Algebraische K-Theorie

Das mathematische Teilgebiet der Algebraischen K-Theorie beschäftigt sich mit dem Studium von Ringen bzw. Vektorbündeln auf Schemata.

sei stets ein unitärer Ring. Die algebraischen K-Gruppen sind eine Folge abelscher Gruppen , die dem Ring zugeordnet sein sollen und Informationen über diesen kodieren.

Es gibt in der Mathematik verschiedene Arten von K-Theorien. Mit „algebraischer K-Theorie“ ist in aller Regel die auf Quillen zurückgehende Definition gemeint. Milnors K-Theorie stimmt mit dieser im Allgemeinen nur für überein.

Die Entwicklung der algebraischen K-Theorie wurde unter anderem von der topologischen K-Theorie motiviert, sie hängt aber nicht unmittelbar mit dieser zusammen.

Niedrige Dimensionen

K0

Der Funktor ist ein kovarianter Funktor von der Kategorie der Ringe mit Einselement in die Kategorie der Gruppen; er ordnet einem Ring die Grothendieck-Gruppe der Isomorphieklassen von endlich erzeugten projektiven Moduln zu. Gelegentlich betrachtet man auch die reduzierte K-Gruppe , diese ist der Quotient von nach der vom freien -Modul erzeugten zyklischen Gruppe.

Eigenschaften

  • (Morita-Invarianz)

Für jeden Ring und gibt es einen kanonischen Isomorphismus .

Sei ein kompakter Hausdorffraum und der Ring der stetigen Funktionen. Dann gibt es einen Isomorphismus zwischen topologischer K-Theorie des Raumes und algebraischer K-Theorie des Ringes: .

Beispiele

.

K1

Hyman Bass schlug die folgende Definition für einen Funktor vor: ist die Abelisierung der unendlichen allgemeinen linearen Gruppe:

Dabei ist

,

wobei in die obere linke Ecke von eingebettet werde: .

Siehe dazu auch das Lemma von Whitehead. Für einen Körper ist die Einheitengruppe.

K2

J. Milnor fand den richtigen Kandidaten für : Es sei die Steinberggruppe (nach Robert Steinberg) eines Ringes definiert als die Gruppe mit den Erzeugern für positive ganze Zahlen und Ringelemente und mit den Relationen

  1. für
  2. für

Diese Relationen gelten auch für die Elementarmatrizen, deshalb gibt es einen Gruppenhomomorphismus

ist nun per Definition der Kern dieser Abbildung . Man kann zeigen, dass er mit dem Zentrum von übereinstimmt. und sind durch die exakte Sequenz

verbunden.

Für einen (kommutativen) Körper gilt der Satz von Matsumoto

Milnors K-Theorie

J. Milnor definierte für einen Körper „höhere“ -Gruppen durch

,

also als graduierte Bestandteile des Quotienten der Tensoralgebra über der abelschen Gruppe nach dem zweiseitigen Ideal, das von den Elementen der Form

für erzeugt wird. Für stimmen die milnorschen -Gruppen mit den oben definierten überein. Die Motivation zu dieser Definition stammt aus der Theorie der quadratischen Formen. Es gibt einen natürlichen Homomorphismus , sein Kokern ist per Definition die unzerlegbare K-Theorie . Für Zahlkörper gilt .

Beispiele

Für einen endlichen Körper und gilt

Für einen algebraischen Zahlkörper und gilt

,

wobei die Anzahl der reellen Stellen von ist.

Milnorvermutung

Es gibt Isomorphismen

,

zwischen den milnorschen -Gruppen eines Körpers der Charakteristik ungleich zwei und der Galoiskohomologie bzw. dem graduierten Witt-Ring von . Unter anderem für den Beweis dieses als Milnorvermutung bekannten Resultates wurde Wladimir Wojewodski auf dem internationalen Mathematikerkongress 2002 die Fieldsmedaille verliehen. Der Beweis basiert auf der von Wojewodski entwickelten Homotopietheorie algebraischer Varietäten und der von Beilinson und Lichtenbaum entworfenen motivischen Kohomologie.

Quillens K-Theorie

Die umfassendste Definition einer -Theorie wurde von D. Quillen angegeben.

Klassifizierende Räume von Kategorien

Für eine kleine Kategorie sei der Nerv definiert als die simpliziale Menge, deren -Simplizes die Diagramme

sind. Die geometrische Realisierung von heißt klassifizierender Raum von .

