Antiparallele

Antiparallele bezeichnet in der Kontrapunktlehre eine Fortschreitung zweier Stimmen in Gegenbewegung, bei der sich ihr Abstand um eine Oktave verkleinert oder vergrößert.[1] Im engeren Sinne bezieht sich der Begriff auf Prime, Oktave, Quinte und ihre Oktaverweiterungen. Abhängig vom Zielintervall spricht man dabei von Antiprime, Antioktave und Antiquinte.[2]

  • Notenbeispiel a): Antiparallele von der Oktave zur Prime (Antiprime)
  • Notenbeispiel b): Antiparallele von der Duodezime zur Quinte (Antiquinte)
  • Notenbeispiel c): Antiparallele von der Oktave zur Doppeloktave (Antioktave)

Analog zum Verbot paralleler Fortschreitungen perfekter Konsonanzen (siehe Quintparallele) reglementieren Kontrapunktlehren auch den Gebrauch von Antiparallelen. Im zweistimmigen Satz gelten sie als verboten.[3] Im fünf- und mehrstimmigeren Satz hingegen werden sie mitunter ausdrücklich erlaubt.[4]

In Kompositionen sind sie jedoch auch im drei- und vierstimmigen Satz auffindbar (siehe das folgende Notenbeispiel: Johann Sebastian Bach: Choral Meinen Jesum lass’ ich nicht BWV 154, T. 1–2).

Literatur

  • Rudolf Louis / Ludwig Thuille: Harmonielehre. Klett & Hartmann, Stuttgart 1907. 7. Auflage (1920) auf archive.org.
  • Orazio Tigrini: Il compendio della musica. Venedig 1588.
  • Robert Gauldin: A Practical Approach to 16th Century Counterpoint: Revised Edition. Waveland Press, Long Grove 2013, ISBN 978-1-47860-471-6.
  • Heinrich Schenker: Kontrapunkt. Erster Halbband: Cantus firmus und zweistimmiger Satz. J. G. Cotta, Stuttgart/Berlin 1910 (archive.org).
  • Thomas Daniel: Der Choralsatz bei Bach und seinen Zeitgenossen. Eine historische Satzlehre. 4. Auflage, Dohr, Köln 2019, ISBN 978-3-86846-156-5.
  • Thomas Daniel: Kontrapunkt. Eine Satzlehre zur Vokalpolyphonie des 16. Jahrhunderts. 3. Auflage, Dohr, Köln 2016, ISBN 978-3-86846-132-9.

Einzelnachweise

  1. Siehe Louis / Thuille 1920, S. 24f.
  2. Siehe z. B. Daniel 1997, S. 292–294; Daniel 2000, S. 96–99.
  3. Siehe z. B. Schenker 1910, S. 175.
  4. Z. B. Tigrini 1588, S. 49.