Alma Zadić

Alma Zadić (2020)

Alma Zadić (geboren am 24. Mai 1984 in Tuzla, Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina, Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien) ist eine österreichische Politikerin (Die Grünen, zuvor Jetzt – Liste Pilz[1] bzw. Liste Pilz). Sie war von 9. November 2017 bis 7. Jänner 2020 Abgeordnete zum Nationalrat.

Seit 7. Jänner 2020 ist sie Bundesministerin für Justiz der Republik Österreich (Bundesregierung Kurz II, Bundesregierung Schallenberg und Bundesregierung Nehammer).[2]

Leben

Zadić wurde in Tuzla in der damaligen Sozialistischen Republik Bosnien und Herzegowina geboren, wo sie auch die Volksschule besuchte. Ihr Vater war Universitätsprofessor für Elektrotechnik, ihre Mutter arbeitete als Bauinspektorin für die Stadtgemeinde.[3] Während des Bosnienkriegs flüchtete die Familie mit der damals zehnjährigen Alma nach Österreich.[4]

In Wien besuchte sie die Volksschule Ortnergasse und das Realgymnasium Ettenreichgasse.[5] Sie studierte ab 2003 an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Wien Rechtswissenschaften. Ein Auslandssemester verbrachte sie an der Università Cattolica del Sacro Cuore in Mailand.[6] 2007 schloss sie ihr Studium als Magistra ab. Danach war sie bei der Internationalen Organisation für Migration in Wien und als Praktikantin beim Internationalen Tribunal für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien in Den Haag tätig. Ihr Gerichtsjahr absolvierte sie in Wien. Im Studienjahr 2009/10 absolvierte sie an der Columbia University in New York ihre LL.M.-Ausbildung. Sie blieb als Gastwissenschaftlerin und als Chefredakteurin bei Vale Columbia Center on Sustainable International Investment in New York.

Von 2011 bis 2015 war sie als Rechtsanwaltsanwärterin (Associate) und von 24. November 2015 bis August 2017 als Rechtsanwältin[7] und Senior Associate bei Freshfields Bruckhaus Deringer (FBD) tätig, einer international tätigen Wirtschaftskanzlei mit Sitz in London und Standorten in 17 Ländern. Sie war in der Kanzlei im Bereich der Konfliktlösung tätig. Anlässlich ihrer Nationalratskandidatur beendete sie im August 2017 ihre Tätigkeit bei FBD und ließ sich aus der Liste der Rechtsanwälte streichen.[8] 2017 promovierte sie an der Universität Wien zum Doktor der Rechte.[5]

Politische Laufbahn

Zadić ist seit 2013 Mitglied der Global Shapers Community des Weltwirtschaftsforums von Davos, einer weltweiten Vereinigung junger Menschen, die Verantwortung für den Planeten übernehmen wollen.[9]

Zadić wurde 2017 über die Liste Pilz als Abgeordnete in den österreichischen Nationalrat gewählt. Im Juli 2019 trat sie den Grünen bei, wurde zur Nationalratswahl 2019 auf Platz fünf der grünen Bundesliste aufgestellt und im September erneut in den Nationalrat gewählt. Nach der Wahl handelte sie den ersten Koalitionsvertrag zwischen ÖVP und Grünen auf Bundesebene mit aus.[10][11][12] Im Jänner 2020 wurde sie Justizministerin der Koalitionsregierung aus ÖVP und Grünen. In den Medien wird sie oft als „erste Ministerin der Republik Österreich mit Migrationshintergrund“ bezeichnet.[13] Sie selbst spricht von einem „Migrationsvordergrund“: Ihre Migrationsgeschichte sei während ihrer Zeit als Anwältin verblasst. Als sie in die Politik wechselte, sei sie plötzlich relevant geworden.[14]

Nachdem auf sozialen Medien von Vertretern der österreichischen Identitären Bewegung und der FPÖ Behauptungen wie jene, dass eine muslimische Justizministerin die Scharia einführen werde[15][16] verbreitet worden waren, stellten die Grünen klar, dass Zadić ohne religiöses Bekenntnis sei.[17] Weil es neben fremden- und frauenfeindlichen Beleidigungen auch zu Morddrohungen kam, erhielt sie am 8. Jänner 2020 Polizeischutz.[18][16]

