Am Puttenser Felde

Haus Am Puttenser Felde 8, rechts daneben Haus Nr. 7

Am Puttenser Felde ist eine etwa 100 Meter lange Straße im hannoverschen Stadtteil Nordstadt. Die nördliche Straßenseite ist mit mehrgeschossigen Wohnhäusern bebaut, auf der südlichen Straßenseite befinden sich Institute der Leibniz Universität Hannover im Gebäude des ehemaligen Heizkraftwerks mit seinem markanten Turm.[1] Der Straßenname erinnert an das im 14. Jahrhundert aufgegebene Dorf Puttenhusen.[2][3]

Puttenhusen

Puttenhusen (später auch Puttensen) wurde 1022 zum ersten Mal urkundlich erwähnt.[4] Damals lagen hier wie andernorts rund um Hannover Besitzungen des Hildesheimer Michaelisklosters aus dem Vermächtnis des Bischofs Bernward von Hildesheim.[5] Puttenhusen lag nahe der heutigen Kornstraße,[6] die Bezeichnung „Putten“ (Pfütze) deutet auf ein benachbartes Feuchtgebiet, an das der Straßenname „Im Moore“ erinnert.[7]

1360 wurde Puttensen letztmals erwähnt,[8] später aufgegeben und wüst,[9] ähnlich wie Schöneworth.[10]

Die von Pest und Krieg verschont gebliebene Restbevölkerung zog vermutlich in die Stadt Hannover, um von dort als Ackerbürger weiter einen Teil der alten Flur zu bewirtschaften.[3]

Puttenser Feld

Um 1807: Die Nordstädter Windmühle auf der Sanddüne Puttenser Berge nördlich vom Mühlenfeld bei Schloss Monbrillant;
Karte Hannover und Umgebung von Inspektor Pentz und dem Ingenieur-Geograph Lieutenant Ludwig Bennefeld; Kupferstich von Franz in Berlin
Blick vom Balkon des Welfenschlosses über das "Puttenser Feld", wo heute die Technische Informationsbibliothek steht.

Mitte des 16. Jahrhunderts wurde auf dem „Sandberg am Puttenser Felde“ eine jüdische Begräbnisstätte errichtet, der Alte Jüdische Friedhof.[11] Auf einer benachbarten Anhöhe entstand 1675/78 die Puttenser Windmühle am Standort der heutigen Technischen Informationsbibliothek,[12] unweit davon ließ König Georg I. von 1717 bis 1721 auf dem „Puttenser Berge“, einer ehemaligen Düne, für die Gräfin Sophie von Platen-Hallermund das Schloss Montbrillant errichten und einen Garten im „französischen Stil“ anlegen, den heutigen Welfengarten.[13][12] Im Zuge der Erweiterung des Gartens wurde um 1750 das Torf des Moores mit Sand der umliegenden Dünenkuppen überdeckt.[3]

Das „Puttenser Feld“ lag südlich des früheren Moores im Dreieck von Schloss Montbrillant, dem 1863 geschlossenen Alten Jüdischen Friedhof[14] und der Herrenhäuser Allee.

Geschichte der Straße

1845 erhielt der Gartenweg seinen heutigen Namen.[15] Der Weg war teilweise mit Gartenhäusern auf erschlossenen Parzellen bestanden und diente als Verbindung von der Nienburger Straße zum Alten Judenfriedhof. Von der ursprünglich ländlichen Besiedelung durch die Kleinbürger und „Gartenkosaken“ der Steintorgartengemeinde hat sich ausschließlich das Gartenhaus von 1820 erhalten.

Nach dem Abriss von Schloss Montbrillant 1857 und dem Bau des Welfenschlosses begann die Erschließung der westlichen Nordstadt als Wohngebiet für den gehobenen Mittelstand und die Überbauung der Gartengrundstücke entlang des Georgengartens.

Nachdem der 1863 bis 1866 erbaute und zum Schloss ausgerichtete Marstall, der dann von den Königs-Ulanen genutzt wurde,[16] die alte Wegführung östlich des Parks unterbrach, wurde 1865 der größere Teil der Straße „Am Puttenserfeld“ in „Parkstraße“, 1936 in „Wilhelm-Busch-Straße“ umbenannt.[17] Am verbliebenen Reststück „Am Puttenser Felde“ hinter dem Marstall entstanden vor 1900 Wohnhäuser für einfache Leute.

