Antistes

Antistes (lateinisch für Vorsteher; Plural Antistites) war schon in vorchristlicher Zeit die Bezeichnung für den Leiter einer Kultgemeinschaft. Es wurde später als Ehrentitel für Bischöfe, Äbte und den Papst benutzt.

In den Schweizer Kantonen Zürich, Basel und Schaffhausen bezeichnete Antistes vom 16. bis 19. Jahrhundert das höchste Amt in den reformierten Kirchen. Der Ausdruck wurde erstmals 1525 gebraucht als inoffizieller Ehrentitel für Huldrych Zwingli in Zürich, dann 1530 für Johannes Oekolampad in Basel und 1532 für Heinrich Bullinger in Zürich. Der Antistes wurde durch den Grossen Rat (das Parlament) gewählt und war gleichzeitig mit seinem Amt Inhaber einer Pfarrstelle an einer Hauptkirche (in Zürich bis 1837 am Grossmünster, in Basel am Basler Münster, in Schaffhausen an St. Johann und in Chur an der Martinskirche). Seine Aufgabe war es, die Kirche nach aussen zu vertreten und zwischen Stadtregierung und Geistlichkeit zu vermitteln. Er hatte den Vorsitz in der Synode und des Examenskollegiums (Examinatorenkonvent) für die Prüfung von Pfarramtskandidaten. Mit etwas anderer Funktion gab es das Amt auch in St. Gallen, Thurgau und Graubünden. Um die Wende zum 20. Jh. wurde der Titel durch andere Bezeichnungen ersetzt (z. B. in Basel und Zürich: Präsident des Kirchenrats).[1]

In der lutherischen Reichsstadt Nürnberg trugen die obersten Pfarrer an den Hauptkirchen ebenfalls den Ehrentitel Antistes, hatten aber keine damit verbundenen übergemeindlichen Funktionen. Die dem Antistes zugeordnete Behörde wird als Antistitium bezeichnet.

Antistites der Zürcher Kirche

Name des AntistesLebensdatenAmtsjahre
Huldrych Zwingli1484–15311519–1531
Heinrich Bullinger1504–15751531–1575
Rudolf Gwalther1519–15851575–1585
Ludwig Lavater1527–15861585–1586
Johann Rudolf Stumpf1530–15921586–1592
Burkhard Leemann1531–16131592–1613
Johann Jakob Breitinger1575–16451613–1645
Johann Jakob Irminger1588–16491645–1649
Johann Jakob Ulrich1602–16681649–1668
Hans Caspar Waser1612–16771668–1677
Johann Jakob Müller1616–16801677–1680
Johann Heinrich Erni1630–16881680–1688
Anton Klingler1649–17131688–1713
Peter Zeller1655–17181713–1718
Johann Ludwig Nüscheler1672–17371718–1737
Johann Conrad Wirz1688–17691737–1769
Johann Rudolf Ulrich1728–17951769–1795
Johann Jakob Hess1741–18281795–1828
Johann Georg Gessner1765–18431828–1837
Johann Jakob Füssli1792–18601837–1849
Johann Jakob Brunner1794–18701850–1866
Diethelm Georg Finsler1819–18991866–1895

Siehe auch

Literatur

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Helmut Meyer: Antistes. In: Historisches Lexikon der Schweiz. 7. Juni 2002, abgerufen am 12. Juni 2019.