All the Beauty and the Bloodshed

Film
TitelAll the Beauty and the Bloodshed
ProduktionslandUSA
OriginalspracheEnglisch
Erscheinungsjahr2022
Länge122 Minuten
Altersfreigabe
Stab
RegieLaura Poitras
ProduktionHoward Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov,
Laura Poitras
MusikSoundwalk Collective,
Zacharias Falkenberg
KameraNan Goldin
SchnittAmy Foote,
Joe Bini,
Brian A. Kates
Besetzung
Als sie selbst:
  • Nan Goldin
  • Marina Berio
  • Noemi Bonazzi
  • Harry Cullen
  • Megan Kapler
  • Patrick Radden Keefe
  • John Mearsheimer
  • Annatina Miescher
  • Darryl Pinckney
  • Alexis Pleus
  • Mike Quinn

All the Beauty and the Bloodshed (dt.: „All die Schönheit und das Blutvergießen“) ist ein US-amerikanischer Dokumentarfilm von Laura Poitras aus dem Jahr 2022. Das Werk folgt dem Leben der US-amerikanischen Fotografin Nan Goldin und dokumentiert deren Kampf gegen die Oxycodon-Hersteller-Familie Sackler. Diese wird für die Opioidkrise in den Vereinigten Staaten mitverantwortlich gemacht.

Der Film wurde am 3. September 2022 bei den Internationalen Filmfestspielen von Venedig uraufgeführt und gewann dort mit dem Goldenen Löwen den Hauptpreis des Festivals. Ein regulärer Kinostart in den USA fand ab 23. November 2022 statt. In Deutschland kam der Film am 25. Mai 2023 regulär in die Kinos.

Inhalt

Nan Goldin (2017)

Das Werk folgt zwei Erzählungen. Auf der einen Seite wird das Leben und die Karriere von Nan Goldin dokumentiert, die aus dem New YorkerNo Wave“-Underground zu einer der bedeutendsten Fotografinnen des späten 20. Jahrhunderts aufstieg. Der Film ist mit zahlreichen Fotografien von ihr illustriert, während die Künstlerin ihre eigene Geschichte erzählt. Dabei geht Goldin auf ihre dysfunktionale Vorstadterziehung, den Suizid ihrer Schwester im Teenageralter und den Kampf ihrer Gemeinde gegen AIDS in den 1980er-Jahren ein.[2]

Auf der anderen Seite erzählt All the Beauty and the Bloodshed vom Untergang der US-amerikanischen Pharmadynastie Sackler. Die Oxycodon-Hersteller-Familie, der das Unternehmen Purdue Pharma gehört, wird für die tödliche Opioidkrise in den Vereinigten Staaten mitverantwortlich gemacht. Nachdem Goldin ihre eigene, wegen des Gebrauchs des Medikamentes entstandene Opioidabhängigkeit überwunden hatte, gründete sie die Interessensgruppe „P.A.I.N“ (Prescription Addiction Intervention Now) und setzte sich mit öffentlichen Protesten aktiv gegen die Sacklers zur Wehr. Die Mäzenatenfamilie hatte zahlreiche Kunstinstitutionen weltweit finanziell unterstützt. Auch kämpfte Goldin für eine Entstigmatisierung der Drogensucht.[3][2]

Hintergrund

Laura Poitras (2014)

All the Beauty and the Bloodshed ist der sechste Langfilm der US-amerikanischen Dokumentarfilm-Regisseurin und Oscar‑Preisträgerin Laura Poitras und gleichzeitig ihr erstes Künstlerporträt. Hinter dem Film stehen die Produktionsgesellschaften Participant von Jeffrey Skoll sowie Praxis Films, die auch Poitras vorangegangene Werke produziert hatten.[4] Sie begann ab 2019 mit Goldin zu arbeiten, zwei Jahre nachdem die Künstlerin den Kampf gegen die Sackler-Familie aufgenommen hatte. Poitras beschrieb die Dreharbeiten als sehr intim. Goldin und sie hätten sich jeweils am Wochenende in ihrem Wohnzimmer getroffen und geredet. Die Filmemacherin war zuerst vom Thema Sackler angezogen. „Ich fühlte mich zuerst von der heutigen Horrorgeschichte einer Milliardärsfamilie angezogen, die wissentlich eine Epidemie verursachte und dann Geld in Museen steckte, im Austausch für Steuerabschreibungen und die Benennung von Galerien“, so Poitras. Später sei ihr klar geworden, dass der Kern von All the Beauty and the Bloodshed Goldins Kunst, Fotografie und das Erbe ihrer Freunde und ihrer Schwester Barbara sei. Poitras betitelte es als „Ein Vermächtnis von Menschen, die aus Amerika fliehen“.[5]