Am Ende der Straße entstanden die ältesten und zugleich kleinsten Häuser mit den Hausnummern 7 und 8. Sie waren Wohn- und Arbeitsort kleinerer Handwerker und Fuhrleute. Die Fronten der weit zurückgesetzten Häuser auf Sandsteinsockeln sind geprägt durch aufeinander bezugnehmende Gliederung mittels Zwerchhäusern und Backsteinornamentik. Die Seiten weisen überputztes Fachwerk auf. Vor den Gebäuden bauten die Eigentümer einfache Ställe für Pferde und Kutschen, später auch für Automobile. Diese Situation hat sich vor Haus Nummer 7 bis heute erhalten.

Repräsentatives Eckhaus von 1897 mit zahlreichen historisierenden Elementen
Das Adressbuch der Stadt Hannover von 1942 offenbart den Irrtum von Leo Brawand bei der Hausnummer: Seine 4 m² „große“ Dachkammerstube existiert noch heute

Kurz vor 1900 entstanden als Mietshäuser die Häuser Nummer 5 und 6. Hinterhaus und Seitenflügel sind die älteren Gebäudeteile. Die rohen Backsteinbauten gruppieren sich um einen nur wenige Meter schmalen Hof, in den kaum Sonnenlicht dringt. Dagegen sind die Treppengeländer aufwendig gedrechselt. Die freiliegenden Stahlträger für die Geschossabsätze geben mit ihren Inschriften Hinweise auf die Bauzeiten der Gebäude: „Peiner Walzwerke 1894“.

Die etwas jüngeren Vorderhäuser („Peiner Walzwerke 1895“) wurden noch mit schmalen Vorgärten versehen, welche die im Entstehen begriffene Straßenflucht vorwegnahmen. Die großenteils noch unverputzten, vorne dreigeschossigen Bauten sind sparsam verziert. Sie weisen zum Teil glasierte Ziegelsteine und Sandsteinbänder auf, die die Längsausrichtung hervorheben.

Lediglich das Eckhaus Am Kleinen Felde 1 von 1897 mit Sicht auf den Alten Judenfriedhof hat den Wohnkomfort des ehemaligen Mittelstandes. Im Erdgeschoss befand sich früher ein Einzelhandelsgeschäft.

1913 wurden die drei nördlichen Flügel des Marstalls abgerissen und durch das Heizkraftwerk der Universität Hannover sowie das Maschinen-Ingenieur-Laboratorium ersetzt. Der ehemals südöstliche Pferdestall der 1922 bis 1960 zur Mensa umfunktioniert worden war, wurde jedoch erst 1960 abgerissen.[16][18] Das Gebäude des ehemaligen Heizkraftwerks ist heute Sitz des „Instituts für Maschinenkonstruktion und Tribologie“,[19] des „Instituts für Technische Verbrennung“[20] und des „Dezernats 3 - Gebäudemanagement“[21] der Leibniz Universität Hannover.

Exemplarisch für die vielen „Schmuddelkinder“ im Arme-Leute-Viertel zeichnete der Spiegel-Mitbegründer Leo Brawand in seiner autobiographischen Erzählung Die Leute vom Damme (gemeint ist sein späterer Wohnsitz am Engelbosteler Damm) anhand seiner eigenen Kindheit ab 1926 auch eine Milieustudie rund um die Häuser Am Puttenser Felde:

Im Haus Nummer 7[22] lebte die Familie Brawand, ohne Vater, zu viert in einer 2-Zimmer-Dachkammerwohnung ohne elektrischen Strom. Die alleinerziehende Mutter von Leo Brawand arbeitete – trotz „Stütze“ vom Wohlfahrtsamt – heimlich und schwarz am Waschtrog und als Putzhilfe, um mit dem Ersparten und den Kindern „raus aus der Sackgasse“ und rein in die „bessere Gegend“ am Engelbosteler Damm 119 (heute Nummer 45) zu ziehen. Auf dem Hof von Haus Nummer 7 befand sich ein Plumpsklo für alle Bewohner.

Im Zweiten Weltkrieg wurden die Häuser 3 und 4 durch Bombentreffer beschädigt und abgerissen. In den 1960er Jahren wurde das Haus Nummer 2 errichtet. Hinter der Eingangstür befindet sich eine ehemalige Garage, da der Bauherr genügend Stellplätze vorweisen musste.

