Anant Kumar

Lesung in Dresden, Oktober 2008

Anant Kumar (* 28. September 1969 in Katihar/Bihar) ist ein deutscher Schriftsteller, Übersetzer und Literaturwissenschaftler indischer Herkunft.[1] Kumar verbrachte seine ersten Schuljahre in Motihari. Er lebt in Kassel.

Leben

Der Sohn einer indischen Lehrerfamilie aus Bihar studierte an der Universität Kassel, der Universität Wien und der Universität Montpellier Germanistik, Soziologie und International Protection of Human Rights. Er schloss mit einer Magisterarbeit über Alfred Döblins Epos Manas ab.[2]

Kumar ist Mitglied im Verband deutscher Schriftsteller.

Werke und Wirken

In seiner Literatur versucht Kumar die Erfahrungen eines Fremden in der deutschen Gesellschaft mit der indischen Kultur zu verbinden. Sein erstes Werk Fremde Frau, fremder Mann zeichnet sich durch scharfzüngige Beobachtungen und vermittelndes Verständnis aus. Der Aspekt der betrachtenden Satire und feinen Glosse zieht sich als eine Konstante weiter durch Kumars Werk. Mit seinem Werk Zeru – Eine siebentägige Geschichte besinnt sich Kumar auf die literarische Form des Epos und schildert in einer bunten Pracht den Lebensalltag eines afrikanischen Jungen inmitten der wilden und alten Mythen des dunklen Kontinents.[3]

Bereits seit einigen Jahren tritt Kumar regelmäßig an Schulen und Justizvollzugsanstalten auf.[4][5][6] An den nordamerikanischen Hochschulen und in der EU führt Kumar regelmäßig Schreibwerkstätten und Poetry-Workshops durch.[7]

Kultur- und länderübergreifend gestaltete der untriebige Schriftsteller[8] ca. 700 Veranstaltungen für Kinder, Schüler, Studenten und Senioren.[9]

Rezeption

Kassel Live (ein Projekt von HNA.de) reiht Kumar in die zeitgenössischen Größen des deutschen Literaturbetriebs ein.[10] „Der Zyklus "Gleis 1" steigert sich bei dem Gedicht "04 Uhr" zu einem fast expressionistischen Stil ähnlich dem "Nachtcafé" Gottfried Benns.“ schreibt Stefanie Zimmermann über Kumar`s Lyrik in der Kasseler Hochschulzeitung.[11]

Die beiden Erstlingswerke „Fremde Frau-Fremder Mann“ und „Kasseler Texte“ thematisierten zwar einerseits die Themen der Einwanderung, aber Kumars Texte gehen in ihrer Themenbehandlung darüber hinaus.„He has expanded the horizons of >Ausländerliteratur<“ schrieb schon 1998 World Literature Today.[12][13]

„Ethnizität oder das Alter werden in den Texten gleichsam suspendiert“

Tim Schomaker: Tageszeitung.[14]

„DIE INDERIN, Prosa“ ist durchgehend in der 3. Person „sie“ verfasst worden. „Und nun entwickelt Kumar seine Sicht- und Schreibweisen hin zu einer „weiblichen“ Position, die fernab jeglicher Ein- und Unterordnung in Theoriezwänge die zutiefst humanistische Position menschlichen Daseins für ihn überhaupt darstellen – die leidenschaftlichen Bejahungen des Lebens, seiner eigenen individuell-menschlichen Natur.“[15]

Werke

Auf Deutsch

Roman

  • Berlin-Bombay. Aus dem Leben von Dipak Talgeri und Eva Seilmeyer. Verlag auf der Warft, Münster 2016, ISBN 3-939211-16-8.
  • Berlin-Bombay. Die Karriere eines Lehrers, dessen Leben als Hochstapler zugrunde ging. Anthea Verlag, Berlin 2020, ISBN 3-8999-83-49-1.

