: 40 cm
    • Farbe: Schwarz bis Tiefbraun, keine Flecken
  • Aplysia oculifera – A. Adams & L.A. Reeve, 1850
    • Verbreitung: Indischer Ozean, Westpazifik
    • kleine braune Augenflecken
  • Aplysia parvula (Zwergseehase) – O.A.L. Guilding in Mørch, 1863[12]
    • Verbreitung: weltweit in warmen bis gemäßigten Meeren
    • Länge: 6 cm
    • Farbe: braune bis grüne Flecken
  • Aplysia punctata (Gemeiner Seehase) – G. Cuvier, 1803
    • Verbreitung: Mittelmeer und in Teilen des Nordost-Atlantiks
    • Länge: meist 15, max. 20 cm
    • Farbe: mit hellen Flecken und Punkten, Grundfärbung sehr variabel
    • schwimmt eher selten
  • Aplysia reticulopoda – R.D. Beeman, 1960
  • Aplysia sagamiana – K. Baba, 1955[13]
    • Verbreitung: Ostaustralien, Japan
  • Aplysia sibogae – Bergh, 1905 (möglicherweise = Aplysia juliana)
  • Aplysia sydneyensis – G.B. Sowerby, 1869[14]
    • Verbreitung: Australien
    • Länge: 15 cm
    • nicht klar beschrieben
  • Aplysia vaccaria (Kalifornischer Schwarzer Seehase)  – L.R. Winkler, 1955 (möglicherweise = Aplysia cedrocensis)[15]
    • Verbreitung: Kalifornische Pazifikküste
    • Länge: sehr groß (bis zu 75 cm)
    • Farbe: Schwarz
    • keine Purpurtinte; große innere Schale
  • Aplysia willcoxi – A. Heilprin, 1886[16]

Äußere Systematik

Die Taxonomie der Schnecken unterliegt Revisionen und Wandel. Daher gibt es verschiedene Systematiken. Als klassisch wird meist die auf J.Thiele (1929–1935)[17][18] zurückgehende betrachtet. Sie war bis in die 1990er anerkannt. Eine modernere und die letzte aufgrund rein morphologischer Ansätze aufgestellte Systematik ist die von Ponder & Lindberg (1997).[19] Eine aktuelle phylogenetisch orientierte Systematik geht zurück auf Bouchet & Rocroi (2005).[20][21][22]

Taxonomie von Bouchet & Rocroi (2005)

Gemäß der Taxonomie von Bouchet & Rocroi (2005) sind die Aplysia eine Gattung innerhalb der Klade der Verschieden-Kiemer (Heterobranchia):

Taxonomie von Ponder & Lindberg (1997)

Gemäß der Taxonomie von Ponder & Lindberg (1997) sind die Aplysidea eine Ordnung innerhalb der Überordnung der Verschieden-Kiemer (Heterobranchia):

