Amalie Seidel
Amalie Seidel (* 21. Februar 1876 in Wien; † 11. Mai 1952 ebenda) war eine österreichische sozialdemokratische Politikerin und Frauenrechtlerin.
Leben
1876 wurde die Tochter eines Schlossers als Amalie Ryba geboren. 13 ihrer Geschwister starben, während sie selbst schon mit 12 Jahren als Dienstmädchen arbeiten musste.
1895 heiratete sie den Ingenieur Richard Seidel, mit dem sie 2 Töchter hatte, die sie nach dem Zerbrechen der Ehe allein aufzog. 1938 heiratete sie erneut und hieß zuletzt Amalie Seidel-Rausnitz.
1892 trat sie dem Gumpendorfer Arbeiterbildungsverein bei. Nachdem sie öffentlich als Rednerin aufgetreten war, wurde sie zu 3 Wochen Haft verurteilt. Danach war sie Textilarbeiterin und organisierte den ersten Frauenstreik Österreichs, bei dem die Verminderung der täglichen Arbeitszeit von 13 auf 10 Stunden sowie der arbeitsfreie 1. Mai gefordert wurde. Er wurde Streik der 700 genannt. Daneben war sie in der Konsum-Bewegung führend tätig. Sie engagierte sich in der Frauenbewegung und wurde Schriftführerin des Lese- und Debattierclubs Libertas. Nach einigen Ehejahren wurde Amalie Seidel 1900 Vorsitzende des Frauenbezirkskomitees und 1902 des Frauenreichskomitees. Die Jahre vor dem Ersten Weltkrieg waren die Jahre ihres stärksten frauenemanzipatorischen Engagements.
Nach Ausrufung der Republik war Amalie Seidel 1919–1923 Gemeinderätin und 1919–1934 Abgeordnete zum Nationalrat. Die Schwerpunkte ihrer politischen Tätigkeit lagen bei der Jugendfürsorge und dem Gesundheitswesen. Sie bekämpfte das System der Pflegeeltern, bei dem Kinder von privaten Pflegeeltern vielfach nur wegen des damit verbundenen Geldes und der Gewinnung einer weiteren Arbeitskraft aufgenommen wurden. 1920 begründete sie das Wiener Jugendhilfswerk und initiierte die Kinderfreibäder in Wien. Sie arbeitete in jener Zeit besonders mit Julius Tandler zusammen.
Nach den Februarkämpfen 1934 wurde sie einen Monat lang inhaftiert und zog sich daraufhin für immer aus der Politik zurück. Allerdings stellte sie ihre Wohnung für illegale Treffen sozialistischer Frauen zur Verfügung.
1938 heiratete sie den jüdischen Wiener Kommunalpolitiker Sigmund Rausnitz, um ihn durch diese Ehe zu schützen. Dieser verübte allerdings 1942 Selbstmord, was Amalie Seidel schwer traf. 1944, nach dem Attentat auf Hitler, wurde sie einige Tage im Landesgericht Wien inhaftiert.
Nach dem Zweiten Weltkrieg lebte Amalie Seidel schließlich bei ihrer Tochter Emma und deren Ehemann Karl Seitz, dem einstigen Staatsoberhaupt, Parteivorsitzenden der SDAP und Bürgermeister von Wien.
Amalie Seidel und Emma Seitz sind bestattet im Arkadenhof der Feuerhalle Simmering in Wien.
Anerkennung
2006 wurde ihr zu Ehren der Amalie-Seidel-Weg in Wien-Meidling nach ihr benannt.
Literatur
- Edith Probst (Hrsg.): Die Partei hat mich nie enttäuscht. Österreichische Sozialdemokratinnen. Verlag für Gesellschaftskritik, Wien 1989
- Felix Czeike (Hrsg.): Seidel Amalie. In: Historisches Lexikon Wien. Band 5, Kremayr & Scheriau, Wien 1997, ISBN 3-218-00547-7, S. 194 (Digitalisat).
- Amalie Seidel im Wien Geschichte Wiki der Stadt Wien
Weblinks
- Amalie Seidel. In: dasrotewien.at – Weblexikon der Wiener Sozialdemokratie. SPÖ Wien (Hrsg.)
- Amalie Seidel auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
- Renner-Institut (Memento vom 8. November 2009 im Internet Archive)
- Ausführliche Biografie, Universität Wien
Personendaten | |
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NAME | Seidel, Amalie |
KURZBESCHREIBUNG | österreichische Politikerin und Frauenrechtlerin, Abgeordnete zum Nationalrat |
GEBURTSDATUM | 21. Februar 1876 |
GEBURTSORT | Wien |
STERBEDATUM | 11. Mai 1952 |
STERBEORT | Wien |
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Feuerhalle Simmering - Arkadenhof (Abteilung ALI) - Urnengrab der sozialdemokratischen Frauenrechtlerin Amalie Seidel (seit 1938 Seidel-Rausnitz) und ihrer Tochter Emma, zweite Ehefrau des Wiener Bürgermeisters Karl Seitz
Frauenreichskommitee und Niederösterreichischer Landesausschuss 1917.
1. Reihe: Marie Schuller, Anna Boschek, Therese Schlesinger (geb. Eckstein), Amalie Seidel, Adelheid Popp, Gabriele Proft
2. Reihe: Josefine Deutsch, Marie Münzker, Amalie Pölzer, Marie Bock, Emmy Freundlich, Anna Kaff, Olga Hönigsmann, Mathilde EislerDie ersten weiblichen sozialdemokratischen Abgeordneten der Verfassunggebenden Nationalversammlung am 4. März 1919. 1. Reihe: Adelheid Popp, Anna Boschek 2. Reihe: Gabriele Proft, Therese Schlesinger (geb. Eckstein) 3. Reihe: Marie Tusch, Amalie Seidel