Short stories / Kurzgeschichten

  • FRIDO - Eine Deutsche Stimme. Der Neue Morgen, Rudolstadt 2013, ISBN 978-3-95480-035-3.[16]

Lyrik

  • Fremde Frau – fremder Mann. Ein Inder dichtet in Kassel. Wiesenburg, Schweinfurt 1997, ISBN 3-932497-00-7.
  • Kasseler Texte. Gedichte, Kurzgeschichten, Beobachtungen, Glossen, Skizzen, Reflexionen. Wiesenburg, Schweinfurt 1998, ISBN 3-932497-12-0.
  • ARCHETYPUS. Epla, Ganderkesee 2011, ISBN 978-3-940554-61-1.
  • AYSE. custos verlag, Solingen 2020, ISBN 978-3-943195-33-0.

Prosa

  • Die Inderin. Prosa. Wiesenburg, Schweinfurt 1999, ISBN 3-932497-32-5.
  • Die galoppierende Kuhherde : Essays und andere Prosa. Wiesenburg, Schweinfurt 2001, ISBN 3-932497-58-9.
  • Die uferlosen Geschichten. Wiesenburg, Schweinfurt 2003, ISBN 3-937101-04-7.
  • Drei Kilo Hühner. Grotesken, Glossen, Satiren. Fünf-Finger-Ferlag, Leipzig 2005, ISBN 3-9808934-5-6.
  • Indien I. Süß. IATROS, Mainz 2006, ISBN 3-937439-48-X.
  • Indien II. Sauer. IATROS, Mainz 2006, ISBN 3-937439-49-8.
  • Ein Inder in Deutschland. Wiesenburg, Schweinfurt 2008, ISBN 978-3-939518-91-4.
  • Ibiza: Gespräche, Gedichte und Betrachtungen. Projekte-Verlag, Halle (Saale) 2013, ISBN 978-3-95486-331-0.
  • Chili Chicken, chiliverlag 2015, ISBN 978-3-943292-27-5.

Kinderbücher

  • … und ein Stück für Dich. Ein Bilderbuch für Kinder und Erwachsene. Geest, Ahlhorn 2000, ISBN 3-934852-29-7.
  • Zeru. Eine siebentägige Geschichte. Wiesenburg, Schweinfurt 2005, ISBN 3-937101-78-0.
  • Der Mond und seine Langeweile. Ein Bilder- und Malbuch für die großen und kleinen Kinder und für das Kind im Erwachsenen. Epla, Ganderkesee 2009, ISBN 978-3-940554-29-1.
  • Halli Galli in Gotha: Gotha an Welt!, Ein Vorlese-, Selbstlese- und Ausmalband ab 6 Jahren. chiliverlag, Verl 2015, ISBN 978-3-943292-34-3.

Sachbuch

  • Indien - Eine Weltmacht! - mit inneren Schwächen. Der Neue Morgen, Rudolstadt 2012, ISBN 978-3-95480-021-6.
  • Blicke of Gotha, Kumars Gothaer Kolumnen: Deutschland von Innen und Außen. Stadtverwaltung Gotha, Gotha 2015.
  • Ostdeutschland ist Viefalt, Essays-Reportagen-Gedichte., Berlin 2019, ISBN 9783943583199.

Auf Englisch

  • Stories Without Borders. Wiesenburg, Schweinfurt 2010, ISBN 978-3-942063-41-8.
  • The Boredom of the Moon. Epla, Ganderkesee 2014, ISBN 978-3-940554-29-1.
  • AYSE. Vierzeiler/Fourliner, custos verlag, Solingen 2020, ISBN 978-3-943195-33-0.

