Alice Saunier-Seïté

Alice Louise Saunier-Seïté (Geburtsname: Alice Louise Saunier; * 26. April 1925 in Saint-Jean-le-Centenier, Département Ardèche; † 4. August 2003 in Paris) war eine französische Geographin, Historikerin, Hochschullehrerin und Politikerin der Parti républicain (PR), die Staatssekretärin sowie zwischen 1978 und 1981 erste und bislang einzige Ministerin für Universitäten war. 1981 war sie ferner für kurze Zeit Beigeordnete Ministerin beim Premierminister für Familie und Frauen. Sie war ferner die erste weibliche Dekanin und Rektorin einer Hochschule in Frankreich.

Leben

Studium, Professorin, Dekanin und Rektorin

Alice Saunier absolvierte ihre schulische Ausbildung am Lycée de Tournon und trat in dieser Zeit in Kontakt zur Widerstandsbewegung der Résistance. Danach begann sie ein Studium der orientalischen Sprachen an der École spéciale des langues orientales, das sie mit einem Diplom abschloss. Im Anschluss war sie zwischen 1958 und 1963 am Centre national de la recherche scientifique (CNRS) tätig und erwarb 1963 einen Doktortitel im Fach Geografie (Doctorat ès lettres). Daraufhin wurde sie als Maître de conférences Dozentin für Geografie an der Universität Rennes und übernahm dort 1965 eine Professur für Geografie. 1968 wurde sie Dekanin der Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften der Universität Brest und war damit die erste Frau als Dekanin in Frankreich.

Nachdem Alice Saunier zwischen 1969 und 1970 eine Professur an der Universität Paris V (Université Paris-Descartes) innehatte, wechselte sie an die neu gegründete Universität Paris XI (Université Paris-Sud) und fungierte dort zwischen 1970 und 1973 als Direktorin des Institut Universitaire de Technologie (IUT) in Sceaux. 1973 wurde sie Rektorin der Académie de Reims und war damit auch die erste Frau als Rektorin einer Hochschule in Frankreich.

Staatssekretärin und Ministerin

Am 28. August 1976 wurde Alice Saunier-Seïté als Staatssekretärin für Universitäten (Secrétaire d’État aux universités) in das erste Kabinett Barre berufen und bekleidete dieses Amt auch im zweiten Kabinett Barre bis zum 10. Januar 1978. Daraufhin wurde sie durch ein Dekret vom 10. Januar 1978 zur Ministerin für Universitäten (Ministre des universités) ernannt. Dieses Ministeramt bekleidete sie auch im dritten Kabinett Barre bis zur Auflösung des Universitätsministeriums am 4. März 1981. Sie war damit erste und bislang einzige Ministerin für Universitäten. Im Jahre 1980 wird die Universität Paris VIII gegen den Widerstand von Studenten und Personal auf ihre Anordnung von Vincennes nach Saint-Denis verlegt. Nach der Auflösung des Universitätsministeriums übernahm sie am 4. März 1981 nach dem Rücktritt von Monique Pelletier den Posten als Beigeordnete Ministerin beim Premierminister für Familie und Frauen (Ministre délégué auprès du Premier ministre, chargé de la famille, et de la condition féminine), den sie bis zum Ende von Barres Amtszeit am 14. Mai 1981 innehatte.[1][2][3]

Nach ihrem Ausscheiden aus der Regierung war Alice Saunier-Seïté zwischen 1981 und 1994 Professorin am Conservatoire national des arts et métiers (CNAM) und war auch dort die erste Frau, die einen Lehrstuhl an dieser renommierten Grande école übernahm. Neben ihrer Lehrtätigkeit war sie von 1983 bis 2002 Mitglied des Stadtrates von Paris und befasste sie dort zunächst mit Verkehrs-, Polizei- und Sicherheitsfragen, ehe sie später Vorsitzende des Stadtplanungsausschusses war. Daneben engagierte sie sich in der Nationalen Bewegung der Kommunalpolitiker (Mouvement des élus locaux), deren Vorsitzende sie von 1990 bis 1998 war.

Alice Saunier-Seïté, die neben Emmanuel Le Roy Ladurie, Marc Fumaroli und anderen eine anerkannte Historikerin ihrer Zeit war, wurde 1995 als Nachfolgerin des verstorbenen Bernard Chenot Mitglied der Académie des sciences morales et politiques. Sie war zwei Mal verheiratet, und zwar in erster Ehe, die aufgelöst wurde, mit E. J. Picard, und in zweiter Ehe mit Jérome Seïté, der vor ihr verstarb.

Veröffentlichungen

Alice Saunier-Seïté verfasste neben ihrer Lehrtätigkeit und politischen Laufbahn zahlreiche Bücher, die sich mit geografischen und historischen Themen, aber auch Persönlichkeiten wie François-Antoine Boissy d’Anglas, François II. de Tournon und Maria von Courtenay beschäftigten. Zu ihren Werken gehören:

  • Les Vallées septentrionales du massif Oetztal, Autorenname Alice Picard, 1963
  • Contribution à l’étude du Suedfoehn d'Innsbruck, Autorenname Alice Picard, 1965
  • Le comte Boissy d’Anglas. Conventionnel et pair de France, France Univers, 1980
  • En première ligne. De la communale aux universités, Plon, 1982
  • Remettre l’État à sa place, Plon / Le club Figaro Magazine, 1984
  • Une Europe à la carte, Plon / Le club Figaro Magazine, 1985
  • Le Cardinal de Tournon, le Richelieu de François Ier. La Voute, Les Deux Mondes, 1998,
  • Les Courtenay. Destin d’une illustre famille bourguignonne, France Empire, 1998
  • Dictionnaire des monuments d’Île-de-France, 1999
  • Giscard à deux voix, Perrin, 2000

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Premier Gouvernement Raymond Barre
  2. Deuxième Gouvernement Raymond Barre
  3. Troisième Gouvernement Raymond Barre