Weblinks

Commons: Aplysia – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. G. W. Gribble: The diversity of naturally occurring organobromine compounds. In: Chem. Soc. Rev. 28; 1999, 335–346; doi:10.1039/a900201d.
  2. G. H. Habermehl: Gift – Tiere und ihre Waffen. 5. aktualis. u. erw. Auflage, Springer Verlag, Berlin 1994, ISBN 3-540-56897-2, S. 24 f.
  3. N. B. Eales: Revision of the world species of Aplysia (Gastropoda, Opisthobranchia). Bulletin of the British Museum (Natural History), In: Zoology. 5(10): 1960, 267-404, OCLC 17684318.
  4. W. B. Rudman: 22. Dezember 2006; Comment on Aplysia willcoxi – a junior synonym of A. brasiliana? In: Sea Slug Forum; Australian Museum, Sydney; http://www.seaslugforum.net/find/19011
  5. J. G. Cooper: On new or rare mollusca inhabiting the coast of California. No. II, Proceedings of the Californian academy of Science 3(1): 56-60; 1863, archive.org.
  6. W. H. Dall & C. T. Simpson: The Mollusca of Porto Rico. U.S. Fisheries Commission Bulletin, 20: 1901, 351-524, pls. 53-58, online auf babel.hathitrust.org, abgerufen am 26. Februar 2017.
  7. S. Rang: Histoire naturelle des Aplysiens, prèmiere famille de l'ordre des Tectibranches. 84 S., Plates 1-24; In: D. Férussac: Histoire naturelle generale et particuliere des Mollusques. Firmin Didot: Paris 1828, online auf biodiversitylibrary.org, abgerufen am 26. Februar 2017.
  8. J. K. Allan: A new genus and species of sea-slug, and two new species of sea-hares from Australia. Records of the Australian Museum 18(6): 1932, 314-320, doi:10.3853/j.0067-1975.18.1932.736.
  9. G. B. Sowerby: Monograph of the Genus Aplysia Plates 1-10. In: Conchologia Iconica. Vol. 17, L. A. Reeve, London 1870 online auf biodiversitylibrary.org, abgerufen am 26. Februar 2017.
  10. J. R. Quoy & J. P. Gaimard: Zoologie. 1830–1833; In: Voyage de decouvertes de L'Astrolabe pendant les annees 1826-1827-1828-1829, sous le commandement de M.J. Dumont D’Urville capitaine de vaisseau. Paris, Tastu, 1830–1835.
  11. K. Baba: Opisthobranchia of Japan (I). In: Journal of the Department of Agriculture. Kyushu Imperial University, 5(4): 1937, 195-236. (Pl.4)
  12. M.O.A.L. Mörch: Contributions a la faune malacologique des Antilles danoises. In: Journal de Conchyliologie. 11: 1863, 21-43, archive.org.
  13. K. Baba: Opisthobranchia of Sagami Bay. Supplement, Iwanami Shoten: Tokyo 1955. 59 S., 20 Plates.
  14. G. B. Sowerby: Aplysia. In: Conchologia Iconica. Vol. 17, L. A. Reeve, London 1870.
  15. L. R. Winkler: A new species of Aplysia on the southern California coast. Bull. South. Calif. Acad. Sci. 54 (1): 1955, 5-7, archive.org.
  16. A. Heilprin: A new species of Aplysia. In: Proc acad nat sci Philadelphia. 3: 1886, 364.
  17. Thiele, J. (1929–1935): Handbuch der systematischen Weichtierkunde. 2 Bände. 1-1154.
  18. R. Bieler & P. M. Mikkelsen (Sci.Ed.); J. S. Bhatti (Transl.); J. Thiele: Handbuch der systematischen Weichtierkunde. English: Handbook of systematic malacology. Publ: Washington, D.C.; Smithsonian Institution Libraries; National Science Foundation; 1992-.Content:pt. 1. Loricata; Gastropoda: Prosobranchia -- pt. 2. Gastropoda: Opisthobranchia and Pulmonata -- pt. 3. Scaphopoda / Bivalvia / Cehalopoda -- pt. 4. Comparative Morphology / Phylogeny / Geographical Distribution. OCLC 680545970.
  19. Ponder,W.F. und Lindberg,D.R.: Towards a phylogeny of gastropod molluscs: an analysis using morphological characters. In: Zoological Journal of the Linnean Society. Band 119, Nr. 2, 1997, S. 83–265; doi:10.1111/j.1096-3642.1997.tb00137.x
  20. Bouchet,P. & Rocroi,J.-P.: Part 2. Working classification of the Gastropoda. In: Malacologia. Band 47, S. 239–283, Ann Arbor 2005; ISSN 0076-2997, archive.org, ConchBooks, ISBN 978-3-92591972-5.
  21. Bouchet,P. & Rocroi,J.-P. (Hrsg.): J. Frýda, B. Hausdorf., W. F. Ponder, Á. Valdés & A. Warén: Classification and nomenclator of gastropod families. In: Malacologia: International Journal of Malacology Band 47, Nr. 1–2; ConchBooks, Hackenheim 2005; ISBN 3-925919-72-4, ISSN 0076-2997;http://www.vliz.be/Vmdcdata/imis2/ref.php?refid=78278
  22. G.T. Poppe & S. P. Tagaro: The New Classification of Gastropods according to Bouchet & Rocroi, 2005 (Memento vom 27. September 2007 im Internet Archive; PDF)

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