Auszeichnungen, Tagungen, Symposien

  • 2000: Werkstattgespräche zur Gegenwartsliteratur, "Schwerpunkt: Lyrik & Kurzprosa", BBS Osterholz-Scharmbeck in Kooperation mit dem Friedrich-Bödecker-Kreis, Niedersachsen
  • 2002: Finalist des Würth-Literatur-Preis, (Tübinger Poetik-Dozentur)
  • 2003: Poeticus-Kurzgeschichten-Preis, Spittal an der Drau
  • 2003: Förderstipendium im Rahmen des Wettbewerbs Inselschreiber, Sylt-Quelle, Rantum
  • 2004: Finalist, May-Ayim-Award (Lyrik), Berlin
  • 2006: Rudolf-Descher-Feder, Jahresauszeichnung des Autorenverbandes IGdA
  • 2010: Finalist, 14. Kurzgeschichten-Menü-Wettbewerb, h+s veranstaltungen GmbH
  • 2011: Arbeitsabschlussstipendium "FRIDO - EINE DEUTSCHE STIMME (Erzählungen), Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden
  • 2012: Finalist, Geertje Potash-Suhr Prize for prose in German, SCALG, Colorado
  • 2013: Gastdozentur „Adjunct Visiting Lecturer II“, Sommerschule Taos, The University of New Mexico in consortium with California State University Long Beach, 25. Juni bis 26. Juli 2013.
  • 2014: WERKFÖRDERUNG "DIPAK TALGERI ist DER ABSTURZ" (Roman), Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden
  • 2015: Kurd-Laßwitz-Stipendium, Stadtschreiberpreis der Residenzstadt Gotha[17]
  • 2016: Gewinner des Wettbewerbs „Keller, Schlüssel“, Ruhrliteratur, Bochum
  • 2016: Summer School Südtirol-I, Werkstatt-Stipendium Dramatisches und Essayistisches Schreiben unter der Projektleitung Maxi Obexer und Veronika Springmann.[18]
  • 2016: Finalist, Siegfried Pater Preis Auf den Spuren Siegfried Paters - Anant Kumar[19]
  • 2017: Universität Würzburg, Englische Literatur- und Kulturwissenschaften, LITERATURE IN A GLOBALIZED WORLD: CREATIVE AND CRITICAL PERSPECTIVES
  • 2020: WERKFÖRDERUNG "AYSE" (Alhambra-Lyrik), Hessisches Ministerium für Wissenschaft und Kunst, Wiesbaden
  • 2021: PROJEKTFÖRDERUNG "IN ZEITEN der PANDEMIE / PANDEMIC TIMES" (Essay), Hessischer Kulturstiftung, Wiesbaden
  • 2021: 50 Jahre Universität Kassel, Fachbereich Gesellschaftswissenschaften[20]