Rezeption

Veröffentlichung

Die Premiere des Films erfolgte am 3. September 2022 beim Filmfestival von Venedig.[5] Sechs Tage später, ab 9. September, wurde der Film beim Filmfestival von Toronto gezeigt.[6]

Eine erste Aufführung in den USA fand am 7. Oktober 2022 im Rahmen des New York Film Festivals statt. Dort wurde All the Beauty and the Bloodshed in die Sektion „Centerpiece“ aufgenommen. Gleichzeitig sollte Goldin das offizielle Plakat zur 60. Auflage des Filmfestivals gestalten.[2] Ebenfalls im Oktober wurde Poitras’ Regiearbeit ins Programm des Filmfestival von London aufgenommen.[7]

Ein regulärer Kinostart in den USA fand ab 23. November 2022 in New York statt. Der Film wurde im Verleih von Neon gezeigt. In Deutschland sicherte sich das Unternehmen Plaion die Verleihrechte.[7] Beim Internationalen Frauen Filmfest in Dortmund + Köln 2023 fand die deutsche Festivalpremiere statt.[8] Regulär sollte der Film ab 26. Mai 2023 in die Kinos kommen.[9]

Kritiken

Englischsprachige Stimmen

Von den bei Rotten Tomatoes aufgeführten 144 Kritiken sind 95 Prozent positiv („fresh“) und ergeben eine Durchschnittswertung von 8,6 von 10 Punkten.[10] Auf der Website Metacritic erhielt All the Beauty and the Bloodshed eine Bewertung von 90 Prozent, basierend auf mehr 30 ausgewerteter englischsprachiger Kritiken. Dies entspricht einhelligem Beifall („universal acclaim“).[11] Auch belegte der Film nach allen gezeigten 23 Wettbewerbsbeiträgen in Venedig im internationalen Kritikenspiegel der italienischen Zeitschrift Venezia News einen fünften Platz (3,53 von 5 möglichen Sternen), während der iranische Beitrag No Bears (4,14) die Wertung anführte.[12]

Sophie Monks Kaufmann (Indiewire) vergab nach der Uraufführung in Venedig die Höchstnote „A+“ (deutsches Schulsystem: 1+) an den Film, dessen Titel an eine Zeile aus einem Yeats-Gedicht erinnere. Poitras habe ein „überragendes und umwerfendes Werk von schockierender Intelligenz und noch größerer emotionaler Kraft weiterentwickelt“. All the Beauty and the Bloodshed sei der bedeutenden Fotokünstlerin Goldin würdig und „vollgestopft mit Informationen“, während „in den letzten 15 Minuten nur die Kernprinzipien einflossen und eine mächtige Kohärenz offenbart“ werde.[3] Ähnlich gepriesen wurde der Dokumentarfilm von weiteren amerikanischen Branchendiensten wie The Hollywood Reporter („ein Werk von umwerfender Kraft“[13]), Deadline („packend“[14]) Variety („traurige, aufschlussreiche und auf ihre Weise recht witzige Anekdote“[15]) oder dem britischen ScreenDaily („fesselndes, aufschlussreiches Porträt“[16]).