Eigentumsverhältnisse

Die Gebäude waren am Ende des 20. Jahrhunderts zum Großteil im Besitz der Leibniz Universität Hannover, die die Häuser zwecks Vergrößerung des Universitätsbetriebes abreißen lassen wollte. Daraufhin wurden Miet- und Pachtverträge abgeschlossen sowie Renovierungen in Eigenhilfe durch die Bewohner des „Putti“, unterstützt durch Vereine wie den „Baukasten e.V.“ durchgeführt.[23][24] Schließlich bot das Land Niedersachsen die Häuser zum Verkauf an.[25][26]

Im Jahr 2003 wurden die Häuser mit den Nummern 5, 6 und 6A und die Freifläche der ehemaligen Häuser 3 und 4 durch die 1988 gegründete Wohnungsgenossenschaft „WOGE Nordstadt eG“ vom Land erworben.[27] Zuvor war ein Konzept mit dem Nutzerverein und heutigen Mieter „Putti nonstop e.V.“ entwickelt worden war, das Instandsetzung und Teilmodernisierung durch Eigenleistungen der Bewohner sowie Selbstverwaltung beinhaltete.[28]

Literatur

  • Leo Brawand: Die Leute von Damme. Familiäres und Geschichtliches aus Hannover, Leuenhagen & Paris, Hannover 1998, ISBN 3-923976-25-9
  • Klaus Mlynek: Hannover Chronik / von den Anfängen bis zur Gegenwart / Zahlen, Daten, Fakten
  • Wolfgang Neß, Ilse Rüttgerodt-Riechmann, Gerd Weiß (Redakteur mit Walter Wulf), Marianne Zehnpfennig: Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland / Baudenkmale in Niedersachsen / Stadt Hannover, Teil 1, (Bd.) 10.1, Friedr. Vieweg & Sohn Verlagsgesellschaft mbh, Braunschweig 1983, hier: S. 100ff. ISBN 3-528-06203-7

Weblinks

Commons: Am Puttenser Felde (Hannover) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Sid Auffarth, Wolfgang Pietsch: Die Universität Hannover: ihre Bauten, ihre Gärten, ihre Planungsgeschichte, hrsg. im Auftr. des Präsidiums der Univ. Hannover, Imhof, Petersberg 2003, ISBN 3935590903, S. 20 ff.
  2. Hannoversche Geschichtsblätter 1914, zitiert nach Helmut Zimmermann, Die Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover, Hannover 1992, S. 20
  3. a b c Hans Heinrich Seedorf: Hannover und Umgebung vor 200 Jahren, Landesamt für Geoinformation und Landentwicklung Niedersachsen, PDF-Datei S. 11 ff., Online (PDF; 6,7 MB)
  4. Hannover Chronik, S. 10 f., 129. Baudenkmale in Niedersachsen, S. 100
  5. Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Jg. 1860, S. 133, Online
  6. Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein: Geschichte der Stadt Hannover I: Von den Anfängen bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, Schlütersche, Hannover 1992, ISBN 3877063519, S. 18 f.
  7. Hannoversche Geschichtsblätter 1985, S. 94
  8. NIEDERSÄCHSISCHES JAHRBUCH FÜR LANDESGESCHICHTE - Neue Folge der »Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen«, Band 34, 1962, S. 28, PDF-Datei, 112 MB
  9. Hannoversche Geschichtsblätter, 1928, Bände 31–32, S. 50, 196 Online
  10. Franziska Scharsky, Michael Römer (Red. und Text): Sanierung Nordstadt. Abschlussbericht, Landeshauptstadt Hannover, Der Oberbürgermeister, Baudezernat, Fachbereich Planen und Stadtentwicklung, Bereich Stadterneuerung und Wohnen, Hannover: LHH, 2007, S. 5
  11. Hannoversche Geschichtsblätter 1961, S. 6
  12. a b Hannoversche Geschichtsblätter 1985, S. 37, online
  13. Ernst von Malortie: Beiträge zur Geschichte des Braunschweig-Lüneburgischen Hauses und Hofes, Band 5, Hahnsche Buchhandlung, Hannover 1866, S. 195 ff., Online
  14. Hannover Chronik, S. 129, Online
  15. Hannoversche Geschichtsblätter, 1981, S. 16, Online
  16. a b Helmut Knocke, Hugo Thielen: Welfengarten 1A, in: Hannover Kunst- und Kultur-Lexikon, S. 216
  17. Hannoversche Geschichtsblätter, 1994, S. 371
  18. Marstallgebäude: Welfengarten 1A (Memento des Originals vom 24. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-hannover.de, Leibniz Universität Hannover
  19. Institut: Geschichte, Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie
  20. Geschichte des Instituts, Institut für Technische Verbrennung
  21. Dezernat 3 - Gebäudemanagement (Memento des Originals vom 24. März 2017 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.uni-hannover.de, Leibniz Universität Hannover
  22. Die Leute vom Damme, S. 15 (Leo Brawand nannte irrtümlicherweise die Hausnummer 9).
  23. nordstadt-online.de Rundgang: Baukasten
  24. HausMusikBesuch holgerkirleis.de
  25. Niedersächsischer Landtag, 40. Plenarsitzung am 17. Dezember 1999 (PDF; 672 kB), Antwort des Finanzministeriums auf die Frage 24 des Abg. Schwarzenholz (fraktionslos): Privatisierung von Mietshäusern der Universität Hannover, Anlage 18, S. 3842
  26. Nichts Neues für Putti-Mieter, Nordstadt-Zeitung, Juni 2002
  27. Innovative und alternative soziale Wohnprojekte in Hannover, Selbsthilfe Linden eG, WOGE Nordstadt eG und Baukasten e. V. (Memento des Originals vom 4. Oktober 2013 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.targetgmbh.de, Website „target GmbH“, PDF-Datei, S. 6
  28. Olli Förste: Weiter Streit um Häuser im Puttenser Felde (Memento des Originals vom 24. April 2016 im Internet Archive)  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/rf.apc.de, Radio Flora, 25. Oktober 2002

