Antiochenischer Zwischenfall

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Als Antiochenischer Zwischenfall (auch Antiochenischer Streitfall oder Antiochenischer Streit) wird in der neutestamentlichen Exegese ein Streit zwischen Paulus und Simon Petrus behandelt, der sich in Antiochia zugetragen haben soll und von Paulus im neutestamentlichen Galaterbrief (Gal 2,11–14 ) beschrieben wird. Offensichtlich wurden die Vereinbarungen des Apostelkonzils von Simon Petrus und Paulus unterschiedlich interpretiert und führten so zu Konflikten in den Gemeinden des Urchristentums.[1] In dem Streit ging es um die Verpflichtung der Heidenchristen (Christen nicht-jüdischer Herkunft) zum mosaischen Gesetz und somit um die gleichberechtigte Lebensweise von Judenchristen (Christen jüdischer Herkunft) und Heidenchristen.[2]

Inhalt

Zu der Konfrontation zwischen Paulus und Petrus kam es, nachdem Petrus zunächst zusammen mit unbeschnittenen Christen (Heidenchristen) gegessen hatte, dann aber aus Rücksicht auf neu angereiste jüdische Christen aus der von Jakobus dem Gerechten geleiteten Jerusalemer Gemeinde, die das jüdische Gesetz (Halacha) – darunter auch die Regel, keine Tischgemeinschaft mit Nichtjuden zu pflegen – streng befolgten, davon Abstand nahm und sich von den Heidenchristen fernhielt.[3] Besonders empörte Paulus der furchtsame Opportunismus des Petrus sowie die Tatsache, dass dieser durch sein Beispiel auch hellenistische Judenchristen aus dem Umfeld des Paulus - darunter sogar den Paulusvertrauten Barnabas, die sich im Umgang mit bekehrten Nichtjuden für gewöhnlich nicht an das Verbot des Verkehrs mit Unbeschnittenen hielten, dazu bewogen hatte, sich ebenfalls von den Heidenchristen abzusondern.

Er bezeichnete das Verhalten des Petrus und der übrigen Judenchristen als eine nicht mit der „Wahrheit des Evangeliums“ (Gal 2,14 ) übereinstimmende Handlungsweise.

Paulus bestand darauf, die unbeschnittenen Christen seien als vollwertige Gemeindemitglieder anzuerkennen und zu behandeln, und warf Petrus vor, von den Heiden die Einhaltung jüdischer Bräuche zu verlangen, obwohl er selbst „als Jude nach Art der Heiden und nicht nach Art der Juden“ (Gal 2,14 ) lebe. Damit spielte er darauf an, dass Petrus ja zuvor entgegen dem jüdischen Gesetz bereits Tischgemeinschaft mit ihnen gehabt hatte.

Rede des Paulus zur Rechtfertigung

Direkt im Anschluss an die Schilderung des Streits legt Paulus im Galaterbrief (Gal 2,15-21 ) seine Lehre von der Rechtfertigung aus dem Glauben an Jesus Christus dar, die er im Römerbrief (insbesondere Röm 3,21–31 ) noch genauer ausführt. Da es auf die Einhaltung des jüdischen Gesetzes nicht ankomme, weil kein Mensch aus Gesetzeswerken vor Gott gerechtfertigt sei, lehnt er die Eingliederung von Heidenchristen ins Judentum durch die Beschneidung und die damit verbundene Pflicht zur Einhaltung der jüdischen religiösen Vorschriften ab.

Datierung

Die Datierung des Antiochenischen Zwischenfalls ist umstritten. Es gibt unter den Fachautoren unterschiedliche Hypothesen zur Datierung.

