Anbrachen
Das Anbrachen, vormals auch Anbrauchen oder Anbraken, in Österreich auch Bestechen genannt, bezeichnet den ersten Arbeitsgang der Pelzherstellung in der Kürschnerei, das „brauchbar machen“ gegerbter Felle durch das Entfernen von Schadstellen, die das Aussehen oder die Haltbarkeit des Endproduktes beeinträchtigen würden. Dies erfolgt durch das Herausschneiden der Stellen in Ellipsen, das Einsetzen von Fellstücken oder Schließen der Fehlflächen durch andere geeignete Arbeitstechniken, wie Zunge ziehen oder, sehr selten, das Umsetzen. Gleichzeitig werden auch natürliche, im Endprodukt störende Fellteile beseitigt, wie zum Beispiel die Mähne beim Fohlenfell oder der Nackenwirbel beim Kalbfell. Das abschließende Nähen geschieht in Fachbetrieben heute mit der Pelznähmaschine, wie beim Handnähen mit einem Überwendlichstich.[1][2]
Allgemein
Schäden in Fellen können die verschiedensten Ursachen haben. Sie können durch Bisse oder sonstige Verletzungen schon beim lebenden Tier verursacht sein, durch Schusslöcher, durch Einschnitte beim Abbalgen oder bei der Pelzzurichtung oder durch unsachgemäßes Spannen und Trocknen des Rohfells. Auch Nachwuchsstellen (Zwiewuchs, Unterwuchs) können störend sein und müssen beseitigt werden. Am häufigsten treten kahle Stellen auf, vom deutschsprachigen Kürschner „Kahlauer“ genannt. Die durch eine Verletzung der Haut zurückgebliebenen verdickten Narbenstellen nennt der Häutehandel „Pflaster“,[3] in der Kürschnerei ist dafür wohl kein eigener Begriff gebräuchlich.
Die zu beseitigenden Störstellen können sein:
- Im Haar:
- Kahlstellen (Blößen, Kahlauer), dünnbehaarte, beriebene oder verfilzte Stellen, Nach- oder Zwiewuchs, Scher- oder Farbfehler, Mähne, Wirbel, Zitzen und die Rammelstellen beim Hamsterfell.
- Im Leder:
- Bissstellen, Fleischerschnitte, Fraßlöcher (Schädlingsfraß, unter anderem durch Käfer, Würmer, Ratten, Mäuse), Schusslöcher, Fehler durch sogenanntes Verbrennen oder Verstinken (harte, teils kahle Stellen, Fäulnisschäden beim Rohfell), Schnatten (Narbenbrüche im Oberleder der Haarseite), Zitzenlöcher, Risse und Zurichternähte.[2][4]
- Kahlstellen (Blößen, Kahlauer), dünnbehaarte, beriebene oder verfilzte Stellen, Nach- oder Zwiewuchs, Scher- oder Farbfehler, Mähne, Wirbel, Zitzen und die Rammelstellen beim Hamsterfell.
Der volle Umfang der Schäden tritt meist erstmals nach der Zurichtung zum Vorschein. Mitunter entstehen die Schäden erst während der Zurichtung, dünnledrige Felle sind hierfür empfindlicher als schwerledrige.[4] Je nach der Form der Schadstellen lassen sie sich bis zu einem gewissen Umfang durch spezielle Schnitttechniken entfernen. Idealerweise sollen die reparierten Stellen auf der Haarseite nicht zu erkennen sein. Solange die aufzufüllenden Stellen nicht zu groß sind, ist dies bei weichem und nicht zu kurzem Haar fachlich möglich (zum Beispiel bei Fuchsfell, Waschbärfell, Nerz und ähnlichen Haarstrukturen). Bei sehr hartem oder sehr kurzem Haar bleiben die Nähte häufig sichtbar, hier werden Nähte deshalb so gering wie möglich gehalten (zum Beispiel bei Seehund, besonders beim kurzhaarigen, geschorenen Lakoda-Seal, bei flachem Breitschwanz, hier besonders bei dünnhaarigem unmoirierten Galjak). Die Anbrachstellen bei Lakoda-, Breitschwanz- und Galjakfellen müssen deshalb häufig zeitaufwändig mit feiner auszuführenden Handnähten geschlossen werden.
Philipp Manes, der von den Nationalsozialisten ermordete Pelzkommissionär und Historiker der Pelzbranche, schrieb 1941: „Das ‚Anbrachen‘ des Felles, d. h. sein Ausflicken und Ausmerzen schlechter Stellen erfordert ein geübtes Auge. Ein erfahrener Anbracher kann viele tausend Mark retten, wenn er jedes Fell mit einem Blick und schnellem Handgriff zu reparieren versteht. Man sehe sich einen gallonierten Silberfuchs an, der, in schmale Streifen zerschnitten, je nachdem Länge oder reite verdoppelt. Oder das teuerste Nerzfell, wie es ausgelassen erst wertvoll und schön ist.“[5]
Das Ausmaß der schadhaften Felle in den einzelnen Warenpartien wie sie auf die Weltmärkte kommen, ist je nach Qualitätsstufe verschieden. Beste und bessere Sorten (I und II) weisen weniger Schäden auf. Die besten Qualitäten sind oft frei von jeglichen Schäden in Leder und Haar, das gilt beispielsweise inzwischen für fast alle angelieferten Zuchtnerzfelle. Geringere Sorten (III, IV, V), insbesondere aber „damaged“ (Beschädigte) enthalten teilweise viele schadhafte Felle, nach den Standards der 1950er Jahre waren das mitunter bis zu 50 Prozent einer Partie, bei damaged bis 100 Prozent.[4]
Meist werden erheblichere Schäden schon durch den Rauchwarengroßhandel beseitigt. Größere Betriebe unterhielten hierfür eigene Kürschnerwerkstätten, auch Anbrache-Werkstätten genannt. Vielfach wurden die schadhaften Felle auch außer Haus, zu einem Zwischenmeister, zum Anbrachen gegeben. Die in den Anbrachkürschnereien beschäftigten Arbeitnehmer, die häufig keine volle Berufsausbildung hatten, sondern nur für diese Arbeiten angelernt worden waren, wurden als Anbracher, oder mitunter nach der Tätigkeit des Glattspannens der Felle, als Zwecker bezeichnet. Kommen die Felle, sortiert in Fellbunde, zum Kürschner, sind sie meist frei von größeren Schäden. Lediglich die immer dünnledrigen und schwachbehaarten Breitschwanzfelle werden ausschließlich vom Endverarbeiter angebracht.[4]
Arbeitstechniken
Englische Mädchen spannen Kaninfelle während des Zweiten Weltkriegs
Kürschner näht eine Doppelzunge in einem Nerzfell
Eine große Anzahl von Fellen ist nach der Pelzzurichtung noch rund geschlossen, wenn sie zur Endverarbeitung kommen. In der Regel sind dies die edleren Fellsorten, vor allem die Marderarten, wie auch der Nerz, sofern sie nicht bei der Veredlung, wie dem Scheren, Rupfen oder Färben bereits aufgeschnitten und damit flachgelegt wurden. Bis auf wenige Fellarten, wie das Luchsfell, früher das Desmanfell, manchmal das Nutriafell, bei denen das Bauchfell schöner ist als der Rücken, werden alle im Bauch aufgeschnitten. Dies muss exakt in der Bauchmitte erfolgen. Ausnahmen können Felle von Arten sein, bei denen der Bauch nicht verwendet werden kann, weil das Haar zu schütter ist, wie Skunksfell oder Opossumfell, hier wird beim Aufschneiden das Bauchteil direkt herausgeschnitten. Eine weitere Ausnahme sind die Fellarten, bei denen Rücken und Wamme getrennt verarbeitet werden, wie Bisamfell und Fehfell. Gerade hierbei ist auf größte Gleichmäßigkeit zu achten, damit sowohl Wamme wie Rücken nicht schief werden. Möglichst wird zum Aufschneiden eine auf die Fellgröße abgestimmte Holzscheide eingeführt, zum Beispiel eine Nerzscheide, oder, wenn nicht passend vorhanden, ein Lineal. Das verhindert, dass beim Schneiden versehentlich der Fellrücken mit erfasst wird. Mit dem Haarstrich, also am Kopf beginnend, wird mit dem Kürschnermesser, die Schneide nach oben, das Fell aufgeschnitten. Anschließend werden in der Regel zwei Schnitte zu den Vorderpfoten gelegt, so dass die Pfoten sich jetzt an den Fellseiten befinden.[6]
Dem eigentlichen Anbrachen geht das Anzeichnen des Grotzens voraus, der in der Regel farblich und oft auch in der Haarlänge abweichenden Fellmitte. Dies geschieht von der Haarseite aus mit dem Kopierrad, durch Markieren mit Stecknadeln, kaum noch mit dem Grotzenstecher. Eine außerdem gebräuchliche Methode ist es, das Fell mit dem aufgekämmten Haar auf die Arbeitsplatte zu legen, den Kürschner-Messingkamm mit den Zinken auf das Fell zu drücken und mit einem kurzen Ruck das Fell über die Platte zu ziehen. Jede dieser Methoden hinterlässt eine Spur auf der Lederseite, die mit einer gestrichelten Linie fixiert wird.[7] Zusätzlich ist es häufig sinnvoll, für die Weiterverarbeitung auch andere markante Fellzeichnungen zu markieren, insbesondere die Kreuzpartie in der Höhe der Vorderpfoten.