Quillens Q-Konstruktion

Es sei eine exakte Kategorie, d. h. eine additive Kategorie zusammen mit einer Klasse von „exakten“ Diagrammen

für die gewisse Axiome gelten, die den Eigenschaften kurzer exakter Sequenzen in einer abelschen Kategorie nachgebildet sind.

Zu einer exakten Kategorie sei nun die Kategorie definiert als die Kategorie, deren Objekte dieselben sind wie die von und deren Morphismen zwischen zwei Objekten und Isomorphieklassen von exakten Diagrammen

sind.

Die K-Gruppen

Die -te K-Gruppe von ist dann definiert durch

mit einem fest gewählten Nullobjekt 0. Hierbei sind die die (höheren) Homotopiegruppen.

stimmt mit der Grothendieckgruppe von überein, also mit dem Quotienten der freien abelschen Gruppe über den Isomorphieklassen in nach der Untergruppe, die von

für Diagramme

in erzeugt wird.

Für einen unitären Ring sind die -Gruppen die eben definierten -Gruppen der Kategorie der endlich erzeugten projektiven -Moduln.

Für noethersche unitäre Ringe werden außerdem die Gruppen definiert als die -Gruppen der Kategorie aller endlich erzeugten -Moduln.

Für Schemata definiert Quillen , wobei die Kategorie der Vektorbündel auf ist.

Beispiele

Endliche Körper

Sei der Körper mit Elementen. Dann ist

für alle
für alle .
Die ganzen Zahlen

Für die -Gruppen von gilt[1][2]

Ist , so ist eine endliche Gruppe und ist , dann ist die direkte Summe aus und einer endlichen Gruppe. Mit Hilfe des Rost-Voevodsky-Theorems kann man für auch den ungeraden Torsionsanteil in bestimmen.[3] Für ist , falls die Kummer-Vandiver-Vermutung richtig ist.

Gruppenringe

Die Farrell-Jones-Vermutung beschreibt die algebraische K-Theorie des Gruppenringes , wenn man die algebraische K-Theorie des Ringes kennt. Sie ist in verschiedenen Spezialfällen bewiesen, zum Beispiel für CAT(0)-Gruppen .

Die algebraische K-Theorie des Gruppenringes von Fundamentalgruppen hat Anwendungen in der algebraischen Topologie. Walls Endlichkeits-Obstruktion für CW-Komplexe ist ein Element in . Die Obstruktion für die Einfachheit einer Homotopieäquivalenz ist die Whitehead-Torsion in (siehe s-Kobordismus-Satz).

Zahlkörper und Ganzheitsringe

Sei ein Zahlkörper mit reellen und komplexen Einbettungen in . Sei der Ganzheitsring von . Dann ist für alle :

.

Die Isomorphismen werden durch den Borel-Regulator realisiert.[4]

Für ist .

Literatur

  • Daniel Quillen: Higher algebraic K-theory: I. In: H. Bass (Hrsg.): Higher K-Theories. Lecture Notes in Mathematics, Band 341. Springer-Verlag, Berlin 1973, ISBN 3-540-06434-6
  • Jonathan Rosenberg: Algebraic K-theory and its applications. Graduate Texts in Mathematics, 147. Springer-Verlag, New York, 1994, ISBN 0-387-94248-3
  • V. Srinivas: Algebraic K-theory. Reprint of the 1996 second edition. Modern Birkhäuser Classics. Birkhäuser Boston, Inc., Boston, MA, 2008, ISBN 978-0-8176-4736-0.
  • Charles Weibel: The K-book. An introduction to algebraic K-theory. Graduate Studies in Mathematics, 145. American Mathematical Society, Providence, RI, 2013, ISBN 978-0-8218-9132-2 (online).

Quellen

  1. Rognes: K4(Z) is the trivial group. In: Topology. 39, Nr. 2, 2000, S. 267–281 (folk.uio.no PDF; 145 kB).
  2. Elbaz-Vincent, Gangl, Soulé: Quelques calculs de la cohomologie de GL_N(Z) et de la K-theorie de Z. In: C. R. Math. Acad. Sci. Paris. 335, Nr. 4, 2002, S. 321–324 (arxiv.org PDF; 229 kB).
  3. Weibel: Algebraic K-theory of rings of integers in local and global fields. (math.uiuc.edu PDF; 506 kB).
  4. Borel: Stable real cohomology of arithmetic groups. In: Ann. Sci. École Norm. Sup. 4, Nr. 7, 1974, S. 235–272 (archive.numdam.org PDF; 3,4 MB)