Anrufung

Eine Frau entzündet eine Opferkerze zu Füßen einer Statue Unserer lieben Frau vom Tal auf der Isla Margarita

Unter Anrufung wird eine Bitte um Hilfe an eine höhergestellte, heilige oder göttliche Person verstanden. Appelle im erstgenannten Sinn waren von der Antike bis in die frühe Neuzeit häufig und richteten sich z. B. an Herrscher, Statthalter oder die Gerichtsbarkeit. Am Anfang epischer und hymnischer Gedichte steht oft eine Anrufung der Muse.

Im 2. Jahrhundert berichtet Aelius Aristides, dass Kranke und Gebrechliche sich im „Gebet“ an den Heilgott Asklepios wenden können (Vgl. auch Theurgische Medizin).[1]

Im Christentum war das Anrufen von Heiligen um Fürsprache bei Gott (Advokation, von lateinisch advocare ‚anrufen‘) schon in den ersten Jahrhunderten üblich. Diese Form wird aber von der Anbetung unterschieden, die nur dem dreieinigen Gott entgegengebracht wird. Die Theologie unterscheidet daher zwischen Latria, der Anbetung, und Dulia, der Verehrung.

In manchen früheren Kulturen waren auch Anrufungen der Geister von Verstorbenen üblich, etwa bei Ahnenkulten und in Kriegs- oder Notzeiten, bei Begräbnissen oder in der Trauerzeit.

Interpellation

Die Anrufung einer Person durch eine Behörde o. ä. zwecks Anhörung oder Identitätsfeststellung wird im Französischen interpellation genannt. In der marxistischen Theorie des französischen Philosophen Louis Althusser, insbesondere in seinem Essay Ideologie und ideologische Staatsapparate, ist die von ihm als Interpellation bezeichnete Anrufung des Subjekts durch die ideologischen Apparate der Mechanismus, über den Ideologien ihre Funktionen ausüben, während sich gleichzeitig die Subjekte diesen Ideologien unterwerfen. Auch bei Judith Butler spielt dieses Konzept eine Rolle.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Robert Jütte: Geschichte der Alternativen Medizin. Von der Volksmedizin zu den unkonventionellen Therapien von heute. C.H. Beck, München 1996, ISBN=3-406-40495-2, S. 66–114 (Religiöse und magische Medizin), hier: S. 90 f.

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Religión en Isla Margarita, Valle del Espíritu Santo.jpg
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Im Christentum ist es weit verbreiteter Brauch, Opferkerzen aufzustellen. Das brennende Licht soll die Herrlichkeit Gottes symbolisieren, an den das Gebet sich richtet. Als Ursprung für diese Sitte werden die Opfervorschriften im Alten Testament angesehen: "Der Herr sprach zu Mose: Befiehl den Israeliten, dass sie dir für den Leuchter reines Öl aus zerstoßenen Oliven bringen, damit man ständig eine Lampe brennen lassen kann. Im Offenbarungszelt, vor dem Vorhang der Lade, soll Aaron diese Lampe aufstellen. Sie soll hier vor dem Herrn ständig vom Abend bis zum Morgen brennen. Das gelte bei euch als feste Regel von Generation zu Generation. Aaron soll die Lampen auf dem Leuchter aus reinem Gold vor dem Herrn ständig in Ordnung halten". Lev 24, 1-4, Einheitsübersetzung. Das Foto zeigt einen Gläubigen, der eine Opferkerze für die Ortsheilige Virgen del Valle auf der Insel Isla Margarita in Venezuela aufstellt.