Nach Udo Schnelle fand der Antiochenische Zwischenfall vermutlich im Sommer des Jahres 48 n. Chr. statt, also kurze Zeit nach dem Apostelkonzil in Jerusalem.[4] Thomas Söding ordnet den Antiochenischen Zwischenfall zeitlich zwischen dem Apostelkonzil (48 n. Chr.) und der zweiten Missionsreise des Paulus mit Aufenthalt in Korinth (ca. 50 n. Chr.) ein.[5] Eine dezidiert andere Sicht auf den Antiochenischen Zwischenfall nimmt der Neutestamentler Matthias Konradt (2011)[6] ein. Der von ihm mit 52 n. Chr. angesetzte Zeitpunkt sei auch deshalb plausibler, weil für diese Zeit deutlich wahrscheinlicher anzunehmen sei, dass sich bereits eine gemeinsame Mahlpraxis von Juden und Heiden etabliert hatte.[7]

Literatur

  • Udo Schnelle: Einleitung in das Neue Testament. 5. durchges. Aufl., Göttingen 2005, ISBN 3-8252-1830-9.
  • Andreas Wechsler: Geschichtsbild und Apostelzeit. Eine forschungsgeschichtliche und exegetische Studie über den antiochenischen Zwischenfall (Gal 2,11–14). BZNW 62, Berlin 1991, ISBN 978-3-11-013399-8.
  • Andreas Driedger: Der sogenannte “antiochenische Zwischenfall” (Gal 2:11-14) und seine Bedeutung für die Geschichte und Theologie des Urchristentums. Masterarbeit (Beurteilender Dozent: Christoph Stenschke), Universität von Südafrika, Februar 2015. Link - abgerufen am 29. August 2023.
  • Matthias Konradt: Zur Datierung des sogenannten antiochenischen Zwischenfalls, in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft 102 (2011) S. 19–39.
  • Christoph Heil: Die Ablehnung der Speisegebote durch Paulus. Zur Frage nach der Stellung des Apostels zum Gesetz. BBB 96, Weinheim 1994, ISBN 3-89547-062-7.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Klaus-Michael Bull: Entwicklung des Urchristentums - Das "Apostelkonzil". In: Die Texte dieser Webseite wurde entnommen aus: Bull, Klaus-Michael: Bibelkunde des Neuen Testaments. Die kanonischen Schriften und die Apostolischen Väter. Überblicke – Themakapitel – Glossar, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. 2018. Abgerufen am 29. August 2023.
  2. Frederick W. Norris: Antiochien am Orontes – I. Archäologie. In: Walter Kasper (Hrsg.): Lexikon für Theologie und Kirche. 3. Auflage. Band 1. Herder, Freiburg im Breisgau 1993, Sp. 767–769 (hier: 768).
  3. Lukas Bormann: Bibelkunde. 3. Auflage. Vandenhoeck&Ruprecht, Göttingen 2009, ISBN 978-3-8252-2674-9, S. 264.
  4. Datierung nach Udo Schnelle Einleitung in Einleitung in das Neue Testament. 5. durchges. Aufl., Göttingen 2005, ISBN 3-8252-1830-9
  5. Thomas Söding: Apostel gegen Apostel. Ein Unfall im antiochenischen Großstadtverkehr (Gal 2,11-16). (PDF) Universität Bochum, abgerufen am 29. August 2023.
  6. Matthias Konradt: Zur Datierung des sogenannten antiochenischen Zwischenfalls. in: Zeitschrift für die Neutestamentliche Wissenschaft 102 (2011) S. 19–39.
  7. Matthias Konradt: Zur Datierung des sogenannten antiochenischen Zwischenfalls. In: Zeitschrift für Neutestamentliche Wissenschaft und Kunde der Älteren Kirche. De Gruyter, Berlin 2011, S. 19–39 (Matthias Konradt legt dar, dass eine Datierung auf 48 n. Chr. wenig Plausibilität besitzt. Sie beruht vor allem auf der Erwähnung eines Konflikts zwischen Paulus und Barnabas in Apg 15, hinter dem in der Mehrheitsmeinung der eigentliche antiochenische Zwischenfall, d. h. der Konflikt über das gemeinsame Essen, gestanden habe. Konradt hält dagegen, dass, wenn die Apostelgeschichte schon versuche zu harmonisieren, es fraglich sei, warum sie einen anderen Konflikt erfinde. Wahrscheinlicher sei es, dass die Entzweiung zwischen Paulus und Barnabas in Apg 15 wirklich wegen eines Streits um Johannes Markus stattgefunden habe und das in Gal 2,11–2 geschilderte Ereignis zu einem späteren Zeitpunkt stattgefunden habe. Konradt zieht dafür den von der Apostelgeschichte nur knapp erwähnten Aufenthalt in Antiochia in Apg 18 heran.).