Nachdem Zadić auf Twitter Fotos eines Burschenschafters, der Donnerstagsdemonstranten von einem Fenster aus den Hitlergruß gezeigt haben soll, geteilt und dies mit „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“ kommentiert hatte,[19] wurde sie im November 2019 auf Antrag der abgebildeten Person wegen erlittener Kränkung vom Straflandesgericht Wien nach § 6 Mediengesetz zu einer Entschädigungszahlung von 700 Euro verpflichtet. Dabei handelt es sich um ein sogenanntes medienrechtliches Verfahren, nicht um eine strafrechtliche Verurteilung.[20][21][22] Dagegen meldete sie Berufung an,[23][24][25] schöpfte den Rechtsweg der Berufung schlussendlich aber nicht aus. Das erstinstanzliche Urteil ist daher rechtskräftig.[26] Zadić Amtsvorgänger Clemens Jabloner stellte klar, dass es sich hierbei um kein strafrechtliches Verfahren handele und es somit auch bei einem rechtskräftigen Urteil zu keinem Eintrag im Strafregister komme. Die Hetze gegen sie sei „Niedertracht“.[27][28]

Auf einer Pressekonferenz gab sie im Mai 2020 bekannt, dass es im Ministerium nicht mehr eine gemeinsame, sondern wieder zwei Sektionen für das Strafrecht und einzelne Strafverfahren geben werde. Damit entmachtete sie auch den umstrittenen Sektionschef Christian Pilnacek, dem mehrfach Amtsmissbrauch vorgeworfen worden war. Er musste sich erneut bewerben, um Vorsitzender einer der neuen Sektionen zu werden, was ihm gelang.[29][30][31]

Zur Ibiza-Affäre erklärte sie vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss, dass sie nicht von Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) über die Sicherstellung des Videos informiert worden sei, sondern davon erst aus den Medien erfahren habe. Sie betonte jedoch, ein sehr gutes Verhältnis zu den ÖVP-Kabinettskollegen zu haben. Untersuchungsausschussmitglied Stephanie Krisper (Neos) meinte, die „Soko Tape“, die das Video sichergestellt hatte, habe den Auftrag, sowohl der Staatsanwaltschaft Wien als auch an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft zu berichten. Zadić erklärte, entsprechend habe die Soko auch zu handeln.[32]

Im September 2020 erhielt sie zusammen mit anderen Regierungsmitgliedern eine Morddrohung. Ein 68-Jähriger drohte damit, die „Regierung auszulöschen“. Er wurde im November 2020 wegen Verhetzung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.[33][34]

Nach antisemitischen Vorfällen in Graz im August 2020 kündigte Zadić eine baldige Überarbeitung des Verbotsgesetzes von 1947 an, wie im türkis-grünen Regierungsprogramm vorgesehen. Mit der legistischen Überarbeitung sollen Lücken wie der Tatbestand der „Teilleugnung“ geschlossen werden.[35]

Privatleben

Zadić ist verheiratet und brachte am 6. Jänner 2021 einen Sohn zur Welt.[36] Von Jänner 2021 bis 15. März 2021 war Zadić in Elternkarenz; während dieser Zeit wurde sie von Vizekanzler Werner Kogler im Amt vertreten.[37][38] Im März 2021 ging ihr Mann in Vaterschaftsurlaub.[39]

