Anna McCarthy

Anna McCarthy (2017)

Anna McCarthy (* 1981 in München-Neuperlach) ist eine deutsche bildende Künstlerin, die in München lebt und arbeitet. McCarthys Projekte gehen meist von einem politischen Gedanken aus und basieren auf historischen Recherchen. Typisch für ihre Arbeit sind ihr journalistischer Gestus und Humor. Ihr Schaffen ist breit gefächert und umfasst die performative Installation mit Elementen von Konzert und Musical[1] sowie Malerei, Zeichnung und Film.[2]

Leben

McCarthy ist die Tochter einer Sozialpädagogin und eines Flugzeugingenieurs. Die Familie zog 1980 von Blackpool nach Rosenheim. Durch ihre älteren Brüder wurde früh McCarthys Interesse an Kunst, Musik und dem Münchner Nachtleben geweckt. Einer der beiden Brüder ist Nick McCarthy, der als Gitarrist der Band Franz Ferdinand Anfang der 2000er Jahre bekannt wurde. McCarthy interessierte sich in ihrer Jugend für die Literatur William S. Burroughs’ und die Kunst von Uwe Lausen und Francis Bacon, wobei sie sich besonders vom Düsteren und Makaberen angezogen fühlte.[3]

2001 studierte sie an der Kingston University Illustration. Von 2002 bis 2009 studierte McCarthy Bildhauerei an der Münchner Kunstakademie und übte sich in verschiedenen Bereichen wie Videokunst, Installation, Malerei und Musik. 2005 studierte sie zwei Jahre lang an der Glasgow School of Art.[4]

Seit 2007 ist McCarthy Mitglied in der achtköpfigen Band Damenkapelle, sie spielt Bass und singt. Die Band veröffentlichte 2012 ihr Debütalbum beim Münchner Label Echokammer[5] und bewegt sich stilistisch zwischen Pop und Performance.

Von Anna McCarthy gestaltete Decke der Damentoilette im Valentin-Musäum (2020)

Von 2012 bis 2014[6] kuratierte sie zusammen mit Federico Sánchez die Lesungsreihe No Country for odd poets im Kunstverein München. Hier wurden eher der Subkultur zugehörige Protagonisten der Performance- und Literaturszene eingeladen, unter ihnen die Filmemacherin Chris Kraus, der Dichter John Giorno und Wolfgang Müller, Ex-Mitglied von Die Tödliche Doris.[7]

In ihrem Projekt How to Start a Revolution, das u. a. aus einem Musical (2013), einem Buch (2016), filmischen Arbeiten und „lächerlich provokanten politischen Aktionen“ (so ein Katalogstext) besteht, beschäftigte sie sich mit Klischees des Rebellentums, eingebettet in zeitgenössische gesellschaftspolitische Ereignisse. Dabei hatte die Arbeit einen Bezug zu München und Bayern und bezog das persönliche Umfeld der Künstlerin mit ein. How to Start a Revolution wurde international ausgestellt., u. a. in Galerien in London, Glasgow und Island.[8]

2015[9] gestaltete McCarthy die Decke der Damentoilette des Valentin-Karlstadt-Musäums mit so großem Einsatz, dass die Wirtin des zum Musäum gehörenden Turmstüberls davon als „Ännas Sixtinische Kapelle“ sprach. Neben der künstlerischen Arbeit kellnerte sie zeitweise im Musäum, für das sie auch die englische Fassung der Audioführung durch die Dauerausstellung einsprach.[10]

Im selben Jahr war McCarthy für drei Monate Stipendiatin der Villa Aurora.[11] Hier entstand u. a. der Kurzfilm Fassbinder in La-La-Land, mit dem sie vom Münchner Fassbindertage e. V. beauftragt worden war. In dem Film stellt McCarthy eine Art weiblichen, in Los Angeles lebenden Rainer Werner Fassbinder dar.[12] Auch 2020 beteiligte sie sich an den Fassbindertagen, diesmal mit dem Kurzfilm Spirit of Fassbinder Conspiracy, in dem Frauen in wehenden Gewändern vor Fassbinders Geburtshaus einen Geist heraufbeschwören.[13]

Im Jahr 2017 hatte McCarthy unter dem Titel What are people for? ihre erste Einzelausstellung im Kunstverein Göttingen. Unter demselben Titel und mit Elementen aus dieser Ausstellung entstanden in Zusammenarbeit mit der Musikerin und Komponistin Manuela Rzytki[14] Performances in München,[15] Berlin und Reykjavík.[16]

Im selben Jahr verbrachte McCarthy zeitgleich mit der Damenkapelle-Kollegin Gabi Blum auf Einladung der Künstlerinitiative Popps Packing einen einmonatigen Atelieraufenthalt in Hamtramck, Michigan. Den Aufenthalt verarbeiteten sie u. a. in der Ausstellung The European Secret Salon in einer kleinen Galerie in Viechtach anhand von Videocollagen, Audionotizen, Malereien, Zeichnungen und Objekten.[17]

