Alfred Schwingenstein

Alfred Schwingenstein (* 16. Dezember 1919 in Ulm; † 3. Juli 1997 in München) war ein deutscher Jurist, Diplom-Volkswirt und Verleger.

Leben und Wirken

Alfred Schwingenstein war der Sohn des katholischen Verlegers August Schwingenstein. Er studierte Philosophie, Zeitungswissenschaft und Betriebswirtschaft an der Universität München[1] mit dem Abschluss eines Diplom-Volkswirts.

Als neunzehnjähriger praktizierender Katholik erlebte er die Pogromnacht in München und notierte am 10. November 1938 schockiert in sein Tagebuch:

„Zunächst brannten noch am gestrigen Abend die Synagogen. Im Laufe der Nacht wurden dann die Auslagenscheiben sämtlicher jüdischen Geschäfte zertrümmert und teilweise (die Läden) innen angezündet. Im frühen Morgen wurden dann zirka 1.000 Juden aus München als Geiseln in Schutzhaft genommen. Das Bild der größten Verwüstung bot nach Berichten das Kaufhaus Uhlfeder. Das war also die Antwort des deutschen Kulturvolkes auf die Wahnsinnstat dieses siebzehnjährigen Jungen. Ist das das vornehme Verhalten des nordischen Menschen?“[2]

Am Tag darauf fuhr er fort:

„Für heute Abend sind (in München) 20 Kundgebungen angesetzt. Auch Gauleiter Wagner wird im Zirkus Krone sprechen. In einem Aufruf fordert er auf zum Kampf gegen die schwarzen und roten Bundesgenossen (der Juden). Was das zu bedeuten hat, wissen wir wohl. Morgen schon können unsere Fenster in Trümmer gehen.“[2]

Am 12. November lautete sein Eintrag:

„Am Bischofshof sind im Erdgeschoß und im ersten Stock alle Fenster und Fensterstöcke zertrümmert. Man sagt, am Dom sei Papier gelegen. Flammen in ihm wären wohl das Zeichen des Endkampfes gewesen gegen die sogenannten schwarzen Bundesgenossen. Das ist also das deutsche Volk, das Volk der Dichter und Denker, das zu solch bolschewistischen Methoden greift, um sich angeblich rächen zu können … Mittags erfahre ich dann, daß auch in unserer Sakristei und im neuen Pfarrhof 32 Scheiben zertrümmert seien. Aus fast allen Kirchen liegen ähnliche Meldungen vor.“[2]

Im Jahre 1945 wurde sein Vater Lizenzträger und zugleich Verlagsleiter der Süddeutschen Zeitung zusammen mit Edmund Goldschagg und Franz Josef Schöningh. In München steht auch die Wiege der KNA. Hier gründete Alfred Schwingenstein 1946 den ökumenisch ausgerichteten Christlichen Nachrichtendienst (CND), ohne den der Start von KNA nicht denkbar gewesen wäre.[3] Im Jahre 1963 legte er seine Dissertation unter dem Titel Die wirtschaftlichen Ordnungsvorstellungen in den Verfassungen der deutschen Länder vor. 1976 wurde Alfred Schwingenstein auch Vorsitzer der SV-Gesellschafterversammlung. [4]

Verlagserbe

Die Verlegerrechte blieben in den Familien. Der Eignerstamm des Süddeutschen Verlages im Jahre 1999 bestand aus Alfred Schwingenstein jr. (20,5 Prozent), dem Schöningh-Schwiegersohn Peter von Seidlein (23,1 Prozent) und Rolf Goldschagg (23,1 Prozent). Hinzu kamen später die Friedmanns (Friedmann-Sohn Johannes hält 23,1 Prozent) und Hanns-Jörg Dürrmeier, der zugleich Vorsitzender der Gesellschafterversammlung ist. Laut Satzung steht den Anteilseignern ein Vorkaufsrecht auf der Basis des steuerlichen Einheitswertes zu, sollte ein Stamm-Mitglied seine Anteile abstoßen wollen. Der Verlag hat einen geschätzten Wert von rund 1 Milliarde DM. Der Umsatz stieg von 1,251 Mrd. Milliarde (1998) auf 1,448 Milliarde DM (1999).[5]

Schriften

  • Die wirtschaftlichen Ordnungsvorstellungen in den Verfassungen der deutschen Länder. Selbstverlag, München 1963; zugleich: Universität München, Staatswirtschaftliche Fakultät, Dissertation vom 26. November 1963

Literatur

  • Alfred Schwingenstein gestorben. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 152 vom 5. Juli 1997, S. 1.
  • Gernot Sittner: Ein gradliniges Leben. Zum Tode von Alfred Schwingenstein. Als Gesellschafter hat er die SZ wesentlich geprägt. In: Süddeutsche Zeitung Nr. 152 vom 5. Juli 1997, S. 5.
  • Hans-Günter Richardi: Am Anfang war das Ende. Das Wirken von August und Alfred Schwingenstein beim Wiederaufbau der freien Presse in Bayern. Akademie Verlag, München 2001.
  • Franz Menges: Schwingenstein, Alfred. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 24, Duncker & Humblot, Berlin 2010, ISBN 978-3-428-11205-0, S. 89 f. (Digitalisat).

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Gernot Sittner: Ein geradliniges Leben. In: SZ vom 5. Juli 1987
  2. a b c Hans-Günter Richardi: Am Anfang war das Ende. München 2001, S. 68 f.; zitiert nach: Konrad Löw: 65 Jahre Reichspogromnacht. Hat die Katholische Kirche geschwiegen? In: Die neue Ordnung 6/57 (2003)
  3. KNA. München – Landesdienst Bayern (Memento vom 8. Juni 2007 im Internet Archive)
  4. Manfred Riebe: Süddeutscher Verlag – Mediengruppe. Tochterunternehmen auf einen Blick
  5. @1@2Vorlage:Toter Link/forum.politik.de(Seite nicht mehr abrufbar, Suche in Webarchiven: Journalisten - Diener der Macht)