Altes Schloss (Nieder-Beerbach)

Altes Schloss

Überreste quadratischer Turm und Gebäuderest im inneren Burgbereich

StaatDeutschland
OrtMühltal- Nieder-Beerbach
Entstehungszeitunbekannt, vermutet 11. Jh.
BurgentypHöhenburg, Spornburg
ErhaltungszustandBurgstall
Ständische Stellungunbekannt
Geographische Lage49° 47′ N, 8° 41′ O
Höhenlage290 m ü. NN
Altes Schloss (Hessen)
(c) Karte/Map: NordNordWest/Lencer, Lizenz/Licence: Creative Commons by-sa-3.0 de
Georelief und Umzeichnung des Burgstalles

Das Alte Schloss ist, anders als ihr Name vermuten lässt, kein niedergelegtes Schloss, sondern vermutlich ein aus dem Ende des Frühmittelalters stammender Burgstall, der wohl eine Turmhügelburg oberhalb des heutigen Mühltaler Ortsteils Nieder-Beerbach im Landkreis Darmstadt-Dieburg in Hessen war.

Geografische Lage

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Spornseite: Blick Richtung Westen in den Halsgraben und Burgwall mit neuzeitlichem Durchgang
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Blick Richtung Süden (Bergseite) auf den Burgwall vom Innern der Burg aus

Die Burg lag östlich der Straße vom Mühltaler Ortsteil Nieder-Beerbach nach Ober-Beerbach an der Spitze eines langgestreckten Bergsporns, der steil zum Beerbachtal abfällt, gegenüber dem südlichen Ausgang des Kammes des Burgberges der Burg Frankenstein gegenüber dem Weißen Berg, etwa einen Kilometer südlich von Nieder-Beerbach. Der Sporn mit dem Burgstall wird westlich vom Beerbach und östlich von den beiden Nebenbächen, die vom Bieberwoog Wald zufließen, eingegrenzt. Der Sporn kann als Auslauf der südlich und durch einen Paßweg verbundenen Adlerhöhe gesehen werden.

Beschreibung

Zur Zuordnung werden mehrere Deutungen diskutiert:

Urkundlicher Nachweis über Besitzer der Burg, exakte Zeitstellung und Aussehen konnten bis in die Gegenwart noch nicht exakt belegt werden. Das Gewann der Nieder-Beerbacher Gemarkung wird seit alter Zeit her als "Altes Schloss" bezeichnet und mit einer Burg, auch in mündlichen Überlieferungen, in Verbindung gebracht. Der 113 Morgen große Bieberwoog, eine Mischung aus Acker-, Wald- und Wiesenfläche war ein eigener Gerichtsbezirk und war vermutlich freier Grund der abgegangenen Burg. 1597 wurde er als „... liegt in keiner Zent und die drei Dörfer liegen in drei Zenten“ beschrieben. Möglicherweise kann das mit der Urkunde König Ruprecht I. in Zusammenhang gebracht werden, in dem er am 2. Juni 1402 der Burg Nieder-Beerbach und dem Waldbezirk Dörrenberg Reichsunmittelbarkeit verlieh.[1] 1855 wurde im Bereich ein Helm des 12. oder 13. Jahrhunderts gefunden, der im Hessischen Landesmuseum Darmstadt verwahrt wird. Er wird als Frankensteiner Helm bezeichnet. Der Nieder-Beerbacher Pfarrer und Historienforscher Heinrich Eduard Scriba (1802–1857) hatte noch um 1845 Mauerreste beschreiben können, die aber nach und nach von den Bauern der Umgebung als Baumaterial benutzt wurden.

Rainer Kunze legt die Entstehung in das 11. Jahrhundert und sieht die Anlage von einem Ringgraben und zwei Palisadenringen umgeben. Graben und der dahinter liegende Wallrest sind noch schwach erkennbar. In der Mitte der Burgstalles befindet sich heute eine große Vertiefung, die nach Ausgrabungen von 1976, bei denen Fundamentreste gefunden wurden waren, als Festes Haus oder Wohnturm in den Ausmaßen von 10 mal 15 Meter mit etwa 2 Meter Mauerstärke gedeutet werden. Erhalten waren nur noch die Reste der westlichen Seite, die bereits wieder unter Laub und Erde verschwunden sind. Heute finden sich nur noch vereinzelte Lesesteine.