Literatur

  • Tim Schomacker: Multikulti mit feinen Rissen. In: Die Tageszeitung. 15. März 2000 (taz.de).
  • Marilya Veteto-Conrad: German Minority Literature. Tongues Set Free & Pointed Tongues. In: The International Fiction Review. Nr. 28 (englisch, lib.unb.ca).
  • Alfred Büngen: Anant Kumar:Die Inderin. In: Berliner LeseZeichen. 2000 (luise-berlin.de – Juni–Juli).
  • Ralph Gotta: Anant Kumar: Die galoppierende Kuhherde. Essays und andere Prosa. In: ASEAN, Deutsche Gesellschaft für Asienkunde e. V. April 2002 (asien.asienforschung.de).
  • Matthias Gniffke: Der indische Film auf dem Weg zur Internationalisierung. Fachhochschule Stuttgart, Stuttgart 2002 (hdms.bsz-bw.de [PDF; abgerufen am 1. Februar 2017] deutsch).
  • Jürgen Suberg: Anant Kumar – Die uferlosen Geschichten. In: IDV – Magazin, Der Internationale Deutschlehrerverband. Dezember 2004 (idvnetz.org [PDF]).
  • Bert Hähne: Durch Zufall gelandet, mit Absicht geblieben. In: Vereinsanzeiger Leipzig. 2005 (vereinsanzeiger-leipzig.de).
  • Kirsten E. Kumpf: Improvement through movement. A thematic and linguistic analysis of german minority writing through the works of Anant Kumar. Graduate College of The University of Iowa, Iowa 2005 (englisch, ir.uiowa.edu [abgerufen am 8. Juni 2007]).
  • Amrit Mehta: Identitätsdivergenz eines indischen Autors in Deutschland. In: Symposium „Kommunikation und Konflikt“. Universität Salzburg, Wien 2006 (storiesbeyondbanks.files.wordpress.com [abgerufen am 5. Oktober 2015]).
  • Ulrike Brisson: Sansibar oder der wirkliche Grund. Drama in a College German Language Class. In: Scenario. Nr. 1, 2007, ISSN 1649-8526 (englisch, research.ucc.ie [PDF]).
  • Mita Banerjee: Travelling Theory, Reshaping Disciplines? Envisioning Asian Germany Through Asian Australian Studies. In: Journal of Intercultural Studies. Band 27, Nr. 1/2, Februar 2006, S. 167–185, doi:10.1080/07256860600607983 (englisch).
  • Tom Cheesman and Sukanya Kulkarni: Dancing Words and Dancing in Diaspora. In: Dimension2, Contemporary German-Language Literature. Band 9, Nr. 1/2. Nacogdoches (englisch, dimension2.org).
  • Jana Fedtke: Bitter-sweet Universality as a Catalyst for Change in Anant Kumar’s Indien I: Süß and Indien II: Sauer. University of South Carolina Press, Columbia 2006 (englisch, kflc.as.uky.edu [PDF]).
  • Qinna Shen: “The Nomadic Subject in Emine Sevgi Özdamar, Herta Müller and Anant Kumar” Response paper at the 17th Annual German Graduate Student Conference “The Outsider Within,” Panel “Immigrants/Postcoloniality”. Department of German, Yale University 2006 (englisch).
  • Monika Freier: “Die Neuverortung von Migrationsliteratur am Beispiel der deutsch-indischen Schriftsteller R. Singh und A. Kumar”. Hamburg 2004 (kataloge.uni-hamburg.de).
  • Kirsten E. Kumpf-Baele: “Ich bin verliebt in die deutsche Sprache”: Anant Kumar mythicizing German? Kentucky Foreign Language Conference, Lexington 2011 (kflcabstracts.uky.edu).
  • Carmine Chiellino: "Interkulturelle Literatur in Deutschland" Ein Handbuch. J. B. Metzler, Stuttgart 2017 ([3]).
  • Helen O’Sullivan: Language Learner Narrative, An Exploration of Mündigkeit: Chapter Five: The Linguistic Construction of the Subject. Editions Rudopi, Amsterdam / New York 2014, S. 121.
  • Kathrin Klein-Zimmer: Transformationen: Junge Erwachsene im Kontext von Generation und Migration. Basel 2016 (beltz.de [PDF]).
  • Jan-Frederik Wendt: Kasseler Autor: Fiktion der Wahrheit & Alfred Döblin. Hessische Niedersächsische Allgemeine, Kassel 2018 (wordpress.com [PDF]).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. kassel-live.de (Memento vom 4. November 2016 im Internet Archive)
  2. Kumar-Biografie bei der Stadt Gotha
  3. Erzählkunst oder Afrika von Jürgen Suberg (Memento vom 6. Dezember 2016 im Internet Archive)
  4. Bericht zum Auftritt im Rahmen der Hessisch-Sächsischen Literaturtage an der Carl-von-Weinberg-Schule Frankfurt
  5. Pressekritik zur Lesung in der JVA Bielefeld. In: Bielefelder Tageblatt. 12. November 2008 (PDF).
  6. J. Martin: Dichterlesung in der JVA. In: Donaukurier. 8. April 2010.
  7. Ablauf des Workshops an der Universität Cardiff, UK im März 2012
  8. Gotha.de, 2015
  9. Bildung für NACHHALTIGE ENTWICKLUNG, Sachsen 2015
  10. Wilhelm Ditzel: Anant Kumar in der Oase (Memento vom 19. März 2016 im Internet Archive) Kassel Live vom 9. März 2016.
  11. Botschafter in Sachen Literatur von Stefanie Zimmermann (PDF; 104 kB).
  12. taz: taz.de
  13. World Literature Today: [1]
  14. (Memento vom 15. Juni 2013 im Internet Archive)
  15. [2] Berliner LeseZeichen
  16. Wunderbar politisch unkorrekte Kurzgeschichtensammlung von Anant Kumar
  17. Anant Kumar ist Kurd-Laßwitz-Stipendiat 2015. auf: gotha.de
  18. NIDS (Neues Institut für Dramatisches Schreiben), Berlin: nids.eu
  19. Retap Verlag, Düsseldorf
  20. Anant Kumar im Zeitzeugengespräch

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Anant Kumar Lesung Dresden Oktober 2008