Durch scharfes Knicken des Fells, Aufkämmen und Anpusten des Haars werden nicht direkt auffällige Kahl-, Filz- und sonstige Schadstellen gefunden. Verschiedene Geräte, die das Anblasen maschinell vornehmen, waren bereits im ersten Viertel des 20. Jahrhunderts entwickelt,[8] haben sich jedoch nicht durchgesetzt. Je nach Struktur und Wert des Felles wird die Schadstelle von der Haarseite aus markiert: mit Stecknadeln; dem Grotzenstecher (die Stechahle des Kürschners); wie beim Anzeichnen des Grotzens mit dem Kamm durch Aufdrücken mit der hinteren Spitze des Klingenhalters bei gleichzeitigem, kurzen Ziehen über die Arbeitsplatte oder durch „Anstechen“ (seltener: „Bestechen“)[9] mit dem Kürschnermesser. Oder sie werden von der Haarseite her direkt herausgeschnitten, ansonsten entsprechend der Markierungen von der Lederseite aus. Querschnitte sind zu vermeiden, da sie am stärksten markieren, insbesondere wegen der beim Nähen mit der Pelznähmaschine mitgefassten, aus ihrer natürlichen Stellung gebrachten Haare. Anstelle eines Rechtecks wird deshalb beim Herausstechen der Fehlstelle die Form eines Parallelogramms angestrebt. Bis auf die Reparatur durch eine Ellipse sind alle Fehlstellen in einer eckigen, geometrisch regelmäßigen Form herauszuschneiden, Rundungen lassen sich mit der Pelznähmaschine weniger gut und sauber nähen.[10][2][11]
Im Arbeitsgang des Anbrachens erfolgt unter Umständen bei manchen Fellarten auch das Ausstechen der Diechen, der meist schwächer behaarten Stellen am Ansatz der Pfoten (Persianer).
Außer beim Einsetzen passender Stücke werden die Schadstellen zwar beseitigt, aber das herausgeschnittene Fellteil wird nicht wirklich ersetzt. Es entstehen Verwerfungen im Leder, es ist nicht mehr eben. Durch ein abschließendes feuchtes Ausspannen (Zwecken) oder Abstrecken wird das Fell wieder geglättet, gleichzeitig werden die feuchten Nähte mit dem Nahtroller oder dem Streckholz abgeflacht. Die besondere Gerbung der Felle, die Pelzzurichtung, trägt dieser Anforderung an das Pelzleder Rechnung, indem sie für die Pelze, die mit dem Haar nach außen getragen werden, ein im feuchten Zustand möglichst zügiges Leder herstellt. Veloutierte Pelze mit der Lederseite nach außen dürfen sich bei Nässe nicht verändern und werden entsprechend anders zugerichtet, sie werden allerdings schon aus optischen Gründen in der Regel nicht angebracht (Nähte auf der Außenseite des Kleidungsstücks), hierfür müssen Felle oder Fellteile ohne Schadstellen im Leder und ohne Kahlstellen im Haar ausgesucht werden.
Ellipsen
Kleine Stellen werden in Form einer Ellipse herausgeschnitten und zugenäht. Im einfachsten Fall besteht sie aus einem Schnitt durch den Fehler, wonach die Unebenheiten mit der Schere egalisiert werden. Die geringste Nahtmarkierung verursacht in der Regel die Längsnaht, beziehungsweise die längs des Haarverlaufs gelegte Ellipse, nur wenn nicht anders möglich wird die Ellipse diagonal oder quer gelegt werden. Es ist zu beachten, dass dadurch keine Farb- oder Haarlängenübergänge herausgeschnitten werden, insbesondere bei einer diagonal zur Haarrichtung geführten Ellipse. Es sollten möglichst nicht mehrere Ellipsen nebeneinander liegen, nebeneinander liegende Ellipsen sollten ungleich lang sein.
Eine der Ausnahmen bilden zum Scheren bestimmte Kaninfelle, hier sollen alle Schnitte möglichst schräg ausgeführt werden. Der Pelzveredler begründet das damit, dass die Retikularschicht der Lederhaut bei diagonal liegenden Schnitten besser glatt zu strecken ist und die bei Längsschnitten entstehende Tütenbildung vermieden wird, die beim Scheren an diesen Stellen zu Fehlschuren führen würde.[10]
Stück einsetzen (Stückeln)
Insbesondere bei gelocktem Fell ist das Ausstückeln die bevorzugte Reparaturart, vor allem bei größeren Kahlstellen. Das Einsetzen eines passenden Fellstücks geschieht mit Teilen anderer Felle der gleichen Materialart und Struktur, möglichst in einer dreieckigen Form, die sich am rationellsten und saubersten nähen lässt. Bei ungelocktem Fell wird es selten möglich sein, ein aus dem gleichen Fellteil stammendes, passendes Stück zu finden. Um den Nahtverlust auszugleichen, müssen die einzusetzenden Stücke in jeder Richtung, längs und quer, etwa drei bis vier Millimeter größer sein als das aufzufüllende Loch.[11]
Zunge ziehen (Keilschnitt)
Die Zunge, auch verschiedentlich als Triangel bezeichnet, wird beim Anbrachen der Felle sehr häufig eingesetzt. Lediglich bei sehr kurzhaarigem Material (Breitschwanz, flachem Kalbfell oder flachem Fohlenfell) verbietet sich ihre Anwendung. Auch bei Fellen, die eine sehr ausgeprägte Zeichnung haben (Ozelot), kann sie nur selten angewandt werden. Hier muss ein passendes Stück eingesetzt werden.[2]
Zungen werden auch benutzt, um Felle in verarbeitungsgerechtere Formen zu verändern. Als typisches Beispiel nennt ein Fachbuch „das Egalisieren der Vorderklauenpartie und des Pumpfes bei Nutria, der Schlösschenpartie bei Bisam und der Pumpfpartie bei Skunks“ (Pumpf = die hintere Fellpartie, dort befinden sich auch die flachhaarigen „Schlösschen“ beim Bisam).[2]
Folgt man den Kürschnermeistern und Gewerbelehrern Malm und Dietzsch (* 1900; † 1993), dann war es kurz nach dem Jahr 1850 der Kürschner Leberecht Giese aus Leipzig, der erstmals eine „seitliche Zunge“ schnitt (am Fellrand) und damit die Entwicklung des heutigen „Zungeziehens“ startete. Der Geselle arbeitete in der Firma Starke im Geschäftshaus „Zur Goldenen Kanne“, Richard-Wagner-Straße, auf dem Gelände des heutigen „Seaside Parkhotels“.[12] Dagegen spricht jedoch, dass bereits 1837 für die Meisterprüfung im Fürstenbistum Würzburg unter anderem verlangt wird, einen Baummarder mit zwölf Zungen zur Länge von einer Elle „auszulassen“, eine bereits bedeutend anspruchsvollere Arbeitstechnik der Kürschnerei.[13]
Einfache Zunge