Die Künstlerin wird, Stand 2022, von der Galerie Sperling[18] in München vertreten. Als Gastdozentin der Münchner Akademie der Künste hielt sie 2020 ein Seminar, das die „politische Lebensreformbewegung“ zum Thema hatte.[19] Sie betreut zusammen mit Paulina Nolte die Performance- und Multimediawerkstatt des städtischen Jugendkulturzentrums „Die Färberei“. Hier entstand 2020 während der COVID-19-Pandemie der Online-Workshop Karantäne Künstlerbuch. Bei diesem niederschwelligen Angebot wird erklärt, wie man ein Künstlerbuch anlegt und bindet, nebenbei wird Ray Johnsons Mail Art zitiert.[20]

Ausstellungen und Performances (Auswahl)

„Washing Line (Compost)“, Bleistiftzeichnung (2022)
  • 2013: NA-EN-DE-NA-EN-DE-NA-WI-DA II, zusammen mit Gabi Blum in der „Schaustelle“ der Pinakothek der Moderne, München[21]
  • 2014: Nein in der Halle der „Platform München“[22]
  • 2014: Performance How To Start a Revolution: The Musical im Maximiliansforum, München[9]
  • 2015: Project Biennial of Contemporary Art, D-0 ARK Underground, Bosnien-Herzegowina[23]
  • 2016: Favoriten III: Neue Kunst aus München, zusammen mit elf anderen Künstlerinnen und Künstlern im Lenbachhaus, München[24]
  • 2017: What are people for? im Kunstverein Göttingen[25]
  • 2017: Die Hölle im Valentin-Karlstadt-Musäum, München
  • 2018: Performance How To Start a Revolution: The Musical im Rahmen der Ausstellung Kunst der Revolte // Revolte der Kunst, veranstaltet vom Offenes Haus der Kulturen e. V., Frankfurt am Main[26]
  • 2019: Bloodless Boutique im Deutschen Fleischermuseum in Böblingen[27]
  • 2020: Adventure Room in der Galerie Sperling, München[28]
  • 2021: Global Angst in der Muffathalle und im Münchner öffentlichen Raum, zusammen mit Chicks on Speed, Der Plan, Bayerischer Flüchtlingsrat u. a.[29]
  • 2022: Washing Cycle in der Galerie Sperling, München

Videoarbeiten (Auswahl)

  • 2019 – 2020: Bloodless Boutique, Bloodless Pool und Bloodless Brandhorst. Digitale Video-Reihe in Zusammenarbeit mit Paulina Nolte. Der dritte Teil entstand im Auftrag des Museum Brandhorst.[30]

Bühnenbild

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • How to Start a Revolution – The Musical. Edition Taube, Stuttgart 2016, ISBN 978-3-945900-07-9
  • What are people for? Herausgegeben von Anja Lückenkemper, Design von Studio Jung. Hammann von Mier Verlag, München / Kunstverein Göttingen, 2017, ISBN 978-3-947250-04-2
  • Gelatine Jaws, Hammann von Mier Verlag, München, 2022, ISBN 978-3-947250-44-8

Auszeichnungen

Diskografie (Auswahl)

