Anna von Dänemark (1532–1585)

Prinzessin Anna von Dänemark als Kurfürstin von Sachsen

Prinzessin Anna von Dänemark (* 22. November 1532 in Hadersleben; † 1. Oktober 1585 in Dresden), genannt „Mutter Anna“, war Kurfürstin von Sachsen.

Leben

Die älteste Tochter des Königs Christian III. von Dänemark lernte von ihrer Mutter Dorothea das Spinnen, Nadelarbeiten, Heilkräuter sammeln, Hauswesen, Landwirtschaft. In der sächsischen Residenzstadt Torgau heiratete sie 1548 August von Sachsen („Vater August“). Die politisch arrangierte Ehe galt schon bei den Zeitgenossen als außergewöhnlich harmonisch. Das Ehepaar war während der 37-jährigen Ehe nur wenige Tage getrennt, da die Kurfürstin ihren Mann überallhin begleitete.

Von ihren 15 Kindern starben elf schon früh. Vor jeder Geburt legte sie ihre Leichentücher zurecht, damit sie im Ernstfall gleich bei der Hand wären. Sie wusch und butterte selbst, verarztete ihren Gemahl und versuchte auch, Einfluss auf die Staatsgeschäfte zu gewinnen.

Das Annendenkmal von Robert Henze, noch auf dem Alten Annenfriedhof in Dresden (2008).

Bei Hofbeamten fand sich eine Spottschrift über „Gynäkokratie“ (Weiberherrschaft) am sächsischen Hof. Kurfürst August geriet darüber in so rasenden Zorn, dass er sogar seine konfessionelle Zugehörigkeit änderte: hatte er vorher die Anhänger Philipp Melanchthons, die Philippisten, begünstigt, so schloss er sich nun den orthodoxen Lutheranern an. Sein Kanzler Georg Cracow starb auf der Folter, der philippistische Arzt Caspar Peucer kam ins Gefängnis (er hatte sich bei folgender brieflicher Äußerung ertappen lassen: „Hätten wir Mutter Annen erst, so sollt es nicht Not haben, den Herren wollten wir auch bald kriegen“), andere gingen ins Exil. Zur Feier dieses Ereignisses ließen die orthodoxen Lutheraner eine Medaille prägen „Zur Erinnerung an den Sieg der Rechtgläubigkeit über die Vernunft“. Anna, sehr zufrieden mit dieser Entwicklung, da sie selbst der Orthodoxie nahestand, nahm das alte Recht der Fürstinnen, Gefangene loszubitten, nicht in Anspruch. Sie blieb unversöhnlich, auch als ihre Tochter Elisabeth einen Calvinisten heiratete, und beschwor die junge Frau, dem Gottesdienst am Hof ihres Gatten fernzubleiben, was zu einer schweren Ehekrise führte. Der Pfalzgraf Johann Kasimir von Simmern verbot schließlich den Briefwechsel seiner Frau mit ihrer Mutter, sie führten ihn als Geheimkorrespondenz weiter. Als Elisabeth ein totes Kind gebar, schrieb ihr die Mutter, es sei besser, ihr Kind sei tot, als calvinistisch.

„Mutter Anna“ betrieb Landwirtschaft auf ihrem Ostravorwerk und im Zwingergarten Dresdens, beschäftigte sich mit Medizin und Pharmazie (sie erfand ein berühmtes Magenpflaster, legte 1581 die Dresdner Hofapotheke an, erfand Augenwasser, Gegengifte, destillierte bzw. brannte wie die Gräfin Dorothea von Mansfeld[1]Aquavit“ usw.). In dem nach ihr benannten Annaburg ließ sie zwei Labore einrichten und stellte ein „Kunstbuch“ mit Rezepten zusammen. Als der kaiserliche Vizekanzler Zasius im Jahr 1569 seine Frau verlor, bestellte er in seinem unaussprechlichen Kummer gleich mehrere Flaschen des Aquavit, der dafür bekannt war, nicht nur gegen alle Gebrechen des Leibes, sondern vor allem gegen Herzeleid zu helfen.[2]

Grab Annas im Freiberger Dom (um 1910)

Anna stand in Briefwechsel mit berühmten Ärzten und bildete junge Mädchen in der Kräuterkunde aus. Sie betreute Asylanten, Schwangere und Kranke und bemühte sich um die Einführung eines geregelten Hebammenunterrichts.[3] Sie ließ auch mehrere „Wehemütter“ für die Stadt anstellen.[4] Sie gründete die Annenkirche vor dem Wilsdruffer Tor, wo ihr zu Ehren 1869 der sogenannte Mutter-Anna-Brunnen von Robert Henze errichtet wurde, der 1892 zu einem reinen Denkmal umgestaltet wurde. Nach der Zerstörung Dresdens 1945 wurde das beschädigte Denkmal neben der Feierhalle des Alten Annenfriedhofs in Dresden aufgestellt. Seit dem 20. Mai 2011 befindet sich das Denkmal zirka 50 Meter entfernt vom alten Standort wieder vor der Annenkirche.[5]

Anna starb 1585 in Dresden. Sie erlag der Pest, einer Seuche, für deren Bekämpfung sie viel getan hatte.[4] Sie wurde im Freiberger Dom bestattet.