Deutschsprachiger Raum

Ähnlich euphorisch äußerten sich die deutschsprachigen Medien. Tobias Kniebe (Süddeutsche Zeitung) verwies auf Goldins erfolgreiches Wirken, die Sacklers als führende Kunstsponsoren unmöglich zu machen. Dennoch sei die Familie von der Justiz nur wenig zur Rechenschaft gezogen worden. Kniebe blieb eine Szene in Erinnerung, in der drei Familienvertreter gezwungen wurden, den „bitteren Geschichten“ zu lauschen, die Hinterbliebene von Opfern der Opiod-Krise zu erzählen haben. „Die steinernen, teigigen, stinkreichen und seelenlosen Gesichter in diesem Zoom-Call, die Poitras da eingefangen hat, das wird man so schnell nicht mehr vergessen“, so Kniebe.[17]

Laut Andreas Schreiner (Neue Zürcher Zeitung) sei der Film „keine Nabel- oder Nüsternschau“. Es sei „einer über toxische Philanthropie“. Poitras Regiearbeit bringe aus Goldins Leben zusammen, was tatsächlich zusammengehöre: „die frühen Existenzkämpfe und den späteren Kampf gegen die Sacklers“. Schreiner sah den Film als preisverdächtig an.[18] Dominik Kamalzadeh (Der Standard) sah „einen großartigen Dokumentarfilm“. Ähnlich wie Kaufmann urteilte er, dass All the Beauty and the Bloodshed Goldins „in jeder Hinsicht würdig“ sei. Es handle sich um „ein Beispiel für die enge Verbindung von Politik und Kunst, eine Ode auf die Gegenkultur im New York der 1970- und 1980er-Jahre, die durch Aids zerrissen“ worden sei. Es gehe um Geschichte und darum, wie sie sich wiederhole, so Kamalzadeh.[19] Tim Caspar Boehme (die tageszeitung) berührte das Werk. Es schlage „eine Brücke vom frühen Suizid der Schwester Nan Goldins hin zu ihrer Wut gegen das Haus Sackler, die so stimmig wie bewegend“ sei.[20]

Auszeichnungen

All the Beauty and the Bloodshed wurde in der Filmpreissaison 2022/23 für über 80 internationale Film- bzw. Festivalpreise nominiert, von denen das Werk mehr als 30 gewinnen konnte, darunter der Goldene Löwe des Filmfestivals von Venedig für den besten Wettbewerbsfilm.[21] Darüber hinaus erhielt das Werk bei der Oscarverleihung 2023 eine Nominierung in der Kategorie bester Dokumentarfilm, der aber an das Werk Nawalny verliehen wurde.

Filmpreis
(Auswahl)
KategorieResultatPreisträger/
Nominierte
Athens International Film Festival 2022Goldene Athene – Bester DokumentarfilmGewonnenLaura Poitras
Boston Online Film Critics Association Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Boston Society of Film Critics Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
British Academy Film Awards 2023Bester DokumentarfilmNominiertLaura Poitras,
Howard Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov
British Independent Film Awards 2022Bester internationaler Independent-FilmNominiertLaura Poitras,
Howard Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov
Chicago Film Critics Association Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Cinema Eye Honors Awards 2022Bester DokumentarfilmNominiertLaura Poitras,
Howard Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov
Beste RegieNominiertLaura Poitras
Bester SchnittNominiertAmy Foote,
Joe Bini,
Brian A. Kates
Beste FilmmusikNominiertSoundwalk Collective
„The Unforgettables“GewonnenLaura Poitras
Critics’ Choice Documentary Awards 2022Bester politischer DokumentarfilmNominiertNeon,
HBO Documentary Films
Beste RegieNominiertLaura Poitras,
Neon,
HBO Documentary Films
Eddie Awards 2023[22]Bester Schnitt – DokumentarfilmNominiertAmy Foote,
Joe Bini,
Brian A. Kates
Florida Film Critics Circle Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Gotham Awards 2022Bester DokumentarfilmNominiertLaura Poitras,
Howard Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov
Independent Spirit Awards 2023Bester DokumentarfilmGewonnenLaura Poitras,
Howard Gertler,
John Lyons,
Nan Goldin,
Yoni Golijov
London Critics’ Circle Film Awards 2023Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Bester FilmNominiertk. A.
Filmfestival von London 2022Grierson Award – Bester DokumentarfilmNominiertLaura Poitras
Los Angeles Film Critics Association Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Filmfestival von Montclair 2022Bruce Sinofsky Prize – Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
National Board of Review Awards 2022Top-5-DokumentarfilmeGewonnenk. A.
Preis für MeinungsfreiheitGewonnenk. A.
New York Film Critics Circle Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
New York Film Critics Online Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Online Film Critics Society Awards 2023[23]Bester DokumentarfilmNominiertk. A.
Oscarverleihung 2023Bester DokumentarfilmNominiertk. A.
Satellite Awards 2022Bester DokumentarfilmNominiertk. A.
St. Louis Film Critics Association Awards 2022Bester DokumentarfilmGewonnenk. A.
Filmfestival von Stockholm 2022Bronzenes Pferd – Bester DokumentarfilmGewonnenLaura Poitras
Filmfestival von Venedig 2022Goldener Löwe – Bester FilmGewonnenLaura Poitras
Smithers Foundation Awar – Ambassador of HopeGewonnenLaura Poitras
Queer LionNominiertLaura Poitras