Weblinks

Commons: Alma Zadić – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Neuer Name: Liste Pilz setzt auf „Jetzt“. In: orf.at. 19. November 2018, abgerufen am 29. Juli 2020.
  2. Alma Zadic: Von JETZT ins Justizministerium. In: orf.at. 31. Dezember 2019, abgerufen am 4. Januar 2020.
  3. Adelheid Wölfl: Tuzla, der Geburtsort von Alma Zadić, steht für Widerstandsgeist. In: derstandard.at. 20. Jänner 2020, abgerufen am 29. Juli 2020.
  4. Josef Votzi: Alma Zadić: Endlich angekommen. In: zeit.de, 20. Jänner 2020, abgerufen am 29. Juli 2020.
  5. a b Alma Zadić auf den Webseiten des österreichischen Parlaments
  6. Austria, la ministra e l’Erasmus in Cattolica. In: cattolicanews.it, abgerufen am 2. April 2021.
  7. Kundmachung der Rechtsanwaltskammer Wien. (PDF) In: Rechtsanwaltskammer Wien. 2015, abgerufen am 5. Januar 2020.
  8. Kundmachung der Rechtsanwaltskammer Wien. (PDF) In: Rechtsanwaltskammer Wien. 2017, abgerufen am 5. Januar 2020.
  9. Kirk-Anthony Hamilton: Who are the Global Shapers? In: huffingtonpost.com, 3. September 2015.
  10. JETZT-Mandatarin Zadic kandidiert für Grüne. In: ORF.at. 2. Juli 2019, abgerufen am 2. Juli 2019.
  11. NEOS und Grüne bringen sich in Stellung. In: ORF.at. 7. Juli 2019, abgerufen am 7. Juli 2019.
  12. Alma Zadic – das Flüchtlingsmädchen, das Justizministerin wurde. In: tagesspiegel.de, 6. Jänner 2020, abgerufen am 9. Jänner 2020.
  13. Was die erste österreichische Ministerin mit Migrationshintergrund erreichen will. In: handelsblatt.com, 6. Jänner 2020, abgerufen am 9. Jänner 2020.
  14. Rudolf Gruber: Ministerin mit „Migrationsvordergrund“. In: rp-online.de, 9. Jänner 2020, abgerufen am 13. Jänner 2020.
  15. Rassistischer Hass gegen Grüne Zadić nach Posting von FPÖ-Politiker. In: derstandard.at. 1. Januar 2020, abgerufen am 6. Januar 2020.
  16. a b Fabian Schmid: Identitäre und FPÖ gegen Alma Zadić: Anatomie einer Kampagne. In: derstandard.at. 7. Januar 2020, abgerufen am 8. Januar 2020.
  17. Regierung wird am Dienstag angelobt. In: derstandard.at. 5. Januar 2020, abgerufen am 6. Januar 2020.
  18. Bundespräsident Van der Bellen stellt sich hinter Alma Zadić. In: Die Presse. 8. Januar 2020, abgerufen am 8. Januar 2020.
  19. Wegen Verurteilung - FPÖ will Alma Zadic als Justizministerin verhindern. In: kleinezeitung.at. 5. Januar 2020, abgerufen am 6. Januar 2020.
  20. Rassistischer Hass gegen Grüne Zadić nach Posting von FPÖ-Politiker. In: Der Standard. 1. Januar 2020, abgerufen am 6. Januar 2020.
  21. Türkis-grüne Verhandlerin Zadić wegen übler Nachrede verurteilt. In: Die Presse. 14. November 2019, abgerufen am 7. Januar 2020.
  22. Ministerkandidatin Zadić unter Beschuss. In: Die Presse. 6. Januar 2020, abgerufen am 6. Januar 2020.
  23. Grün-Abgeordnete Zadic wegen übler Nachrede verurteilt. In: kurier.at. 14. November 2019, abgerufen am 30. Dezember 2019.
  24. Twitter-Eintrag bringt Abgeordnete vor Gericht. In: Die Presse. 9. Oktober 2019, abgerufen am 5. Januar 2020.
  25. FPÖ will Zadic als Justizministerin verhindern. In: krone.at. 5. Januar 2020, abgerufen am 5. Januar 2020.
  26. Hitlergruß oder Winken? Zu leichtfertig geurteilt. In: Die Presse. 21. März 2021, abgerufen am 29. März 2020.
  27. Hass im Netz: Ex-Justizminister Jabloner verteidigt Nachfolgerin Zadic. In: vienna.at. 7. Januar 2020, abgerufen am 8. Januar 2020.
  28. Amtsübergabe: Ex-Minister nennt Hetze gegen Zadic „Niedertracht“. In: krone.at. 7. Januar 2020, abgerufen am 8. Januar 2020.
  29. Zadic entmachtet Pilnacek: Strafrechtssektion künftig geteilt. Abgerufen am 6. September 2020.
  30. Salzburger Nachrichten: Christian Pilnacek – ein selbstbewusster Machtmensch. Abgerufen am 6. September 2020.
  31. Jetzt fix: Pilnacek bleibt Sektionschef im Justizministerium. Abgerufen am 6. September 2020.
  32. Lukas Urban: Zadic erfuhr von Fund des Ibiza-Videos aus den Medien. Abgerufen am 6. September 2020.
  33. Todesdrohung gegen Zadic: Festnahme. In: orf.at. 9. September 2020, abgerufen am 9. November 2020.
  34. Einweisung nicht wegen Zadic-Todesdrohung. In: orf.at. 4. November 2020, abgerufen am 9. November 2020..
  35. Synagogenangriffe: Alma Zadic will Verbotsgesetz bald überarbeiten. In: orf.at. 31. August 2020, abgerufen am 10. November 2020.
  36. Justizministerin Alma Zadić brachte Sohn zur Welt. In: derstandard.at. 8. Januar 2021, abgerufen am 8. Januar 2021.
  37. Alma Zadic ist zurück und stellt sich vor die Staatsanwälte. In: diepresse.com. 16. März 2021, abgerufen am 17. März 2021.
  38. Facebook-Post von Zadić. In: facebook.com. Abgerufen am 19. März 2021.
  39. 08 01 2021 Um 16:25: Justizministerin Zadic wurde Mutter eines Sohnes. In: diepresse.com. 8. Januar 2021, abgerufen am 28. Mai 2021.