Ist die Schadstelle zu groß, bietet sich das Ziehen von einer oder mehrerer Zungen an, um das nach Entfernen der Stelle entstandene Loch zu schließen. Damit es besser verhaart, wird die zu reparierende Stelle als Parallelogramm ausgeschnitten, die schräge Kante quer zum Haarlauf. Eine Zunge hat die Form eines spitzwinkligen Dreiecks. Unmittelbar hinter der Reparaturstelle soll sie noch gleich breit sein (anders als hier jeweils abgebildet), um dann zum Ende angeschweift schmal auszulaufen. Sie sollte einen Winkel von 20° nicht überschreiten. Beim Nähen wird sie in das durch das Herausschneiden entstandene Loch verschoben, die am Ende des schlank auslaufenden Keiles entstehende Lücke wird zugenäht. Die Höhe der Rückentfernung und bis zu welcher Größe ein Loch mit Zungen geschlossen werden kann, ist von der individuellen Farb- und Haarstruktur sowie von der Zügigkeit des Fellleders abhängig. Um ein gutes, also nicht markierendes Ergebnis zu erzielen, wird als maximale Rückentfernung in der Regel die Länge des Unterhaars angenommen. Innerhalb gleicher Haarstruktur kann das mehr, bei sehr ungleichem Haarbild weniger sein. Deshalb müssen Farb- und Haarlängengrenzen beachtet werden, gegebenenfalls sind sie vorher vom Haar aus zu kopieren und auf der Lederseite einzuzeichnen. Ob die Zunge zur Kopf- oder Pumpfseite hin gelegt wird, richtet sich ebenfalls nach diesem Gesichtspunkt. Die zum Beispiel bei Marderarten (Nerz, Zobel) und Fuchsarten meist flachere und dunklere Nackenpartie darf nicht in den langhaarigeren hinteren Rückenbereich gerückt werden – und umgekehrt.[2]
Doppelzunge, Treppenzunge
Bei mehreren Zungen für eine Reparaturstelle werden für den Nähvorgang die einzelnen Rückentfernungen angezeichnet. In der Regel schneidet der Kürschner die einzelnen Teile beim Anbrachen nicht völlig auseinander, sondern lässt sie bis zum Nähen an den Enden knapp verbunden.
Ein Fell ist in den verschiedenen Fellteilen unterschiedlich strukturiert. Insbesondere von der Fellmitte hin zu den Seiten verändern sich teilweise die Haarfarbe und die Haarlänge bereits innerhalb eines Zentimeters recht erheblich. Deshalb dürfen die Zungen nicht zu weit verschoben (gerückt) werden, da sonst Farb- oder Haarlängenunterschiede störend auffällig werden. Ist das Loch sehr lang, können mehrere Zungen umeinander gelegt werden, um die Rückentfernung für den einzelnen Schnitt zu verringern (ähnlich dem Auslassen von Fellen). Das Gleiche kann zusätzlich von der Gegenseite des Loches geschehen, in der Regel jeweils parallel zur Fellmitte. Ist eine Schadstelle unterschiedlich lang, bietet es sich an, sie mit zwei nebeneinander liegenden Zungen zu schließen (Treppenzunge), ebenso bei breiteren Schäden. Nebeneinander liegende Zungen sollten unterschiedlich lang enden, um die Weite nicht nur an einer Stelle wegzunehmen.[2]
Zusammenrücken
Bei sehr stark beschädigten Fellen ist es gelegentlich möglich, die gleich lang ausgeschnittenen Stellen durch Schnitte miteinander zu verbinden und ineinanderzurücken, ein Verkürzen des Fells durch Einlassen, die gegensätzliche Technik zum Verlängern durch Auslassen.
Ein gutes Beispiel für das Zusammenrücken ist das Nutriafell. Meist kann man die beim Nutria am Rücken liegenden Zitzen mit schrägen Ellipsen herausnehmen. Oft befindet sich jedoch ein größerer, kahler oder verfärbter Hof um die Saugwarzen. Dann bietet es sich an, die hintereinanderliegenden Anbrachlöcher mit Schnitten zu verbinden, auf der jeweiligen Fellhälfte jeweils die linke Lochseite mit der rechten Seite des folgenden Lochs, und die entstehende Stufenleiter zusammenzurücken (Treppenschnitt).[2]
Umsetzen (Umwerfen, Transportieren mit Zunge)
Die Idee, eine größere Fellstelle durch Fellmaterial von der Gegenseite desselben Felles zu ergänzen, wird in der Fachliteratur immer wieder beschrieben, dürfte in der Praxis jedoch nur selten zu einem guten Ergebnis führen. Sie ist, trotz des größeren Aufwands verlockend, rettet sie womöglich ein sonst nicht zu verwendendes Fell und erhält die Fellhälften gleich groß. Allein schon der Haarlauf des Felles, der sich zu den Seiten hin verändert, macht die Aufgabe problematisch. Dreht das Haar auf der linken Hälfte nach links, wird das dort gewonnene Fellmaterial auf der rechten Seite in die genau entgegengesetzte Struktur eingenäht.
Die einseitige Fehlstelle wird hierbei zu einem Quadrat oder Rechteck egalisiert und in halber Breite auf die exakt gleiche Stelle auf die Gegenseite übertragen. Die dort eingezeichnete Fläche wird in etwa 5 bis 10 Millimeter breite Längsstreifen gerader Anzahl (2, 4, 6 usw.) zerschnitten. Diese werden in umgekehrter Reihenfolge auf der Gegenseite eingenäht, so dass in beiden Hälften an gleicher Stelle ein gleich großes Loch entsteht. Diese beiden Löcher werden wie oben beschrieben mit einer oder mehreren Zungen geschlossen.[2]
Stopfen
Kleine dünnledrige Breitschwanz- und Galjakfelle weisen gelegentlich größere Flächen auf, in denen viele Schnatten beieinander liegen (Schnattenfelder). Wenn es wirtschaftlich sinnvoll ist auch diese Felle zu verwenden, werden die Stellen mit einer kurzen, feinen Nähnadel gestopft. Mit Handnähten werden dabei die einzelnen Schnatten durch flache Stiche auf Lederseite zusammengezogen, es liegt hierbei flächig Stich für Stich über- und nebeneinander.[4]
Historie
„Anbrachen von Fellen aller Art […]“
(Willi Trotte aus Markranstädt, 1922)„Guter ANBRACH-KÜRSCHNER ganzjährig in Frankfurt gesucht.“ (Anzeige 1976)
- In einer innerhandwerklichen Auseinandersetzung wandten die Leipziger Kürschner am 19. August 1794 ein:
„etc. etc. Dahingegen wir quoadb. [hinsichtlich] bemerken müssen, daß der Ausdruck ‚Rauchwarenanbraachen‘ ein Handwerks-Terminus ist und nichts anderes heißt, als die bey Zurichtung der Waaren gefundenen Löcher sauber auszuschneiden und zu nähen, und diese Arbeit, sowie auch das Bestechen und Ziehen der Waaren über die Bretter, zum Zurichten der Rauchwaren gehört und einen Teil derselben ausmacht.“
- Der 1884 geborene Kürschner Wilhelm Schnell berichtete aus seinem etwa fünften Gesellenjahr, in dem er in Wien arbeitete: „Im Februar erhielt ich dann in einer Zurichterei als Anbracher Arbeit. Da ich nur 13 Kronen Wochenlohn erhielt, musste ich von meinem Ersparten nehmen, um Leben zu können.“ In der Kürschnerei hatte er in einem kleinen Detailgeschäft zuletzt wöchentlich 40 Kronen verdient, allerdings mit vielen täglichen Überstunden – der 9‑Stundentag war gerade erstritten worden – auch sonntags wurde dort bis 12 Uhr gearbeitet und zum Ende der Saison, am 15. Januar, wurde er wegen Arbeitsmangel entlassen.[15]
- Neben anderen Firmen hat auch der Rauhwarenhändler und Pelzkonfektionär Ignaz Lustig in Wien eine Maschine zum Anblasen während des Anbrachens angeboten. Er warb dafür im Jahr 1926:
„Kein lungenzerstörendes Blasen beim Bestechen mehr!