Koordinaten: 52° 22′ 57″ N, 9° 43′ 13,9″ O

Auf dieser Seite verwendete Medien

Am Puttenser Felde, Maschinen-Ingenieur-Laboratorium, Heizkraftwerk (Turm), Institut für Technische Verbrennung ITV, Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie IMKT, Leibniz Universität Hannover, Welfengarten 1A.jpg
Autor/Urheber: Foto: Bernd Schwabe in Hannover, Lizenz: CC BY-SA 3.0
Hannover-Nordstadt, Blick durch die Straße Am Puttenser Felde auf die Putz-Fassade mit den großen Rundbogen-Fenstern des 1913 erbauten ehemaligen Maschinen-Ingenieur-Laboratoriums. Das Gebäude diente später als Heizkraftwerk der Universität Hannover, von dem hier noch der Turm zu sehen ist. Heute sind in dem Gebäude (hier von der Rückseite zu sehen) mit seinen neueren Anbauten das Institut für Technische Verbrennung ( ITV), das Institut für Maschinenkonstruktion und Tribologie IMKT) und das Dezernat 3, Gebäudemanagement der Leibniz Universität Hannover untergebracht. Adresse: Welfengarten 1A (Haupt-Eingänge an den anderen Gebäudeseiten) ...
AB-H-1942-II S223.jpg
Adressbuch Hannover 1942, Teil II "Haushaltsvorstände...(und deren Beruf) nach Strassen", Haus für Haus, Wohnung für Wohnung. Die Seite enthält neben vielem Anderen den wohl erstmals über die Wikimedia Foundation publizierten Beweis, daß Der Spiegel-Mitgegründer und spätere Herausgeber des Manager Magazins, Leo Brawand sich in seiner autobiographischen ErzählungDie Leute vom Damme - Familiäres und Geschichtliches aus Hannover geirrt hat: Brawand hat nicht im Haus Am Puttenser Felde Nr. 9 gewohnt (für diese Hausnummer konnte - außer in Brawands Erzählung auf Seite 15 - bisher nirgends ein Hinweis gefunden werden), sondern im Haus Nummer 7:

Auf Seite 17 erläutert Brawands Erzählung:

  • Am Puttenser Felde
  • "der Hauswirt (ist) ein Spediteur"
  • "Wohnung (der vier Brawands) im Hinterhaus bestand Stube, Kammer und Küche - alles schräg" (Dachschrägen)
  • Plumpsklo auf dem Hof

und auf Seite 18 konkreter:

  • "Fensterklappe" (im Schlafzimmer von Leo Brawand)
  • "Der peitschenknallende... Spediteur Scheele wohnte im Vorderhaus"
  • (Vor dem Vorderhaus) "Stallungen für Wagen und Kutschen sowie für vier Pferde"
  • "Nur ein schmaler Gang führte von der Straße an den Ställen vorbei."