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Freigabebescheinigung für All the Beauty and the Bloodshed. Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft (PDF; Prüf­nummer: 240614).Vorlage:FSK/Wartung/typ nicht gesetzt und Par. 1 länger als 4 Zeichen
  2. a b c Laura Poitras’s All the Beauty and the Bloodshed is the Centerpiece Selection of NYFF60. In: filmlinc.org, 4. August 2022 (abgerufen am 4. August 2022).
  3. a b Sophie Monks Kaufmann: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Nan Goldin’s Remarkable Life Gets a Towering Film Befitting It. In: indiewire.com, 3. September 2022 (abgerufen am 10. September 2022).
  4. All the Beauty and the Bloodshed – Company Credits. In: imdb.com (abgerufen am 4. August 2022).
  5. a b All the Beauty and the Bloodshed. In: labiennale.org (abgerufen am 16. August 2022).
  6. All the Beauty and the Bloodshed. In: tiff.net (abgerufen am 23. August 2022).
  7. a b Ben Dalton: Venice documentary ‘All The Beauty And The Bloodshed’ sells to Italy, Germany, Spain. In: screendaily.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
  8. All the Beauty and the Bloodshed. In: Internationales Frauen Film Fest. Abgerufen am 22. April 2023 (deutsch).
  9. All the Beauty and the Bloodshed. In: filmstarts.de (abgerufen am 27. Dezember 2022).
  10. All the Beauty and the Bloodshed. In: Rotten Tomatoes. Fandango, abgerufen am 5. April 2024 (englisch).
  11. All the Beauty and the Bloodshed. In: Metacritic. Abgerufen am 26. Mai 2023 (englisch).
  12. Le votazioni della stampa internazionale di Venezia 79 / International Critics’ Venezia 79 Movies Ratings. In: venezianews.it (abgerufen am 10. September 2022).
  13. Sheri Linden: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Laura Poitras’ Portrait of Nan Goldin Is a Work of Devastating Power. In: hollywoodreporter.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
  14. Stephanie Bunbury: Venice Review: Laura Poitras’ ‘All The Beauty And The Bloodshed’. In: deadline.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
  15. Owen Gleiberman: ‘All the Beauty and the Bloodshed’ Review: Laura Poitras’s Film About How Nan Goldin Turned Her Art of Transgression Against the Sackler Family . In: variety.com vom 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
  16. Wendy Ide: ‘All The Beauty And The Bloodshed’: Venice Review. in: screendaily.com, 3. September 2022 (abgerufen am 11. September 2022).
  17. Tobias Kniebe: Das Land muss brennen. In: Süddeutsche Zeitung, 5. September 2022, S. 10.
  18. Andreas Schreiner: Medikamentensucht und Menschenfleisch. In: Neue Zürcher Zeitung, 6. September 2022, S. 29.
  19. Dominik Kamalzadeh: Sex, Lügen und falsche Idyllen. In: Der Standard, 6. September 2022, S. 22.
  20. Tim Caspar Boehme: Sucht nach Fleisch, Sucht nach Tabletten. In: die tageszeitung, 5. September 2022, S. 16.
  21. All the Beauty and the Bloodshed – Awards. In: imdb.com (abgerufen am 26. Mai 2023).
  22. Erik Pedersen: ACE Eddie Awards Nominations: ‘Everything Everywhere’, ‘Top Gun: Maverick’, ‘Woman King’, ‘Banshees of Inisherin’ & More In: Deadline.com am 1. Februar 2023, abgerufen am 1. Februar 2023.
  23. Erik Anderson: 2022 Online Film Critics Association (OFCS) nominations In: awardswatch.com am 18. Januar 2023, abgerufen am 21. Januar 2023.

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