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Wappen der Republik Österreich: Nicht gesetzeskonforme Version des österreichischen Bundeswappens, umgangssprachlich „Bundesadler“, in Anlehnung an die heraldische Beschreibung des Art. 8a Abs. 3 Bundes-Verfassungsgesetz mit zwar nach Wappengesetz detailliertem, aber schwarzem statt grauem Gefieder, mit zu grellem Gelb sowie mit inkorrekter Darstellung des Bindenschilds, da die weiße Binde zu breit und der untere rote Balken zu schmal sowie der Spitz, statt halbrund zu sein, zu flach gerundet ist:

Das ursprüngliche Staatswappen wurde in der ersten Republik Österreich im Jahr 1919 eingeführt. Im austrofaschistischen Ständestaat wurde es im Jahr 1934 wieder abgeschafft und, im Rückgriff auf die österreichisch-ungarische Monarchie, durch einen Doppeladler ersetzt. In der wiedererstandenen (zweiten) Republik im Jahr 1945 wurde das Bundeswappen mit dem Wappengesetz in der Fassung StGBl. Nr. 7/1945 in modifizierter Form wieder eingeführt. Der Wappenadler versinnbildlicht, diesem Gesetzestext entsprechend (Art. 1 Abs. 1), „die Zusammenarbeit der wichtigsten werktätigen Schichten: der Arbeiterschaft durch das Symbol des Hammers, der Bauernschaft durch das Symbol der Sichel und des Bürgertums durch das Symbol der den Adlerkopf schmückenden Stadtmauerkrone […]. Dieses Wappen wird zur Erinnerung an die Wiedererringung der Unabhängigkeit Österreichs und den Wiederaufbau des Staatswesens im Jahre 1945 dadurch ergänzt, dass eine gesprengte Eisenkette die beiden Fänge des Adlers umschließt.“

Mit dem Bundesverfassungsgesetz vom 1. Juli 1981, mit dem das Bundes-Verfassungsgesetz in der Fassung von 1929 geändert wird, BGBl. Nr. 350/1981, wurden die Wappengesetze von 1919 und 1945 außer Kraft gesetzt und dem Text des Bundes-Verfassungsgesetzes mit Artikel 8a B-VG eine Verfassungsbestimmung über die Farben, die Flagge und das Wappen der Republik Österreich hinzugefügt. Mit der Neuverlautbarung des Wappengesetzes mit BGBl. Nr. 159/1984 in § 1 in der grafischen Umsetzung der Anlage 1 wurde das Bundeswappen in seiner aktuellen Version eingeführt.
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