Diese Seite aus dem Adressbuch Hannover führt noch 1942 unter den Hausnummer 7 aus:

  • "E (= Eigentümer/in) Scheele, H., Ww. (Witwe(r), und
  • "E Scheele, K., Spedition

Eine Hausnummer 9 führt das Adressbuch 1942 nicht auf.

Brawands Erzählung nennt auf Seite 9 als Datum des Verschwindens des eigenen Vaters das Jahr 1926. Wenngleich - zum Vergleich - die entsprechenden Seiten aus dem Adressbuch Hannover 1926 und 1927 noch nicht beweishaft "upgeloaded" ist, dürfte schon jetzt der Beweis erbracht sein, das die Familie in Hausnummer 7 gewohnt hat.

Eine Begehung vor Ort (siehe die Fotos) erbrachte (unter anderem): Ein Anbau an Hausnummer 7 ist nur durch eine Unterführung unter dem Nebenhaus hindurch zu betreten, der Eingang zum Anbau befindet sich oberhalb einer Treppe auf dem Hinterhof. Unterhalb der Treppe befindet sich ein nur vom Hof zugänglicher, offener, aber dunkler Raum, der früher als "Plumpsklo" genutzt wurde. Im "Hinterhaus" trifft lediglich für "Wohnung" direkt unter dem Dach zu: "Alles schräg".

Leo Brawands Beschreibung der heute kaum noch vorstellbaren Armut der Leute in der Straße Am Puttenser Felde wird ansatzweise vorstellbar, wenn man die identifizierte, noch existente "Dachwohnung" begeht: Hinauf gelangt man nicht durch ein erwartetes "Treppenhaus", sondern über eine sich windende Holztreppe, die man wohl besser als schmale Leiter beschreiben kann, von der man jederzeit abstürzen könnte. Kaum zu glauben aber sind die von Brawand beschriebenen Räume "Stube, Kammer und Küche: Nicht nur, das die ehemalige "Küche" nur durch den Gang durch das "Treppenhaus" erreichbar war - auch die beiden anderen Zimmer, von denen eins ein Durchgangszimmer ist, sind mit ihren niedrigen Dachschrägen jeweils kaum größer als zwei heutige Standart-Badewannen. Die bedrückende Enge dieser drei Räume kann wohl nur vom "Treppenhaus" aus "online" nachvollziehbar gemacht werden, wenn man eine Kamera mit einem Fischei-Objektiv benutzen würde.

Hausnummer 7 und Nebenhaus befinden sich heute im Privatbesitz eines Architekten, der wohl einigermaßen behutsam eine Sanierung unter größtmöglicher Beibehaltung der vorgefundenen, historischen Situation beabsichtigt.