Nachkommen

  • Johann Heinrich († 1550), Kurprinz von Sachsen
  • Eleonore (2. Mai 1551 – 24. April 1553)
  • Elisabeth (18. Oktober 1552 – 2. April 1590), verheiratet mit Johann Kasimir von der Pfalz-Simmern
  • Alexander (21. Februar 1554 – 8. Oktober 1565), Kurprinz von Sachsen
  • Magnus (24. September 1555 – 6. November 1558)
  • Joachim (3. Mai 1557 – 21. November 1557)
  • Hektor (7. Oktober 1558 – 4. April 1560)
  • Christian (29. Oktober 1560 – 25. September 1591), Nachfolger seines Vaters als Kurfürst
  • Marie (8. März 1562 – 6. Januar 1566)
  • Dorothea (4. Oktober 1563 – 13. Februar 1587, verheiratet mit Heinrich Julius von Braunschweig-Wolfenbüttel)
  • Amalie (28. Januar 1565 – 2. Juli 1565)
  • Anna (16. November 1567 – 27. Januar 1613), zwischen 1586 und 1593 verheiratet mit Johann Casimir von Sachsen-Coburg
  • August (23. Oktober 1569 – 12. Februar 1570)
  • Adolf (8. August 1571 – 12. März 1572)
  • Friedrich (18. Juni 1575 – 24. Januar 1577)

Vorfahren

 
 
 
 
 
König Christian I. (1426–1481)
 
 
 
 
König Friedrich I. (1471–1533)
 
 
 
 
 
Dorothea von Brandenburg-Kulmbach (1430–1495)
 
 
 
König Christian III. (1503–1559)
 
 
 
 
 
 
Johann Cicero Kurfürst von Brandenburg (1455–1499)
 
 
 
Anna von Brandenburg (1487–1514)
 
 
 
 
 
Margarete von Sachsen (1449–1501)
 
 
 
Anna von Dänemark
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Johann IV. von Sachsen-Lauenburg (1439–1507)
 
 
 
Magnus I. von Sachsen-Lauenburg (1470–1543)
 
 
 
 
 
Dorothea von Brandenburg (1446–1519)
 
 
 
Dorothea von Sachsen-Lauenburg (1511–1571)
 
 
 
 
 
 
 
 
Heinrich I. von Braunschweig-Wolfenbüttel (1463–1514)
 
 
 
Katharina von Braunschweig-Wolfenbüttel (1488–1563)
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
Katharina von Pommern (gest. 1526)
 
 

Siehe auch

  • Annen-Medaille, 1995 von der Sächsischen Staatsregierung gestiftete Medaille für besonderes ehrenamtliches Engagement