Weblinks

Commons: Anna McCarthy – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Herausragende Künstler erhalten Bayerische Kunstförderpreise 2016. In: Bayerisches Staatsministerium für Unterricht und Kultus. Abgerufen am 13. August 2020.
  2. Bayerische Kunstförderpreise Bildende Kunst 2016. In: Akademie der Bildenden Künste. Abgerufen am 18. August 2020.
  3. Wolfgang Görl: Mach dein Ding! In: Süddeutsche Zeitung. 16. März 2016, abgerufen am 16. August 2020.
  4. Andi Hörmann: Der Rebell als Antiheld. In: Deutschlandfunk Kultur. 20. Juni 2012, abgerufen am 2. August 2020.
  5. Andi Hörmann: Aquarium-Sound aus dem schalldichten Gartenhäuschen. In: Deutschlandradio. 24. Juli 2012, abgerufen am 16. August 2020.
  6. Ergebnisse der Katalogsuche. In: AAP Archive Artist Publications. Abgerufen am 16. August 2020.
  7. Katrin Hildebrand: Endlich Raum für die Bohème. In: Merkur.de. Münchener Zeitungs-Verlag GmbH & Co.KG, 17. Mai 2013, abgerufen am 16. August 2020.
  8. Eva Huttenlauch und Stephanie Weber, Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau München (Hrsg.): Favoriten III. 2017, ISBN 978-3-88645-189-0.
  9. a b Anna McCarthy. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Galerie Sperling. Ehemals im Original; abgerufen am 17. August 2020 (englisch).@1@2Vorlage:Toter Link/www.sperling-munich.com (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  10. Ausstellungseröffnung "Die Hölle". (Nicht mehr online verfügbar.) In: Valentin-Karlstadt-Musäum. Archiviert vom Original am 11. Februar 2022; abgerufen am 13. August 2020.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.valentin-musaeum.de
  11. AnnaMcCarthy – Bildende Künstlerin. In: Villa Aurora & Thomas Mann House e. V. Abgerufen am 12. August 2020.
  12. Fassbinder in Lalaland. In: annamccarthy.de. Abgerufen am 22. August 2020.
  13. Stefanie Schwetz: Das Jahr der 13 Monde. In: Süddeutsche Zeitung. Abgerufen am 22. August 2020.
  14. Manuela Rzytki | Staatstheater Darmstadt. Abgerufen am 17. August 2020.
  15. Anna McCarthy + Manuela Rzytki – What are People for? In: Netzwerk Freie Szene München e.V. 2018, abgerufen am 17. August 2020.
  16. Shows. In: http://www.annamccarthy.de. Abgerufen am 17. August 2020.
  17. The European Secret Salon – Ausstellung von Gabi Blum und Anna McCarthy. In: Akademie der Bildenden Künste München. Abgerufen am 22. August 2020.
  18. Anna McCarthy. In: Galerie Sperling. Abgerufen am 29. November 2022 (englisch).
  19. Wir schmeissen euch eine Walnuss an den Kopf. In: Die Färberei. Abgerufen am 20. August 2020.
  20. Isabell Nina Schirra: Das Buch zur Krise. 30. April 2020, abgerufen am 22. August 2020.
  21. Gabi Blum & Anna McCarthy. NA-EN-DE-NA-EN-DE-NA-WI-DA : II – Schaustelle. In: Die Schaustelle der Pinakothek der Moderne. Abgerufen am 20. August 2020.
  22. → Nein – Anna McCarthy. In: Platform München. Träger: Münchner Arbeit gGmbH, abgerufen am 16. August 2020.
  23. 3rd edition. In: Biennial of Contemporary Art. 25. Februar 2015, abgerufen am 20. August 2020 (englisch).
  24. Favoriten III: Neue Kunst aus München. In: Lenbachhaus. Städtische Galerie im Lenbachhaus und Kunstbau, abgerufen am 17. August 2020.
  25. Isabel Trzeciok: Das Innerste nach außen. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Göttinger Tageblatt. 19. Juni 2017, ehemals im Original; abgerufen am 16. August 2020.@1@2Vorlage:Toter Link/www.goettinger-tageblatt.de (Seite nicht mehr abrufbar. Suche in Webarchiven.)
  26. Kunst der Revolte // Revolte der Kunst, Ausstellung und Programm. In: Hochschule für Gestaltung Offenbach am Main. Abgerufen am 20. August 2020.
  27. Kathrin Haasis: Neue Ausstellung im Fleischermuseum: Eine Edelboutique mit blutigen Waren. In: Stuttgarter Nachrichten. 4. Dezember 2019, abgerufen am 17. August 2020.
  28. Anna McCarthy Adventure Room. (Nicht mehr online verfügbar.) In: Galerie Sperling. Archiviert vom Original am 28. April 2020; abgerufen am 22. August 2020 (englisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.sperling-munich.com
  29. Global Angst – Eine künstlerische Konferenz von Julian Warner. In: Kulturstiftung des Bundes. Abgerufen am 25. November 2021.
  30. Anna McCarthy und Paulina Nolte: Bloodless (2019-2020). In: Kino der Kunst. 27. Oktober 2020, abgerufen am 19. Dezember 2020.
  31. Leonhard und Ida Wolf-Gedächtnispreise. In: Kulturpreise.de. Abgerufen am 6. Februar 2021.
  32. 2014 | Kunstclub13. In: Kunstclub13 e. V. Abgerufen am 16. August 2020.
  33. Michael Wolf: Neue Leitung für Münchner Rodeo-Festival. In: Nachtkritik. 15. Oktober 2018, abgerufen am 6. Februar 2021.

Auf dieser Seite verwendete Medien

Anna-mccarthy-washing-line-bedstuy-compost-2022.jpg
Autor/Urheber: Kaethe17, Lizenz: CC BY-SA 4.0
„Washing Line Bedstuy (Compost)“, Bleistiftzeichnung von Anna McCarthy in der Galerie Sperling, München (2022)
Anna McCarthy 2017 - 1.jpg
Autor/Urheber: Amrei-Marie, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Anna McCarthy - Ausstellungseröffnung 2017 "Die Hölle", im Valentin-Karlstadt-Musäum, München. Anna McCarthy trägt ein rotes Teufelskostüm.
Valentin-musaeum-damentoilette-2020.jpg
Autor/Urheber: Kaethe17, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Von Anna McCarthy gestaltete Decke der Damentoilette des Valentin-Musäums (2020)