Die Denkmaltopographie Bundesrepublik Deutschland, Band 10.1, Stadt Hannover verzeichnete jedoch die Häuser Am Puttenser Felde bisher nicht einmal als "Interessengebiet".
Hannover Am Puttenser Felde 7 Hinterhaussituation hinter den ehemaligen Pferdeställen.jpg
Situation Am Puttenser Felde 7, hinter den ehemaligen Pferdeställen (rechts ist dunkel ein kleines Stück des heutigen Werkstatt-Durchgangs zu erkennen). Hinter dem eisernen Geländer führt vor der Mauer nach links eine Untertunnelung auf den Hinterhof des Gebäudes, wo sich während Leo Brawands hier verbrachter Kindheit noch ein Plumpsklo für alle Bewohner des Gebäudes befand.
Am Puttenser Felde 6 in Hannover, Schild "Rheinland Neuss" 04.JPG
Autor/Urheber: Bärbel Miemietz, Lizenz: CC BY-SA 4.0
Schild der Feuerversicherung "Rheinland Neuss" am Haus Am Puttenser Felde 6 in Hannover aus der Nähe, schattig
Apartment house Am Puttenser Felde Am Kleinen Felde Nordstadt Hannover Germany.jpg
Autor/Urheber: Christian A. Schröder (ChristianSchd), Lizenz: CC BY-SA 4.0
Wohnhaus Am Puttenser Felde und Am Kleinen Felde im Stadtteil Nordstadt von Hannover.
Hannover Am Puttenser Felde 7 ehemalige Pferdeställe, heute als Werkstatt überbaut.jpg
Am Puttenser Felde 7 in Hannover: Zur Rechten sind hinter dem hölzernen Schiebetor die ehemaligen Pferdeställe und Unterstellplätze für die Kutschen zu sehen. Links auf dem (leider nicht sehr gelungenem) Foto ist heute ein (weiß scheinender) Durchgang erkennbar: Hier mußte der kleine Leo Brawand früher ängstlich regelmäßig an Pferden und Hunden vorbei, um das Wohnhaus hinter den Ställen zu erreichen.
1807 Hannover Plan Umgebung Pentz Bennefeld Franz Monbrillant Eiskeller Welfengarten Windmühle auf dem Puttenser Berge.jpg
1807 erschienener Plan der Stadt Hannover und Umgebung (Ausschnitt), hier mit den Anlagen rund um das damalige Schloss Montbrillant im späteren Welfengarten in der Nordstadt als Teil der Herrenhäuser Gärten . Direkt an die von dem Gartenkünstler Ernst August Charbonnier angelegten barocken Grünanlage findet sich ein Eiskeller im Nordwesten sowie die Puttenser Windmühle vor dem Mühlenfeld - die ebenso wie Montbrillant 1857 für den Bau des Welfenschlosses weichen musste, der späteren Leibniz Universität. Ausschnitt aus dem von Inspektor Pentz und dem Ingenieur-Geograph Lieutenant Ludwig Bennefeld geschaffenen Plan von Hannover und seiner Umgebung, der - gestochen von Franz in Berlin - 1807 durch die Buchhandlung der Gebrüder Hahn verlegt wurde ...
Hannover Am Puttenser Felde Kleinstes Haus von hinten.jpg
Eine Hinterhofsituation: Dieses kleinste Haus Am Puttenser Felde ist vielleicht das älteste. Stammt das Holzfenster noch aus der Zeit des Hannoverschen Rundbogenstils? An den Wänden finden sich noch handgeschmiedete Eisenteile.
Hannover Am Puttenser Felde 7 zu Garagen umgebaute ehemalige Pferdeställe.jpg
Am Puttenser Felde 7: Die ehemaligen Pferdeställe, nach Leo Brawand zugleich Garagen für die Kutschen, nach einem behutsamen Überbau als Werkstatt durch den heutigen Pächter insbesondere für Automobile. Das in den Gebäuden gefundene hölzerne Wagenrad mit Eisenbeschlägen wurde vom Pächter an der Wand montiert als Erinnerung an "ärmere" Zeiten mit Handarbeit und menschlicher Zugkraft. Das Wohnhaus von Leo Brawand lugt über dem Dach der Werkstatt hervor.
Hannover Am Puttenser Felde 7 Blick zwischen die Häuser Nr 6.jpg
Blick hinter der Garage vor Haus Nr. 7 in die Hinterhof-Situation
Hannover Nordstadt Am Puttenser Felde 8 links daneben Nr 7.jpg
Am Puttenser Felde 8, rechts daneben Nr. 7. In Leo Brawand's Buch "Die Leute vom Damme" schreibt er, er habe in Nr. 9, Hinterhaus, Dachkammer gewohnt.
Welfenschloss Balkon Christuskirche Puttensen Universität Hannover Königsworther Platz.jpg
Blick vom Balkon über dem Haupteingang des Welfenschlosses (heute Leibniz Universität Hannover). Der Turm der als Residenzkirche geplanten Christuskirche ist unten links zwischen der östlichsten Sandsteinfigur und dem wie ein Turm wirkenden Erker zu erkennen. Auf dem Gelände zwischen Schloss und Kirche befand sich das wüst gewordene Dorf Puttensen, an das heute nur noch der Strassenname "Am Puttenser Felde" erinnert. In der Bildmitte eine weitere Bibliothek der Leibniz Universität Hannover, ganz rechts die der ehemalige Verwaltungssitz der Continental AG und das Allianz-Hochhaus am Königsworther Platz, dahinter das neue Rathaus von 1914, das manche Touristen mit "The Welfenschloss" verwechseln.