Wenn Sie die neueste Bestechmaschine ‚PIL‘ verwenden!
Kommen Sie und schauen Sie!“
- Dazu abgebildet ist ein Tisch, auf dem das Fell über einen Stift gezogen werden soll, über dem sich die Luftdüse befindet. Dahinter befindet sich ein Ansaugtrichter, der die Haare in einen unter dem Tisch befindlichen Stofffiltersack befördert. Die Auslösung der Maschine erfolgt durch Fußtritte.[16]
- Im Jahr 1954 in einem historischen Rückblick einer Fachveröffentlichung: „Fachlich nicht voll ausgebildete, sogen. ungelernte Kräfte, werden, wenn sie in Stücke verarbeitenden Betrieben (Anbrache-Kürschnereien) beschäftigt sind, auch als Anbracher oder Zwecker bezeichnet.“[17]
Siehe auch
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Alexander Tuma: Pelz-Lexikon. Pelz- und Rauhwarenkunde. XVII. Band. Verlag Alexander Tuma, Wien 1949. Stichwort „Anbraken“
- ↑ a b c d e f g h i Autorenkollektiv: Rauchwarenherstellung und Pelzkonfektion. VEB Fachbuchverlag Leipzig 1970, S. 286–292
- ↑ Rudolf Gujer-Müller, Neubearbeitung Rudolf Gujer: Die Behandlung von Häuten, Fellen und Rohfett. Graphische Werkstätten H. R. Sauerländer & Co., Aarau, 1938, S. 59.
- ↑ a b c d e August Dietzsch, Kurt Häse, Paul Schöps: Das Anbrachen. In: Das Pelzgewerbe Nr. 2, 1956, Verlag Dr. Paul Schöps, S. 61–66.
- ↑ Philipp Manes: Die deutsche Pelzindustrie und ihre Verbände 1900–1940, Versuch einer Geschichte. Berlin 1941 Band 4. Durchschrift des Originalmanuskripts, S. 147.
- ↑ „z“: Lehrlingsausbildung. Aufschneiden und Anbrachen von Fellen. In: Die Kürschnerfibel, Verlag Alexander Duncker, 1. Juni 1942, S. 17–18. Beilage zur Kürschner-Zeitung, Heft 16.
- ↑ Alfred Homuth: Über das Brauchbarmachen von Fellen. In: Kürschner-Zeitung, Heft 25, 1. September 1941, Verlag Alexander Duncker, Leipzig.
- ↑ Patent DE461505C: Vorrichtung zur Untersuchung der Haarseite von Pelzfellen. Angemeldet am 3. September 1926, veröffentlicht am 25. Juni 1928, Anmelder: Fa. M. Rittershausen.
- ↑ August Dietzsch: Zur Fabrikation von Fellwerk. In: Das Pelzgewerbe Nr. 6, Verlag Dr. Paul Schöps, Berlin und Leipzig, S. 198.
- ↑ a b Autorenkollektiv: Der Kürschner. Fach- und Lehrbuch für das Kürschnerhandwerk. 2. überarbeitete Auflage. Herausgegeben vom Berufsbildungs-Ausschuss des Zentralverbands des Kürschnerhandwerks, Verlag J. P. Bachem, Köln 1956, S. 29–31
- ↑ a b Alexander Tuma jun: Die Praxis des Kürschners. Verlag von Julius Springer, Wien 1928, S. 34–44
- ↑ Friedrich Malm, August Dietzsch: Die Kunst des Kürschners. Fachbuchverlag Leipzig 1951, S. 92.
- ↑ Paul Schöps, Manuskript vom 17. Februar 1978: Meisterstücke. S. 3–4. Sammlung G. & C. Franke
- ↑ Sekundärquelle: Jean Heinrich Heiderich: Das Leipziger Kürschnergewerbe. Inaugural-Dissertation, Ruprecht-Karls-Universität zu Heidelberg, 1897, S. 16.
- ↑ Wilhelm Schnell: Wilhelm Schnell, Berlin. In: Die deutsche Pelzindustrie und ihre Verbände 1900–1940, Versuch einer Geschichte. Berlin 1941 Band 4. Durchschrift des Originalmanuskripts, S. 292.
- ↑ Anzeige in: Wiener Kürschner-Zeitung, Alexander Tuma, Wien 25. Juli 1926, S. IV.
- ↑ Paul Schöps: Nadelkürschner - Galanteriekürschner - Futterkürschner - Anbracher. In: Das Pelzgewerbe - Festschrift für den Kürschnertag des Handwerks Leipzig 9.-14. Mai 1954. Hermelin-Verlag Dr. Paul Schöps, Berlin, Leipzig, S. 33.
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Der Kalbfellmantel
- Der Trend zu einem flachen, glänzenden, sportlichen Material, welcher wohl durch die mannigfaltigsten Lederbekleidungsstücke eingeleitet wurde, hat in letzter Zeit (1965) auch wieder dazu geführt, einem adäquaten Fell zum Durchbruch zu verhelfen. Kalbfelle, aber auch Fohlen, waren für Pelzbekleidungsstücke nicht mehr so gefragt. Vielleicht aus dem Grunde, weil sie nach dem Kriege zu den wenigen Materialien gehörten, die uns begrenzt zur Verfügung standen und man sich daran etwas übersehen hatte, vielleicht aber auch, weil dem Material eine gewisse Geschmeidigkeit fehlte.
- Durch die verbesserten Zurichtungsmethoden in den letzten Jahren wurde aber auch dieses Problem annähernd gelöst. Man nimmt ja zur Verarbeitung sowieso nur die Felle junger Tiere, welche kurz nach der Geburt gewonnen werden bzw. Frühgeburten. Kalbfelle kommen naturell bzw. braun oder schwarz gefärbt auf den Markt. Einen durchaus sportlichen, großzügigen Effekt erzielt man mit gefleckten Fellen, welche mit Fuchs bzw. Nerz o. ä. kombiniert, faszinierende Kleidungsstücke ergeben.
- Kalbfelle zu Kleidungsstücken zu verarbeiten ist eigentlich kein Problem und dürfte keinem Kürschner Schwierigkeiten bereiten. Leider aber sieht man im Straßenbild Kalbfellmäntel und -paletots, die in ihrer Verarbeitung viel, sehr viel zu wünschen übrig lassen. Auch ein billiges Material sollte den Ehrgeiz eines Kürschners wachrufen, daraus das Bestmögliche zu schaffen.
- Benötigt werden für einen Kalbfellmantel sechs bis sieben Felle. Bei einer Fellgröße von 60 bis 100 cm hat man für einen normalen Mantel genügend Material zur Verfügung.
- 1. Ausstechen der Diechen
- Die Diechen werden von der Haarseite herausgeschnitten und zwar so, dass alles wilde Material restlos entfernt wird. Die Klauen bleiben am Fell.