Literatur

  • Hellmut Räuber: Gartenkunst und Landschaftsgestaltung. In: Die Union. 4. Juni 1994.
  • Otto Posse: Die Wettiner. Giesecke & Devrient, Leipzig 1897.
  • Katrin Keller: Kurfürstin Anna von Sachsen (1532–1585), Pustet, Regensburg 2010. ISBN 978-3-7917-2270-2.
  • Ursula Schlude, Heide Inhetveen, Albrecht Hoch: Von den Geschäften der Fürstin. In: Forschung (Magazin der DFG), 2(2005), S. 22–24.
  • Neuaufl. 2010
  • Katrin Keller: Kurfürstin Anna von Sachsen. Von Möglichkeiten und Grenzen einer „Landesmutter“. In: Jan Hirschbiegel, Werner Paravicini (Hrsg.): Das Frauenzimmer. Die Frau bei Hofe in Spätmittelalter und Früher Neuzeit. Thorbecke, Stuttgart 2000, ISBN 3-7995-4511-5 (Residenzforschung Bd. 11).
  • August Victor Richard: Der kurfürstlich sächsische Kanzler Nicolaus Krell. Kuntze, Dresden 1859. Digitalisat
  • Carl von Weber: Anna, Churfürstin von Sachsen. Tauchniz, Leipzig 1865.
  • Reinhard Delau: Aus der Geschichte des Ostrageheges (3): Aufblühen und Niedergang des Ostraer Kammergutes. In: SZ 1. November 1995.
  • Hans-Joachim Böttcher: Wenig und bös war die Zeit meines Lebens – Anna von Sachsen (1567-1613), Dresdner Buchverlag, Dresden 2016, ISBN 978-3-941757-70-7.
  • Konrad Sturmhoefel: Kurfürstin Anna von Sachsen. Ein politisches und sittengeschichtliches Lebensbild aus dem XVI. Jahrhundert. Haberland, Leipzig 1905.
  • Hans-Joachim Böttcher: Elisabeth von Sachsen und Johann Kasimir von der Pfalz – Ein Ehe- und Religionskonflikt, Dresdner Buchverlag, Dresden 2018, ISBN 978-3-946906-06-3.
  • Thomas Klein: Der Kampf um die zweite Reformation in Kursachsen 1586-1591. (= Mitteldeutsche Forschungen, Bd. 25), Böhlau, Köln/Graz 1962.
  • Heide Inhetveen: Agrarpionierinnen. Frauen als Trägerinnen des landwirtschaftlichen Fortschritts. In: Hermann Heidrich (Hrsg.): Frauenwelten. Arbeit, Leben, Politik und Perspektiven auf dem Land. Verl. Fränkisches Freilandmuseum, Bad Windsheim 1999, S. 13–26, darin S. 15f. ISBN 3-926834-41-2.
  • Otto Eduard Schmidt: Kursächsische Streifzüge. Grunow, Leipzig 1913.
  • Ursula Schlude: Die Hofhalterin. Kurfürstin Anna von Sachsen 1532 – 1585. WDR-Sendereihe Frauen der Renaissance, WDR 2000, 15 min.
  • Jette Anders: 33 Alchemistinnen. Die verborgene Seite einer alten Wissenschaft. Vergangenheitsverlag, Berlin 2016, ISBN 978-3-86408-204-7.
  • Hans-Joachim Böttcher: Anna Prinzessin von Sachsen (1544-1577) – Eine Lebenstragödie, Dresdner Buchverlag, Dresden 2013, ISBN 978-3-941757-39-4.

Weblinks

Commons: Kurfürstin Anna von Sachsen – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Belege

  1. Joachim Telle: Zur spätmittelalterlichen und frühneuzeitlichen Alchemia medica unter besondere Berücksichtigung von Joachim Tanck. In: Rudolf Schmitz, Gundolf Keil (Hrsg.): Humanismus und Medizin. Acta humaniora, Weinheim 1984 (= Deutsche Forschungsgemeinschaft: Mitteilungen der Kommission für Humanismusforschung. Band 11), ISBN 3-527-17011-1, S. 139–157, hier: S. 149.
  2. Walther Schönfeld: Frauen in der abendländischen Heilkunde. Vom klassischen Altertum bis zum Ausgang des 19. Jahrhunderts. Enke Verlag, Stuttgart 1947, S. 96–97.
  3. Peter Schneck: Der Hebammenberuf im Wandel der Zeiten. Eine Dresdner Hebammenordnung, in; Die Heilberufe, Heft 9, 23. Jahrgang, Springer Verlag Berlin 1971, S. 263–266.
  4. a b Volker Klimpel: Anna von Dänemark (1532-1585), in: Hubert Kolling (Hrsg.): Biographisches Lexikon zur Pflegegeschichte „Who was who in nursing history“, Bd. 4 Elsevier München 2008, S. 15+16.
  5. Dominik Brüggemann: Bronzestatue der Kurfürstin Anna steht wieder vor der Annenkirche (Memento vom 4. August 2012 im Webarchiv archive.today), in: DNN-online, 20. Mai 2011
VorgängerinAmtNachfolgerin
Agnes von HessenKurfürstin von Sachsen
1553–1585
Agnes Hedwig von Anhalt

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Autor/Urheber: Paulae, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Das Annendenkmal auf dem Alten Annenfriedhof an der Chemnitzer Straße in Dresden zeigt die Kurfürstin von Sachsen, Anna von Dänemark und Norwegen (1532–1585). Es wurde 1869 von Robert Henze geschaffen und vor der Annenkirche am Freiberger Platz aufgestellt. Die Annenkirche wurde im Jahre 1578 erbaut, 1760 im Siebenjährigen Krieg zerstört, bis 1769 neu erbaut und brannte 1945 bei der Bombardierung Dresdens aus. 1992 bis 2010 wurde die gesamte Kirche generalsaniert. Die Statue hatte nach 1945 ihren Standplatz auf dem Alten Annenfriedhof (siehe Abbildung). Seit dem 20. Mai 2011 steht die restaurierte Bronzestatue wieder an ihrem ehemaligen Standort vor der restaurierten Annenkirche. Die Herstellung erfolgte in der Kunst- und Glockengießerei C. Albert Bierling in Dresden.
Dresde, Freiberg & Meissen (245a).jpg
Begräbniskapelle aus dem 16. Jahrhundert. Statue Anna von Dänemark von Carlo di Cesare del Palagio (Photo Stoedtner)