Amtsgericht Reinheim

Ehemaliges Amtsgerichtsgebäude in Reinheim

Das Amtsgericht Reinheim war ein 1879 bis 1968 bestehendes hessisches Amtsgericht mit Sitz in der Stadt Reinheim.

Geschichte

Mit dem Gerichtsverfassungsgesetz von 1877 wurden Organisation und Bezeichnungen der Gerichte reichsweit vereinheitlicht. Zum 1. Oktober 1879 hob das Großherzogtum Hessen deshalb die Landgerichte auf, die bis dahin in den rechtsrheinischen Provinzen des Großherzogtums die Gerichte erster Instanz gewesen waren. Funktional ersetzt wurden sie durch Amtsgerichte.[1] So ersetzte das Amtsgericht Reinheim das Landgericht Reinheim. „Landgerichte“ nannten sich nun die den Amtsgerichten direkt übergeordneten Obergerichte. Das Amtsgericht Reinheim wurde dem Bezirk des Landgerichts Darmstadt zugeordnet.[2]

Bezirk

Der Gerichtsbezirk des Amtsgerichts Reinheim umfasste:

GemeindeHerkunftZugangAbgangNach
AllertshofenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
AsbachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
BillingsLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
BrandauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
BrensbachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
ErnsthofenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
Fränkisch-CrumbachLandgericht Reinheim18791904Amtsgericht Reichelsheim im Odenwald
GeorgenhausenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
GroßbieberauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
GundernhausenLandgericht Reinheim18791905Amtsgericht Dieburg
HabitzheimLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
HerchenrodeLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
HoxhohlLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
KleinbieberauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
LichtenbergLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
LützelbachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
MeßbachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
NeunkirchenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
Nieder-ModauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
NiedernhausenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
Nieder-KainsbachLandgericht Michelstadt18791904Amtsgericht Reichelsheim im Odenwald
Nieder-KlingenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
NonrodLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
Ober-KlingenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
ObermodauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
ObernhausenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
ReinheimLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
RodauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
RohrbachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
SpachbrückenLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
SteinauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
UeberauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
WebernLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
WembachLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Darmstadt
WersauLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg
ZeilhardLandgericht Reinheim18791968Amtsgericht Dieburg

Weitere Entwicklung

Zum 1. April 1904 wurde das Amtsgericht Reichelsheim im Odenwald eingerichtet. Aus dem Bezirk des Amtsgerichts Reinheim wurden dorthin Fränkisch-Crumbach und Nieder-Kainsbach abgegeben.[3]

Zum 1. Juli 1905 wurde das Amtsgericht Dieburg errichtet und Gundernhausen dorthin abgegeben.[4]

Ende

Zum 1. Juli 1968 wurde das Amtsgericht Reinheim aufgehoben und dessen örtliche Zuständigkeit auf die Amtsgerichte Darmstadt und Dieburg aufgeteilt.[5]

Gebäude

Das Gebäude in der Darmstädter Straße 2 an der Ecke zur Hahner Straße in Reinheim wurde als ehemaliges Amtsgebäude des Landgerichts Reinheim vom Amtsgericht übernommen. Es dominiert die Ecklage am Beginn der Darmstädter Straße. Errichtet wurde das Gebäude in der Mitte des 19. Jahrhunderts. Es besteht aus zwei Baukörpern, die im rechten Winkel aneinandergefügt sind. Das zur Darmstädter Straße traufständig ausgerichtete Hauptgebäude ist ein zweigeschossiger Massivbau über verkleidetem Sockel. Die Fassade ist spätklassizistisch und durch sieben regelmäßig angeordnete Fensterachsen geprägt. Horizontal gestaltet wird sie durch zwei umlaufende Gesimsbänder aus rotem Sandstein. Die Giebelfassade ist durch fünf Fensterachsen, die sich bis in das Sockelgeschoss hinein fortsetzen, symmetrisch gestaltet. Das schlichte Giebelfeld zeigt ein Drillingsfenster mit rundbogigen Abschlüssen und konsolgestützter Sohlbank. Der Anbau zur Hahner Straße hin ist durch einen vertikalen Versprung vom Hauptgebäude abgesetzt. Im Erdgeschoss finden sich eng gereihte Zwillingsfenster mit Sandsteineinfassungen. Das Obergeschoss wird in seinem westlichen Teil durch drei rundbogige Fenster geprägt. Das Gebäude ist aufgrund seiner ausgewogenen Gestaltung aus künstlerischen Gründen sowie aufgrund seiner für das Straßenbild wichtigen Lage aus städtebaulichen Gründen ein Kulturdenkmal und steht aufgrund des Hessischen Denkmalschutzgesetzes unter Denkmalschutz.[6]

Einzelnachweise

  1. §§ 1, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  2. §§ 2, 3 Verordnung zur Ausführung des Deutschen Gerichtsverfassungsgesetzes und des Einführungsgesetzes zum Gerichtsverfassungsgesetze vom 14. Mai 1879. In: Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt Nr. 15 vom 30. Mai 1879, S. 197f.
  3. Bekanntmachung, die Errichtung eines Amtsgerichts in Reichelsheim i. O. betreffend vom 1. März 1904. In: Großherzogliches Ministerium der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1904 Nr. 6, S. 84 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 2,9 MB]).
  4. Bekanntmachung, die Errichtung eines Amtsgerichts in Dieburg betreffend vom 1. April 1905. In: Großherzogliches Ministerium der Justiz (Hrsg.): Großherzoglich Hessisches Regierungsblatt. 1905 Nr. 13, S. 131–132 (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 23,1 MB]).
  5. Zweites Gesetz zur Änderung des Gerichtsorganisationsgesetzes (Ändert GVBl. II 210–16) vom 12. Februar 1968. In: Der Hessische Minister der Justiz (Hrsg.): Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Hessen. 1968 Nr. 4, S. 41–44, Artikel 1, Abs. 1 f) und Artikel 2, Abs. 1 a) und 1 b) (Online beim Informationssystem des Hessischen Landtags [PDF; 298 kB]).
  6. Eintrag im Denkmalverzeichnis des Landes Hessen unter Nr. 404756; identischer Text in der Deutschen Digitalen Bibliothek.


Koordinaten: 49° 49′ 35,6″ N, 8° 49′ 52″ O

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