- 2. Markieren
- Der Grotzen sowie die Wirbel werden mit einem Fettstift auf der Lederseite markiert.
- 3. Sortieren
- Beim Sortieren wird berücksichtigt, daß die charakteristischen Wirbel im oberen Drittel des Felles verschwinden müssen. In der Regel hat ein Kalbfell zwei Wirbel, wie es Abb. 1 zeigt. Beim Hauptwirbel läuft das Haar nach allen Seiten, Abb.1 a, und an dieser Stelle wird der erste Pumpf aufgesetzt. Man sortiert immer im Hängen. Stehen für einen Mantel sechs Felle zur Verfügung, so werden für den Körper fünf Felle und für die Ärmel ein Fell genommen.
- Zwei schöne, passende Felle sortiert man für den Rücken, wobei darauf geachtet wird, dass das zu drehende Kopfstück sich im Moiré und Farbe in die Gesamtfläche gut einfügt. Für den Übertritt werden ebenfalls zwei Felle benötigt. Für den Untertritt nimmt man das restliche Fell, zu welchen man dann noch einen der abfallenden Köpfe des Rückens bzw. Übertrittfells reserviert. Kommt man mit drei Fellen für die Gesamtweite nicht hin, so kann man zur Verbreiterung des Rückens an beiden Seiten noch 1 2 Fell dazu sortieren. Wenn man für den Kragen kein flaches Pumpfstück erübrigen kann, so sollte man darauf achten, dass ein entsprechendes Kopfstück den Forderungen entspricht.
- 4. Aufsetzen und Anbrachen
- Im Rücken und Obertritt sind zwei Felle für eine Bahn sortiert. Zwei bis drei Zentimeter unterhalb des Hauptwirbels wird das Fell aufgesetzt. Am besten eignet sich hierzu eine individuelle Welle mit einer Spitze am Grotzen, wie sie Abb. 2 zeigt. Es kommt oft vor, dass das Haar am Grotzen des aufzusetzenden Felles nicht so stark wirbelt wie das untere Fell und dadurch der Wirbel nicht hundertprozentig vom Haar des oberen Felles gedeckt wird. Man kann sich hier sehr helfen, indem man ein rhombisches Stück (Abb. 1c)aus dem Grotzen am Kopf herausschneidet und zur besseren Verbindung am Grotzen des Aufsatzes einsetzt (Abb. 2b). Das Entfernen des Wirbels geschieht in der Praxis auf zwei Arten. Entweder dreht man zwischen den beiden Wirbeln ein sogenanntes Fenster in rechteckiger bzw. Kreisform um 180 Grad oder, was sich immer optimal erwiesen hat, man schneidet, wie beim Aufsetzen, eine individuelle Welle (mit Spitzen, zum besseren nähen) quer zum Fell (Abb. 3) und dreht das Stück in ganzer Fellbreite um 180 Grad.
- Muss der Rücken mit einem weiteren Fell verbreitert werden, so spaltet man das zur Verbreiterung dienende Fell neben dem Grotzen an der Stelle, wo das Haar beginnt nach der Seite zu laufend in einer (bei stark moiriertem Material) individuellen Welle oder in einer Blitzzacke. Den Grotzen lässt man dann herausfallen und die beiden Teile an die Rückenfelle anfügen.
- Bei den Vorderteilen verfährt man genau wie beim Rücken, nur ist es hier sehr wichtig, darauf zu achten, dass der Brustabnäher niemals genau in der Grotzenmitte verläuft, sondern zwei bis drei cm rechts bzw. links davon (Abb. 4). Dadurch erzielt man immer ein einwandfreies Decken des Haares beim Zusammennähen des Brustabnähers. Der Umbug wird mit abfallenden Stücken bei diesem Arbeitsgang mit ausgestückelt. Beim Aufsetzen der einzelnen Bahnen werden die Felle auch angebracht, weil man jetzt erst passende Stücke zum Ausbessern der schadhaften Stellen zur Verfügung hat. Ob man zur Beseitigung eines Kahlauers etc. Zungen zieht, hängt von der Beschaffenheit des Materials ab. Besser ist aber immer ein Ausbessern durch Einsetzen neuer Stücke. Zum Nähen der Aufsatz- bzw. Anbrachnähte ist es ratsam, eine nicht zu feste Spannung zu wählen. Es sollen die Nähte stoßen, aber nicht sperren.
- 5. Vorzwecken
- Nach dem Nähen werden die Nähte ausgerollt und von der Haarseite mit einer Drahtbürste bearbeitet, damit das Haar wieder in eine einheitliche Richtung läuft.
- Die Nähte werden jetzt leicht befeuchtet und die einzelnen Bahnen aufgespannt. Die Bahnen brauchen nur kurz anzutrocknen, um bei der Weiterverarbeitung etwas Festigkeit zu haben.
- 6. Arbeiten der Ärmel
- In der Zeit des Antrocknens können die Ärmel gearbeitet werden. Das Ärmelfell wird so gespaltet, dass der Grotzen etwas hinter der vorderen Ärmelkante liegt. Dazu muß das Fell genau in der Grotzenmitte getrennt werden. Das Haar läuft somit von vorn nach hinten und gibt an der Armkugel einen guten Anschlag. Das Kopfteil oberhalb des Wirbels wird mit einer geraden Naht am vorderen Unterärmel angesetzt. Mit dem restlich abfallenden Material kann man dann den hinteren Unterärmel ausstückeln (Abb. 5).
- 7. Zusammenstellen des Körpers und Zwecken
- Zur Verbindung der Seitennaht empfiehlt sich am besten wieder eine individuelle Welle. Hässlich wirken nun immer wieder die hier zusammenlaufenden, oft recht langen Haare, und es entsteht ein Kamm, welchen man am fertigen Stück mit der Effilierschere verschneidet. Da hierbei aber die Haarspitzen entfernt werden, so gewinnt die Naht durch diese Manipulation auch nicht mehr Sauberkeit. Man hilft sich hierbei so, daß man die Haare abschäftet (oder schärft), wie es auch bei der Breitschwanz- oder Zickelverarbeitung, kurz bei allen etwas starren, an den Seiten zusammenlaufenden Haaren vonnöten ist. Hierzu benötigt man ein sehr scharfes Messer. Man legt das Fell auf die Haarseite und schneidet nun vorsichtig die Haare so ab, daß nur noch wenige Haarspitzen an der Lederkante stehen bleiben, welche sich dann mit der Gegenseite gut ineinander verhaaren und somit eine saubere einwandfreie Seitennaht ergeben. Wichtig ist, darauf zu achten, dass das Deckhaar nicht verletzt wird.
- Sind alle Teile zusammengenäht, so werden sie gut befeuchtet und aufgezweckt. Nach dem Zwecken werden sämtliche Nähte mit dem Rollholz noch einmal genügend ausgerieben.
- 8. Abzwecken und fertigstellen
- Nach dem Abzwecken reibt man alle Teile, bevor sie abgeglichen werden, gut weich.
- Bevor der Mantel zusammengenäht wird, kontrolliert man noch alle Teile, die zusammenkommen, um evtl. Haarkämme noch rechtzeitig zu verhindern. Dieses ist vorwiegend beim Zusammentreffen des Oberarmes mit dem Rückenarmloch der Fall. Hier schäftet man dann das Haar gleich so ab, wie es bei der Seitennaht beschrieben wurde. Am fertigen Stück werden sämtliche Nähte nochmals gut mit der Drahtbürste bearbeitet und somit dem Stück das Finish verliehen.
Anzeige der Firma Willi Trotte, Markranstädt in Sachsen.
- Anbrachen von Fellen sowie Anfertigung von Futtern (Hamster, Katzen, Kanin usw.) u. Pelzkonfektion in erstklassig Ausführung b. prompt. u. reell. Bedienung übern.
