Alphonse Théraulaz

Alphonse Théraulaz

Alphonse Théraulaz (* 27. November 1840 in Versailles, Frankreich; † 1. Februar 1921 in Freiburg) war ein Schweizer Politiker und Staatsrat des Kantons Freiburg.

Leben

Alphonse Théraulaz' Eltern waren Théodore-Pierre Théraulaz, Kutscher im Dienst des französischen Königs Louis-Philippe, und die Französin Marie geb. Bellanger. Alphonse Théraulaz kam in die Schweiz, als sich seine Familie in Châtel-Saint-Denis niederliess. Den ersten Unterricht erteilte ihm sein Onkel Jean-Joseph Théraulaz, Pfarrer des Bezirkshauptorts. Anschliessend besuchte er das Kollegium St. Michael. 1859 trat er dem Schweizerischen Studentenverein bei, einer Kaderschmiede der konservativen Eliten, und wurde dessen Vizepräsident (1860) und Präsident (1861–1862). Théraulaz heiratete 1862 Pauline Chiffelle, Tochter eines Kleiderhändlers. Zweimal verwitwet, heiratete er 1881 in zweiter Ehe Anne-Françoise Weiss, von Magnedens, und 1883 in dritter Ehe Marie-Louise Genoud aus Châtel-Saint-Denis.

Er war Förderer und Gründer der Freiburger Sektion des Schweizer Alpen-Clubs (1858). Als vierter Schweizer und erster Freiburger bestieg er das Matterhorn. Als Mitglied des Cercle de l’Union konnte er ein umfangreiches Netzwerk einflussreicher Freunde knüpfen, eine Grundvoraussetzung für den Aufstieg eines jungen Manns bescheidener Herkunft.

Politische Karriere

Zunächst schlug Théraulaz eine kaufmännische Karriere ein. Auch nach seiner Wahl in die Regierung gab er seine privaten geschäftlichen Aktivitäten nicht vollständig auf. Bei Joseph Jaquets Rücktritt 1874 wollte er sich zunächst um dessen Amt bewerben, liess jedoch François-Xavier Menoud den Vortritt, der am 8. Mai gewählt wurde, seine Wahl allerdings ablehnte. Daraufhin kandidierte Théraulaz und wurde am 11. Juni 1874 im dritten Wahlgang mit 36 von 69 Stimmen vor Major Repond (33 Stimmen) in den Staatsrat gewählt. Er trat Jaquets Nachfolge als Direktor des Innern an (1874–1880) und befasste sich mit der Forstorganisation (1876), der Verbesserung der Viehzucht durch Wettbewerbe und Prämien sowie der leistungsfähigeren Verwaltung der Milch- und Käsegenossenschaften. 1880 trat er aus persönlichen Gründen zurück.

1881 wurde er vor Techtermann wiedergewählt und übernahm die Baudirektion (1881–1894). Unter ihm traten das Gesetz über die Wasserbaupolizei im Hochgebirge (1885) und das Gesetz über die Wasserbauarbeiten (1889) in Kraft. Als einziges Mitglied der Regierung enthielt er sich am 22. September 1889 der Stimme, als über die provisorische Organisation der Universität abgestimmt wurde, da er finanzielle Probleme befürchtete. Ihm waren die kantonale Subvention von 2 Millionen Franken für den Bau des Simplontunnels (1887) und jene für den Bau der Eisenbahnstrecken Vevey–Bulle–Thun und Freiburg–Murten (1891) zu verdanken. Zu diesem Zeitpunkt besass Théraulaz den grössten Einfluss und dominierte mit Menoud den Staatsrat, dessen Vorsitz sich das Duo teilte. Théraulaz präsidierte die Regierung 1883, 1885, 1888, 1890 und, in einem anderen Kontext, 1898, 1905 und 1907. Er war verantwortlich für die Auswahl der Glasfenster im Grossratssaal: Während Berthold IV. und Faucigny unbestritten waren, wählte er an Stelle von Nikolaus von Myra und Niklaus von Flüe die Staatsmänner Louis d’Affry und Louis de Weck-Reynold.

Sein Stern verblasste mit Menouds Wechsel zur Staatsbank und Georges Pythons Aufstieg. Théraulaz wurde Finanzdirektor und musste die Verschuldung verantworten, die durch die von seinem Konkurrenten Python in die Wege geleiteten Eisenbahn-, Schul- und Wasserkraftwerkbauten verursacht wurden. So brachte er die Anleihen von 1895, 1899, 1902, 1903 und 1907 durch, die dazu führten, dass die Staatsschuld von 28 auf mehr als 100 Millionen Franken anstieg. Damit lieferte er dem Staat die Mittel zu dessen Modernisierungsprojekten um den Preis hoher Belastungen: Der Schuldendienst stand an erster Stelle der Staatsausgaben. Er brachte das Gesetz über die Kantonalbank (1895) und jenes über die Hypothekarkasse (1907) unter Dach und Fach.

Théraulaz war Grossrat (1875–1914) und sass im Ständerat (1882–1883), den er 1883 präsidierte. Nach den Parlamentswahlen 1884 wechselte er in den Nationalrat, dem er bis 1914 angehörte. Im Militär bekleidete er zuletzt den Rang eines Hauptmann-Quartiermeisters.

Zu Anfang seiner Karriere war Théraulaz ein gemässigter Konservativer, doch nach seiner Wahl zum Staatsrat distanziert er sich vom Cercle de l’Union und stellt sich über die Gruppierungen in der Regierungspartei. Eher auf Ausgleich bedacht, verzichtet er in seinem Departement auf das Säuberungssystem, das die Konservativen nach ihrem Wahlsieg von 1881 praktizierten. Er gab sogar seinem ehemaligen Kollegen Modeste Bise, der 1881 nicht wiedergewählt wurde, seine frühere Stelle als Generalkommissar zurück.

Théraulaz’ politische Funktionen führten dazu, dass er im nichtstaatlichen Bereich zahlreiche Ämter übernehmen musste. So war er Verwaltungsrat der Tilgungskasse der öffentlichen Schuld (1881–1911), der Hypothekarkasse des Kantons Freiburg (1885–1912), der Schweizer Nationalbank (1906–1913), der Westschweizer Eisenbahngesellschaft (1883–1889), der Jura-Simplon-Bahn (1890–1902) und der Rheinsalinen (1909–1912). Er gehörte zu den Förderern des Schweizer Dorfes der Pariser Weltausstellung (1900).

Als sich die Skandale abzuzeichnen begannen, die das konservative Regime in Schieflage brachten, war er Verwaltungsratspräsident der Staatsbank. Da ihm die schlechte Geschäftsführung dieses Unternehmens bekannt war, zog er es vor, sich im Dezember 1911 mit mehr als 70 Jahren aus dem Staatsrat zurückzuziehen und Georges Python die Verantwortung für das zu überlassen, was dieser in seiner kreativen Kühnheit geschaffen hatte. 1914 gab er alle weiteren Mandate auf, um sich in sein Privatleben zurückzuziehen. Am 1. Februar 1921 starb er im Alter von 81 Jahren.

Literatur

  • Georges Andrey, John Clerc, Jean-Pierre Dorand et Nicolas Gex: Der Freiburger Staatsrat: 1848–2011. Geschichte, Organisation, Mitglieder. Editions La Sarine, Freiburg 2012, ISBN 978-2-88355-153-4.

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Le Conseiller d'Etat Alphonse Théraulaz