Anna Tumarkin

Anna Tumarkin

Anna Tumarkin, geboren als Anna-Ester Pawlowna Tumarkina (russisch Анна-Эстер Тумаркина, bzw. russisch Анна Павловна Тумаркина wiss. Transliteration Anna-Ėster Tumarkina; * 4.jul. / 16. Februar 1875greg. in Dubrowno, Russisches Kaiserreich, heute Belarus; † 7. August 1951 in Gümligen) war eine Schweizer Philosophin russisch-jüdischer Herkunft.

Leben

Anna Tumarkin wuchs in einer jüdischen Kaufmannsfamilie in Chisinau auf, wo sie ihre Kindheit bis zur Sekundarschule verbrachte. Im Jahr 1892, im Alter von 17 Jahren, ging Tumarkin für das Studium nach Bern. An der Universität Bern studierte sie Germanistik, Geschichte und Philosophie und schloss ihr Studium 1895 mit Bestnote ab. Nach einem dreijährigen Aufenthalt in Berlin, wo sie sich der Ästhetik widmete, kehrte sie 1898 für ihr Doktorat nach Bern zurück.[1]

Sie war die erste Professorin Europas, welche die vollen Rechte besaß, Doktoranden und Habilitanden zu prüfen und im Senat Einsitz zu nehmen. Den Titel einer Extraordinaria erreichte sie 1908 an der Universität Bern auf ordentlichem akademischem Weg. Er wurde ihr nicht, wie etwa 1884 Sofja Kowalewskaja in Stockholm ad personam verschafft. Im Jahr 1906 war Tumarkin Titularprofessorin geworden. 1898 war sie als erste Frau in Bern und, nach Emilie Kempin-Spyri aus Zürich und Ida Welt aus Genf, als dritte Frau in der Schweiz habilitiert worden. Für ihre philosophischen Arbeiten wurde sie 1937 in Bern mit dem Theodor-Kocher-Preis ausgezeichnet.[2]

Durch die politischen Wirren in ihrer vormals russischen Heimat staatenlos geworden, bewarb sich Tumarkin 1921 im Alter von 46 Jahren erfolgreich für das Schweizer Bürgerrecht.

Anna Tumarkin setzte sich für das Frauenstimmrecht in der Schweiz ein. Sie arbeitete 1928 an der 1. Schweizerischen Ausstellung für Frauenarbeit (SAFFA) mit. Tumarkin war die lebenslange Partnerin von Ida Hoff, der ersten Berner Schulärztin. Mit ihr teilte sie eine Wohn-, Grab- und Erbgemeinschaft.

Tumarkinweg

In den 1940er Jahren erkrankte Tumarkin an Elefantiasis und beantragte 1943 aus gesundheitlichen Gründen die Pensionierung. Sie starb 1951 nach langer Krankheit in einem Gümliger Pflegeheim.[3]

Tumarkins Nachlass liegt im Staatsarchiv Bern. Im Jahr 2000 wurde in Bern zu ihren Ehren der Tumarkinweg benannt, ein Fußweg, der an ihrem ehemaligen Vortragszimmer im Hauptgebäude der Universität Bern vorbeiführt.

Werke

Literatur

  • Jutta Dick, Marina Sassenberg (Hrsg.): Jüdische Frauen im 19. und 20. Jahrhundert. Lexikon zu Leben und Werk. Reinbek 1993 ISBN 3-499-16344-6
  • Regula Ludi: Tumarkin, Anna. In: Historisches Lexikon der Schweiz.
  • Tumarkin, Anna. In: Lexikon deutsch-jüdischer Autoren. Band 20: Susm–Zwei. Hrsg. vom Archiv Bibliographia Judaica. De Gruyter, Berlin u. a. 2012, ISBN 978-3-598-22700-4, S. 141–144.
  • Bettina Vincenz: Biederfrauen oder Vorkämpferinnen? Der Schweizerische Verband der Akademikerinnen (SVA) in der Zwischenkriegszeit. Baden 2011, ISBN 978-3-03919-198-7
  • Rogger Franziska, Der Doktorhut im Besenschrank. Das abenteuerliche Leben der ersten Studentinnen – am Beispiel der Universität Bern, Bern 1999, S. 164–175

Einzelnachweise

  1. Anna Tumarkin, philosopher (1875–1951). In: Universität Bern. Abgerufen am 11. Mai 2020 (englisch).
  2. Ausbildung von Anna Turmakin, doi:10.5169/seals-572466#498
  3. Verena Parzer Epp: Anna Tumarkin (1875 – 1951). Die Gelehrte, die aus dem Osten kam. In: Verena Parzer Epp, Claudia Wirz (Hrsg.): Wegbereiterinnen der modernen Schweiz. Avenir Suisse, Verlag Neue Zürcher Zeitung, Zürich 2014, ISBN 978-3-03823-928-4, S. 142 ff.

Weblinks

Wikisource: Anna Tumarkin – Quellen und Volltexte

Auf dieser Seite verwendete Medien

Tumarkin, Anna (1875-1951).jpg
Autor/Urheber:

unbekannt

, Lizenz: PD-alt-100

Anna Tumarkin (1875–1951). In: Illustrirte Zeitung. Band 112, Nr. 2903, Leipzig und Berlin, 16. Februar 1899, S. 197

Tumarkinweg.jpg
Autor/Urheber: Tnemtsoni, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Tumarkinweg an der Universität Bern