- In: „Der Rauchwarenmarkt“ Nr. 162, 10. Jahrgang, 2. August 1922, 1922, S. 4.
Anbrauchen verschiedener Felle (Lammfell, Nerz, Skunks, Bisam). - Ausschnitt.
Guter Anbrach-Kürschner ganzjährig in Frankfurt gesucht. (Anzeige 19. März 1976).
Kürschner in der Stadt Kastoria, Griechenland. Furs SA., Christos Papadopoulos, Petra Place. Nähen von angebrachten (= reparierten), rosé gefärbten Nerzfellen an der Pelznähmaschine.
Anbrachen. Das Anbrachen, vormals auch Anbrauchen oder Anbraken, in Österreich auch Bestechen genannt, bezeichnet den ersten Arbeitsgang der Pelzherstellung in der Kürschnerei, das „brauchbar machen“ gegerbter Felle durch das Entfernen von Schadstellen, die das Aussehen oder die Haltbarkeit des Endproduktes beeinträchtigen würden.
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Nähte in der Kürschnerei: Absatz „Anbrachen, “Bildunterschrift „Doppelzunge“
Der Kalbfellmantel
- Drehen des Genickstücks zum Beseitigen der Wirbel
The Civilian Evacuation Scheme in the Second World War
These evacuated schoolchildren practise rural crafts, looking after rabbits and curing their skins in the south of England.
Kürschnermesser. Entwicklung vom Ganzstahlmesser (bis erste Hälfte des 20. Jahrhunderts) zum modernen Klingenhalter. Bis auf den obersten Klingenhalter der Firma Sievers aus Solingen stammen alle aus dem Besitz eines Kürschners in Tschechien, die meisten wurden jedoch in Deutschland gefertigt. Ein Messer kombiniert mit einem Fellkamm.
Die Angaben zu dem ungewöhnlichen Messer mit Klappkamm (ein weiteres, wahrscheinlich älteres, einfacher gestaltetes Klappmesser des gleichen Herstellers ist ebenfalls in dieser Commons-Kategorie abgebildet): „Büchner Dresden Freiberger Platz 10 PATENTE a.“, außerdem Abb. Markenzeichen, ein Adler (?), Stahl und Messing. Das Messer wird beim Einklappen in eine Schutzrinne geklappt, dadurch sicher transportierbar. Ausgeklappt 17 cm lang.
Das ebenfalls patentierte Sievers-Messer aus Messing wird heute von einer anderen Firma noch ähnlich hergestellt. Nachdem man eine handelsübliche Rasierklinge halbiert hat, kann man sie anschließend entlang der eingekerbten Markierungsline in der optimalen Schräge abbrechen, nachdem man Sie durch die unten angenietete Abbrechhilfe gesteckt hat. Mit der Klemmzunge wird die Klinge dann, mit der Spitze des Klingenhalters abschließend, festgeklemmt. Geschnitten wird in der Regel nur mit der äußersten Klingenspitze, so dass man die stumpf gewordene halbe Klinge nach nochmaligem Abbrechen u. U. noch einmal benutzen kann.
Aus der Sammlung KuhnAlaska-Seal-Mantelverarbeitung (gerupfter Haarseehund) (Textteil 1)
- Durch die Gleichmäßigkeit und seine warme Farbe drückt dieses edle Material eine besondere Eleganz aus. Alaska-Seal, die von den Pribiloff-Inseln stammenden, in St. Louis, U.S.A., veredelten Felle des Seebären, kommen hauptsächlich in den Farben schwarz, blauschwarz und dunkelbraun zu uns. Die missfarbige Granne wird durch ein besonderes Verfahren entfernt, so dass die feinhaarige, dichte, samtartige Unterwolle bleibt. Die Naturfarbe der Unterwolle ist hellbraun bis kupfer und wird dann auf die oben erwähnten Farben gefärbt. Eigentlich ist das kein Färben im üblichen Sinne, sondern mehr ein Blenden, da ja das Leder naturell bleibt und das untere Drittel des Haares ebenfalls seinen braunen Ton behält.
- Die Verarbeitung von Alaska-Seal ist nicht übermäßig schwierig, doch muß sorgfältig und peinlich genau gearbeitet werden, wenn man die gewünschte harmonische Gleichmäßigkeit des gesamten Stückes erzielen will.
- Die Felle sind, im entsprechenden Sortiment, relativ lang, für die Mantellänge oft ausreichend, und es stehen für ein Mantelsortiment im Durchschnitt 7 Feile zur Verfügung. Man beginnt hier mit dem
- 1. Sortieren.
- An einer senkrecht stehenden Platte legt man die Felle so aneinander, daß die Flossenlöcher nicht sichtbar sind. Hierbei wird man schon feststellen, daß die so gleichmäßig scheinenden Felle doch einige Nuancen im Ton aufweisen. Stumpfere Felle wirken meist etwas grau, hingegen haben die seidigeren den tiefen, warmen Farbton. Die Aufteilung der Felle wird in der Regel so sein, daß man 5 Felle für den Körper, 1 Fell für die Ärmel und 1 Fell für den Kragen sortiert. Das größte Fell reserviert man für die Ärmel und, je nach Form des Kragens, wird ein entsprechendes dafür beiseite gelegt. Für die Rückenmitte wird ein großes Fell sortiert und von da der ganze Körper aufgebaut. Auch das Über- und Untertrittfell soll so groß wie möglich sein. Wenn die Felle auf der senkrechten Platte so aufgelegt sind, muß man scharf auf den gleichmäßigen Übergang von Fell zu Fell achten, so dass man jetzt schon das Gefühl eines einheitlichen Ganzen hat. Die Felle werden nun gezeichnet.
- 2. Anbrachen.
- Hierzu legt man die Felle so auf den Arbeitstisch, daß das Licht auf das Haar fällt (z. B. Lichtquelle von links — Kopf links). Schlechte Stellen kann man somit leicht erkennen und markieren. Größere Stellen werden mit einer kleinen Zacke herausgeschnitten und, wenn erforderlich, auch mit zwei Zungen beseitigt (Abb. 1 a).
- Schnatten schneidet man, wie üblich, von der Haarseite an und säubert die Kanten dann mit der Schere. Seal hat meist zahlreiche kleine, erbsengroße Bißstellen, die man von der Haarseite leicht übersieht und die sich dann beim Zwecken leicht vergrößern. Diese Stellen haben oft eine verletzte Oberhaut, dadurch kann die Farbe leicht durchdringen und man kann somit meist diese Stellen an den kleinen dunklen Punkten auf der Lederseite erkennen. Die Ohrlöcher werden am besten mit einigen Zungen geschlössen (Abb. 1 b). Gewöhnlich sind die Mäntel an der unteren Kante weiter als oben. Fehlende Breite am Kopf kann man leicht durch einige Einlaßschnitte erzielen (Abb. 2a). Fehlende Länge erreicht man durch einige Auslaßschnitte am Pumpf (Abb. 2 b). Die Rückentfernung der einzelnen Schnitte soll nicht mehr als 1 1/2, höchstens 2 cm betragen. Wenn diese Nähte sauber genäht werden und die Schnitthaare dann restlos beseitigt sind, so ist absolut keine Naht mehr sichtbar. Man erreicht somit mehr und hat es u. U. leichter, als wenn man anstückelt. Das Ein- bzw. Auslassen ist aber individuell vom Modell abhängig, und da sich die Sealfelle beim Vorzwecken gut ziehen lassen, so ist zu entscheiden, ob man diese Veränderung des Felles in die gewünschte Form schon vor dem Vorzwecken oder erst beim Zusammenstellen des Körpers vornimmt.
- 3. Vorzwecken.
- Große Schwierigkeiten bereitet immer die Beseitigung der Flossenlöcher bzw. die fehlende Breite an diesen Stellen. Durch entsprechendes Zwecken kann man hier die geforderte Breite, dank des guten Leders, fast immer erzielen.