Eigene Grabungen des Nieder-Beerbachers Adam Breitwieser lassen Vermutungen zu, dass das Alte Schloss nicht nur eine schlichte Turmburg gewesen sein kann, sondern auch über Wohnhaus und weitere Gebäude verfügte, es sich also durchaus um eine komplette Burg handeln könnte. Auf dem Areal wurden Kräuter, z. B. Scharbockskraut oder Bärlapp, gefunden, wie sie früher in Burggärten verwendet wurden. Zusätzlich fand sich ein sehr altertümlicher Rosenstrauch, der sehr stachlig ist, dessen Blüten nicht duften und der resistent gegenüber Schädlingen ist. Nachzuchten finden sich heute in einigen Gärten des Ortes und im Botanischen Garten der TU Darmstadt.[1]

Die in jüngerer Zeit von Historikern geäußerten Vermutungen, das die Burgen im Beerbachtal unterhalb des Frankensteins als Vorgängerburgen und mögliche erste Stammsitze des vermuteten Grafen von Berbach angesehen werden kann und die comes de Berebach als karolingische Maingaugrafen hier zugeordnet werden können, sind nicht gesichert.

Anlage

Von der Anlage sind 2014 zum einen ein vollständig umlaufender ovaler etwa 60 mal 35 Meter messender Burgwall, der talseitig in Terrassen abgestuft[2] und südlich und nordnordöstlich durch einen neuzeitlichen Waldweg geschnitten wird, und der den Bergsporn nach Süden abgrenzende Halsgraben noch zu sehen. Reste eines annähernd quadratischen Wehrturmes oder kleinen Gebäudes und daran anschließend eine Vertiefung, die dem Palas- oder einem Bergfriedähnlichen Gebäude mit Maßen von etwa 12 mal 15 Meter zuzuordnen sind, vervollständigen die wenigen Überreste. Die vorliegenden Steinreste weisen einseitige Bearbeitung auf. Größe und Aussehen lassen die Deutung als Turmhügelburg zu. Datierungen sind nicht möglich, da bisher keine archäologischen Untersuchungen stattfanden.

Interessantes

Das Schlösschen Ober-Beerbach

Oberhalb und südwestlich der Reste des Alten Schlosses und nordwestlich der Ortslage von Ober-Beerbach im Hang zur Bergstraße nach Seeheim-Jugenheim nordwestlich des Ober-Beerbacher Sportplatzes befinden sich ebenfalls Reste eines annähernd rechteckigen Ringwalles mit Ringgraben, genannt Schlösschen Ober-Beerbach. Ob diese Reste als mögliche Vorläufer des Alten Schlosses und der Alten Burg, und damit sowohl auch der Burg Frankenstein gedeutet werden können, kann ohne archäologische Untersuchungen nicht entschieden werden, da auch frühzeitliche oder keltische Ringwallanlagen aus der Gegend bekannt sind. Eduard Anthes, Prähistoriker um 1900, ordnete die Anlage damals noch den Kelten zu.[1] Neuere Zuordnungen sehen es als Burgstall des 11. Jahrhunderts.[3]

Literatur

  • Hans Buchmann: Burgen und Schlösser an der Bergstraße. Theiss Verlag, Stuttgart 1986, ISBN 3-8062-0476-4, S. 60–62.
  • Rudolf Knappe: Mittelalterliche Burgen in Hessen. 800 Burgen, Burgruinen und Burgstätten. 2. Auflage. Wartberg-Verlag, Gudensberg-Gleichen 1995, ISBN 3-86134-228-6, S. 528.
  • Rainer Kunze: Beerbach, Breuberg, Frankenstein: Exemplarisches im nördlichen Odenwald. In: Geschichtsblätter für den Kreis Bergstraße. Vol. 38, 2005, S. 25–51.
  • Thomas Steinmetz: Frühe Niederungsburgen in Südhessen und angrenzenden Gebieten. Ober-Kainsbach 1989.
  • Peter und Marion Sattler: Burgen und Schlösser im Odenwald. Verlag Edition Diesbach, Weinheim 2004, S. 59.

Weblinks

Commons: Altes Schloss – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b c Hans Buchmann: Burgen und Schlösser an der Bergstraße. Theiss Verlag, Stuttgart 1986, S. 53/61 f.
  2. Die Vermutung, dass die Terrassen als ein Zwinger dienten, ist spekulativ, da derzeit kein zweiter Ringwall gefunden ist und auch nicht zum vermuteten Alter der Burg passen würde.
  3. Eintrag zu Ober-Beerbach, Schlösschen in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts

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Reliefdaten ( Digitales Geländemodell, Maßstab 1:2500, Auflösung 1 m, Rohdaten: Land Hessen, (https://gds.hessen.de/) aus dem hessischen Windatlas (https://windrosen.hessen.de) extrahiert) und Umrisszeichnung des Burgstalles "Altes Schloss (Nieder-Beerbach)". Zu sehen sind nur noch Burggraben und flache Ringmauerreste, Steinsetzungen die auf einen schmalen Bergfried hindeuten und Gelände- Vertiefungen die Kellereingang und Palas sein könnten.
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Altes Schloss Nieder-Beerbach, innerer Burgbereich, Turmrest und Gebäudereste, vermutlich wilde Ausgrabungen