- Man geht folgendermaßen vor:
- Die Felle werden gut eingestrichen, mindestens eine Stunde fatten lassen und dann in der Höhe der Flossenlöcher nochmals befeuchtet. Gute Erfolge wurden erzielt, wenn man es zeitlich einrichten kann, die Felle schon am Abend vorher zu befeuchten, zusammengelegt über Nacht liegen lassen und am anderen Tag nochmals gut einstreichen und noch eine Stunde fatten lassen. Die Felle haben jetzt einen guten Zug. Mit dem Zwecken beginnt man nun zuerst an den Flossenlöchern (Abb. 3). Nach dem Muster hat man sich ausgerechnet, welche Breite in dieser Höhe benötigt wird. Man zweckt ein Flossenloch an der Innenseite in kleinen Fältchen an, zweckt danach evtl. eine schmale Pappe darauf und kann jetzt, indem man das gegenüberliegende Loch anzweckt, fast immer die gewünschte Breite erreichen. Beim Ziehen verlieren sich auch die kleinen Fältchen. Danach wird nach dem Kopf und Pumpf zu das Fell fertig gezweckt, wobei man immer darauf achtet, daß schon ungefähr die Maße und Formen berücksichtigt wenden, welche man im Mantel für das entsprechende Fell benötigt. Die Befürchtung, daß das Haar hierbei stark verdrückt wird, ist nicht so schlimm, da, man das leicht nach dem Zwecken beseitigen kann. Wichtig ist es, darauf zu achten, daß an den Stellen der Flossenlöcher bei allen Fellen gleichmäßig gezweckt wird, d. h. so zu verfahren, daß später überall gleichviel weggeschnitten werden kann, da ja das Haar an diesen Stellen sehr flach ist und man beim Aneinandersetzen sonst leicht Schwierigkeiten bekommt. Ebenso muß deswegen die Höhe der Flossenlöcher für alle Körperfelle überall gleich sein. Da für Ober- und Untertritt ein guter Umbug benötigt wird, werden diese Felle an den besagten Stellen so breit wie möglich gezweckt.
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Nähte in der Kürschnerei: Absatz „Anbrachen“, Bildunterschrift „Einfachzunge“.
Hamsterfutter (Pelz-Halbfertigprodukt), Ausschnitt der Lederseite. Zu sehen sind u. a. die beiden Nahtstellen in den Fellrücken, bei denen die Drüsen entfernt wurden. Ein Fell mit dunklen Nachwuchstellen vom Haarwechsel.
:Der Nutriamantel
- Beliebt und begehrt bei der Damenwelt ist das Nutriafell wegen seines schmeichelnden Haares, seiner warmen Farbe, und nicht zuletzt wegen der Leichtigkeit und Strapazierfähigkeit. Die Skala der Möglichkeiten reicht vom Besatz bis zum Innenfutter. Vorherrschend natürlich sind Kleidungsstücke wie Paletots und Mäntel. In seiner Verarbeitung aber zählt Nutria zu den schwierigsten Materialien und hat manchem Kürschner schon viel Kopfzerbrechen und manchen Schweißtropfen gekostet. Die Tücken, die dieses Material bei der Verarbeitung zum Mantel in sich birgt, sind zurückzuführen auf das unterschiedliche Rauchenbild und die auf der ganzen Fellfläche uneinheitlichen Farbstruktur. Nutria ist eines der wenigen Fellarten, die am Rücken aufgeschnitten werden, damit der weiche, dichte Bauch nach der Veredlung sichtbar wird. Der eigentliche, flattrige, spießige, oft dunklere Rücken kommt also jetzt an die Seiten und soll im folgenden auch als Seife bezeichnet werden. Durch ein langwieriges entsprechendes Veredlungsverfahren werden die missfarbigen Grannen entfernt, so daß nur noch die schöne, weiche und dichte Unterwolle übrig bleibt.
- Die so veredelten Felle sind noch stumpf und ohne Glanz. Mit einem handelsüblichen Glanzstoff werden die Felle bestrichen und nachfolgend gebügelt. Durch dieses „Lüstern" erhalten die Felle erst ihren typisch dunklen und warmen Glanz. Dadurch sind die Haare aber auch besonders empfindlich gegen Wasser geworden. Es ist eine Kuriosität dieses Materials; das lebende Tier, dessen eigentliches Element das Wasser ist und uns nach der vollkommenen Veredlung ein solch schönes Fell beschert, ist nach der Veredlung besonders empfindlich gegen Wasser geworden.
- Nutria wird immer gestürzt verarbeitet, weil dadurch der warme, schmeichelnde Farbton sich erst richtig entfaltet. Die Schwierigkeit der Verarbeitung liegt in erster Linie daran, dass das Haar am Pumpf flacher und heller, am Kopf hingegen länger, dunkler und dichter ist. Das erfordert eine peinliche Sortierarbeit, welche nur bei genauester Beachtung aller Felleigenschaften ein glückendes, nachfolgendes Einschneiden garantiert. Will man das problematische Aufsetzen umgehen, so kann man, vorausgesetzt die Felle sind reichlich groß genug, ein Fell im üblichen A- bzw. V-Schnitt auf Länge auslassen.
- Leider aber wirkt ein Mantel so verarbeitet meist etwas streifig und der typisch weiche, flächige Charakter geht etwas verloren. Das gleiche gilt in noch höherem Maße beim Auslasssen quer zum Grotzen, was bei Nutria einst als die „Wunderlösung" angesehen wurde.
- Eine meines Erachtens bestmögliche Methode ist das Aufeinandersetzen von 2 Fellen und ein nachfolgendes, separates Auslassen der so übereinander geschnittenen Felle auf Mantellänge. Die Aufsatznaht wird zuletzt durch Verschieben verwischt. Dies ist immer noch der einfachste und erfolgreichste Weg.
- Die Erfahrung hat gezeigt, wenn man zwei Felle aufeinandersetzt, eine einwandfreie Verbindung gefunden hat und dann durchgehend, d. h. über die Aufsatznaht hinweg, auslässt, oft ein in seiner Gesamtheit unschön wirkender Mantel die Folge ist. Bedingt durch den strukturellen Haarunterschied der einzelnen Felle zeigt nämlich dann der fertig ausgelassene Streifen bzw. Mantel die unschön wirkenden V- bzw. A-Markierungen der einzelnen Streifen.
- Die Methode, 3 Felle übereinander zu setzen, scheint mir noch komplizierter, denn man ist schon erleichtert, zwei passende Felle zusammen zu finden, die einen sauberen Aufsatz versprechen. Jedoch drei passende Felle lassen bei einem selbst guten Sortiment die Sortierarbeit bisweilen unmöglich erscheinen.
- In folgendem soll nun die oben erwähnte Methode (2 Felle übereinander separat ausgelassen und die Aufsatznaht verwischt) beschrieben werden.
- 1. Anbrachen (Abb. 1)
- Zuerst werden die Vorderklauenlöcher nach dem Kopf zu aufgeschnitten. Die Zitzen, wenn sie klein sind, werden durch einen schrägen Ellipsenschnitt (Abb. la) entfernt. Oft sind aber um dieselben ziemliche Kahlstellen. Man schneidet dann, je nach Bedarf, die schlechten Stellen heraus. Verbindet diese Löcher mit Schnitten (Abb. 1b) und rückt sie dann in einem Zug (Abb. 1c), so erreicht man mit wenig Schnitten eine einwandfreie Lösung. Beim Anbrachen müssen unbedingt die Farb- und Rauchengrenzen beachtet werden. Die Höchstrückung von 1,5 cm sollte nicht überschritten werden bei einer Anbrachzunge. Dieses gilt auch beim späteren Auslassen.
- 2. Abstrecken
- Die Felle werden mit klarem Wasser (kein Zusatz von Zweckhilfen) bestrichen. Etwas Spiritus kann man dem lauwarmen Wasser beigeben. Leicht warmes Wasser lassen die Felle schneller fatten, der Spirituszusatz läßt die Felle nach dem Trocknen etwas härter werden. Es soll hier noch einmal gewarnt werden, dass kein Wasser an das Haar kommen darf. Alle Wassertiere haben eine hohe Feuchtigkeitsaufnahme. Bei Nutria soll besonders darauf geachtet werden; denn zuviel Wasser schlägt leicht durch das Leder und läßt das durch das Lüstern empfindliche Nutriahaar leicht blind werden.
- Vorsicht beim Umgang mit Wasser ist das Gebot Nr. 1 bei der Nutriaverarbeitung.
- Die Felle können jetzt, nachdem sie kurz gefattet haben, so abgestreckt werden, daß man die Pümpfe in die Länge und die Köpfe in die Breite zieht. Ein möglichst rechteckiges Fell soll also erreicht werden.
- Die abgestreckten Felle mit der Lederseite einzeln auf Holz bzw. Hartfaserplatten gelegt, trocknen relativ schnell und behalten die Form.
- 3. Sortieren
- Es werden für den Körper zwei Felle aufeinander sortiert. Sortierfehler, selbst kleinste, rächen sich bei Nutria immer und sind im fertigen Stück nicht mehr gutzumachen.
- Man sortiert erst einmal vor, um einen Überblick zu bekommen. Danach werden die Felle arm besten an einer stehenden Platte sortiert. Da in der Regel der Pumpf heller und flacher, der Kopf hingegen dunkler und länger ist, beginnt die erste Schwierigkeit. Man sortiert also die Felle paarweise so, dass man als unterstes Fell ein rauches mit dunklem Pumpf nimmt und dazu passend ein dem Pumpfhaar entsprechendes Fell mit also flacherem und hellerem Kopf findet. Hierbei ist es wichtig, auch schon auf die Breiten der Seiten zu achten.
- Grundlegend bei jeglicher Sortierarbeit — bei Nutria aber besonders — ist vorausschauende Planung; das heißt, immer das fertige Stück in der Vorstellung zu behalten.
- Für den Körper werden in der Regel 18 bis 20 Felle benötigt. Für die Ärmel genügt in der Höhe nur eine Fellänge, welche dann durch entsprechende Schnitte auf die erforderliche Ärmellänge gebracht werden kann. Vier bis sechs Felle reichen für die Ärmel aus. Der Besatz fordert, je nach Form und Größe, vier bis sechs Felle, welche dann, je nach Modell, entweder übereinander geschnitten oder einzeln verarbeitet werden.
- 4. Aufsetzen (Abb. 2 und 3)
- Am Kopf des Aufsatzfelles (oberstes Fell) sucht man eine gleichmäßige Rauche. Es ist besser in einer geraden Naht aufzusetzen; denn die meist üblichen geschweiften Nähte — wie sie Abb. 2 zeigt — machen ein oft unumgängliches Korrigieren vor und nach dem Nähen der Aufsatznaht recht schwierig. Jetzt kann man die Angleichrauche am Pumpf des untersten Felles suchen.
- Empfehlenswert ist es, sich an die richtige Angleichrauche heranzutasten, durch eventuell erforderliches, mehrmaliges Nachschneiden. Ein Zuviel läßt sich schlecht beheben, denn es ist schwierig, wieder etwas Material einzusetzen. Man muß oft zwei- bis dreimal nachschneiden. Aus diesem Grunde ist eine gerade Naht (Abb. 3) besser, da man dann durch Dehnen der Schnittflächen die rechte Einheit finden kann. Neben dem Sortieren ist dieses Übereinandersetzen das Wichtigste für ein gutes Gelingen. Bei diesen beiden Arbeiten also darf Zeit und Arbeit keine Rolle spielen und hier gibt es auch nichts zu rationalisieren; denn diese beiden Arbeiten fordern pedantische Genauigkeit, ein gutes Auge und Materialgefühl, sowie wirkliches, handwerkliches Können.
- 6. Vorzwecken
- Die ausgelassenen Streifen werden wieder leicht befeuchtet und am besten mit dem Haar nach oben aufgespannt.
- 7. Verwischen der Aufsatznaht (Abb. 5)
- Zum Verwischen der Aufsatznaht stellt man sich eine Zackenschablone her, deren Zacken 1 cm breit und 4 bis 5 cm lang sind. Genau in der Mitte der Aufsatznaht werden jetzt die Zacken auf das Fell kopiert. Beim Schneiden der Zacken wird an den Spitzen je 1 cm eingeschnitten. (Abb. 5 links) Die so geschnittene Zackennaht wird jetzt ineinandergeschoben genäht (1 cm eingelassen). Die rechte Seite der Abb. 5 zeigt dann die ineinandergeschobenen Zacken und das dadurch erreichte Verschieben der Aufsatznaht. Ein Wort noch zum Thema Nähen. Nutria hat ein relativ schwammiges Leder und es besteht leicht die Gefahr, dass die Lederschicht nicht ganz gefaßt wird, das gilt hauptsächlich in der Kopfgegend. Empfehlenswert ist also ein kleiner Stich und eine feste Spannung. Beim Nähen der geraden Aufsatznaht macht man den Stich so klein wie möglich, die Spannung aber nicht zu fest, beim Verschieben dieser Naht (Zacken), wird die Spannung wieder etwas fester benötigt, vor allem muß dabei darauf geachtet werden, dass die Spitzen gut eingenäht werden.
- 8. Nachsortieren
- Die fertigen Streifen werden nun noch einmal im Hängen sortiert, da diese nach dem Auslassen oft eine andere Wirkung haben. Dabei ist besonders darauf zu achten, dass die Seiten der aneinander stoßenden Felle, Farbe und Rauche haben. Besonders ist dabei zu berücksichtigen, dass Ärmel und Besatz sich rauchenmäßig gut in das Gesamtbild einfügen.
- 9. Zusammenstellen
- Wie schon vorhergehend erwähnt, müssen die zusammenkommenden Felle gleiche Seitenbreite haben, da sonst das ganze unharmonisch wirken würde. Spiessige Seiten müssen so gut wie möglich abgeschlagen werden. Hierbei ist besonders auf die Angleichrauche zu achten. Man kommt aber manchmal nicht umhin, die Längsnähte etwas auftreten zu lassen.
- 10. Zwecken
- Die fertigen Teile streicht man mit warmem, klarem Wasser leicht ein und legt sie nur einmal zusammen, damit keine Feuchtigkeit in das Haar schlagen kann. Durch die hohe Saugfähigkeit des Leders brauchen die Teile nur kurz zu fatten. Eine Selbstverständlichkeit sollte beim Zwecken sein, dass man neues Papier auf die Zweckplatte legt. Man kann normal mit dem Leder nach oben zwecken, muß aber sofort, wenn die Teile gezweckt und die Nähte mit Stecknadeln gerichtet sind, das Ganze hochheben.
- 11. Leder blenden
- Das Lederblenden der Bruchkanten und dunklen Seiten kann leichter am aufgezweckten Mantel — nach dem Abtrocknen — vorgenommen werden. Geht man mit der Spiritusblende etwas vorsichtig zu Werke, so kann keine Farbe in das Haar dringen.
- 12. Nachbehandeln
- Nach dem Abgleichen, Bändeln und Pikieren ist es dem ganzen Stück zuträglich, es in einer Spezialfirma nachbehandeln (lüstern) zu lassen.
- Die Ausfertigungsarbeit muß genau so sauber geschehen wie die Kürschnerarbeit, denn es geschieht beim Bändeln und Pikieren leicht, dass zu tief gestochen wird und dann das Haar an manchen Stellen mit in den Stich gezogen wird.